Dienstag, 28. September 2021

Ohne das Land Baden-Württemberg läuft bei der Gäubahn gar nichts

Geschätzte 90 Prozent der Verkehrsnachfrage im Verlauf der Gäubahn werden durch den Regionalverkehr abgedeckt. Für den Regionalverkehr bei der Gäubahn ist jedoch das Land BW zuständig. Deshalb läuft ohne BW bei der Gäubahn gar nichts.

Allem Augenschein nach hat Staatssekretär Bilger vom Bundesverkehrsministerium diesen wichtigen Umstand nicht beachtet. Nach allem was wir wissen hat Bilger sein Ausbaukonzept für die Gäubahn nicht mit dem Land BW abgestimmt. 

Das Land ist für die Bestellung des Regionalverkehrs zuständig. Das Land legt darüber hinaus fest, welche Fahrzeuge im Regionalverkehr der Gäubahn eingesetzt werden sollen. Das Land legt den Fahrplan für den Regionalverkehr fest. Das Land legt die Taktfolge fest. Das Land legt fest, an welchen Knotenpunkten der Regionalverkehr am Rendezvous im Rahmen des Integralen Taktfahrplans teilnimmt. Schließlich vergibt das Land nach einer Ausschreibung die Regionalverkehrsleistungen an einen Bieter.

Erst wenn alle diese Festlegungen für 90 Prozent des Verkehrsaufkommens im Verlauf der Gäubahn getroffen worden sind, kann man daraus Ausbaumaßnahmen an der Strecke ableiten. Dann steht zum Beispiel fest, an welchen Stellen sich die Züge begegnen. Dann muss dort die Zweigleisigkeit geplant werden. Dann steht auch fest, welche Systemknotenpunkte es gibt (z.B. Singen (Hohentwiel) und Stuttgart-Hauptbahnhof). Dann steht fest, um wieviele Minuten die Züge zwischen den Systemknotenpunkten beschleunigt werden müssen, damit sich die Züge aus Richtung und Gegenrichtung in diesen Knotenpunkten begegnen. Dann kann man daran gehen, die für die ermittelte Fahrzeitreduzierung erforderlichen Ausbaumaßnahmen an der Strecke zu planen.

Montag, 27. September 2021

Das fünfte und sechste Gleis bei Stuttgart-Zuffenhausen muss jetzt ernsthaft untersucht werden

Nicht nur der achtgleisige Tiefbahnhof ist ein Engpass des Projekts Stuttgart 21. Auch die nur zweigleisige Zufahrt Zuffenhausen für den Regional- und Fernverkehr ("Nordzulauf") stellt einen Engpass ersten Ranges dar. Deshalb muss jetzt an erster Stelle der Agenda stehen, ein zusätzliches fünftes und sechstes Gleis bei Stuttgart-Zuffenhausen zu prüfen.

Um was geht es bei der Zufahrt Zuffenhausen?
  • Die Zufahrt Zuffenhausen hat heute für den Regional- und Fernverkehr nur zwei Gleise. Daran ändert sich bei Stuttgart 21 nichts.
  • Über die Zufahrt Zuffenhausen werden ca. 40 Prozent der Nachfrage nach Bahnverkehrsleistungen und ca. 40 Prozent der Züge vom/zum Bahnknoten Stuttgart abgewickelt.
  • Zweigleisige Zufahrten für den Fern- und Regionalverkehr zu großen Bahnknoten haben eine Leistungsfähigkeit von maximal 12 bis 13 Zügen pro Stunde und Richtung. Ein immer wieder behaupteter S-Bahn-ähnlicher Betrieb ist aus verschiedenen Gründen nicht möglich.
  • Diese Zugzahl wird während der Spitzenstunde bei der Zufahrt Zuffenhausen bereits heute erreicht.
  • Damit lässt sich überschläglich die Leistungsfähigkeit des Bahnknotens Stuttgart mit der Formel "13 geteilt durch 0,4 = 32,5 Züge" berechnen. Dies gilt auch für Stuttgart 21.
 
Damit ist klar, dass es eines fünften und sechsten Gleises für die Zufahrt Zuffenhausen bedarf, um eine Leistungssteigerung beim Bahnknoten Stuttgart zu erreichen - zusätzlich zu einem Ergänzungsbahnhof.

Dienstag, 21. September 2021

Was geschieht mit dem Stuttgarter Kopfbahnhof ab dem Jahr 2026?

Im Kontext der Diskussion um ergänzende Kapazitäten für Stuttgart 21 wird der Frage nach einem Weiterbetrieb des bestehenden Stuttgarter Kopfbahnhofs ab dem Jahr 2026 bisher kaum Beachtung geschenkt.

Klar ist bisher nur die über den Finanzierungsvertrag geregelte Inbetriebnahme des achtgleisigen Stuttgarter Tiefbahnhofs im Rahmen von Stuttgart 21 ab - aus heutiger Sicht - Ende 2025. Darüber schwebt jedoch noch das Damoklesschwert einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen den Projektpartnern um die Übernahme der explodierenden Kosten.

Klar ist weiterhin die im Koalitionsvertrag BW festgezurrte neue - aus heutiger Sicht - sechsgleisige Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof. Sie soll absehbare Kapazitätsmängel des Stuttgart 21-Systems ein Stück weit beheben.

Nun liegen aber zwischen der jetzt anvisierten Inbetriebnahme von Stuttgart 21 Ende 2025 und einer Inbetriebnahme der Ergänzungsstation ca. 5 bis 10 Jahre. Was passiert in der Zwischenzeit mit dem bestehenden Kopfbahnhof?

Mittwoch, 15. September 2021

Der Regionalbahnhof Merklingen - eine Grüne Fehlplanung rückt näher

Ende 2022 soll mit der Eröffnung der Neubaustrecke (NBS) Wendlingen - Ulm auch der neue Regionalbahnhof Merklingen auf der Albhochfläche der Laichinger Alb öffnen. Dann soll stündlich ein Regionalzug zwischen Wendlingen und Ulm fahren, der auch am Bahnhof Merklingen anhält.

Das Projekt Stuttgart 21 kann man ja irgendwo bei der CDU, der SPD und der FDP verorten. Den Regionalbahnhof Merklingen dagegen muss man als eine Erfindung der Grünen bezeichnen. Unter einem Grünen Landesverkehrsminister wurde dieser Bahnhof nachträglich in den Projektumfang der NBS aufgenommen und vom Land finanziert.

Um was es beim neuen Regionalbahnhof Merklingen vor allem geht, zeigt eine Wortmeldung des Ulmer Landtagsabgeordneten Rivoir (SPD). Er forderte vor einiger Zeit, dass man den Regionalbahnhof Merklingen möglichst rasch eröffnen solle. Denn im Vertrauen auf den neuen Regionalbahnhof Merklingen hätte sich einige Ulmer Bürger bereits Grundstücke oder Häuser auf der Laichinger Alb gekauft.

Donnerstag, 9. September 2021

Die geplante Änderung des Finanzierungsvertrags zu Stuttgart 21 ist spannender als zunächst angenommen

Dies ist der dritte hintereinanderfolgende Post in diesem Blog zur geplanten Änderung des Finanzierungsvertrags zu Stuttgart 21.

Die Sache ist spannender, als man auf den ersten Blick glauben mag.

Die bisherige Planung der Führung der Gäubahn über die Gleise der Flughafen-S-Bahn soll storniert werden. Damit wird die Gäubahn aus dem Finanzierungsvertrag zu Stuttgart 21 herausgenommen. Alternativen dazu werden nicht in den Finanzierungsvertrag zu Stuttgart 21 aufgenommen. Denn jede mögliche Alternative wird nicht über das Projekt Stuttgart 21 finanziert.

Der Gäubahn-Filder-Tunnel ("Bilger-Tunnel") würde aus dem Verkehrshaushalt des Bundes finanziert. Die Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof mitsamt ihren Zuläufen einschließlich der Panoramastrecke der Gäubahn würde vom Land BW finanziert, das hierfür umfangreiche Zuwendungen gemäß dem Gemeindefinanzierungsgesetz bekommt. Die (vorübergehende) Beibehaltung der Führung der Gäubahn über die Panoramastrecke in den bestehenden Kopfbahnhof würde von der Bahn finanziert, die hierfür Zuschüsse des Landes bekäme.

Mittwoch, 8. September 2021

Die Stuttgarter Flughafen-S-Bahn ist die Gewinnerin der angestrebten Neufassung des Stuttgart 21-Vertrags

Laut Presseberichten soll der Vertrag zum Projekt Stuttgart 21 einvernehmlich geändert werden. Die Gäubahn soll nicht mehr auf den Gleisen der Flughafen-S-Bahn geführt werden und damit aus dem Vertrag herausfallen.

Die Flughafen-S-Bahn ist die eigentliche Gewinnerin der angestreben Änderung des Stuttgart 21-Vertrags.

Vor einiger Zeit erst hat der Verband Region Stuttgart, der Träger der Stuttgarter S-Bahn, beschlossen, dass die S-Bahn zum Flughafen und nach Bernhausen ab Dezember 2021 nicht mehr im fahrgastunfreundlichen 10-/20-Minuten-Stottertakt, sondern im fahrgastfreundlichen 15-Minuten-Takt fahren soll. Damit würde der S-Bahn-Takt zum Flughafen dem auch auf der Mehrzahl der anderen Außenstrecken der S-Bahn gefahrenen Takt entsprechen. 

Diese Änderung im Sinne der Fahrgäste hätte jedoch nach der bisherigen Planung dann wieder zurückgenommen werden müssen, wenn die Gäubahn auf den Gleisen der Flughafen-S-Bahn geführt worden wäre. Denn um die Gäubahn wenigstens einigermaßen aufnehmen zu können, bedarf es dieser Taktlücke von 20 Minuten, wie sie beim 10-/20-Minuten-Stottertakt nunmal besteht.

Dienstag, 7. September 2021

Stuttgart 21 und Gäubahn - ein erster Trippelschritt in die richtige Richtung

Wenn man Presseberichten von heute Glauben schenken darf, haben die Beteiligten die bisher geplante Führung der Gäubahn über die Gleise der Stuttgarter Flughafen-S-Bahn storniert.

Seit Jahren und sogar Jahrzehnten haben sich viele Institutionen, Organisationen und Einzelpersonen immer wieder gegen diese Pläne ausgesprochen. Bis vor kurzem ohne Erfolg. Die jetzt anstehende Wende gleicht deshalb einem Wunder. Anscheinend wird es - je länger das Projekt Stuttgart 21 vor sich hindümpelt - immer wahrscheinlicher, dass bisher als sakrosant geltende Planungen über den Haufen geworfen werden.

Die bisher geplante Führung der Gäubahn über die Gleise der Flughafen-S-Bahn wurde von den Kritikern auch als Gäubahn-Filder-Murks bezeichnet. Ihre Fahrbarkeit wurde ernsthaft in Zweifel gezogen. Die jetzt erfolgte Stornierung der Pläne bestätigt alle Projektkritiker.

Montag, 6. September 2021

Die Probleme im und um den Bahnhof Plochingen hängen alle irgendwie mit Stuttgart 21 zusammen

Im und um den Bahnhof Plochingen gibt es einige Mängel und Defizite verkehrlicher und betrieblicher Art. Dass diese Probleme direkt oder indirekt alle mit Stuttgart 21 zusammenhängen, wird oft verschwiegen.

Die langsame Durchfahrt
Zunächst einmal fällt auf, dass die Durchfahrt durch den Bahnhof Plochingen vergleichsweise langsam vonstatten geht, nicht nur für die abbiegende Neckar-Alb-Bahn Richtung Tübingen einschließlich der S-Bahn Richtung Kirchheim/Teck, sondern auch für die Filstalbahn nach Ulm. Die ursächlichen Signalsysteme und Weichenverbindungen wären mit großer Wahrscheinlichkeit ohne das Projekt Stuttgart 21 bereits vor einigen Jahrzehnten erneuert, modernisiert und beschleunigt worden.
 
Der langsame IRE Sigmaringen-Stuttgart
Während bis vor nicht allzu langer Zeit alle RE von/nach Tübingen auf den Gleisen der S 1 durch den Bahnhof Plochingen fuhren (das funktionierte einigermaßen, weil die S 1 "nur" alle 15 Minuten verkehrt und die RE nicht nur in Plochingen, sondern auch in Esslingen und Bad Cannstatt halten), fährt der zweistündliche IRE von Sigmaringen auf den Gleisen der Filstalbahn nach Stuttgart. Dieser IRE hält zwischen Reutlingen und Stuttgart nicht, weshalb er auf den Gleisen der S 1 keinen Platz hat. 
 
Der IRE muss in Plochingen einige Weichenverbindungen befahren, die ihn stark verlangsamen. Ohne Stuttgart 21 hätte man diese Weichenverbindungen längst verschlankt und erneuert.

Donnerstag, 2. September 2021

Vorbild Graz: Wann kommt auch in Stuttgart eine "Steuerungsgruppe Verkehr" zur Verdoppelung der Fahrgastzahlen?

Die Fahrgastzahlen im öffentlichen Verkehr sollen sich bis zum Jahr 2030 verdoppeln. Für die Stuttgarter Stadtbahn bedeutet dies zwingend den Bau mindestens einer weiteren Stammstrecke.

Da ist man in Graz schon weiter. Die für die sogenannte große Öffi-Lösung eingesetzte Steuerungsgruppe Verkehr hat in Graz nun einen Zwischenbericht vorgelegt (Bericht der Kleine Zeitung vom 02.09.2021). Von ursprünglich sechs Konzepten wurden inzwischen zwei ausgeschieden. Das sind der S-Bahn-Ring und das Konzept einer Architektengruppe. Noch im Rennen und mit guten Chancen ist hingegen die Mini-Metro.

Zumindest in der Öffentlichkeit hört und liest man in Stuttgart leider immer noch nichts von einer Steuerungsgruppe Verkehr, die die angestrebte Verdoppelung der Fahrgastzahlen auch bei der Stuttgarter Stadtbahn in den Blickpunkt nimmt. Auch die Parteien, die gemeinhin etwas näher am öffentlichen Verkehr positioniert sind, hüllen sich in peinliches Schweigen.

Die Stuttgarter Stadtbahn hat ja seit jeher mit nur zwei Stammstrecken mindestens eine Stammstrecke zu wenig, auch und gerade im Vergleich mit allen anderen Großstädten Deutschlands mit mehr als 500.000 Einwohner.

Es gibt nun für den Stuttgarter Fall mindestens drei Konzepte.