Freitag, 22. November 2024

Die Filstalbahn unter Stuttgart 21: Hier muss umgesteuert werden

Die Filstalbahn zwischen dem Stuttgarter Hauptbahnhof und Geislingen an der Steige wird durch Stuttgart 21 schwer gebeutelt. Das sehen wir uns heute näher an.

Fangen wir mal mit dem Bahnhof Bad Cannstatt an. Wenn man sich heute während des nachmittäglichen Berufsverkehrs im Bahnhof Bad Cannstatt aufhält, wundert man sich vielleicht über die Menschenmassen, die auf den Bahnsteigen für den Regionalverkehr auf ihren Zug warten.  

Das Regionalverkehrsangebot ab dem Bahnhof Bad Cannstatt ist ja heute nicht schlecht. Es gibt ab dem Bahnhof Bad Cannstatt halbstündliche Regionalverkehrsverbindungen in Richtung Aalen, in Richtung Schwäbisch Hall, in Richtung Geislingen an der Steige und in Richtung Tübingen.

Unter Stuttgart 21 fallen jedoch die direkten Regionalverkehrsverbindungen zwischen Bad Cannstatt und Geislingen an der Steige sowie Bad Cannstatt und Tübingen weg. In Richtung Geislingen an der Steige hat man dann von Bad Cannstatt die Wahl, zuerst zum Hauptbahnhof zu fahren und dann von dort weiter auf die Filstalbahn und die Neckar-Alb-Bahn. Oder man bummelt mit der S-Bahn ab Bad Cannstatt Richtung Plochingen und steigt dann in den Zug in Richtung Geislingen an der Steige oder in Richtung Tübingen um.

Jedenfalls ist das eine Verschlechterung für die Fahrgäste, die ab Bad Cannstatt fahren wollen. Um das zu heilen, bedarf es eines zweigleisigen Zulaufs von Bad Cannstatt zum Stuttgarter Kopfbahnhof. Das ist erreichbar, wenn man zwei Gleise aus dem Cannstatter Tunnel von Stuttgart 21 ausschleift und in den ergänzenden Kopfbahnhof führt. 

Keine S-Bahn ins Filstal
Nach einer vollständigen Inbetriebnahme von Stuttgart 21 werden im Filstal keine Fernverkehrszüge mehr fahren. Das hat ja einige Lokalpolitiker überrascht. Mit dem schnellen Regionalzug pro Stunde über Göppingen, der ggf. später mal halbstündlich verkehren kann, ist jedoch eine gute Anbindung des Filstals an die weite Welt gegeben. Dann gibt es den MEX (Metropolexpress), der halbstündlich verkehrt und zwischen Plochingen und Geislingen überall hält.
 
Diesen MEX kann man bei Bedarf und wenn es für das Ziel einer Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030 erforderlich ist, sogar viertelstündlich verkehren lassen. Das ist jedenfalls um Längen besser als dass man zusätzlich zum MEX auch noch die S-Bahn von Plochingen nach Göppingen verlängert. Dann hätte man auch so etwas wie einen Viertelstundentakt, jedoch wäre dies wahrscheinlich ein Stottertakt sowie ein Takt, der aus vollkommen unterschiedlichen Bahnsystemen besteht (Bahnsteighöhe, Zuglänge, Türanordnung, Fahrzeugaustattung). Die Verlängerung der Stuttgarter S-Bahn über Plochingen hinaus sollte man deshalb tunlichst bleiben lassen. Wenn es um zukünftigen Kapazitätszuwachs im Bahnknoten Stuttgart geht, ist in erster Linie der MEX gefragt und nicht die S-Bahn.             


Freitag, 15. November 2024

Zuggattung IRE entfällt im Stuttgarter Hauptbahnhof: Wie geht es mit dem Regionalverkehr unter Stuttgart 21 weiter?

Mit dem kommenden Fahrplanwechsel im Dezember 2024 wird im Stuttgarter Hauptbahnhof die Zuggattung IRE entfallen. Das war das Thema im vorangegangenen Post in diesem Blog.

Heute geht es um den Regionalverkehr (Nahverkehr) im Bahnknoten Stuttgart ohne IRE, aber mit RE (Regionalexpress), MEX (Metropolexpress) und S-Bahn unter Stuttgart 21. Da läuft nicht alles so, wie es sein soll. Änderungen sind durchzuführen, solange es noch geht.

Wegen der Vielzahl der einzelnen Punkte halten wir den Text so knapp wie möglich.

Keine Taktverdichtung der S-Bahn im Verlauf der Stammstrecke
Zur Zeit fährt im Verlauf der Stammstrecke der Stuttgarter S-Bahn alle 2,5 Minuten ein Zug pro Richtung (15 Minuten-Takt je Linie). Mehr geht nicht. Eventuelle Verbesserungen durch neue Signalsysteme dürfen ausschließlich zum Verspätungsabbau, nicht aber für noch mehr Verkehr verwendet werden. Spürbare Kapazitätssteigerungen zur Erreichung der Verdoppelung des Bahnverkehrs bis 2030 dürfen nur im Rahmen des Metropol-Express (MEX) umgesetzt werden.
 
Kein 10 Minuten-Takt bei der S-Bahn
Immer wieder hört man von Forderungen, den 10 Minuten-Takt bei der S-Bahn einzuführen. Das geht überhaupt nicht. Allein schon die Strecken Fellbach - Schorndorf, Fellbach - Backnang und S-Vaihingen - Herrenberg schließen wegen des dort praktizierten Mischbetriebs einen 10 Minuten-Takt bei der S-Bahn aus, es sei denn, man will, dass die Regional- und Fernzüge hinter den S-Bahnzügen daherzuckeln. An Stelle des 10 Minuten-Takts bei der S-Bahn muss der MEX weiter ausgebaut werden.
 
Keine unterschiedlichen Takte bei der S-Bahn
Unterschiedliche Takte bei den verschiedenen S-Bahnlinien dürfen nicht praktiziert werden. Das würde zu einem Verkehrschaos im Verlauf der Stammstrecke führen.
 
Kein Mischbetrieb aus MEX und S-Bahn im Filstal
Der Verband Region Stuttgart hat jetzt Untersuchungen beauftragt, wonach die S-Bahn ins Filstal (Göppingen) verlängert werden soll. Diese Planungen sind sofort zu stoppen. Der MEX fährt bereits im Filstal und ist ggf. auf einen 15 Minuten-Takt zu verdichten. Es geht nicht, dass zwei so unterschiedliche Verkehrssysteme wie der MEX und die S-Bahn mit unterschiedlichen Bahnsteighöhen, mit unterschiedlichen Zuglängen, mit einer unterschiedlichen Türanordnung und mit unterschiedlichen Innenräumen (WC) zusammen geführt werden. Zudem ist eine Verlängerung der S-Bahn ins Filstal nicht geeignet, eine Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030 zu  bewirken. Denn zwischen dem Stuttgarter Hauptbahnhof und Plochingen ändert sich dadurch am bestehenden 15 Minuten-Takt der S-Bahn nichts.
 
Kein Mischbetrieb aus MEX und S-Bahn Richtung Pforzheim
Auch eine Verlängerung der S-Bahn von Bietigheim nach Mühlacker und Pforzheim ist nicht sinnvoll. Auch hier fährt der MEX, der ggf. auf einen 15 Minuten-Takt verdichtet werden muss. Auch hier würde als Folge der Verlängerung der S-Bahn über Bietigheim hinaus zwischen dem Stuttgarter Hauptbahnhof und Bietigheim gegenüber heute kein S-Bahnzug zusätzlich fahren.
 
15 Minuten-Takt von MEX/S-Bahn im Filstal und nach Mühlacker hat ein Fragezeichen
Hinter einen resultierenden 15 Minuten-Takt im Filstal und nach Mühlacker, der aus einem Halbstundentakt von MEX und S-Bahn besteht, ist ein Fragezeichen zu setzen. Wegen der vielen Einschränkungen bei der Wahl der Fahrlage der S-Bahn (Stammstrecke, Mischbetrieb, eingleisige Strecken) ist zu befürchten, dass kein genauer 15 Minuten-Takt, sondern ein Stottertakt zustandekommt. Bei einem reinen MEX-Betrieb ist dagegen ein exakter 15 Minuten-Takt möglich, weil der MEX - vor allem unter Berücksichtigung eines ergänzenden Kopfbahnhofs - größere Freiheitsgrade hat als die S-Bahn.
 
15 Minuten-Takt-MEX muss in den ergänzenden Kopfbahnhof fahren
Wir haben jetzt bereits zwei MEX-Strecken identifiziert, bei denen mittelfristig ein 15 Minuten-Takt eingerichtet werden muss. Das sind die Filstalbahn Stuttgart-Hauptbahnhof - Göppingen (-Geislingen an der Steige) sowie die Strecke Stuttgart-Hauptbahnhof - Mühlacker - (Pforzheim).
 
Diese beiden MEX-Linien sollten in den ergänzenden Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof fahren. Dieser Ergänzungsbahnhof ist auch wegen des Deutschlandtakts erforderlich.    
 
Der MEX muss auf allen Radialstrecken zum Stuttgarter Hauptbahnhof mit mindestens einem 30 Minuten-Takt eingerichtet werden
Zur Marke MEX gehört mindestens ein Halbstundentakt auf allen Radiallinien vom und zum Stuttgarter Hauptbahnhof. Dazu gehört auch die Verwendung der Marke MEX auf allen betroffenen Zügen. Leider ist dies unter Stuttgart 21 wohl nicht der Fall.
 
So wird es im Verlauf der Radiallinie Pforzheim - Vaihingen (Enz) - Bietigheim - Hauptbahnhof wohl keinen MEX geben, sondern einen halbstündlichen RE. Möglicherweise ist die Durchbindung dieses Zuges über Flughafen nach Tübingen der Grund. Möglicherweise fahren im Verlauf der Schnellfahrstrecke nach Wendlingen keine MEX.

Im Verlauf der Radiallinie Schwäbisch Hall - Hauptbahnhof wird es einen MEX im Stundentakt geben. Einen weiteren MEX gibt es zweistündlich. Dann gibt es noch einen zweistündlichen RE. Naja, das ist wohl nicht der Weisheit letzter Schluss.
 
Es ist dringend erforderlich, dass möglichst viele MEX-Linien im ergänzenden Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof enden. Dadurch wird der MEX eine saubere Sache.

Freitag, 8. November 2024

Fahrplanwechsel im Dezember 2024 schafft Zuggattung "Interregio-Express (IRE)" im Stuttgarter Hauptbahnhof ab

Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2024 schafft Baden-Württemberg die Zuggattung "Interregio-Express (IRE)" ab. Damit wird es auch im Stuttgarter Hauptbahnhof keine IRE-Züge mehr geben. 

Die Zuggattung IRE wird durch die Zuggattung RE (Regionalexpress) ersetzt.

Die Zuggattung des IRE wurde in Baden-Württemberg im Jahr 2001 eingeführt. Auslöser war die Einstellung des von der Bahn eigenwirtschaftlich betriebenen Fernverkehrssegments "Interregio". 

Einige Interregio-Linien hat die Bahn durch weiterhin eigenwirtschaftlich betriebene Intercity-Linien ersetzt. Ein Beispiel dafür ist die heutige Intercity-Linie Karlsruhe - Stuttgart - Nürnberg.

Einige andere Interregio-Linien hat die Bahn nicht ersetzt. Als Ersatz hat das Land Baden-Württemberg Regionalzüge bestellt und sie IRE genannt, z.B. der heutige IRE Karlsruhe - Stuttgart.

Das Land BW hat darüberhinaus auf einigen Strecken IRE-Züge bestellt, auf denen kein IR fuhr. Ein Beispiel dafür ist die Strecke Stuttgart - Reutlingen - Tübingen - Sigmaringen.

In den vergangenen Jahren hat das Land BW die Marke IRE bereits zum Teil wieder zurückgezogen. Ein Beispiel dafür ist der schnelle Regionalzug Stuttgart - Göppingen - Ulm, der früher zur Zuggattung IRE gehörte und heute als RE 5 firmiert.

Nun also der vollständige Rückzug vom IRE. Interessant ist, dass auch der auf der neuen Schnellfahrstrecke Wendlingen - Ulm fahrende IRE 200 in RE 200 umbenannt wird.

Stuttgarter Hauptbahnhof ohne IRE
Im Stuttgarter Hauptbahnhof wird es ab Dezember 2024 die folgenden Zuggattungen beim Regionalverkehr (Nahverkehr) geben:
  • RE Regionalexpress
  • MEX Metropolexpress
  • S-Bahn

Drei Zuggattungen beim Regionalverkehr (Nahverkehr) scheinen übersichtlich und ausreichend zu sein. Größere Probleme bei der Umstellung sollten eigentlich nicht auftreten. 

Ist damit beim Regionalverkehr (Nahverkehr) im Stuttgarter Hauptbahnhof und dessen Umfeld alles in Ordnung? 

Nein!

Es gibt zwischen den drei Zuggattungen des Regionalverkehrs (Nahverkehrs) in der Region Stuttgart vielmehr Probleme. Darauf gehen wir im Post am kommenden Freitag näher ein.

  

Freitag, 1. November 2024

"Perspektive BAHN 2050" der Schweiz zeigt: Stuttgart 21 am Stuttgarter Flughafen ist der falsche Weg

Das Schweizer Bundesamt für Verkehr BAV erläutert in seinem Newsletter vom Oktober 2024 die konkreten Folgen der vom Schweizer Bundesrat beschlossenen "Perspektive BAHN 2050", einer Langfriststrategie für den Bahnausbau in der Schweiz.

Demnach soll die Bahn vor allem dort weiter ausgebaut werden, wo sie den grössten Beitrag zur Bewältigung der künftigen Mobilitätsbedürfnisse leisten kann. Das heißt konkret, dass sie dem motorisierten Individualverkehr Konkurrenz machen muss. Die Mehrzahl der Fahrten mit dem motorisierten Individualverkehr findet im Entfernungsbereich von unter 30 Kilometern statt. In diesem Entfernungsbereich muss die Bahn somit attraktiver werden, so dass sie möglichst viele Fahrten vom motorisierten Individualverkehr abgreifen kann.

Das hat Folgen für den zukünftigen Bahnausbau, der möglicherweise ganz anders gestaltet werden muss, als man dies bisher gedacht hat.

Die S-Bahn-Alternative zu Stuttgart 21 am Flughafen wäre besser geeignet, Fahrten vom motorisierten Individualverkehr abzugreifen 
Kommen wir zu Stuttgart 21 und im Besonderen zu Stuttgart 21 beim Stuttgarter Flughafen und auf den Fildern.

Ein alternativer Ausbau der S-Bahn beim Stuttgarter Flughafen und auf den Fildern wäre sehr nah an die jetzt in der Schweiz auf die Tagesordnung gebrachte Perspektive BAHN 2050 gekommen. Dreh- und Angelpunkt wäre der bestehende S-Bahnhaltepunkt am Stuttgarter Flughafen gewesen. Dieser Haltepunkt ist bei weitem nicht ausgelastet und weist große Potenziale und Reserven auf. Ein zweiter hundsteurer, in großer Tiefenlage liegender und nur  mit Aufzügen erreichbarer Bahnhof am Stuttgarter Flughafen - wie jetzt bei Stuttgart 21 geschehen - wäre nicht notwendig gewesen.

Vom S-Bahnhaltepunkt Flughafen wären im 15 Minuten-Takt Express-S-Bahnverbindungen nach Wendlingen und Plochingen, nach Nürtingen, nach S-Vaihingen und zum Stuttgarter Hauptbahnhof sowie auch nach Böblingen und Renningen möglich gewesen. Das Ganze hätte sich gerechnet. Denn ein zweiter Flughafenbahnhof hätte sich erübrigt und auch der sogenannte Ringschluss der S-Bahn wäre ohne Konkurrenz durch Stuttgart 21 möglich geworden.

Auch die Erschließung des Flughafens wäre mit diesen Express-S-Bahnen in die verschiedensten Richtungen hervorragend gewesen.

Jetzt kommt Stuttgart 21
Jetzt kommt aber Stuttgart 21 und verhindert den Ringschluss der Stuttgarter S-Bahn vom Flughafen über die Fildern ins Neckartal nach Plochingen, Wendlingen und Nürtingen. Damit kann die S-Bahn nicht zu einer attraktiven Konkurrenz im Entfernungbereich bis zu 30 Kilometer zum motorisierten Individualverkehr ausgebaut werden. 
 
Wie man das wieder heilen kann, ist mir unklar. Beim Stuttgarter Hauptbahnhof ist die Sache ja noch nicht hoffnungslos. Dort kann man noch einen ergänzenden Kopfbahnhof mit Zuläufen von der Gäubahn, von Ludwigsburg und von Bad Cannstatt vorsehen. Aber am Flughafen?

 

 


Freitag, 25. Oktober 2024

Landesverkehrsminister Hermann wiederholt alte Stuttgart 21-Flughafenbahnhof-Peinlichkeiten

Am Richtfest des Stuttgart 21-Flughafenbahnhofs nahm auch Landesverkehrsminister Hermann teil. 

Gemäß einem Artikel der Stuttgarter Zeitung von 11.10.2024 hat sich Hermann beim Richtfest zu verschiedenen Themen im Zusammenhang mit dem Stuttgart 21-Flughafenbahnhof geäußert. Dazu nehmen wir im heutigen Post in diesem Blog Stellung.

Hält der ICE am Flughafenbahnhof?
So kritisierte Hermann, dass bisher nur ein zweistündlicher Halt eines ICE pro Richtung am Flughafenbahnhof vorgesehen sei.
 
Dieses Thema haben wir in der Anfangszeit dieses Blogs vor über 10 Jahren bereits ausführlich behandelt. Hermann irrt bei diesem Thema. Ob am Flughafen ICEs halten oder nicht ist allein Sache der Bahn. Denn es handelt sich hier um eigenwirtschaftliche Verkehre der Bahn. Ein ganz wichtiges Systemmerkmal des deutschen ICE ist zudem der nur einmalige Halt pro Großstadt bzw. pro Region. Ausnahmen davon gibt es lediglich an den Endpunkten des ICE-Netzes und in ganz eingeschränktem Umfang in Frankfurt am Main.
 
Wo käme der ICE denn hin, wenn man von diesem wichtigen Grundsatz eines nur einmaligen Halts pro Großstadt bzw. Region abweichen würde? Das ICE-System wäre dann nicht mehr attraktiv.

Freitag, 18. Oktober 2024

Kein Bekenntnis zum Bau des Gäubahn-Pfaffensteigtunnels

Gero Hocker (FDP) ist der neue Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und damit Nachfolger von Michael Theurer (FDP), der zur Bundesbank wechselte. 

Gero Hocker nahm am 11.10.2024 als Vertreter des Bundes an der Feier für das Richtfest beim Stuttgart 21-Flughafenbahnhof teil. So etwas ist ja seit jeher eine gute Gelegenheit, eine neue Botschaft zu verkünden oder mit einem neuen Scheck zu wedeln. Das aber tat Gero Hocker nicht. Gemäß einem Bericht der Stuttgarter Zeitung vom 11.10.2024 ließ sich Hocker eine Zusage zum Bau des Gäubahn-Pfaffensteigtunnels nicht entlocken.

Das muss aufhorchen lassen. Das Umfeld für den Bau des Gäubahn-Pfaffensteigtunnels sieht anscheinend nicht besonders gut aus. Das passt jedenfalls zu den Äußerungen zum Tunnelbau, die in letzter Zeit aus der Schweiz und von DB InfraGO kommen. Im Tunnelland Schweiz ist eine Diskussion um weitere Eisenbahntunnel entbrannt. Denn diese Tunnel kosten ja nicht nur beim Bau ein Heidengeld. Sie liegen in den Folgejahren weiter auf der Tasche der Steuerzahler. Denn sie müssen regelmäßig gewartet und instandgesetzt werden. Und nicht zu vergessen sind die täglichen hohen Betriebskosten. Ähnlich sieht es wohl aus der Sicht von DB InfraGO aus. Dort hat man alle Hände voll zu tun, das Bestandsnetz in Schuss zu halten und instandzusetzen. Für weitere Megatunnel vom Typ des Pfaffensteigtunnels ist da wohl erst mal kein Geld vorhanden.

Die Gretchenfrage lautet: Wie viel Infrastruktur (z.B. Bahntunnel) kann sich eine Gesellschaft, ein Staat, dauerhaft leisten. Und diesbezüglich gibt es drei Varianten:

1. Es ist noch Luft nach oben. Es gibt noch Geld und Resourcen für weitere Tunnel.

2. Der Wendepunk ist erreicht. Weitere Bahntunnel können nicht mehr gebaut werden, es sei denn, man legt vorhandene Infrastruktur still.

3. Der Wendepunkt ist überschritten. Die vorhandene Infrastruktur zerfällt und kann wenigstens in Teilen nicht mehr instandgehalten werden.

Wenn man die jüngsten Äußerungen zusammenfügt, scheint unsere Gesellschaft, unser Staat, so langsam bei der Variante 2 anzukommen.

Es sieht also nicht gut aus für den Gäubahn-Pfaffensteigtunnel.
Man kann den Bau dieses Tunnels, eines der längsten Tunnels Deutschlands, nicht wirklich begründen. Denn die Gäubahn verfügt bereits über eine zweigleisige Zulaufstrecke zum Stuttgarter Hauptbahnhof (mit Ausnahme eines ganz kurzen Stücks beim Nordbahnhhof, das aber leicht geheilt werden kann). 

Der Pfaffensteigtunnel würde die Rahmenbedingungen für die Gäubahn sogar verschlechtern. Denn die Züge der Gäubahn müssen sich hier unmittelbar hinter dem Pfaffensteigtunnel in den Fildertunnel einfädeln und sich in die Zugschlange der Züge von Ulm und von Tübingen einflechten. Das ist gerade unter dem Gesichtspunkt des Integralen Taktfahrplans (Deutschlandtakt) ganz schlecht. Die Gäubahn braucht eigene Gleise zum Hauptbahnhof, damit das Rendez-Vous der Züge zur vollen und halben Stunde im Stuttgarter Hauptbahnhof ausreichend kompakt gestaltet werden kann.

Und was soll eigentlich dieser Pfaffensteigtunnel? Für drei Züge pro Stunde und Richtung einen der längsten und teuersten Tunnels Deutschlands bauen? Und die Züge dann beim Flughafen eine 270 Grad-Pirouette drehen lassen? Das ist weltweit einmalig. Einmalig lächerlich.

Alle diese Punkte sollten auch berücksichtigt werden, wenn im Februar des kommenden Jahres die Klage der DUH um Erfüllung des Planfeststellungsbeschlusses und um den Weiterbetrieb der Gäubahn auf ihrer angestammten Panoramastrecke zum Stuttgarter Hauptbahnhof verhandelt wird.             


Freitag, 11. Oktober 2024

Verspätungen bei durchgebundenen Regionalzügen: Ein Vorgeschmack auf Stuttgart 21?

Wenn das Projekt Stuttgart 21 einmal fertiggestellt sein sollte, werden fast alle Regionalzüge im Stuttgarter Hauptbahnhof durchgebunden.

Das erfolgt aber nicht deshalb, weil dies die beste Betriebsform ist oder weil das für die Mehrzahl der Fahrgäste günstig ist. Das erfolgt vor allem deshalb, weil dies die Betriebsform ist, mit der Stuttgart 21 noch am ehesten zurecht kommt.

Bereits heute gibt es einen Vorgeschmack auf die Durchbindungen bei den Regionalzügen. Mindestens eine von Tübingen kommende Regionalzuglinie wird im Stuttgarter Hauptbahnhof nach Heilbronn durchgebunden. Und zweistündlich wird ein IRE von Karlsruhe nach Aalen durchgebunden.

In einem Brief an die Bahn nimmt der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer nun auch diese Thematik auf - neben vielen anderen Dingen. Darüber berichtet die Zeitung Reutlinger General-Anzeiger in ihrer Webausgabe vom 04.10.2024.

Palmer vertritt die Auffassung, dass die wegen Stuttgart 21 stattfindende Durchbindung von Regionalzügen in der Relation Tübingen - Heilbronn eine der Ursachen für die aktuell immer weiter zunehmenden Verspätungen ist. Der frühere Pendelverkehr Stuttgart - Tübingen verkehrte dagegen zuverlässig. Leider vertieft Palmer dieses Thema nicht weiter, sondern geht gleich zu anderen Bahnthemen über.

In diesem Blog haben wir bereits Dutzendfach auf die Nachteile der Durchbindung von Regionalzügen bei Stuttgart 21 hingewiesen. Das führt zu Verspätungsübertragungen und nützt der ganz großen Mehrzahl der Fahrgäste nichts, weil sie in Stuttgart aus- und umsteigen.

Es gibt auch bei diesem Thema nur eine Lösung: Es muss ein ergänzender Kopfbahnhof her, mit eigenen Zuläufen von Ludwigsburg, von der Gäubahn und von Bad Cannstatt.   

     

Freitag, 4. Oktober 2024

Neuer Geschäftsführer bei Stadtbahn Ludwigsburg: Gelingen ist auch für Stuttgart wichtig

Das Projekt der Stadtbahn Ludwigsburg hat einen neuen Geschäftsführer bekommen, auch wenn sich diese Persönlichkeit nur als Interims-Geschäftsführer sieht.

Es gibt thematische Verbindungen zwischen der Stadtbahn Ludwigsburg und der Stuttgarter Stadtbahn. Diese Verbindungen sind genau herauszuarbeiten - im Interesse sowohl der Ludwigsburger als auch der Stuttgarter Stadtbahn.

Der geplanten Ludwigsburger Stadtbahn weht von Teilen der Bevölkerung und der Politik immer noch ein scharfer Wind entgegen. Hierbei hat man möglicherweise das Negativbeispiel der Stuttgarter Stadtbahn vor Augen, die sich mit ihren klobigen Fahrzeugen, ihren Hochbahnsteigen und ihren großen Gleisradien nicht gerade stadtverträglich verhält, wenn sie an der Oberfäche fährt.

Auch in Tübingen spielte bei der Volksabstimmung über die Innenstadtstrecke der Regional-Stadtbahn Neckar-Alb die Stuttgarter Stadtbahn eine gewisse Rolle. So hat der Schwäbische Heimatbund, eine NGO, im Vorfeld der Abstimmung verlauten lassen, dass man gegen die Innenstadtstrecke der Stadtbahn in Tübingen sei. Als Begründung wurde unter anderem der Berliner Platz in Stuttgart genannt, wo zum Teil 80 Meter lange Stadtbahnzüge um die Ecke fahren, den Platz ungebührlich einnehmen und dabei den Gebäuden am Platzrand ziemlich nahe kommen. Die Bürgerinnen und Bürger in Tübingen votierten gegen die Innenstadtstrecke der Stadtbahn.

Die Stuttgarter Stadtbahn hat also das Potenzial, dem Entstehen moderner Niederflurstadtbahnsysteme anderswo Hindernisse in den Weg zu legen. Umso wichtiger ist es, dass der Geschäftsführer der Stadtbahn Ludwigburg gute Beispiele für den Schienenverkehr in der Stadt hervorhebt, als Beispiel unter vielen die Stadtbahn Straßburg, und ggf. eine Exkursion dorthin für die Ludwigsburger Politik organisiert.

Problem: Bahnsteighöhe gemäß EBO (Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung)
Nun gibt es allerdings bei der Ludwigsburger Stadtbahn, sofern sie als "Tram-Train-Fahrzeug" verkehren soll, ein Problem mit den Bahnsteighöhen. Gemäß der EBO müssen Bahnsteige mindestens 38 cm hoch sein. Das aber wäre auf den straßenbahnmäßig befahrenen Streckenabschnitten durch Ludwigsburgs Innenstadt hindurch immer noch vergleichsweise viel.
 
Deshalb sollte man sich noch einmal überlegen, ob man die Strecke von Markgröningen nach Ludwigsburg (EBO) nicht doch besser von der durch Ludwigsburg fahrenden Straßenbahn entkoppelt, etwa indem die nach EBO fahrenden Züge von Markgröningen über Ludwigsburg weiter Richtung Kornwestheim mit  Zwischenhalt W&W geführt werden. Die durch Ludwigsburg fahrende Straßenbahn würde dann im Westen im Bereich der Schwieberdinger Straße fahren.
 
Stuttgart kann sich möglicherweise in der Zukunft ein Beispiel an Ludwigsburg nehmen
Umgekehrt ist ein Gelingen der Stadtbahn Ludwigsburg auch für die Zukunft der Stuttgarter Stadtbahn wichtig. Nein, es ist absolut nicht vorgesehen oder sinnvoll, die Stuttgarter Stadtbahn als Ganzes in Richtung Niederflurstraßenbahn zu migrieren. Es ist jedoch erforderlich, sich Gedanken über eine dritte Stammstrecke für die Stuttgarter Stadtbahn zu machen, die die beiden bestehenden Stammstrecken entlasten könnte und die Kapazität der Stuttgarter Stadtbahn insgesamt erhöhen könnte. 
 
Und eine von mehreren Varianten für die dritte Stammstrecke wäre eine Niederflurstraßenbahn, die einige Streckenäste der bestehenden Stadtbahn von der ersten und zweiten Stammstrecke übernehmen könnte. Und in diesem Zusammenhang wäre es dann gut, wenn die Stuttgarter Gemeinderäte sich zu gegebener Zeit in Ludwigsburg über die Niederflurstraßenbahn informieren könnten.    


Freitag, 27. September 2024

Stuttgart 21-Nordzulauf: Keine Steigerung bei den Zugzahlen

Mit Stuttgart 21 wird im Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof wahrscheinlich kein Zug zusätzlich fahren im Vergleich zum gerade aktuellen Fahrplan. Das zeigt ein Vergleich des aktuellen Fahrplans mit dem Regionalverkehrsfahrplan von Stuttgart 21.  

Nach dem Ende der Sommerferien 2024 ist ein neuer Fahrplan für den Stuttgarter Hauptbahnhof in Kraft getreten. Wir sehen uns bei diesem neuen Fahrplan die Regionalzüge vom Stuttgarter Hauptbahnhof in Richtung Nordzulauf an. Der Zeitbereich ist werktags von 17 Uhr bis 18 Uhr.

Im aktuellen Fahrplan fahren:

17:11 Regionalzug Richtung Würzburg
17:14 Regionalzug Richtung Mühlacker
17:19 Regionalzug Richtung Mosbach
17:32 Regionalzug Richtung Karlsruhe
17:39 Regionalzug Richtung Neckarsulm
17:45 Regionalzug Richtung Osterburken
17:48 Regionalzug Richtung Mühlacker
 
Das sind insgesamt sieben Regionalzüge pro Stunde und Richtung über den Nordzulauf des Stuttgarter Hauptbahnhofs.
 
Sehen wir uns die bei Stuttgart 21 geplanten Regionalzüge über den Nordzulauf an.
 
IRE 1 einmal pro Stunde
RE5 einmal pro Stunde
RE8 einmal pro Stunde
RE17 zweimal pro Stunde
MEX 18 zweimal pro Stunde
 
Das ergibt dann sieben Regionalzüge pro Stunde und Richtung über den Nordzulauf. Damit fahren bei Stuttgart 21 genausoviele Regionalzüge über den Nordzulauf im betrachteten Zeitraum von 17 bis 18 Uhr wie heute bereits.
 
Nun müssen wir auch noch die Fernzüge betrachten.
 
Im aktuellen Fahrplan fahren die folgenden Fernzüge zwischen 17 und 18 Uhr vom Stuttgarter Hauptbahnhof über den Nordzulauf:
 
17:01 Fernzug Richtung Karlsruhe
17:08 Fernzug Richtung Saarbrücken 
17:23 Fernzug Richtung Berlin
17:34 Fernzug Richtung Karlsruhe
17:51 Fernzug Richtung Köln
 
Heute fahren also fünf Fernzüge pro Stunde vom Stuttgarter Hauptbahnhof über den Nordzulauf ab. 

Insgesamt haben wir also heute sieben Regionalzüge und fünf Fernzüge = 12 Züge pro Stunde und Richtung über den Nordzulauf.

Die bei Stuttgart 21 über den Nordzulauf geplanten Fernzüge sind mir nicht bekannt. Es ist jedoch nicht gerade wahrscheinlich, dass bei Stuttgart 21 mehr Fernzüge über den Nordzulauf fahren werden als dies heute der Fall ist.

Bei 12 bis 13 Zügen pro Stunde und Richtung ist Schluss
Viele Male haben wir hier in diesem Blog auf die Obergrenze von 12 bis 13 Zügen pro Stunde und Richtung für zweigleisige Zufahrten zu großen Bahnknoten, die von Regional- und Fernzügen befahren werden, hingewiesen. Die aktuellen Zahlen  bestätigen dies einmal mehr. Wer mehr als 12 bis 13 Züge pro Stunde und Richtung auf solche Strecken draufpacken will, läuft Gefahr, einer Verspätungsexplosion Vorschub zu leisten, die sich auf ganz Deutschland negativ auswirkt. Auch Stuttgart 21 kann daran nichts ändern. Denn bei Stuttgart 21 erhält der Nordzulauf kein einziges zusätzliches Gleis. Deshalb kann Stuttgart 21 keine Leistungssteigerung für den Nordzulauf bringen - und das bei einer Investition von wahrscheinlich über 11 Milliarden Euro.
 
Ein Desaster
Die Bahn hat vor kurzem fünf bedeutende Knotenpunkte in Deutschland benannt, die besonders verspätungsanfällig sind und die dringend einer Modernisierung bedürfen. Der Stuttgarter Hauptbahnhof ist nicht darunter.
 
Wir haben jetzt also die Situation, dass wahrscheinlich über 11 Milliarden Euro in den Stuttgarter Hauptbahnhof gesteckt werden, Geld, das zum großen Teil die Bahn in die Hand nehmen muss und das dort fehlt, wo es dringend benötigt wird. Gleichzeitig bewirken diese 11 Milliarden Euro für den Bahnknoten Stuttgart nur wenig oder sogar gar nichts für die Bahn. Gerade beim Nordzulauf ändert sich an den nur zwei Gleisen für den Fern- und Regionalverkehr nichts. Es ist ein Desaster.
 
Ergänzungsinvestitionen sind unabdingbar
Mit Stuttgart 21 hat man bereits viel Geld in den Sand gesetzt. Trotzdem sind jetzt dringend Ergänzungsinvestitionen erforderlich wie folgt:

Ergänzender Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof
Führung der Gäubahn in den Kopfbahnhof
Neue Doppelspur von Ludwigsburg in den Kopfbahnhof
Doppelspur von Bad Cannstatt in den Kopfbahnhof.
 

Dienstag, 24. September 2024

Ansturm auf Gäubahn - alle wollen zum Stuttgarter Hauptbahnhof

Eine Fahrt mit der Gäubahn von Horb nach Stuttgart am vergangenen Sonntag-Nachmittag: Das scheint mir berichtenswert zu sein.

Der Zug kam in Horb mit zehnminütiger Verspätung an. Das ist aber nicht weiter bemerkenswert bei einer großteils eingleisigen Strecke, wie es hier der Fall ist. Amüsant die Durchsage: Der Zug sei wegen Hochwassers verspätet. Ich habe nicht bemerkt, dass es an diesem Sonntag geregnet hätte.

Dann kam der Zug, ein IC, bestehend aus einer Lok und fünf Doppelstockwagen, ein beeindruckender Anblick.

Beim Einsteigen dann der Schock: Der Zug war zum Bersten gefüllt. In den Türräumen standen jede Menge Leute. Zu den Sitzplätzen kam man gar nicht durch.

In Böblingen stiegen vergleichsweise wenige Fahrgäste aus. Dabei muss man in Böblingen aussteigen, wenn man zum Stuttgarter Flughafen will. Fast alle wollten augenscheinlich zum Stuttgarter Hauptbahnhof.

Nach der Ankunft im Stuttgarter Hauptbahnhof dauerte es eine Ewigkeit, bis man mit  dem Aussteigen an der Reihe war. Das war so ähnlich wie bei einem Flugzeug, das an einer Fluggastbrücke andockt und bei dem alle Fluggäste durch die vordere Tür aussteigen müssen.

Auf dem Bahnsteig (Gleis 2) des Stuttgarter Hauptbahnhofs dann ein eindrucksvoller Anblick. Der Bahnsteig war durch die aussteigenden Fahrgäste knallevoll. Es ging nur noch in Trippelschritten voran. Unwillkürlich legte man seine Hand auf die Zugänge zu den Wertsachen.

Fazit
Wer unter diesen Umständen auch nur daran denkt, die Gäubahn nicht mehr zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren zu lassen, muss sich den Vorwurf der Realitätsferne gefallen lassen.

 

   

 

Freitag, 20. September 2024

Stutzt Stuttgart 21 dem neuen Metropolexpress (MEX) bereits wieder die Flügel?

Die Zukunft der neuen Marke Metropolexpress (MEX) in der Metropolregion Stuttgart sieht gut aus, wenn man die Website dazu von "bwegt", der Landesinstitution von Baden-Württemberg zum Regionalverkehr betrachtet.

Alle auf Stuttgart zulaufenden Radiallinien werden demnach im Halbstundentakt mit dem MEX bedient.

Betrachtet man jedoch den geplanten Regionalverkehrsfahrplan zu Stuttgart 21, scheint die Marke MEX bereits wieder auf dem Rückzug zu sein. So geht das nicht! So wird der MEX nie eine Marke wie es z.B. die S-Bahn heute ist. Verantwortlich für die Probleme mit dem MEX dürfte Stuttgart 21 und dessen Durchbindungszwang bei den Regionalzügen sein.

Sehen wir uns das mal etwas näher an. 

Das ist der Slogan für den MEX: "Der Metropolexpress: Die Abkürzung nach Stuttgart". Und mit "Stuttgart" ist hoffentlich der Stuttgarter Hauptbahnhof gemeint.       

Das sind  die MEX-Linien gemäß der Website von "bwegt":
MEX 12 Stuttgart - Heilbronn
MEX 12 Stuttgart - Tübingen
MEX 13 Stuttgart - Aalen
MEX 14 Stuttgart - Horb (geplant)
MEX 16 Stuttgart - Geislingen (Steige)
MEX 17 Stuttgart - Pforzheim / Bruchsal
MEX 18 Stuttgart - Heilbronn
MEX 18 Stuttgart - Tübingen
MEX 19 Stuttgart - Schwäbisch Hall-Hessental
MEX 90 Stuttgart - Schwäbisch Hall-Hessental
 
Das sind die Radialstrecken ab/bis Stuttgart (entgegen dem Uhrzeigersinn, ohne Schnellfahrstrecken):
Filstalbahn
Remstalbahn
Murrbahn
Frankenbahn
Württembergische Westbahn
Residenzbahn
Hermann-Hesse-Bahn (früher: Württembergische Schwarzwaldbahn), kommt erst später
Gäubahn
Neckar-Alb-Bahn
 
Verknüpfen wir die Radialstrecken mit den MEX-Linien:
Filstalbahn: MEX 17
Remstalbahn: MEX 13
Murrbahn: MEX 19 und MEX 90
Frankenbahn: MEX 12 und MEX 18
Württembergische Westbahn: MEX 17 (Trennen/Kuppeln in Mühlacker)
Residenzbahn: MEX 17 (Trennen/Kuppeln in Mühlacker)
Gäubahn: MEX 14
Neckar-Alb-Bahn: MEX 12, MEX 18
 
Man sieht also: Gemäß der ursprünglichen Planung sind alle Radialstrecken vom und zum Stuttgarter Hauptbahnhof mit MEX abgedeckt. Die MEX 12 und 18 werden im Stuttgarter Hauptbahnhof durchgebunden. Alle anderen MEX beginnen und enden im Stuttgarter Hauptbahnhof.  

Kommen wir jetzt zum Regionalverkehrsfahrplan von Stuttgart 21.

Filstalbahn nach Geislingen (Steige)
MEX 16 bisher
MEX 16 mit Stuttgart 21
 
Remstalbahn nach Aalen
MEX 13 bisher
MEX 13 mit Stuttgart 21

Murrbahn nach Schwäbisch Hall-Hessental
MEX 19, MEX 90 bisher
bei Stuttgart 21 MEX 19 (Stundentakt), MEX 90 zweistündlich, RE90 zweistündlich

Frankenbahn nach Heilbronn
MEX 18, MEX 12 bisher
MEX 18 mit Stuttgart 21
 
Württembergische Westbahn
MEX 17 bisher
kein MEX bei Stuttgart 21 
 
Residenzbahn
MEX 17 bisher
kein MEX bei Stuttgart 21
 
Gäubahn
MEX 14 bisher geplant
bei Stuttgart 21 kein MEX bis S-Hauptbahnhof
 
Neckar-Alb-Bahn nach Tübingen
MEX 12, MEX 18 bisher
MEX 13 (über Plochingen) bei Stuttgart 21

Augenscheinlich darf die Marke MEX nicht im Verlauf von Schnellfahrstrecken fahren (Vaihingen Enz - Stuttgart-Hauptbahnhof und Stuttgart-Hauptbahnhof - Wendlinger Kurve).

Jedenfalls wird mit Stuttgart 21 die Marke MEX bei der Murrbahn, der Württembergischen Westbahn, der Residenzbahn und der Gäubahn bereits wieder gestuzt. 

Eine Heilung kann nur mit einem ergänzenden Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof erreicht werden. Dieser ergänzende Kopfbahnhof ist außer für die Gäubahn vor allem für die MEX zuständig. 

 

 

 


Freitag, 13. September 2024

§23 Allgemeines Eisenbahngesetz und Deutschlandtakt: Welche Auswirkungen gibt es auf Stuttgart 21?

Der verschärfte §23 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und der angestrebte Deutschlandtakt (Integraler Taktfahrplan) bei der Eisenbahn in Deutschland haben massive Auswirkungen auf das Projekt Stuttgart 21.

Nehmen wir das Ergebnis gleich vorweg: Zusätzlich zum achtgleisigen Tiefbahnhof müssen beim Stuttgarter Hauptbahnhof ein zehngleisiger Kopfbahnhof, eine neue Doppelspur im Nordzulauf (Heilbronn - Ludwigsburg - Stuttgart-Kopfbahnhof) und die Beibehaltung der Führung der Gäubahn über die Stuttgarter Panoramastrecke in den ergänzenden Kopfbahnhof vorgehalten werden.

Leiten wir jetzt dieses Ergebnis her.

Was bedeutet Deutschlandtakt?
Der Deutschlandtakt ist die Umsetzung des in der Schweiz erfundenen und praktizierten Integralen Taktfahrplans auf Deutschland. Der Deutschlandtakt umfasst den Halbstundentakt zwischen wichtigen Bahnknotenpunkten sowie auf den Zulaufstrecken. Der Deutschlandtakt beinhaltet auch, dass sich die Züge in bestimmten Knotenpunkten treffen, um das Umsteigen in alle Richtungen zu ermöglichen (Vollknoten und Teilknoten).
 

Freitag, 6. September 2024

Stammstecken-Engpass bei der Stuttgarter Stadtbahn: Ist Stuttgart 21 ursächlich?

Gemäß einem Artikel der Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 30.08.2024 greift die Politik (SPD, CDU, FDP) in Hannover den Bau der D-Strecke der Stadtbahn (= 4. Stammstrecke der Stadtbahn) wieder auf.

Das nehmen wir hier in diesem Blog zum Anlass, erneut das Thema des Stammstrecken-Engpasses mit nur zwei Stammstrecken bei der Stuttgarter Stadtbahn aufzugreifen. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, welche Rolle Stuttgart 21 in diesem Zusammenhang spielt. 

In diesem Blog haben wir mehrfach das Thema der Unterdimensionierung der Stuttgarter Stadtbahn aufgegriffen, das sich vor allen in den nur zwei Stammstrecken zeigt.

Hierbei haben wir herausgefunden, dass keine andere vergleichbare Großstadt in Deutschland mit Ausnahme von Duisburg nur zwei Stammstrecken in ihrem städtischen Schienenverkehrssystem aufweist. Weiter haben wir gesehen, dass der Streckenzweig-Stammstrecken-Quotient bei der Stuttgarter Stadtbahn mit ca. 9 mit Abstand am größten unter den städtischen Schienenverkehrssystemen in Deutschland ist. Von daher ist eine dritte Stammstrecke für die Stuttgarter Stadtbahn dringend erforderlich.

Weiter ist Sachstand, dass viele deutsche Großstädte ihr Schienenverkehrssystem in der Innenstadt sogar noch ausbauen wollen, obwohl sie schon drei, vier oder mehr Stammstrecken haben.

Beispiel München
Die Münchner U-Bahn soll eine vierte Stammstrecke erhalten, für die jetzt als sogenannte Vorhaltemaßnahme ein viergleisiger U-Bahnhof beim Hauptbahnhof im Bau ist. Die Münchner S-Bahn erhält eine zweite Stammstrecke.
 
Beispiel Hamburg
In Hamburg ist zur Zeit der Bau der U5, die vierte Stammstrecke der Hamburger U-Bahn, eine Megabaumaßnahme, im Gange.
 
Beispiel Frankfurt am Main
In Frankfurt am Main ist zur Zeit der Bau der U5 im Europaviertel im Gange. Damit wird die dritte Stammstrecke der Frankfurter Stadtbahn weiter gestärkt.
 
Beispiel Berlin
Mit der S-Bahnlinie 21 erhält die Berliner S-Bahn eine weitere Stammstrecke.
 
Beispiel Hannover
Jetzt also auch Hannover: In Hannover gibt es bei der Stadtbahn mit der A-Strecke, der B-Strecke und der C-Strecke bereits drei Stammstrecken. Lange war der Bau der vierten Stammstrecke (D-Strecke) strittig. Jetzt scheint die Poliitk in Sachen D-Strecke doch vorangehen zu wollen.
 
Jetzt zu Stuttgart
Stuttgart hat nur zwei Stammstrecken bei seiner Stadtbahn. Es gibt meines Wissens keine Pläne, - zumindest nicht in der Öffentlichkeit - daran in absehbarer Zeit etwas ändern zu wollen. Dabei wären Vorplanungen im Hinblick auf eine dritte Stammstrecke für die Stuttgarter Stadtbahn bei der langen Dauer solcher Verfahren heutzutage dringender denn je.
 
Jetzt zu Stuttgart 21
Wir haben also nach den derzeitigen Planungen bei Stuttgart 21 einen Bahnverkehrsengpass. Dazu kommt die Stuttgarter Stadtbahn, die ebenfalls einen Engpass aufweist. Dann kommt auch noch die Stuttgarter S-Bahn, die ebenfalls einen Engpass darstellt.
 
Ist für diese Konstellation die schwäbische Mentalität ursächlich? Ich darf diese Frage stellen. Denn ich bin geborener Stuttgarter. Ich bin der Auffassung, dass daran durchaus etwas dran ist. Viele Stuttgarterinnen und Stuttgart blicken neidisch oder bewundernd nach München. Wenn es aber darum geht, gute Dinge aus München, Zürich usw. nach Stuttgart zu bringen, versagen die Schwaben leider nur allzuoft.
 
Jedenfalls ist das Projekt Stuttgart 21, das nun seit 1994 durch die Stadt geistert, ebenfallls ursächlich für die Defizite in Stuttgart bei der Stadtbahn und bei der S-Bahn. Stuttgart 21 hat einfach in den letzten 30 Jahren alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Da bleibt für wichtige Verkehrsprojekte dann nichts mehr übrig.
 
Appell an die Politik
Die Politik in Stuttgart sollte die durch Stuttgart 21 bedingte Lähmung langsam verlassen, Fehler eingestehen und die Schiene in der Region Stuttgart endlich fit für die Zukunft machen. Vielleicht wäre die eine oder andere Reise der zuständigen Gremien in andere Städte hierzu hilfreich.        

   

Freitag, 30. August 2024

Stuttgarter S-Bahn bis Mühlacker anstatt bis Vaihingen/Enz? Schnapsidee bleibt Schnapsidee

In den vergangenen Wochen wurde eine Führung der Stuttgarter S-Bahnlinie S5 über ihren derzeitigen Endpunkt Bietigheim hinaus bis nach Mühlacker thematisiert. Dabei fahren zwischen Mühlacker, Vaihingen/Enz und Bietigheim längst die Metropolexpresszüge des Landes BW.

In den Jahren davor war immer wieder von der Verlängerung der S5 bis nach Vaihingen/Enz die Rede. Augenscheinlich hat man jetzt gesehen, dass ein Endpunkt Vaihingen/Enz der S5 betrieblich schwer in den Griff zu bekommen ist. Denn das Wenden der S5 im Bahnhof Vaihingen/Enz ist kaum möglich und mindestens verspätungsanfällig. 

Eine Führung der S5 bis nach Mühlacker ist jedoch genauso wie die Führung nach Vaihingen/Enz mit einer Vielzahl an Nachteilen verbunden. Darum soll es heute hier in diesem Blog gehen. Und es ärgert mich, dass dieses Thema hier in diesem Blog noch einmal angesprochen werden muss, nachdem wir die Nachteile einer Verlängerung der S5 bereits mehr als einmal thematisiert haben.

Mühlacker liegt nicht in der Region Stuttgart
Die Stadt Mühlacker liegt im Enzkreis und damit nicht in der Region Stuttgart. Der Verband Region Stuttgart ist also für die Bedienung von Mühlacker nicht zuständig. Über eine S-Bahn nach Mühlacker entscheidet der Verband Region Stuttgart nicht. Zuständig ist jedoch das Land BW, das heute schon Aufttraggeber für den Metropolexpress zwischen Mühlacker und Stuttgart Hauptbahnhof über Bietigheim ist.
 
Unterschiedliche Bahnsteighöhen
Metropolexpress und S-Bahn sollten mit Ausnahme wichtiger Umsteigebahnhöfe möglichst nicht die selben Bahnhöfe bedienen, weil sie unterschiedliche Bahnsteighöhen aufweisen (96 cm bei der S-Bahn und 76 cm beim Metropolexpress). Das führt dann entweder dazu, dass das Ein- und Aussteigen bei der S-Bahn nicht barrierefrei ist, oder dass überlange Bahnsteige mit unterschiedlichen Bahnsteighöhen gebaut werden müsssen. Beides ist ganz schlecht.
 
Unterschiedliche Türanordnungen
Die für den Metropolexpress eingesetzten Fahrzeuge und die Fahrzeuge der Stuttgarter S-Bahn haben vollkommen unterschiedliche Türanordnungen. Damit ist es im Falle eines gemeinsam genutzten Bahnsteigs nicht möglich, die Lage der Türen am Bahnsteig zu markieren. 
 
Der Metropolexpress hat ein WC
Die Stuttgarter S-Bahn hat kein WC, sehr wohl aber der Metropolexpress. Das ist auch ein Argument, doch besser den Metropolexpress als die S-Bahn einzusetzen.  
 
Der Metropolexpress hat die Option für längere Züge
Die S-Bahn kann ihre derzeitige maximale Zuglänge von 210 Metern nicht verlängern. Denn die unterirdischen Haltepunkte der Stammstrecke der S-Bahn können nicht erweitert werden. Ganz anders der Metropolexpress. Hier gibt es die Perspektive für eine Verlängerung der Züge in Richtung 300 Meter und damit bedeutende Steigerungen der Kapazität. Denn Einschränkungen wie bei der S-Bahn-Stammstrecke gibt es beim Metropolexpress nicht.    
 
Der Metropolexpress kann mit Doppelstock-Fahrzeugen fahren
Niemals kann die Stuttgarter S-Bahn mit Doppelstock-Fahrzeugen fahren und damit ihre Kapazität erhöhen. Denn Doppelstock-Fahrzeuge haben wesentlich weniger Türen als einstöckige Fahrzeuge. Das würde bei der S-Bahn in den Stationen der Stammstrecke zu überlangen Fahrgastwechselzeiten führen. Das aber ist wegen der starken Auslastung der Stammstrecke nicht praktikabel. 
 
Ganz anders verhält es sich beim Metropolexpress. Im Rahmen eines ergänzenden Kopfbahnhofs beim Stuttgarter Hauptbahnhof können die Doppelstock-Züge die wegen der kleinen Zahl an Türen langen Fahrgastwechselzeiten gut bewältigen. 
 
Die Verlängerung radialer Linien trägt nichts zur Steigerung der Kapazität bei
Die bisherigen Argumente für den Metropolexpress waren wichtig. Das entscheidende Argument haben wir aber noch gar nicht angesprochen.
 
Maßgebend ist die angestrebte Verdoppelung der Fahrgastzahlen im Eisenbahnverkehr bis 2030. Und dafür bringt die Verlängerung einer radialen Linie über ihren bisherigen Endpunkt hinaus überhaupt nichts. Bleiben wir mal bei der S5. Eine Verlängerung  der S5 über ihren heutigen Endpunkt Bietigheim hinaus bringt für das Verdoppelungsziel nichts. Denn nach einer solchen Verlängerung fährt zwischen Bietigheim und dem Stuttgarter Hauptbahnhof kein Zug mehr als heute. Es wird kein Fahrzeug oder Sitzplatz zusätzlich angeboten.
 
Das Verdoppelungsziel wird nur durch eine neue Linie erreicht, wie es der Metropolexpress darstellt. Nur durch den Metropolexpress fahren sowohl zwischen Mühlacker und Bietigheim als auch zwischen Bietigheim und dem Stuttgarter Hauptbahnhof mehr Züge. Hierzu sind ein Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof sowie zwei weitere Gleise im Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof erforderlich.
 
Die Stuttgart 21-Planungen
Gemäß den Planungen des Landes, die am 11.10.2022 öffentlich vorgestellt worden sind, plant das Land BW eine Linie RE 17 mit MEX-Standard, die halbstündlich von Pforzheim über Mühlacker und Bietigheim zum Stuttgarter Hauptbahnhof und weiter zum Flughafen und nach Tübingen fährt.
 
Kurzer Einschub: Was ist das eigentlich, eine RE-Linie mit MEX-Standard? Was für ein Durcheinander! Der Marke MEX wird dadurch Schaden zugefügt. Warum heißt es nicht MEX? Das werden wir demnächst in diesem Blog noch einmal ansprechen.
 
Wenn der halbstündlich fahrende MEX zwischen Pforzheim und Bietigheim sowie Stuttgart-Hauptbahnhof nicht ausreicht, kann als nächstes der Viertelstundentakt beim MEX angegangen werden. Und hierzu wird eine zusätzliche Doppelspur im Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof benötigt. Hierzu wird auch ein Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof benötigt.


Freitag, 23. August 2024

Nach Stuttgart 21-Blamage: Muss man sich jetzt auch noch für den Stuttgarter Schlossplatz schämen?

In diesen Tagen sieht man vielfach Touristen in der Umgebung des Stuttgarter Schlossplatzes, die ungläubig und zum Teil fassungslos auf das schauen, was sich ihnen hier bietet: 

Nahezu der gesamte Schlossplatz ist hinter eine mobilen Absperrung verschwunden und somit nicht oder kaum sichtbar. Am ehesten erwischt man noch einen Blick auf den Schlossplatz, wenn man in den Musikpavillon hineingeht. Denn der Fußboden des Musikpavillons ist etwas erhöht. So drängen sich in diesen Tagen zuweilen Menschen mit emporgestemmter Kamera oder iPhone, um vielleicht doch noch ein Bild vom Schlossplatz machen zu können.

Was ist geschehen?
Der Stuttgarter Schlossplatz war der Standort mehrerer Großveranstaltungen. Das hat den Platz so zugerichtet, dass er jetzt für mehrere Wochen wohl bis in den September hinein gesperrt bleiben muss. 

Angefangen hat es mit der Großveranstaltung des Public Viewing zur Fußball-Europameisterschaft. Die EM begann am 14.06.2024. Der Aufbau der Megakonstruktion begann einige Wochen vorher. Nach der Fußball-EM gab es einen fliegenden Wechsel der Megakonstruktion. Dann begannen die Jazz Open.

Summa summarum bleibt der Stuttgarter Schlossplatz somit im Jahr 2024 für die Dauer von wohl drei Monaten für die Öffentlichkeit - für Einheimische wie Touristen - gesperrt. 

Muss man sich das bieten lassen?
Viel zu wenig wird hinterfragt, ob man sich so etwas bieten lassen muss. Öffentlichkeit, Stadtverwaltung, Gemeinderat, Landesverwaltung und Landesparlament sollten in der Tat mal diskutieren, ob es richtig ist, den wichtigsten öffentlichen Raum der Landeshauptstadt Stuttgart für die Dauer von drei Monaten pro Jahr der Öffentlichkeit zu entziehen.

Denn Stuttgart hat nicht viele solche urbanen und schönen Plätze wie den Schlossplatz. Der Schlossplatz wurde nicht für Großveranstaltungen wie Public Viewing oder für Musikveranstaltungen gemacht. Der Schlossplatz und seine umgebende Bebauung sollen heute in erster Linie für sich selbst wirken und für die Einheimischen wie für die Touristen ein angenehmer Ort sein.

München zum Beispiel würde so etwas niemals einfallen. Und München hat mehr schöne und urbane Plätze als Stuttgart. Das Public Viewing in München fand im Olympiapark statt.

Wie attraktiv ist Stuttgart für Touristen?
Ist Stuttgart für Touristen attraktiv? Ich habe mir das mal durch den Kopf gehen lassen. Und in der Tat: Stuttgart hat unglaublich viele und viele Dutzend Einzelsehenswürdigkeiten, wie z.B. das Porsche Museum, die Grabkapelle Württemberg, die Hohenheimer Gärten, die Wilhelma, die Mineralbäder und -quellen, die Zahnradbahn und viele, viele andere mehr. Stuttgart hat aber ein Problem, wenn es um das Thema einer urbanen, durch eine räumliche, zweidimensionale Abfolge von Plätzen, Boulevards, Parks und markanten Gebäuden mit guter Architektur charakterisierten Stadt geht. Das ist zum Teil auf die topographische Situation, zum Teil auf die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg, aber auch auf schwere städtebauliche Fehler beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zurückzuführen. Eine glaubhafte Kehrtwende kann ich noch nicht erkennen.

Vor diesem Hintergrund den Schlossplatz, den mit Abstand besten Platz Stuttgarts, für ein Viertel Jahr pro Kalenderjahr der Bevölkerung zu entziehen, ist nicht zulässig.

Die Landeshauptstadt Stuttgart sollte so schnell wie möglich auf das Land BW, den Eigentümer des Schlossplatzes zugehen und vereinbaren, dass Großveranstaltungen zukünftig nicht mehr auf dem Schlossplatz, sondern z.B. auf dem Cannstatter Wasen stattfinden.

Schlossplatz-verträglich scheint mir hingegen der Weihnachtsmarkt mit Eisenbahn und leuchtenden Figuren zu sein. Und selbstverständlich müssen auf dem Schlossplatz auch Demonstrationen stattfinden können. Das Demonstrationsrecht ist in der Deutschen Verfassung ganz hoch angesiedelt.    

Freitag, 16. August 2024

Regionalverkehrsfahrplan Stuttgart 21: Schlechte Anbindung baden-württembergischer Großstädte an den Bahnknoten Stuttgart

Der am 11.10.2022 vom Landesverkehrsministerium Baden-Württemberg vorgestellte Regionalverkehrsfahrplan für Stuttgart 21 ist in vielerlei Hinsicht nicht zufriedenstellend. Unter anderem werden einige baden-württembergische Großstädte schlecht an den Bahnknoten Stuttgart und an die Landeshauptstadt Stuttgart angebunden. 

Das ist eine unmittelbare Folge der Unterdimensionierung von Stuttgart 21, die die eigentlich erforderlichen und gewünschten Züge nicht fahren lässt.

Sehen wir uns hierzu mal die baden-württembergischen Großstädte in der Reihenfolge ihrer Einwohnerzahl an (selbstverständlich ohne Stuttgart). Die Einwohnerzahlen wurden der Wikipedia entnommen und auf volle Tausender gerundet. 

Mannheim, 316.000 Einwohner
keine Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Karlsruhe, 309.000 Einwohner
Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart

Freiburg im Breigau, 236.000 Einwohner
keine Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Heidelberg, 162.000 Einwohner
keine Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Ulm, 129.000 Einwohner
Anbindung im Regionlverkehr an Stuttgart
 
Heilbronn, 128.000 Einwohner
Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Pforzheim, 128.000 Einwohner
Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Reutlingen, 118.000 Einwohner
Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart

Ist denn einen direkte Anbindung der Großstädte in Baden-Württemberg an den Bahnknoten Stuttgart wirklich so wichtig? Ich meine ja. Das ist einer von vielen Aspekten der geplanten Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis zum Jahr 2030. Und das Nichtvorhandensein dieser direkten Anbindung an die Landeshauptstadt Stuttgart bei einigen Großstädten in Baden-Württemberg ist auch eines von vielen Kennzeichen für die Unterdimensionierung des Bahnknotens Stuttgart unter dem Projekt Stuttgart 21.

Eine direkte Anbindung aller Großstädte in BW an den Bahnknoten Stuttgart sollte auch im Interesse der Stuttgarter Politik sein. Dadurch wird Stuttgart gestärkt und attraktiver.

Eine direkte Anbindung aller Großstädte in BW an den Bahnknoten Stuttgart nutzt auch den Bewohnerinnen und Bewohnern von Stuttgart. Denn sie verfügen dann über noch mehr Züge, die ab und bis Stuttgart verkehren. 

Durchbindung der Regionalzüge in Stuttgart
Bei genauerer Hinsicht stößt man auf ein Paradoxon. Stuttgart 21 bindet viele Regionalzüge im Stuttgarter Hauptbahnhhof durch - ausgerechnet dort, wo die wenigsten Fahrgäste eine Durchbindung benötigen, weil sie dort einsteigen, aussteigen oder umsteigen.
 
Im Gegensatz dazu müssen die Fahrgäste z. B. von Stuttgart nach Heidelberg unter Stuttgart 21 umsteigen. Hier wäre ein durchgebundener Zug wichtig.
    
Es gab schon mal einen Zug nach Heidelberg
Bis vor einigen Jahren gab es schon mal einen durchgehenden Zug von Stuttgart nach Heidelberg. Das war zwar kein schneller Regionalzug, aber immerhin. Heute und unter Stuttgart 21 gibt es einen solchen Zug nicht mehr. Heute und unter Stuttgart 21 muss man in Karlsruhe-Durlach oder in Bruchsal umsteigen. Wenn man Pech hat, muss man dann ab Durlach oder Bruchsal mit einer Bummel-S-Bahn fahren.
 
Dabei bräuchte die Welt-Top-Tourismus-Destination Heidelberg dringend eine schnelle, mindestens stündliche Regionalverkehrsverbindung ohne Umsteigen in die Landeshauptstadt Stuttgart. Und umgekehrt verhält es sich genauso.
 
Stündlich muss auch Mannheim im schnellen Regionalverkehr ohne Umsteigen an Stuttgart angebunden sein.
 
Unterdimensioniertes Stuttgart 21 verunmöglicht direkte Regionalverkehrs-Anbindung der Großstädte in BW an Stuttgart 
Das Thema der Anbindung der Großstädte in BW an den Bahnknoten Stuttgart zeigt einmal mehr, dass der Stuttgarter Hauptbahnhof dringend einen ergänzenden Kopfbahnhof benötigt.
 
Erweiterung um Großstädte, die unmittelbar hinter der Landesgrenze von BW liegen
Die Untersuchung kann man noch um diejenigen Großstädte erweitern, die unmittelbar hinter der Landesgrenze von BW liegen. Eine direkte Anbindung an Stuttgart im Regionalverkehr wäre für diese Großstädte ebenfalls sinnvoll.
 
Straßburg, 291.000 Einwohner
keine Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Basel, 174.000 Einwohner
keine Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart 
 
Ludwigshafen am Rhein, 174,000 Einwohner
keine Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Würzburg, 129.000 Einwohner 
Anbindung im Regionalverkehr an Stuttgart
 
Regionalisierungsgesetz
Stehen die gewünschten Regionalzugverbindungen zwischen Stuttgart und den Großstädten von BW im Einklang mit dem Regionalisierungsgesetz?
 
Gemäß dem Regionalisierungsgesetz liegt ein von den Bundesländern zu bestellender Verkehr vor, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt.
 
Das ist dann der Fall, wenn die zwischen den Großstädten fahrenden Regionalzüge unterwegs alle 20 bis 25 Kilometer anhalten.   

        

Freitag, 9. August 2024

Brache bei ehemaliger Bundesbahndirektion in Stuttgart nährt Zweifel an Stuttgart 21-Rosenstein

Braucht Stuttgart das Gebiet "Stuttgart 21-Rosenstein" wirklich so dringend für den Wohnungsbau?

Wenn man sich die Brache bei der ehemaligen Bundesbahndirektion gleich beim Stuttgarter Hauptbahnhof genauer ansieht, kommen diesbezüglich Zweifel auf. Das gilt aber nicht nur in Bezug auf die ehemalige Bundesbahndirektion, sondern auch in Bezug auf viele andere Flächen in Stuttgart, die seit Jahren und Jahrzehnten brachliegen oder weit unter Wert genutzt werden oder bei denen ein Baufortschritt nur mit Zeitlupe auszumachen ist.

In Sachen Bebauung der Flächen bei der ehemaligen Bundesbahndirektion tut sich seit vielen Jahren de facto nichts.

Bereits 2018 war man ungeduldig
Bereits im Jahr 2018 gab es Rückfragen aus der Öffentlichkeit, wann denn nun endlich mit einer Bebauung der Flächen rund um den stehengebliebenen Restteil der ehemaligen Bundesbahndirektion begonnen würde. Damals hieß es, dass der hierzu notwendige Bebauungsplan wohl erst im Jahr 2022 beschlossen würde. Aus damaliger Sicht war das noch ganz weit in der Zukunft und eine Enttäuschung. Warum braucht man eigentlich für die Erstellung eines Bebauungsplans so lang?

Nun leben wir bekanntlich bereits im Jahr 2024. Aber es tut sich weiterhin nichts. Das Gelände ist wohl im Besitz eines Bauträgers. Allerdings gab es vor einiger Zeit Wünsche der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt, an Stelle eines Umzugs des Technischen Rathauses auf die Fildern doch diese Institution mit vielen hundert Arbeitsplätzen lieber auf dem Brachgelände rund um die ehemalige Bundesbahndirektion anzusiedeln.

Wichtig ist allein: Es wird nicht gebaut
Aber eigentlich ist es vollkommen egal, weshalb die Brache nicht bebaut wird. Wichtig ist allein, dass sie nicht bebaut wird - wie auch zahlreiche andere Brachen und unterwertig genutzte Bauflächen im ganzen Stadtgebiet einschließlich der Stuttgarter Innenstadt. Als Eines für Alle sei nur noch einmal das Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Bad Cannstatt genannt, wo sich eine Neubebauung inzwischen über Jahrzehnte hinzieht und immer noch nur ein kleiner Teil des Geländes bebaut ist.

Wie kann die Landeshauptstadt Stuttgart im Ernst unter solchen Umständen vor ihre Bevölkerung treten und das Bauprojekt Stuttgart 21 Rosenstein verkünden? Man braucht dieses Projekt nicht! Dabei bleiben selbst bei einem Weiterbetrieb von Teilen des Stuttgarter Kopfbahnhofs und Teilen der Zulaufstrecken zum Kopfbahnhof noch genügend Flächen übrig, die von Seiten der Landeshauptstadt Stuttgart bebaut werden könnten, mehr als diese in der Lage ist zu bauen. 

Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, die mit dem Projekt Stuttgart 21-Rosenstein betraut sind, möchte man eigentlich raten, bei ihrem Arbeitgeber um eine sinnvollere Verwendung nachzufragen. Oder es sollten diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Job bei der Stadt kündigen und bei besseren Städtebauprojekten anheuern. Wer will seine berufliche Biographie denn schon mit dem Looser-Projekt Stuttgart 21-Rosenstein belasten?

Blick von der Jägerstraße in Stuttgart-Mitte in nordöstliche Richtung: Brache in der Stuttgarter Innenstadt nur wenige Meter vom Hauptbahnhof entferrnt.

 
Blick von der Jägerstraße in Stuttgart-Mitte zum Kriegsberg: Wurde in der Weinberghütte ganz oben Stuttgart 21 erfunden?

Blick von der Jägerstraße in Stuttgart-Mitte zum Rest der ehemaligen Bundesbahndirektion: Ein desolates Gebiet.

Freitag, 2. August 2024

P-Option des Projekts Stuttgart 21 mit Wartbergtunnel: Der Weg in die Sackgasse

Das seit jeher problematische Projekt Stuttgart 21 scheint mit der P-Option einschließlich des neuen Wartbergtunnels immer tiefer in die Sackgasse zu geraten.

Die Zusammenhänge sehen wir uns heute hier in diesem Blog näher an. 

Stuttgart 21 versagt, wenn es darum geht, den Bahnknoten Stuttgart für den Deutschlandtakt (Integraler Taktfahrplan) fit zu machen. Für den Deutschlandtakt ist eine Fahrzeit Mannheim - Stuttgart von weniger als die Kantenzeit von 30 Minuten erforderlich. Gleichzeitig sind wesentlich mehr als acht Bahnsteiggleise im Stuttgarter Hauptbahnhof erforderlich, damit sich die Züge aus den und in die unterschiedlichsten Fahrtrichtungen jeweils zur vollen und halben Stunde dort treffen können.

Beide Anforderungen erfüllt Stuttgart 21 nicht. Die Fahrzeit Mannheim - Stuttgart beträgt heute ca. 37 Minuten. Stuttgart 21 kann mit Hilfe des Feuerbacher Tunnels gerade mal eine Beschleunigung von zwei Minuten bieten. Das ist bei weitem nicht ausreichend. Zudem sind die acht Gleise des Stuttgart 21-Hauptbahnhofs ebenfalls bei weitem nicht ausreichend, damit der Stuttgarter Hauptbahnhof ein Taktknoten im Rahmen des Deutschlandtakts werden kann.

Nordzulauftunnel als Rettungsanker in Sachen Deutschlandtakt?
Nun soll der neue Nordzulauftunnel zusammen mit weiteren Maßnahmen dafür sorgen, dass die Fahrzeit Mannheim - Stuttgart auf unter die Kantenzeit von 30 Minuten sinkt. Nur wenn die Fahrzeit wenige Minuten unter der Kantenzeit liegt, können sich die ICE aus Richtung und Gegenrichtung im Stuttgarter Hauptbahnhof wie auch im Mannheimer Hauptbahnhof begegnen, was wiederum die Voraussetzung dafür ist, dass dort ein Deutschlandtakt-Taktknoten eingerichtet werden kann.
 
Dies sind die geplanten Beschleunigungsmaßnahmen Mannheim - Stuttgart:
1. Feuerbacher Tunnel von Stuttgart  21
2. Nordzulauftunnel
3. Schlankere Weichen im Gleisvorfeld des Mannheimer Hauptbahnhofs
4. Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h auf 280 km/h, allerdings nicht dann, wenn sich zwei Züge in den zweigleisigen Tunnels begegnen. 
 
Damit soll eine Fahrzeit Mannheim - Stuttgart von ca. 28 Minuten erreicht werden.
 
Feuerbacher Tunnel von Stuttgart 21 muss zwei bis drei Jahre außer Betrieb genommen werden 
Der Nordzulauftunnel wurde beim Bau von Stuttgart 21 bisher nicht berücksichtigt. Das führt im Falle des Baus des Nordzulauftunnels zu schwerwiegenden Komplikationen. Denn der Nordzulauftunnel kann nur dann an den Feuerbacher Tunnel von Stuttgart 21 angeschlossen werden, wenn der Feuerbacher Tunnel für einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren gesperrt wird. Damit aber wäre der Stuttgarter Hauptbahnhof aus Richtung Norden (40 Prozent des Bahnverkehrs ohne S-Bahn) zwei bis drei Jahre nicht  mehr erreichbar.
 
Um dies zu verhindern wird jetzt die P-Option mit dem neuen Wartbergtunnel aus dem Hut gezaubert. Mit Hilfe der P-Option einschließlich des Wartbergtunnels soll erreicht werden, dass auch bei einer Sperrung des Feuerbacher Tunnels noch Züge über den Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren können.
 
Was bedeutet die P-Option konkret? Aus Richtung Zuffenhausen zweigen die Züge vor dem Beginn der Rampe des Feuerbacher Tunnels ab und fahren durch den alten Pragtunnel. Der Pragtunnel muss hierfür saniert werden. Südlich des Pragtunnels ungefähr im Bereich der Löwentorbrücke beginnt dann der neue Wartbergtunnel, der den Nordzulauf an den Cannstatter Tunnel von Stuttgart 21 anschließt.
 
Der Cannstatter Tunnel von Stuttgart 21
Der Cannstatter Tunnel ist der schwächstbefahrene unter den vier  Zu-/Abläufen von Stuttgart 21. Dieser Tunnel weist größere Reserven auf, die für die im Nordzulauf über den Wartbergtunnel kommenden Züge zur Verfügung stehen können.
 
Allerdings können im Cannstatter Tunnel nicht alle Züge des Nordzulaufs fahren, wie sie bisher für den Feuerbacher Tunnel geplant sind. Denn die Züge des Nordzulaufs müssen ihre Gleise im Cannstatter Tunnel ja mit anderen Zügen teilen. Und auch der Feuerbacher Tunnel ist ein Engpass, denn mit ihm weist der Nordzulauf nur zwei Gleise auf - nicht mehr als heute bereits vorhanden sind.
 
An zwei Gleisen vom Pragtunnel in einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof führt kein Weg vorbei
Stuttgart 21 steckt mit seinem Nordzulauf also in einer Sackgasse. Deshalb ist es unabdingbar, dass zwei Gleise des Nordzulaufs in einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof geführt werden. Wie könnte so etwas konkret aussehen?
 
Diese beiden Gleise müssen von der P-Option abzweigen, und zwar zwischen dem Pragtunnel und dem Wartbergtunnel. Sie verlaufen dann oberirdisch - wie das heute auch schon der Fall ist - zum Ergänzungsbahnhof.
 
Nicht einfach wird die Abzweigung der beiden Gleise in Richtung Ergänzungsbahnhof aus der P-Option sein. Es ist allerdings nicht meine Aufgabe, das im Detail zu planen. Dafür ist der Bauherr von Stuttgart 21 zuständig. Auch das Land BW sollte darauf achten, dass der Nordzulauf ausreichend leistungsfähig ist.
 
Noch einmal: Zwei Gleise des Nordzulaufs müssen in einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof geführt werden - und das aus zwei Gründen.
 
Zum Einen muss während der mehrjährigen Sperrung des Feuerbacher Tunnels von Stuttgart 21 die für den Nordzulauf geplante Zugzahl weiterhin fahren können. Das geht nur mit dem Ergänzungsbahnhof.
 
Und zum Anderen müssen wegen des geplanten Deutschlandtakts (Integraler Taktfahrplan) mehr als die bisher geplanten acht Gleise im Stuttgarter Hauptbahnhof zur Verfügung stehen. Auch das geht nur mit dem Ergänzungsbahnhof. Will man den Ergänzungsbahnhof nicht, dann kann man auch den geplanten Nordzulauftunnel bleiben lassen. Es geht nicht, dass man sich nach dem Cafeteria-Prinzip einzelne Bestandteile des Deutschlandtakts herauspickt und die anderen Bestandteile liegen lässt. Der Deutschlandtakt geht nur vollständig - also mit Nordzulauftunnel und Ergänzungsbahnhof.