Freitag, 24. November 2023

Ist die Verlängerung der Stuttgarter S-Bahn Richtung Heilbronn ein Versuch, den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof zu verhindern?

Es gibt Pressemeldungen, wonach der Verband Region Stuttgart Überlegungen anstellt, die Stuttgarter S-Bahnlinie S 5 über ihren derzeitigen Endpunkt Bietigheim-Bissingen hinaus in den Landkreis Heilbronn bis Lauffen am Neckar zu verlängern. 

Das scheint auf den ersten Blick eine interessante Sache zu sein. Auf den zweiten Blick wird man jedoch stutzig. Ist diese angedachte Verlängerung der Stuttgarter S-Bahn vielleicht nur einer von vielen Versuchen, einen Ergänzungsbahnhof zum Stuttgart 21-Tiefbahnhof zu verhindern? Und/oder ist diese angedachte Verlängerung der S-Bahn nur wieder einer von vielen Gelegenheiten, dem Metropolexpress (MEX) des Landes BW Prügel zwischen die Beine zu werfen? 

Das sehen wir uns heute hier in diesem Blog näher an.

Der Verband Region Stuttgart ist nicht für die von außerhalb in die Region Stuttgart einfahrenden Züge zuständig. Dafür ist das Land BW zuständig. 

Es gibt auf den zweiten Blick tatsächlich viele weitere Gründe, die gegen eine Verlängerung der Stuttgarter S-Bahn nach Lauffen am Neckar sprechen. Statt dessen sollte der MEX des Landes BW Stuttgart - Heilbronn und zurück in einem sauberen 15 Minuten-Takt verkehren. Dieser MEX muss dann aber in den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof einfahren - wie auch zum Beispiel ein zukünftiger MEX Calw - Stuttgart oder wie z.B. die Gäubahn oder wie z.B. eine zukünftige Express-S-Bahn Kirchheim unter Teck- Stuttgart.

Unterschiedliche Bahnsteighöhen
Bahnsteighöhen beim MEX von 76 cm über SO stehen Bahnsteighöhen bei der S-Bahn von 96 cm gegenüber. Man müsste also bei den Bahnhöfen im Verlauf der angedachten Verlängerung Besigheim, Walheim, Kirchheim (Neckar) und Lauffen am Neckar jeweils zwei Bahnsteige mit unterschiedlicher Bahnsteighöhe oder überlange Bahnsteige mit unterschiedlicher Bahnsteighöhe bauen. Das aber wäre eine städtebauliche und/oder eine landschaftliche Katastrophe. Die genannten Bahnhöfe dürfen deshalb nur eine Bahnsteighöhe aufweisen. Und das ist die Bahnsteighöhe des MEX.
 
Komfort/Toiletten
Dieses Thema wird bereits bei der vorgeschlagenen S-Bahnverlängerung Richtung Rottweil diskutiert. Die S-Bahn ist nun mal eher für kürzere Fahrstrecken konstruiert. Es gibt in der S-Bahn weniger Sitzplätze und mehr Stehplätze als in einem MEX. Zudem sind die Sitzplätze im MEX komfortabler als in einer S-Bahn. Der MEX verfügt zudem im Gegensatz zur S-Bahn über eine Toilette. Man sollte deshalb dabei bleiben, dass der MEX die Strecken außerhalb des bestehenden S-Bahnnetzes attraktiv bedient. Verlängerungen des bestehenden S-Bahnnetzes müssen die Ausnahme bleiben.  

Die S-Bahnverlängerung bringt keine zusätzliche Kapazität
Die Verlängerung der S-Bahn von Bietigheim-Bissingen nach Lauffen am Neckar bringt im Abschnitt zwischen Bietigheim-Bissingen und dem Hauptbahnhof keine zusätzliche Kapazität. Es fährt kein einziger Zug mehr. Es wird kein einziger Sitzplatz mehr angeboten. Ein MEX im Viertelstundentakt zwischen Heilbronn und Stuttgart bringt dagegen sehr wohl zusätzliche Kapazitäten, und das nicht nur im Abschnitt von Heilbronn nach Bietigheim-Bissingen sondern auch und gerade im Abschnitt von Bietigheim-Bissingen zum Hauptbahnhof. Zusätzliche Kapazitäten sind wegen des Ziels, bis zum Jahr 2030 die Fahrgastzahlen zu verdoppeln, unabdingbar.
  
Die unpünktliche S-Bahn sollte nicht verlängert werden
Die Menschen in der Region Stuttgart sind mit dem aktuellen Zustand der S-Bahn nicht zufrieden. Es gibt zu viele Verspätungen. Es fallen zu viele Züge aus. Das System der Stuttgarter S-Bahn scheint nicht zuletzt wegen des einzigen Stammstreckentunnels ausgereizt zu sein. Hauptaufgabe des Verbands Region Stuttgart ist es, das bestehende S-Bahnsystem zu verbessern. Das Wildern in den MEX-Gebieten des Landes BW sollte unterbleiben. 
 
Konkrete Maßnahmen, die innerhalb des bestehenden S-Bahnnetzes dringend in die Wege geleitet werden müssen, sind das dritte Gleis zwischen Böblingen und Herrenberg, Doppelspurabschnitte zwischen Wendlingen und Kirchheim unter Teck sowie abschnittsweise das dritte Gleis zwischen Waiblingen und Schorndorf. 

Der MEX fährt schneller nach Stuttgart
Die Fahrgäste aus Besigheim, Walheim, Kirchheim (Neckar) und Lauffen am Neckar kommen mit dem MEX schneller zum Stuttgarter Hauptbahnhof und damit zu einem der wichtigsten Bahnknoten als mit der S-Bahn. Das ist entscheidend. Das betrifft die Mehrzahl der Fahrgäste.
       
Der MEX könnte zukünftig auch in Zuffenhausen halten
Der MEX ist ein Produkt, für das es auch ein Produkt-Handbuch geben müsste. Gäbe es ein solches Handbuch, müsste darin auch festgehalten sein, wo der MEX hält. Eines von mehreren Kriterien müsste sein, dass der MEX an Bahnhöfen mit Streckenverzweigungen hält. Das ist wichtig für die Übereck-Fahrten, z.B. von Leonberg nach Heilbronn. Der MEX Heilbronn - Stuttgart müsste also irgendwann einmal im Verzweigungsbahnhof Zuffenhausen halten. Damit könnten zukünftig die Fahrgäste z.B. aus Lauffen am Neckar auch Zuffenhausen ohne Umsteigen erreichen. 

 

Freitag, 17. November 2023

Ulms Bayerischer Bahnhof - Vorbild für den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof?

Gemäß einem Bericht auf der Website des SWR wurde am 02. November 2023 ein eigener Zugang zum Bayerischen Bahnhof des Ulmer Hauptbahnhofs in Betrieb genommen.

Wir sehen uns das hier in diesem Blog heute ein wenig näher an und ziehen dann einen Vergleich mit Stuttgart 21. Denn den Bayerischen Bahnhof kann man auch als Ergänzungsbahnhof zum Ulmer Hauptbahnhof betrachten.

Der Bayerische Bahnhof beim Ulmer Hauptbahnhof ist ein dreigleisiger Kopfbahnhof (Gleise 25, 27 und 28). Von dort fahren Regionalzüge in Richtung Augsburg - München sowie in Richtung Ingolstadt. 

Der Bayerische Bahnhof war nur umständlich zu erreichen
Bisher war der Bayerische Bahnhof in Ulm nur relativ kompliziert zu erreichen. Man musste zuerst mal in das zeitweise überfüllte Empfangsgebäude des Ulmer Hauptbahnhofs gehen. Von dort ging es dann wieder ins Freie zum Bahnsteig bei Gleis 1. Dort musste man sich nach links wenden und einige Zig-Meter entlang des ebenfalls manchmal stark belegten Bahnsteigs 1 gehen, um zum Querbahnsteig des Bayerischen Bahnhofs zu kommen.

Seit dem 2. November 2023 ist dies anders. Jetzt kommt man direkt vom Bahnhofsvorplatz, also direkt von der Straßenbahnhaltestelle, der Innenstadt, dem ZOB und der Fußgängerunterführung in Ulm zum Querbahnsteig des Bayerischen Bahnhofs (Kosten: 175.000 Euro).

Weitere Ausbaumaßnahmen in Ulm
Jetzt streifen wir mal ganz kurz die weiteren Ausbaumaßnahmen beim Ulmer Hauptbahnhof, obwohl das eigentlich im heutigen Post eher nebensächlich ist. 
 
2024/25 wird das Empfangsgebäude des Ulmer Hauptbahnhofs grundlegend saniert und modernisiert werden.  Während dieser Zeit wird man nur über die Brücke am Südende des Hauptbahnhofs zu den Gleisen gelangen können. Ebenfalls saniert und modernisiert wird die Fußgängerunterführung beim Hauptbahnhof. Unter anderem werden Fahrtreppen eingebaut.
 
Unterschiedliche Vorstellungen bei Bahn und Stadt Ulm
Im Rahmen der Sanierung / Modernisierung des Ulmer Hauptbahnhofs gibt es bei der Bahn und bei der Stadt Ulm unterschiedliche Vorstellungen. Die Bahn will die vorhandene Fußgängerunterführung lediglich sanieren und modernisieren. Dagegen will die Stadt Ulm die vorhandene Fußgängerunterführung auch verlängern, so dass es zwischen dem Dichterviertel im Westen des Hauptbahnhofs und den Sedelhöfen im Osten des Hauptbahnhofs eine durchgehende Fußgängerverbindung gibt, die auch alle Gleise des Durchgangsbahnhofs sowie das Empfangsgebäude anschließt.
 
Hier bleibt für die Stadt Ulm vielleicht nur übrig, die Sache selbst zu finanzieren, möglicherweise mit Zuschüssen. Den heutigen Zustand bei der Fußgängerunterführung einfach nur zu sanieren wäre ein Schildbürgerstreich.
 
Halb Ulm wird zur Baustelle
Jetzt muss man aber auch gleich noch Bedenken anbringen, ob die Stadt Ulm finanziell und personell in der Lage sein wird, auch noch die Verlängerung der Bahnhofsunterführung zu stemmen. Denn bis zum Ende der Zwanziger Jahre wird Ulm zur Großbaustelle. Neben der Sanierung und Modernisierung des Hauptbahnhofs wird für ca. 30 Mio. Euro die Hauptfußgängerzone Bahnhofstraße / Hirschstraße vollkommen neu und vorbildhaft gestaltet.
 
Dann steht in Ulm im Jahr 2030 eine Landesgartenschau an. Das ist weit mehr als eine bloße Blümchenschau. Denn Voraussetzung für die Landesgartenschau in Ulm ist der Abriss der Brücke der B10-Stadtdurchfahrt über das Blaubeurer Tor und deren Ersatz durch einen Tunnel. Das Blaubeurer Tor wird also endlich wieder freigestellt! Ein Mega-Bauvorhaben mit unerbittlicher Terminierung. Gleichzeitig muss auch die riesige Donaubrücke neugebaut werden. 

Dann gibt es gewaltige Entwicklungsvorhaben in den Stadtquartieren um den Hauptbahnhof, z.B. im Dichterviertel und im Theaterviertel. Möglicherweise wird Ulm die neue Mega-Baustellenstadt in Baden-Württemberg.
 
Fahrgäste im Stuttgarter und im Ulmer Hauptbahnhof
Kehren wir jetzt aber wieder zum eigentlichen Thema des heutigen Posts in diesem Blog zurück. Es geht ja darum, ob der Bayerische Bahnhof in Ulm ein Vorbild für einen zukünftigen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof sein kann. 

Der Stuttgarter Hauptbahnhof hat gemäß der Wikipedia 255.000 Besucher pro Tag. Der Ulmer Hauptbahnhof hat gemäß der Wikipedia 40.000 Reisende pro Tag. Ob diese beiden Zahlen jetzt genau dasselbe meinen, ist nicht klar. Uns bleibt erstmal nur anzunehmen, dass beide Zahlen miteinander verglichen werden können.
 
Damit ergibt sich dann ein Faktor von 6,4 im Vergleich Stuttgart - Ulm. Das kann man aber nicht direkt in Zugzahlen umrechnen. Denn die im Ullmer Hauptbahnhof fahrenden Regionalzüge einschließlich der Züge des S-Bahnvorlaufbetriebs sind vielfach wesentlich kürzer als die in Stuttgart verkehrenden Regionalzüge bzw. Züge der S-Bahn.
 
Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof
Trotzdem ist die Sache beeindruckend. Wenn der Ulmer Hauptbahnhof einen dreigleisigen Ergänzungsbahnhhof (Bayerischer Bahnhof) hat, dann braucht der Stuttgart 21-Hauptbahnhof ebenfalls einen Ergänzungsbahnhof mit - ganz überschläglich - acht bis zehn Gleisen.
 
Wie sieht es beim Durchgangsbahnhof aus?
Der Stuttgart 21-Hauptbahnhof wird acht Bahnsteiggleise haben. Dazu muss man in Stuttgart die zwei Gleise des S-Bahnhofs Hauptbahnhof zählen, denn in Ulm verkehren auch die Züge des S-Bahnvorlaufbetriebs bzw. des späteren S-Bahnbetriebs im Durchgangsbahnhof. Das ergibt dann zehn Bahnsteiggleise in Stuttgart.
 
Der Durchgangsbahnhof in Ulm hat sieben Bahnsteiggleise. Dazu kommen noch zwei Kopfbahnhofgleise. Durch den Durchgangsbahnhof fährt in Ulm auch ein Teil des Güterverkehrs. Das ist jedoch durch das bahnsteiglose Gleis zwischen den Gleisen 1 und 2 abgedeckt.   

Verglichen mit Ulm und unter Berücksichtigung der stark divergierenden Zahl der Fahrgäste ist der Stuttgart 21-Durchgangsbahnhof somit alles andere als üppig bemessen. Von daher gibt es einen weiteren Druck für einen Ergänzunngsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof.
 
Dann muss man noch die Gleis-Doppelbelegungen ansehen. Im Ulmer Durchgangsbahnhof gibt es zahlreiche Gleis-Doppelbelegungen. Das deutet auf eine Unterdimensionierung des Durchgangsbahnhofs hin. Auch im Stuttgart 21-Tiefbahnhof soll es Gleis-Doppelbelegungen geben, obwohl dies wegen des starken Gleisgefälles problematisch ist. Von daher ist auch der Stuttgart 21-Durchgangsbahnhof unterdimensioniert.
 
Die Notwendigkeit des Stuttgarter Ergänzungsbahnhofs
Im Vergleich Stuttgart - Ulm gibt es gleich eine mehrfache Notwendigkeit für einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof. Das ist einmal der schon bestehende Ergänzungsbahnhof beim Ulmer Hauptbahnhof (Bayerischer Bahnhof). Dann sind da die viel zu wenigen Gleise des Stuttgart 21-Hauptbahnhofs - auch im Vergleich mit Ulm. Und dritttens gibt es sowohl in Ulm als auch bei Stuttgart 21 eine Gleis-Doppelbelegung, was auf eine Unterdimensionierung sowohl des Ulmer als auch des Stuttgart 21-Hauptbahnhofs hindeutet. 
 
Ulm zeigt Stuttgart zudem, wie Stadtentwicklung auch bei einem oberirdischen Hauptbahnhof funktioniert.              

 

Dienstag, 14. November 2023

Nürnberger Güterzugtunnel zeigt: Zeitangaben für Gäubahn-Pfaffensteigtunnel sind äußerst fragwürdig

Die Bahn will zwischen Nürnberg und Erlangen den mit 7,5 Kilometern längsten Güterzugtunnel Deutschlands bauen. Die Zeitangaben für diesen Tunnel lassen einmal mehr die Zeitangaben für den Gäubahn-Pfaffensteigtunnel äußerst fragwürdig erscheinen.

Gemäß einem Pressebericht vom 14.11.2023 plant die Bahn zwischen Nürnberg und Erlangen den Bau des längsten Güterzugtunnels Deutschlands. Der Bau ist enorm wichtig. Denn mit Hilfe dieses Tunnels wird der Güterverkehr vom ICE-Verkehr getrennt.

Der Güterzugtunnel ist auch ungleich wichtiger als der Gäubahn-Pfaffensteigtunnel, eine Stuttgart 21-Reparaturmaßnahme. Denn der Güterzugtunnel wird von wesentlich mehr Zügen befahren als der Pfaffensteigtunnel. Zudem bringt der Pfaffensteigtunnel im Vergleich zum Bestand keine Leistungssteigerung für die Gäubahn.

Der geplante Güterzugtunnel wird von fast allen Seiten begrüßt, auch von den Naturschutzverbänden. Die Bahn will möglichst schnell mit den Bauarbeiten beginnen. Trotzdem wird der Tunnel erst irgendwann in den Dreißiger Jahren und damit möglicherweise erst Ende der Dreißiger Jahre fertig. Für den zentralen Teil des Tunnels soll bereits in einem Jahr der Planfeststellungsbeschluss erlassen werden. Trotzdem werden die Bauarbeiten erst Ende der Zwanziger Jahre beginnen können.

Pfaffensteigtunnel: Inbetriebnahme in weiter Ferne
Beim Pfaffensteigtunnel ist ein Planfeststellungsbeschluss noch in weiter Ferne. Trotzdem wird behauptet, dass der Tunnel bereits 2032 in Betrieb gehen könne. Das erscheint vollkommen an der Realität vorbei zu sein.

Es stellt sich sogar die Frage, ob der Pfaffensteigtunnel vor dem Hintergrund des wesentlich wichtigeren Güterzugtunnels bei Nürnberg überhaupt in Bau gehen kann. Sollte der Tunnel wider Erwarten irgendwann in Bau gehen, wäre er wohl erst irgendwann in den Vierziger Jahren fertig.

Die Politik sollte beim Pfaffensteigtunnel nicht mehr länger die Augen verschließen, sondern handeln. Und das heißt: Es muss für die Gäubahn noch über Jahrzehnte hinweg der bestehende Zulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof betriebsbereit bleiben. 

Freitag, 10. November 2023

Sensationelle Innovationen beim elektrischen Linienbusverkehr in Esslingen am Neckar

Der Städtische Verkehrsbetrieb Esslingen (SVE) will bis zum Jahr 2024/25 seinen gesamten Linienbusverkehr auf elektrischen Betrieb umstellen. Das soll geschehen, ohne dass das gesamte Busnetz mit einer Oberleitung ausgerüstet werden muss.

Das ist eine sensationelle Innovation, die wir heute hier in diesem Blog näher beleuchten wollen.

Dieser Blog hier über Stuttgart 21 kritisiert ja hauptsächlich eine bestehende Verkehrsentwicklung. Das bezieht sich erst mal auf das Projekt Stuttgart 21. Das bezog und bezieht sich aber auch auf die Stuttgarter Staddtbahn, die nur zwei Stammstrecken in ihrem Netz aufweist.  Das bezog und bezieht sich auch auf das Stuttgarter Straßennetz, das keinen Mittleren Ring besitzt.. Das bezog und bezieht sich aber auch auf die Stuttgarter S-Bahn, deren Stammstrecke die beiden wichtigsten Zufahrten zum Stuttgarter Hauptbahnhof nicht direkt miteinander verbindet.

Heute ist jedoch alles anders. Heute kritisieren wir nicht, sondern drücken unsere Anerkennung für die zukunftsgerichteten Planungen beim Esslinger Linienbusverkehr aus. Wer weiß, vielleicht übernimmt ja die Landeshauptstadt Stuttgart diese Planungen früher oder später für ihr Busnetz?

Die nachfolgenden Informationen basieren auf der Website des SVE.

Der Bestand
Im Jahr 1944 wurde in Esslingen am Neckar die erste O-Buslinie  in Betrieb genommen. Zur Zeit gibt es 29 Kilometer Oberleitung.
 
Nur kleine Erweiterung der Strecken mit Oberleitung
Die Oberleitung soll in Esslingen am Neckar nur um 5 Kilometer erweitert werden.
 
Der Batterie-Oberleitungsbus
Möglich macht diese nur kleine Erweiterung der Strecken miit Oberleitung der Batterie-Oberleitungsbus. Dieser Bus kann sowohl mit Strom aus dem Fahrdraht als auch mit Strom aus einer Batterie fahren. Damit wird eine win-win-Situation ermöglicht.

Einerseits muss nicht das gesamte Busnetz mit einer Oberleitung ausgestattet werden. Andererseits kann die Batterie im Bus wesentlich kleiner ausfallen als bei einem Bus, der nur mit Energie aus einer Batterie fährt. Das wiederum ermöglicht eine Gewichtsersparnis und mehr Platz für die Fahrgäste.

Wo wird Strom getankt?
Jede Buslinie des SVE in Esslingen am Neckar fährt zukünftig wenigstens auf einem Teil ihrer Strecke unter Fahrdraht. Während des Fahrens unter Fahrdraht wird die Batterie aufgeladen. Es gibt darüber hinaus zwei weitere Auflademöglichkeiten. Einmal werden die beiden Betriebshöfe des SVE mit Auflademöglichkeiten ausgestattet. Dadurch können die Busse über Nacht Strom tanken. Dann gibt es eine dritte Auflademöglichkeit. Das ist an den Endhaltestellen der Buslinien. Dort könnten die Busse während der Wendezeiten Strom tanken. Konkret betroffen davon ist die Linie 104, die nur einen vergleichsweise kleinen Anteil an Fahrdraht-Strecke haben wird. Die Busse dieser Linie können an der Endhaltestelle Deizisau Strom laden.
 
O-Bus-Fahrdraht nur in einer Fahrtrichtung
Der Umstand, dass nicht das gesamte Busnetz mit einem Fahrdraht überspannt werden muss, führt dazu, dass im Einzelfall auch mal nur eine Fahrtrichtung der Busse einen Fahrdraht erhält, während die Gegenrichtung ohne Fahrdraht bleibt. Ein Beispiel ist die Pliensauvorstadt in Esslingen, wo der Fahrdraht nur in stadtauswärtiger Richtung montiert werden wird.
 
O-Bus-Fahrdraht nur in Bergrichtung
In Bergrichtung benötigen die Busse wesentlich mehr Strom als in Talrichtung. Von daher ist der Gedanke naheliegend, dass man die O-Bus-Fahrleitung im Verlauf einer Steigungs-/Gefällestrecke nur in Bergrichtung montiert. In Talrichtung reicht der Batteriebetrieb aus bzw. es ist dort sogar überschüssige Energie vorhanden, so dass die  Batterie auch in Talrichtung geladen werden kann. Ein Beispiel hierfür ist der Esslinger Norden, der zu den Ausläufern des Schurwalds gehört. Dorthin wird der Fahrdraht nur in Bergrichtung montiert.
 
Soweit einige der Informationen auf der Website des SVE. 
 
Auswirkungen auf die Landeshauptstadt Stuttgart
Die Busse des SVE fahren heute bereits an zwei Stellen auf das Gebiet der Landeshauptstadt Stuttgart, konkret in Obertürkheim (Linie 101, O-Bus) und in Hedelfingen (Linie 103). Der Fahrdraht im Verlauf der Linie 101 geht hierbei bis zur derzeitigen Endhaltestelle Obertürkheim. Möglicherweise weiß ein Großteil der Stuttgarterinnen und Stuttgarter gar nicht, dass auf der Gemarkung der Stadt O-Busverkehr stattfindet.
 
Nun gibt es gemäß einer Medienmitteilung Pläne, die O-Buslinie 101 von ihrem bisherigen Endpunkt in S-Obertürkheim nach S-Untertürkheim zu verlängern. Mir ist derzeit nicht bekannt, ob diese Verlängerungsstrecke nur mit Batteriebetrieb stattfinden kann oder ob auf einem Teil der Strecke ein Fahrdraht benötigt wird oder ob bei der zukünftigen Endhaltestelle Untertürkheim eine Lademöglichkeit installiert werden muss. Mit der Verlängerung der Buslinie 101 nach Untertürkheim kann die heute zwischen Obertürkheim und Untertürkheim fahrende Buslinie 61 der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) in diesem Abschnitt eingestellt werden. Statt dessen könnte die Buslinie 61 von Untertürkheim in Richtung Neckarpark fahren.
 
Damit ermöglicht es die Innovation beim Linienbusverkehr in Esslingen, dass die Buslinie zwischen S-Obertürkheim und S-Untertürkheim emissionsfrei fahren kann sowie dass zwischen Untertürkheim und dem Neckarpark eine neue Buslinie eingerichtet werden kann.
 
Man sieht also: Heute gibt es nur gute Nachrichten - wenigstens aus Esslingen am Neckar!
           

Freitag, 3. November 2023

Inbetriebnahme von Frankfurts U5 um zwei Jahre auf 2027 verschoben: Kann das auch bei Stuttgart 21 passieren?

Von einem Tag auf den anderen kam die Hiobsbotschaft in Frankfurt am Main: Die bisher und seit vielen Jahren für 2025 anvisierte Inbetriebnahme der U-Bahnlinie U5 vom Hauptbahnhof zum Europaviertel wird sich um zwei Jahre auf das Jahr 2027 verschieben. 

Da stellt sich selbstverständlich die Frage, ob so etwas auch mit Stuttgart 21 passieren kann.

Verlängerung der U5 vom Hauptbahnhof zum Europaviertel
Die U5 wird seit einigen Jahren von ihrem bisherigen Endbahnhof Hauptbahnhof zum Europaviertel verlängert, zum Teil unterirdisch. Das Europaviertel entsteht auf dem ehemaligen Güterbahnhof. Daran anschließend wird es eine weitere Verlängerung zum Stadtteil Römerhof geben.

Verschiebung des Inbetriebnahmetermins
Die jetzt von der Projektgesellschaft SBEV am 16. Oktober 2023 bekanntgegebene Terminverschiebung wird mit "Lieferengpässe, die zu Verzögerungen führen, enorme Preissteigerungen sowie bauliche Unwägbarkeiten" begründet. Es wird zudem betont, dass dies auf viele Bauprojekte der öffentlichen Hand zutrifft.
 
Gibt es Schlussfolgerungen für Stuttgart 21?
Die von der SBEV genannten Gründe für die Terminverschiebung bei der U5 könnten auch auf Stuttgart 21 zutreffen.
 
Es gibt bei Stuttgart 21 jedoch noch weitere Risiken, die bei der U5 in Frankfurt nicht bestehen. Dazu gehört konkret das neue Signalsystem, der sogenannte Digitale Knoten Stuttgart. Dies ist ein Pilotprojekt. Zum ersten Mal soll ein gesamter Bahnknoten mit allen Zügen auf ein neues Signalsystem umgestellt werden. Zusammen mit dem vollkommen neuen Hauptbahnhof ergeben sich hier große zeitliche und fachliche Risiken.
 
Möglich ist ein folgender Zeitablauf bei Stuttgart 21
1. Auf massiven politischen Druck hin wird Stuttgart 21 Ende 2025 offiziell eröffnet. Es fahren  jedoch nur wenige Züge durch den neuen Tiefbahnhof. Viele Züge bleiben (zunächst) mal oberirdisch im Kopfbahnhof.

2. Wenn der Kopfbahnhof zunächst mal erhalten bleiben muss, kann auch die Gäubahn weiterhin in den Kopfbahnhof geführt werden. Unabhängig davon ist eine weitere Führung der Gäubahn in den Kopfbahnhof auch deshalb zwingend, weil man diese wichtige Bahnstrecke nicht auf unabsehbare Zeit ohne Anschluss an den Bahnknoten Stuttgart belassen kann. 

3. Nach einigen Jahren wird man feststellen, dass ein Teil des Kopfbahnhofs auf Dauer erhalten bleiben muss. Dafür sind andauernde Probleme mit dem neuen Signalsystem, Probleme mit der Gleisdoppelbelegung im  großen Gefälle, neue Linien wie die Hermann-Hesse-Bahn sowie die neue europäische Magistrale Würzburg - Stuttgart - Zürich und weitere zusätzliche Verkehre verantwortlich.
 
4. Die Landeshauptstadt Stuttgart stellt fest, dass das Gebiet Rosenstein in absehbarer Zeit nur zum Teil bebaut werden kann. Es gibt schlichtweg zu viele Konversionsflächen in Stuttgart, die einer Bebauung harren. Deshalb wird entschieden, den Kopfbahnhof dauerhaft zu erhalten und ihn stufenweise zu sanieren und zu modernisieren.