Zunächst ganz kurz eine Erklärung zum Titel des heutigen Posts:
1. Die erste Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 soll nach dem heutigen Stand im Jahr 2025 stattfinden. Eine Verschiebung dieses Termins ist jedoch nicht ausgeschlossen. Bei der nach heutigem Stand für Ende 2025 geplanten Inbetriebnahme von Stuttgart 21 handelt es sich um eine Teilinbetriebnahme, weil wichtige Teile Projekts Stuttgart 21 erst zu einem späteren Zeitpunkt in Betrieb genommen werden können.
2. Die Frage, ob nach der ersten Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 zumindest ein Teil des heutigen Kopfbahnhofs weiterbetrieben werden muss, kann ganz klar mit Ja beantwortet werden. Das wollen wir uns heute etwas genauer ansehen.
Der Cannstatter Tunnel von Stuttgart 21 steht zwei Jahre lang nur eingeschränkt zur Verfügung
Ab der ersten Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 soll nach derzeitiger Planung für die Dauer von zwei Jahren jeweils nur eine der beiden Tunnelröhren des Cannstatter Tunnels von Stuttgart 21 für den Bahnbetrieb zur Verfügung stehen. Die jeweils andere Tunnelröhre des Cannstatter Tunnels ist dann wegen Bauarbeiten zum Anschluss der P-Option an den Cannstatter Tunnel gesperrt. Dabei ist der Anschluss der P-Option von Stuttgart 21 an die beiden Röhren des Cannstatter Tunnels noch vergleichsweise einfach. Denn beim Bau des Cannstatter Tunnels hat man bereits die Aufweitungen der Tunnel für den Anschluss der P-Option berücksichtigt. Zudem verlaufen die beiden Tunnelröhren des Cannstatter Tunnels in einer unterschiedlichen Höhenlage. Dadurch kann der Tunnel der Fahrtrichtung Nord der P-Option die Richtung Hauptbahnhof führende Tunnelröhre des Cannstatter Tunnels höhenfrei kreuzen.
Die Einschränkungen beim Cannstatter Tunnel zeigen die Notwendigkeit des Weiterbetriebs des Kopfbahnhofs
Von seiner ersten Teilinbetriebnahme an haben wir es beim Projekt Stuttgart 21 somit mit einem eingeschränkten Betrieb zu tun. Denn eine eingleisige Zufahrt von Bad Cannstatt durch den Cannstatter Tunnel ist nun mal weniger leistungsfähig als eine zweigleisige Zufahrt. Bereits diese erste Baumaßnahme nach der ersten Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 deutet also darauf hin, dass der bestehende Kopfbahnhof zumindest mit einem Teil weiterbetrieben werden muss.
Die neue Aufgabe der P-Option
"P-Option" leitet sich übrigens von "Pragtunnel-Option" ab, weil der bestehende, alte Pragtunnel im Rahmen der P-Option wieder zum Leben erweckt wird, nachdem er Ende 2025 zunächst mal stillgelegt wurde.
Ursprünglich war die P-Option dazu gedacht, dass zwei weitere Gleise aus/in Richtung Norden zum Stuttgarter Hauptbahnhof geführt werden, um die Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 zu steigern. Das ist jedoch strittig. Denn die beiden Gleise der P-Option führen nicht unmitttelbar in den Stuttgart 21-Tiefbahnhof. Sie münden vielmehr in den Cannstatter Tunnel, der ja bereits von anderen Zügen befahren wird. Zudem - das zeigt auch der vor wenigen Monaten vorgestellte Regionalverkehrsfahrplan - ist der Stuttgart 21-Tiefbahnhof kaum für weitere Züge aufnahmefähig.
Im Zusammenhang mit dem geplanten über 10 Kilometer langen Nordzulauftunnel erhält die P-Option nun jedoch eine neue Aufgabe. Im Zuge des Neubaus des Nordzulauftunnels muss nämlich der Feuerbacher Tunnel von Stuttgart 21 für längere Zeit gesperrt werden. Während dieser Zeit ist der Stuttgart 21-Tiefbahnhof dann aus/in Richtung Norden nur noch über die P-Option zugänglich
Die eingeschränkte Leistungsfähigkeit der P-Option
Die P-Option kann den Feuerbacher Tunnel nicht eins zu eins ersetzen. Die P-Option ist weniger leistungsfähig als der Feuerbacher Tunnel. Denn die Züge aus/in Richtung Norden müssen bei der P-Option ihre Gleise auch noch mit den Zügen von/nach Bad Cannstatt teilen.
Damit gibt es einen weiteren wichtigen Hinweis für einen Weiterbetrieb des Kopfbahnhofs. Der Kopfbahnhof muss die während der Sperrung des Feuerbacher Tunnels eingeschränkte Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 ergänzen.
Was ist der Unterschied zwischen dem Cannstatter und dem Feuerbacher Tunnel?
Die in diesem Absatz gemachten Feststellungen stehen unter Vorbehalt. Jedoch habe ich im Internet nichts gefunden, was diesen Feststellungen entgegenspricht.
Es gibt einen ganz großen Unterschied zwischen dem Cannstatter Tunnel und dem Feuerbacher Tunnel. Beim Bau des Cannstatter Tunnels wurde die Anbindung der P-Option bereits berücksichtigt, indem man die Aufweitungen der Tunnelröhren im Bereich des Anschlusses bereits hergestellt hat und indem die beiden Röhren des Cannstatter Tunnels in einer unterschiedlichen Höhenlage verlaufen.
Beim Bau des Feuerbacher Tunnels hat man keine Vorkehrungen für den Anschluss des Nordzulauftunnels getroffen, weil der Nordzulauftunnel zum Zeitpunkt des Baus des Feuerbacher Tunnels noch nicht bekannt war. Es gibt im Verlauf des Feuerbacher Tunnels keine Tunnelaufweitungen. Die beiden Tunnelröhren des Feuerbacher Tunnels verlaufen auch nicht in einer unterschiedlichen Höhenlage.
Das führt dazu, dass der Feuerbacher Tunnel für den Anschluss des Nordzulauftunnels wesentlich länger gesperrt werden muss als der Cannstatter Tunnel für den Anschluss der P-Option.
Die Tunnelröhre in Fahrtrichtung Nord des Nordzulauftunnels kann auch nicht so einfach aus dem Feuerbacher Tunnel ausgeschleift werden, weil man sonst eine höhengleiche Gleiskreuzung mit einer Röhre des Feuerbacher Tunnels bekäme. Vielmehr muss diese neue Tunnelröhre in Fahrtrichtung Nord erst mal nach rechts aus der Röhre des Feuerbacher Tunnels ausgeschleift werden. Dann unterquert sie beide Tunnelröhren des Feuerbacher Tunnels.
Die zahlreichen Gründe für einen Weiterbetrieb des Kopfbahnhofs
Jetzt wird deutlich, dass zumindest ein Teil des bestehenden Kopfbahnhofs nach der ersten Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 weiterbetrieben werden muss.
Darauf deutet die Teilsperrung des Cannstatter Tunnels hin.
Darauf deutet auch die längere Vollsperrung des Feuerbacher Tunnels hin.
Wenn aber ein Teil des bestehenden Kopfbahnhofs sowieso weiterbetrieben werden muss, kann die Gäubahn auch bis zum Kopfbahnhof weiterfahren und braucht nicht in einem neuen Nordhalt oder in S-Vaihingen enden.
Zudem kann man dann auch die Express-S-Bahn S62 (später: Metropolexpress) von Weil der Stadt bis zum Kopfbahnhof führen. Der Weiterbetrieb des Kopfbahnhofs ist deshalb verbunden mit einer Erhöhung von mindestens zwei Bahnsteigkanten auf eine Höhe von 96 cm über Schienenoberkante.
Wie lange muss ein Teil des Kopfbahnhofs in Betrieb bleiben?
Das wird sehr lange sein, zumindest so lange, bis alle Kapazitätseinschränkungen, unter denen Stuttgart 21 temporär oder dauerhaft leidet, geheilt sind.
Man kann es auch noch anders ausdrücken: Ein Teil des bestehenden Kopfbahnhofs muss so lange in Betrieb bleiben, bis ein Ergänzungsbahnhof - wie auch immer der aussehen wird - in Betrieb ist.