Freitag, 26. August 2022

Unter anderem wegen Stuttgart 21: Bahn befördert im Oberallgäu nur einen Bruchteil der möglichen Fahrgäste

Das Oberallgäu südlich von Kempten bis nach Oberstdorf zählt zu den Top-Reisezielen Europas.

Die Bahn könnte ein Vielfaches an Fahrgästen befördern, wenn sie ausgebaut würde. Das aber ist bisher - unter anderem wegen des Milliardengrabs Stuttgart 21 - nicht einmal am Horizont absehbar.

Fangen wir mal mit der 70.000 Einwohner-Stadt Kempten (Allgäu) an. Dies ist die Metropole des Allgäus. Kaum eine andere Stadt hat eine solch große Zentralitätsziffer wie Kempten. Aus allen Richtungen strömen die Besucher in die Stadt. Aber: Kempten ist auch eine reine Autometropole.

Die Autometropole Kempten (Allgäu)
In den siebziger Jahren hat man den Hauptbahnhof von Kempten ca. 1,5 Kilometer weg von der Kemptner Innenstadt verlegt. Der Fußweg vom Hauptbahnhof in die schöne Innenstadt ist denkbar unattraktiv. Kempten ist eine der ganz wenigen Städte dieser Größenordnung, die über einen vollständig ausgebauten, vierspurigen Mittleren Ring verfügen. Parkplätze gibt es zur Genüge. Das Forum Allgäu ist eines der größten Einkaufszentren weit und breit.

Von Kempten führt die vierspurig ausgebaute, autobahnähnliche B 19 bis südlich von Sonthofen im Oberallgäu. Zudem führt die Autobahn A7 von Kempten in nördliche Richtung quer durch Deutschland sowie in südliche Richtung bis nach Österreich. Die Autobahn A98 führt in westliche Richtung bis fast nach Isny. Das nächste Straßenbaugroßprojekt ist jetzt der vierspurige Ausbau der B 12 in Richtung Buchloe und München.

Und was ist mit der Bahn?
Nicht viel, möchte man sagen. Die Bahnstrecken rund um Kempten sind nicht elektrifiziert. Die Bahnstrecke von Kempten nach Ulm ist eingleisig. Die Bahnstrecke von Kempten nach Österreich ist ebenfalls eingleisig und ansonsten mit Geschwindigkeiten von 20 bis 60 km/h eine Katastrophe. Die ganz stark nachgefragte Bahnstrecke Immenstadt - Oberstdorf ist ebenfalls eingleisig. Wer in der Relation Ulm-Oberstdorf fährt, muss in Immenstadt Kopf machen.
 
Es gab bereits Pläne für eine Tram-Train-Konfiguration. Die auf Kempten zufahrenden Regionalbahnen wären in die Kemptner Innenstadt als Straßenbahn verlängert worden. Um dieses Projekt ist es leider still geworden.
 
Ansonsten wäre genug Nachfrage da, um einen schnellen Halbstundentakt Oberstdorf - Sonthofen - Kempten - Memmingen - Ulm einzuführen. Zudem wäre genug Nachfrage da, um einen 10-Minuten-Stadtbahntakt von Oberstdorf über Immenstadt bis in die Innenstadt von Kempten zu führen.
 
Dazu aber müsste die Bahn ausgebaut werden wie folgt:
  • Zweites Gleis Ulm - Kempten
  • Zweites Gleis Oberstdorf - Immenstadt
  • Neue Direktverbindung von Kempten nach Sonthofen ohne Immenstadt
  • Neutrassierung der Strecke Kempten - Reutte in Tirol 
  • Elektrifizierung aller Bahnstrecken
Bei der diesjährigen Allgäuer Festwoche in Kempten war auch Ministerpräsident Söder zu Gast. Er musste sich viele kritische Fragen zur fehlenden Elektrifizierung der Bahn im Allgäu sowie zum unattraktiven Zustand der Bahn anhören. Söder versprach einmal mehr Abhilfe.
 
Leider ist es in Deutschland so, dass Projekte wie gerade für das Allgäu skizziert, Projekte, die einen tatsächlichen massiven Fahrgastzuwachs nach sich ziehen würden, nur selten gebaut werden. Da baut man lieber das Immobilienprojekt Stuttgart 21.     

 

Sonntag, 21. August 2022

Ist die Panoramastrecke der Gäubahn verantwortlich für die Schäden an den Radsätzen der Stuttgarter S-Bahn?

Die Stuttgarter Panoramastrecke der Gäubahn wird auch in den Sommerferien 2022 von S-Bahnzügen im Umleitungsverkehr befahren. Grund ist die sanierungsbedingte Sperrung der Stammstrecke der Stuttgarter S-Bahn.

Im Sommer 2022 musste wie auch bereits im Sommer 2021 der S-Bahnbetrieb im Verlauf der Panoramastrecke nach einigen Tagen Betriebszeit wieder eingestellt werden. Grund waren und sind verstärkte Abnutzungen der Räder bei einigen S-Bahnzügen, die die Panoramastrecke befahren haben.

Versuchen, von vornherein der Panoramastrecke der Gäubahn die Ursache für die Misere bei den S-Bahnen in die Schuhe zu schieben, muss Einhalt geboten werden.

Die Panoramastrecke der Gäubahn ist zwar durch vergleichsweise enge Kurvenradien charakterisiert. So sind im Bereich des Hasenbergtunnels der Gäubahn nur 70 km/h zugelassen. Ebenso im Bereich bei der Friedhofstraße und im Gleisbogen beim Nordbahnhof.

Im Netz der Stuttgarter S-Bahn gibt es teilweise enge Radien
Allerdings gibt es enge Radien teilweise auch an anderen Stellen der Stuttgarter S-Bahn. In der Wendeschleife Schwabstraße sind z.B. nur 50 km/h zugelassen. Nördlich des Bahnhofs von Leinfelden sind nur 70 km/h zugelassen.

An den Radien der Panoramastrecke kann das Problem also nicht liegen.

Das Schmierseifen-Chaos
Ältere unter uns erinnern sich noch an das "Schmierseifen-Chaos" im Jahr 1993. Eines Morgens wachte man auf und hörte in den Rundfunknachrichten, dass die gesamte Stuttgarter S-Bahn lahmgelegt ist. Die Ursache war zunächst nicht bekannt. Man spielte in Gedanken verschiedene Szenarien durch. War möglicherweise das Betriebswerk Plochingen von der Außenwelt abgeschnitten? Oder gab es Sabotage?

Im Laufe der nächsten Stunden und Tage stellte sich dann heraus, dass die Bahn ein neues Schmierfett gekauft hatte, das den Anforderungen nicht genügte, vor allem nicht in der Wendeschleife Schwabstraße. Die Folge war der Ausfall praktisch aller S-Bahnzüge.

In den Folgetagen liehen dann die Verkehrsverbünde in München und Frankfurt verschiedene Züge nach Stuttgart aus, um die größte Not zu lindern. Es dauerte dann längere Zeit, bis der Stuttgarter S-Bahnbetrieb wieder normal lief.

Vorsicht: Es gibt Interessengruppen, die die Panoramastrecke der Gäubahn gerne stilllegen würden 
In Bezug auf die Stuttgarter Panoramastrecke der Gäubahn ist vor allem darauf zu achten, dass es interessierten Kreisen nicht gelingt, die aktuellen Probleme mit der S-Bahn als Grund anzuführen, dass die ganze Panoramastrecke stillgeleget werden muss. Gerade im Gegenteil muss die Panoramastrecke als radiale Zulaufstrecke zum Bahnknoten Stuttgart erhalten bleiben. Mittelfristig kann die Panoramastrecke modernisiert werden. Hierbei können dann auch die Gleisradien vergrößert werden. 

     

Donnerstag, 18. August 2022

Der Regionalverkehrsbahnhof Bad Cannstatt ist als Folge von Stuttgart 21 auf dem absteigenden Ast

Gemäß einem Zeitungsbericht gibt es Wünsche von Fahrgästen der Linie IRE 1 (Stuttgart - Aalen), dass diese Züge im Bahnhof Bad Cannstatt halten sollen.

Wir sehen uns das heute in diesem Blog näher an. Hierbei kommt man sehr schnell zum Projekt Stuttgart 21, das die Bedeutung des Regionalverkehrsbahnhofs Bad Cannstatt zukünftig drastisch mindern wird.

Der Regionalverkehrsbahnhof Bad Cannstatt hat eine riesige Bedeutung
Zunächst mal zeigen die Wünsche der IRE 1-Fahrgäste, dass der Regionalverkehrsbahnhof Bad Cannstatt eine große Bedeutung hat und ein ganz wichtiger Bahnhof ist. Der Bahnhof Bad Cannstatt gehört zu den wichtigsten Bahnhöfen in der Region Stuttgart.
 
Beim Bahnhof Bad Cannstatt halten zahlreiche Regionallinien der Bahn, drei S-Bahnlinien, mindestens drei Stadtbahnlinien und einige Buslinien. 
 
Der IRE sollte gleichwohl im Bahnhof Bad Cannstatt nicht anhalten
So verständlich das Anliegen der IRE 1-Fahrgäste ist, so muss man doch feststellen, dass der Fernverkehr und der schnelle Regionalverkehr (IRE) im Bahnhof Bad Cannstatt nicht anhalten sollten. Das würde den schnellen und attraktiven Regionalverkehr über Gebühr ausbremsen. Dann kämen auch ganz schnell Wünsche nach Halten des IRE an weiteren Bahnhöfen.
 
Der IRE von Stuttgart nach Tübingen hält ebenfalls nicht im Bahnhof Bad Cannstatt. Genauso wenig der IRE von Stuttgart nach Ulm.
 
Jetzt kommt Stuttgart 21
Die aktuellen Wünsche von IRE 1- Fahrgästen nach Halt des Zuges im Bahnhof Bad Cannstatt treten ganz schnell in den Hintergrund, wenn es um die Auswirkungen von Stuttgart 21 auf den Bahnhof Bad Cannstatt geht.
 
Der Bahnhof Bad Cannstatt kann nicht richtig in das Stuttgart 21-System einbezogen werden. Das wirkt sich unter anderem wie folgt aus:
 
Eine Regionalverkehrsverbindung von Ulm über Stuttgart nach Heilbronn kann bei Stuttgart 21 nicht über den Bahnhof Bad Cannstatt fahren.
 
Auch eine Regionalverkehrsverbindung von Tübingen über Stuttgart nach Heilbronn kann bei Stuttgart 21 nicht über den Bahnhof Bad Cannstatt fahren.
 
Weitere Regionalverkehrs-Zugläufe, die bei Stuttgart 21 nicht über den Bahnhof Bad Cannstatt fahren können:
 
Ulm - Stuttgart - Pforzheim
Tübingen - Stuttgart - Pforzheim
Aalen - Stuttgart - Heilbronn
Aalen - Stuttgart - Pforzheim
Schwäbisch Hall - Stuttgart - Heilbronn
Schwäbisch Hall - Stuttgart - Pforzheim
 
Dies sind alles Relationen, die heute noch möglich sind.

Die Verbindung vom Bahnhof Bad Cannstatt zur Regionalverkehrs-Ergänzungsstation muss kommen
Heilen lässt sich diese Misere nur durch die Regionalverkehrs-Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof sowie durch eine Verbindung für den Regionalverkehr von Bad Cannstatt zur Ergänzungsstation. Damit kann dann der Regionalbahnhof Bad Cannstatt wieder seine volle Bedeutung erlangen. Das ist eine Maßnahme, die sich unmittelbar auf die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs und auf die Fahrgastzahlen auswirken wird.
      

Dienstag, 16. August 2022

Die Durchbindung von Regionalzügen bei Stuttgart 21 muss auf den Prüfstand

Es ist der 16.08.2022. Gegen 11 Uhr fährt der IRE 1 aus Richtung Karlsruhe pünktlich in den Stuttgarter Hauptbahnhof ein. Dieser IRE 1 wird im Stuttgarter Hauptbahhnhof nach Aalen durchgebunden.

Der Zug hält an. Die Türen öffnen sich. Eine unübersehbare Menschenmenge ergießt sich aus dem Zug. Der Bahnsteig zwischen den Gleisen 15 und 16 ist proppenvoll von aussteigenden Fahrgästen. Fahrgäste, die in den Zug in Richtung Aalen einsteigen wollen, können kaum am Bahnsteig entlanggehen. Statt dessen muss man sich hinter irgendwelchen Wänden und Vitrinen in Sicherheit bringen. Erst nach einer gefühlt sehr langen Zeit ebbt der Strom der ausgestiegenen Fahrgäste ab. 

Jetzt kommt die Ruhe nach dem Sturm. Der Zug Richtung Aalen ist nur äußerst spärlich besetzt. Es gibt kaum Fahrgäste, die die Durchbindung dieses IRE 1 nutzen und im Zug sitzen bleiben. In Stuttgart steigen viel, viel weniger Fahrgäste in den Zug ein, als aus Richtung Karlsruhe ausgestiegen sind. Mit drei Minuten Verspätung (wegen einer Verspätung des vorausfahrenden Zugs nach Lindau-Reutin) fährt der Zug in Richtung Aalen ab.

Um was geht es hier?
Der IRE 1 wird zweistündlich im Stuttgarter Hauptbahnhof von Karlsruhe nach Aalen durchgebunden. Allerdings sind die Strecken Stuttgart-Karlsruhe und Stuttgart-Aalen denkbar unterschiedlich.
 
Durchbinden sollte man eigentlich nur Strecken, die ähnlich sind, also z.B. ähnlich viele Fahrgäste aufweisen. Das ist bei den Strecken von Stuttgart nach Karlsruhe und von Stuttgart nach Aalen nicht der Fall. Eigentlich benötigt die Strecke Stuttgart-Karlsruhe Züge mit drei gekuppelten Triebwagen anstatt zwei wie dies heute der Fall ist. Für die Strecke Stuttgart-Aalen reicht hingegen ein Triebwagen aus.
 
Bei Stuttgart 21 müssen die meisten Regionalzüge durchgebunden werden
Beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof müssen die meisten Regionalzüge durchgebunden werden. Nicht weil dies gut und vorteilhaft ist, sondern weil dies eben nicht anders geht. Bei Stuttgart 21 heißt es also nicht: Form follows Function. Statt dessen heißt es: Function follows Form.
 
Die Durchbindung von Regionalzügen in einem Knotenpunktsbahnhof ist nur sinnvoll, wenn die beiden Strecken ähnliche verkehrliche Charakteristika aufweisen und wenn es eine nennenswerte Zahl von Fahrgästen gibt, die im Knotenpunktsbahnhof sitzen bleiben.
 
Die Kombilösung hätte bei der Durchbindung von Regionalzüge bessere Randbedingungen geliefert
Die Kombilösung für den Stuttgarter Hauptbahnhof mit einem 16gleisigen Kopfbahnhof und einer Durchmesserlinie mit viergleisigem Tiefbahnhof hätte es ermöglicht, viele Fernzüge und eine kleinere Zahl an Regionalzügen durchzubinden. Die Mehrzahl der Regionalzüge hätte jedoch im Kopfbahnhof geendet und dort gute Anschlüsse sichergestellt. Nicht zuletzt bedeutet die Durchbindung von Regionalzügen ja auch eine Durchbindung von Verspätungen von einer Strecke auf die andere.
 
Die Durchbindung von Regionalzügen bei Stuttgart 21 gehört auf den Prüfstand
Die geplante Durchbindung fast aller Regionalzüge im Stuttgart 21-Tiefbahnhof muss noch einmal einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. Anzustreben ist, dass nur ein Teil der Regionalzüge durchgebunden wird.

Hierzu braucht es jedoch dringend die Ergänzungsstation für den Regionalverkehr, die dann viele Regionalzüge aufnehmen kann, bei denen eine Durchbindung nicht sinnvoll ist.
       

Mittwoch, 10. August 2022

Warum hat die vorgeschlagene Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof drei Zuläufe?

Gemäß den Angaben des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg (https://vm.baden-wuerttemberg.de/de/mobilitaet-verkehr/schiene/stuttgart-21/ergaenzende-infrastruktur/) hat die vorgeschlagene Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof drei Zuläufe.

Das sind:
  • Nordzulauf
  • Zulauf von den S-Bahngleisen
  • Panoramastrecke der Gäubahn
 
Im heutigen Post in diesem Blog soll jeder dieser drei Zuläufe begründet werden.
 
Beginnen wir mit dem Nordzulauf.
Der Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof hat beim Projekt Stuttgart 21 nur zwei Gleise für den Fern- und Regionalverkehr, genauso viele wie heute bereits vorhanden sind. 40 Prozent der Nachfrage beim Fern- und Regionalverkehr im Bahnknoten Stuttgart kommen und gehen über den Nordzulauf. Der Nordzulauf wird in der Spitzenstunde bereits heute von 12 bis 13 Zügen pro Stunde und Richtung belastet. Eine zweigleisige Zufahrt zu einem großen Bahnknoten kann deutschlandweit nicht mehr als 12 bis 13 Züge pro Stunde bewältigen.
 
Damit ist der Nordzulauf bereits heute ausgelastet und bei Stuttgart 21 überlastet. Zwei weitere Gleise für den Fern- und Regionalverkehr im Nordzulauf sind unabdingbar. Das kann sich dann wie folgt aufteilen: Zwei Gleise führen von der Schnellfahrstrecke über den Feuerbacher Tunnel zum Stuttgart 21-Tiefbahnhof. Zwei weitere Gleise führen von Ludwigsburg über den bereits vorhandenen Pragtunnel zur Ergänzungsstation.
 
Gehen wir weiter zur S-Bahn
Gemäß den Angaben des Verkehrsministeriums steht die Stuttgarter S-Bahn kurz vor der Überlastung. 
 
Weitere Züge im Stammstreckentunnel kann es nicht geben. Auch ein 10-Minuten-Takt auf einer oder auf zwei S-Bahnlinien an Stelle des heute gefahrenen 15-Minuten-Takts ist nicht machbar. Denn dann würde eine Situation eintreten, dass immer wieder zwei Züge gleichzeitig in den Stammstreckentunnel einfahren wollen.

Eine Entlastung für die S-Bahn und gleichzeitig eine Kapazitätserweiterung wird es durch die neuen Metropolexpresslinien sowie durch neue Express-S-Bahnen geben. Die neuen Express-S-Bahnen fahren dort, wo der Metropolexpress nicht fährt. Das sind die Strecken Kirchheim/Teck - Stuttgart, Marbach am Neckar - Stuttgart und Calw - Weil der Stadt - Stuttgart. Die Express-S-Bahnen fahren in die Ergänzungsstation.

Kommen wir jetzt noch zur Panoramastrecke der Gäubahn
Die im Verlauf der Gäubahn halbstündlich geplanten Metropolexpress-Züge Horb am Neckar - Stuttgart werden die wichtigste Zuggruppe im Verlauf der Gäubahn sein. Diese Züge müssen sowohl den Regionalbahnhof Vaihingen als auch den Hauptbahnhof anfahren. Das geht nur, wenn die Anbindung der Panoramastrecke der Gäubahn an den Hauptbahnhof und ganz speziell an die Ergänzungsstation eingerichtet wird.

Vor diesem Hintergrund verbleiben im Verlauf der Gäubahn noch ein bis zwei schnelle Regionalzüge bzw. Fernzüge pro Stunde und  Richtung. Ob sich dafür ein milliardenschwerer Pfaffensteigtunnel lohnt, wird man sich noch einmal ganz genau ansehen müssen.

Montag, 8. August 2022

Falsche Struktur des Genehmigungsverfahrens führt Stuttgart 21 in die Sackgasse

Stuttgart 21 ist ein Alles-oder-Nichts-Projekt. Das Projekt ist nur als Ganzes einigermaßen funktionsfähig.

Im Gegensatz dazu steht die Aufteilung von Stuttgart 21 in acht Planfeststellungsabschnitte. Eigentlich hätte man mit dem Bau von Stuttgart 21 erst beginnen dürfen, nachdem alle acht Planfeststellungsabschnitte genehmigt sind. Oder man hätte alternativ das gesamte Projekt in einem einzigen Planfeststellungsabschnitt behandeln müssen.

Das hat man nicht gemacht und das ist jetzt der Grund dafür, dass das ursprüngliche Stuttgart 21 in einem Torso endet. Nach wie vor ist einer der acht Planfeststellungsabschnitte nicht genehmigt. Das ist die Führung der Gäubahn über den Stuttgarter Flughafen.

Die Aufteilung von Stuttgart 21 in acht  Planfeststellungsabschnitte ist maßgebend für die derzeitigen Probleme. Entgegen den Erwartungen der Landeshauptstadt Stuttgart kann die Führung der Gäubahn über die Panoramastrecke zum Kopfbahnhof nach einer ersten (Teil-)Inbetriebnahme von Stuttgart 21 nicht stillgelegt werden. Dem entgegen stehen die Betriebspflicht sowie ein ggf. erforderlich werdendes Stilllegungsverfahren, in dessen Rahmen die Führung der Gäubahn über die Panoramastrecke in den Kopfbahnhof dauerhaft erhalten bleiben kann.

Die Landeshauptstadt Stuttgart steht jetzt also vor der Wahl, einen dauerhaften Betrieb eines ggf. redimensionierten Kopfbahnhofs zu dulden oder alternativ mit dem Land BW zusammenzuarbeiten und schleunigst die Planungen und den Bau einer Ergänzungsstation für den Regionalverkehr beim Stuttgarter Hauptbahnhof in die Wege zu leiten.

Was wäre bei einer ganzheitlichen Genehmigung von Stuttgart 21 anders verlaufen?
Hätte Stuttgart 21 nur aus einem Planfeststellungsabschnitt bestanden bzw. hätte man darauf bestanden, dass ein Baubeginn erst nach den Beschlüssen zu allen acht Abschnitten stattfinden darf, wäre Stuttgart 21 in dieser Form nicht gebaut worden. Denn dann hätte man  rechtzeitig vor Baubeginn festgestellt, dass Stuttgart 21 nicht bau- und umsetzbar ist.
 
Was hätte man an Stelle von Stuttgart 21 gebaut?
Das dürfte glasklar sein. Man hätte einen Kombibahnhof gebaut mit einer Durchmesserlinie und einem viergleisigen Durchgangsbahnhof. Der bestehende Kopfbahnhof wäre erhalten worden und modernisiert worden. Dies wäre eine Kombilösung nach dem Vorbild von Zürich, aber auch von vielen anderen europäischen Städten. Und vor der überfallartigen Präsentation von Stuttgart 21 im Jahr 1994 war diese Kombilösung auch für den Bahnknoten Stuttgart geplant. Auch Heiner Geisler schlug bei der Präsentation des Stresstests diese Kombilösung vor.
 
Wie wäre der Bauablauf bei der Kombilösung gewesen?
Man darf nicht vergessen, dass der Stuttgarter Kopfbahnhof einen riesigen Sanierungs- und Modernisierungsstau vor sich herschiebt. Es muss praktisch alles erneuert werden. Die Bahnsteige müssen breiter werden. Die nicht mehr benötigten Gepäckbahnsteige müssen rückgebaut werden. Die Gleise müssen jeweils paarweise zusammengelegt werden. Ca. 150 Meter von den Prellböcken entfernt muss eine neue, breite und komfortable Fußgängerunterführung mit Fahrtreppen und Aufzügen gebaut werden. Das Dach muss neugebaut werden usw.
 
Wenn man den Kopfbahnhof unter Betrieb modernisieren will, müsste man jeweils zwei Gleise stilllegen und dann in diesem Bereich den Umbau vorantreiben. Das dauert jeweils ca. 1,5 Jahre. Das ergibt dann bei 16 Gleisen eine Gesamtumbauzeit von ca. 12 Jahren. Während dieser Zeit ist die Kapazität des Kopfbahnhofs eingeschränkt. Deshalb müsste vor der Modernisierung des Kopfbahnhofs die Durchmesserlinie gebaut werden. In den ersten Jahren  ihres Betriebs wäre die Durchmesserlinie also nicht nur zur Kapazitätssteigerung, sondern auch als teilweiser Ersatz für den Kopfbahnhof in Funktion.
 
Wie geht es jetzt weiter?
Die eigentlich erforderliche Kombilösung für den Stuttgarter Hauptbahnhof kann man jetzt nicht mehr eins zu eins bauen. Es bleibt aber spannend dahingehend, wie viele Elemente der Kombilösung jetzt noch nachträglich im Rahmen eines modifizierten Stuttgart 21 umgesetzt werden.