Gemäß den Ausführungen des Landes Baden-Württemberg im Rahmen der "Vorstellung des Regionalfahrplans nach Inbetriebnahme der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm" gilt für die gesamte Schnellfahrstrecke Wendlingen - Um ein Begegnungsverbot zwischen Personen- und Güterzügen.
Das aber bedeutet das Aus auch für die bei der Nutzen-Kosten-Rechnung der Schnellfahrstrecke noch berücksichtigten Leichtgüterzüge im Verlauf der Schnellfahrstrecke. Leichtgüterzüge sind Züge mit nur wenigen Güterwagen, bei denen die Anhängelast einen bestimmten Höchstwert nicht überschreitet. Das ist wegen der starken Steigung der Schnellfahrstrecke von Bedeutung.
Um die Auswirkungen des Begegnungverbots abschätzen zu können, stelle man sich die Schnellfahrstrecke Wendlingen - Ulm als eingleisige Strecke vor. Der Zeitabstand zwischen zwei Personenzügen in derselben Richtung wäre dann:
ca. 20 Minuten Fahrzeit im ICE Wendlingen - Ulm
ca. 10 Minuten Verspätungszuschlag
ca. 40 Minuten Fahrzeit im Güterzug Ulm - Wendlingen
ca. 10 Minuten Verspätungszuschlag
Summe: 80 Minuten Abstand
Die Schnellfahrstrecke soll aber im Endzustand von drei Fernzügen pro Stunde und Richtung sowie von einem Regionalzug pro Stunde und Richtung befahren werden. Damit wird klar, dass während der Zeit, in der auf der Schnellfahrstrecke Personenverkehr stattfindet, kein Leichtgüterzug fahren kann.
Der letzte Regionalzug über die Schnellfahrstrecke fährt nach dem ab Dezember 2022 geltenden Fahrplan um 00:29 Uhr in Ulm ab. Der erste Regionalzug fährt um 05:29 Uhr in Ulm ab.
Der letzte Regionalzug über die Schnellfahrstrecke fährt um 01:24 in Wendlingen ab. Der erste Regionalzug fährt um 07:24 in Wendlingen ab.
Das Zeitfenster für eventuelle Leichtgüterzüge im Verlauf der Schnellfahrstrecke ist also sehr klein. Hierbei sind die Fernzüge, die ab dem Endzustand im Verlauf der Schnellfahrstrecke fahren werden, noch gar nicht berücksichtigt. Dazu kommen noch Instandhaltungsfenster.
Es ist unrealistisch, während zwei bis drei Stunden in der Nacht einen Bedarf für die Führung von Leichtgüterzügen im Verlauf der Schnellfahrstrecke anzunehmen.
Dazu kommen dann die weiteren, seit längerem bekannten Argumente, die gegen einen Einsatz von Leichtgüterzügen im Verlauf der Schnellfahrstrecke Wendlingen - Ulm sprechen.
Die Trassenpreise
Die Fahrt eines Güterzugs über die Filstalstrecke und die Geislinger Steige kostet weniger Trassengebühren als die Fahrt über die Schnellfahrstrecke.
Die Steigung und damit die mögliche Zuglänge
Die Geislinger Steige ist zwar eine im deutschlandweiten Vergleich bereits sehr steile Bahnstrecke. Die Schnellfahrstrecke Wendlingen - Ulm ist jedoch noch steiler. Deshalb kann man ohne Schublok im Verlauf der Geislinger Steige längere Güterzüge fahren als im Verlauf der Schnellfahrstrecke.
Die möglichen Slots
Die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen den einzelnen Zuggattungen sind im Verlauf der Filstalbahn und der Geislinger Steige weniger groß als im Verlauf der Schnellfahrstrecke. Je gleichmäßiger die Geschwindigkeiten sind, desto höher ist die Leistungsfähigkeit einer Strecke. Im Verlauf der Filstalstrecke und der Geislinger Steige können also wesentlich mehr Güterzüge fahren als im Verlauf der Schnellfahrstrecke.
Begegnungsverbot
Schließlich gibt es im Verlauf der Filstalstrecke und der Geislinger Steige kein Begegnungsverbot zwischen Personen- und Güterzügen.
Fazit
Die (ca. 21) Leichtgüterzüge pro Tag im Verlauf der Schnellfahrstrecke Wendlingen - Ulm wurden in der Nutzen-Kosten-Rechnung für diese Strecke berücksichtigt und waren möglicherweise sogar maßgebend dafür, dass der Nutzen-Kosten-Faktor für die Strecke über eins lag. Nun stellt sich heraus, dass aus unterschiedlichsten Gründen wohl kaum irgendwelche Güterzüge über die Schnellfahrstrecke fahren werden. Möglicherweise ist dadurch der Nutzen-Kosten-Faktor für die Strecke nun kleiner als eins. Die Strecke ist damit unwirtschaftlich.
Hier geht die Bitte an die Politik, zukünftig bei solchen politischen Projekten wie Stuttgart 21 und der Schnellfahrstrecke Wendlingen - Ulm von vornherein auf eine Nutzen-Kosten-Betrachtung zu verzichten und statt dessen ganz klar zuzugeben, dass es sich um ein politisches Projekt handelt. Andernfalls nimmt die Nutzen-Kosten-Analyse Schaden.
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