Freitag, 27. Oktober 2023

"Main Line for Europe e.V." und Gäubahn: Landeshauptstadt Stuttgart verstrickt sich in Widersprüche

Gemäß einer Pressemitteilung der Landeshauptstadt Stuttgart vom 04. Oktober 2023 sind die Landeshauptstadt Stuttgart und der Verband Region Stuttgart am 27. September 2023 dem Verein "Main Line for Europe e.V." beigetreten.

Der Verein Main Line for Europe setzt sich für die Magistrale Paris - Budapest ein, an der auch Stuttgart liegt.

Mit dem Beitritt zum Verein Main Line for Europe verstrickt sich die Landeshauptstadt Stuttgart jedoch in eklatante Widersprüche. Denn man kann nicht einerseits vorgeben, die Attraktivität der Landeshauptstadt Stuttgart durch bessere Erreichbarkeit über den Schienenverkehr fördern zu wollen, und andererseits der Gäubahn, der Hermann-Hesse-Bahn und anderen Bahnlinien den Zugang zum Stuttgarter Hauptbahnhof verwehren und diese in irgendwelchen Vorortbahnhöfen enden lassen bzw. auf Tangentialverbindungen am Stuttgarter Hauptbahnhof vorbeileiten. 

Das sehen wir uns im heutigen Post in diesem Blog näher an.

Gemäß der Pressemitteilung der Landeshauptstadt Stuttgart ist "für Stuttgart und die Region ... eine attraktive Zuganbindung an andere bedeutende Wirtschaftsräume ein wichtiger Standortfaktor“. Zudem profitierten die Landeshauptstadt Stuttgart, die Stuttgarter Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger direkt von schnellen Verbindungen und einer besseren Erreichbarkeit der Stadt.

Hoffentlich ist die Vereinsmitgliedschaft nicht zu teuer
Das kann man ja so stehen lassen. Es ist im Grunde eine Selbstverständlichkeit. Hoffen wir, dass Stuttgart nicht allzu hohe Mitgliedsbeiträge an den Verein bezahlen muss. Denn auf die Landeshauptstadt Stuttgart kommen ja möglicherweise noch horrende Summen an Nachzahlungen für Stuttgart 21 zu.

Sieht man sich die Sache jedoch näher an, wird man stutzig. Ist, was für die Magistrale Paris - Budapest gilt, nicht auch für die Strecke Zürich / Konstanz - Stuttgart (Gäubahn) gültig? Oder für die Hermann-Hesse-Bahn von Calw nach Stuttgart. Oder für viele andere Bahnlinien, die möglicherweise in Zukunft über Tangentialverbindungen am Stuttgarter Hauptbahnhof vorbeigeleitet werden?

Sind nur ganz bestimmte Bahnlinien gute Bahnlinien?
Ist eine Bahnlinie für die Landeshauptstadt Stuttgart nur dann eine gute Bahnlinie, wenn sie das Stadtentwicklungsprojekt bzw. Immobilienprojekt Rosenstein nicht gefährdet? Sind Bahnlinien wie die Gäubahn, die Hermann-Hesse-Bahn und viele andere Linien, die einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof benötigen, für die Landeshauptstadt Stuttgart kein Standortfaktor?

Man erhält hier den Eindruck, dass es der Landeshauptstadt Stuttgart gar nicht um guten Bahnverkehr geht, sondern nur um ihr Immobilienprojekt Rosenstein. Bahnlinien, die dieses Projekt nicht gefährden, werden unterstützt. Andere Bahnlinien müssen vor den Toren der Landeshauptstadt enden oder auf Tangentiallinien daran vorbeifahren.

Es ist keine andere Großstadt in Europa bekannt, die so mit dem Bahnverkehr umgeht.              

Freitag, 20. Oktober 2023

Zeigt die Landeshauptstadt Stuttgart nach der Gäubahn auch noch der Hermann-Hesse-Bahn die Rote Karte?

Geht es nach der Landeshauptstadt Stuttgart, darf die Gäubahn - eine wichtige internationale und nationale Bahnverbindung von Zürich, Konstanz und vielen weiteren Orten nach Stuttgart - mit einer ersten Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 über viele Jahre oder gar Jahrzehnte nicht mehr zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren. Ein in Europa einmaliger Vorgang.

Damit aber noch nicht genug: Jetzt deutet sich an, dass wegen der Sturheit der Landeshauptstadt Stuttgart auch die zukünftige Hermann-Hesse-Bahn - eine Verbindung von/nach Calw im Nordschwarzwald - nicht zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren kann bzw. darf.

Sortieren wir das mal im heutigen Post in diesem Blog ein wenig und fangen wir nochmal mit der Gäubahn an.

Die Gäubahn wird gekappt
Die Gäubahn gehört zu den wichtigsten Bahnverbindungen in Baden-Württemberg bzw. zwischen Baden-Württemberg und der Schweiz. Aus bautechnischen Gründen kann die Gäubahn einige Monate vor einer ersten Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 nicht mehr zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren. Die Gäubahn kann aber auch danach über einen Zeitraum von vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten nicht mehr zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren. Denn ein neuer Zulauf für die Gäubahn zum Stuttgarter Hauptbahnhof, der Pfaffensteigtunnel, wird erst nach vielen Jahren oder Jahrzehnten oder überhaupt nicht fertiggestellt werden.

Alternativ wäre es möglich, einen Teil des Stuttgarter Kopfbahnhofs stehen zu lassen und die Gäubahn über die bestehende Panoramastrecke dorthin weiterhin zu führen. Später kann dann ein Ergänzungsbahnhof (unterirdisch oder oberirdisch) beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof die Gäubahn und viele andere Linien aufnehmen.

Dagegen wehrt sich allerdings die Landeshauptstadt Stuttgart vehement. Sie sieht dadurch ihr Stadtentwicklungsprojekt bzw. Immobilienprojekt Rosenstein gefährdet. Nun bestehen Zweifel, ob dieses Projekt dadurch gefährdet wäre. Die Dagegen-Haltung der Landeshauptstadt Stuttgart ist jedoch merkwürdig. Normalerweise arbeiten Großstädte in Europa darauf hin, eine möglichst gute verkehrliche Standortgunst zu haben, sprich, auf der Schiene, der Straße  und aus der Luft möglichst gut erreichbar zu sein. Zudem stehen die Städte oft in Bezug auf die Verkehrsgunst im Wettstreit miteinander. 

Die Landeshauptstadt Stuttgart zeigt sich hier als Außenseiter. Weder die Legislative (Gemeinderat), noch die Exekutive (Bürgermeister und Fachämter) scheint eine gute verkehrliche Anbindung Stuttgarts als wichtig einzustufen.

Ebenfalls merkwürdig ist die Haltung des Landes BW und des Bundes. Denn die Entscheidung, wo und wie die Gäubahn fährt, ist ja gar nicht die Sache der Landeshauptstadt Stuttgart, sondern des Landes und des Bundes. Und bei diesen politischen Ebenen herrscht in Sachen Gäubahn einen schon schreiende Stille.

Jetzt wird auch noch die Hermann-Hesse-Bahn in den Stuttgart 21-Rosenstein-Strudel gerissen
Die Hermann-Hesse-Bahn zwischen Calw im Nordschwarzwald und Weil der Stadt ist im Gegensatz zur Gäubahn noch Zukunftsmusik. Sie ist noch im Bau. Auch hier geht es jedoch um die Anbindung an den Stuttgarter Hauptbahnhof, die wegen der Verweigerungshaltung der Landeshauptstadt Stuttgart fraglich ist.
 
Die Hermann-Hesse-Bahn benötigt in einer zweiten Ausbaustufe den Einsatz eines Metropolexpress (MEX), der zwischen Calw und Weil der Stadt an jedem Haltepunkt hält, jedoch zwischen Weil der Stadt und dem Stuttgarter Hauptbahnhof nur noch ganz wenige Bahnhöfe bedient. Denn die Bewohnerinnen und Bewohner von Calw, Weil der Stadt und Leonberg haben genauso ein Recht auf eine schnelle Anbindung an den Stuttgarter Hauptbahnhof wie die Bewohnerinnen und Bewohner von Backnang, Nürtingen usw.. 
 
Eine Weiterführung der Stuttgarter S-Bahn bis Calw bzw. die Einrichtung einer Express-S-Bahn ist keine Alternative zu einem MEX. 
 
Jetzt hat Ministerialdirektor Berthold Frieß (Landesverkehrsministerium) bei einer Veranstaltung betont, dass der MEX für die Hermann-Hesse-Bahn nach wie vor im Rennen ist. Es gibt jedoch ein Problem. Das ist die Durchbindung dieser Linie im Stuttgarter Hauptbahnhof. Denn es gibt keine vergleichbare Strecke ab dem Stuttgarter Hauptbahnhof, in die der MEX von Calw durchgebunden werden könnte. Soweit Berthold Frieß sinngemäß.
 
Stuttgart 21 erfordert aber eine Durchbindung. Das ist einer der vielen Konstruktionsfehler des Projekts.
 
Das kann man jetzt auch in den Klartext übersetzen: Der MEX von/nach Calw müsste eigentlich im Stuttgarter Hauptbahnhof enden, um gut zu funktionieren. Das aber ist bei Stuttgart 21 nicht möglich. Dazu bräuchte es einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof bzw. den Weiterbetrieb eines Teils des Kopfbahnhofs. 
 
Da legt sich aber die Landeshauptstadt Stuttgart quer. Damit ist jetzt der Kreis geschlossen. Wir haben mit der Hermann-Hesse-Bahn eine zweite Gäubahn. Beide Bahnen können den Stuttgarter Hauptbahnhof ohne Ergänzungsbahnhof bzw. Beibehaltung eines Teils des Kopfbahnhofs nicht anfahren. Wie lange will die Landeshauptstadt Stuttgart eigentlich diese Peinlichkeit noch verantworten?

 

 

Dienstag, 17. Oktober 2023

Bahnfahrt von Stuttgart nach Bad Liebenzell zeigt fast alle Probleme der Bahn (Teil 5 von 5)

Dies ist der fünfte von fünf hintereinanderfolgenden Posts in diesem Blog über eine Bahnfahrt von Stuttgart nach Bad Liebenzell mit Umsteigen in Pforzheim und zurück an einem Sonntag.

Im vorangegangenen Post war ein Reisezeitvergleich zwischen Bahn und Auto das Thema. Die Bahn sieht hier schlecht aus. Heute vollziehen wir jedoch eine überraschende Kehrtwendung und betrachten die Nachteile des Autos.

In Stuttgart fehlt der Mittlere Ring
In 40 bis 50 Minuten von Stuttgart mit dem Auto nach Bad Liebenzell? Das geht, aber nur wenn man am westlichen Rand von Stuttgart wohnt. Wohnt man mitten in Stuttgart, im östlichen Bereich von Stuttgart oder im Rems-Murr-Kreis usw. kann man von den 50 Minuten nur träumen. Dann entsteht schnell die doppelte Fahrzeit. 
 
Die Ursache ist der fehlende Mittlere Ring in Stuttgart. Stuttgart ist ein Außenseiter in Sachen Verkehr. Das äußert sich nicht nur in Form von Stuttgart 21, sondern eben auch im großteils fehlenden Mittleren Ring. Die Versäumnisse der Landeshauptstadt auf dem Gebiet des Verkehrs wirken sich auf das halbe Land aus. Vom Osten Baden-Württembergs in den Westen muss man mit dem Auto vielfach mitten durch Stuttgart fahren. Besserung ist nicht in Sicht.     

Das Auto war schon immer teurer als die Bahn
Nicht erst seit dem Bestehen des 49 Euro-Tickets ist es wesentllich preiswerter, mit dem Regionalverkehr der Bahn zu reisen als mit dem Auto. Setzt man den Wertverlust des Autos und alle anderen Kosten voll an, ist das Auto ein Vielfaches teurer als die Bahn. Fachleute betonen immer wieder, dass trotz der hohen Kosten, die das Autofahren verursacht, viele Kosten - z.B. Stellplätze in öffentlichen Straßen - von der Allgemeinheit getragen werden. Vielleicht kommt irgendwann jemand auf die Idee, diese Kosten auch noch auf die Fahrzeughalter umzulegen?
 
Wie wirkt sich die EU-Führerscheinrichtlinie auf das Autofahren aus?
Wahrscheinlich wird die neue EU-Führerscheinrichtlinie nicht eins zu eins in Deutschland  übernommen. Gleichwohl besteht die Tendenz, bestimmten Bevölkerungsgruppen das Autofahren zu erschweren. Das kann durchaus zu einem Rückgang des Autoverkehrs führen, wenn z.B. die große Gruppe der Babyboomer das Alter jenseits der 70 erreicht.
 
Mobile Blitzgeräte
Wenn man öfter in einem Gebiet mit dem Auto unterwegs ist, kennt man die stationären Blitzanlagen. Es gibt aber darüber hinaus auch mobile Blitzer, die an wechselnden Standorten ihren Dienst tun. Da kann es schon mal passieren, dass man wenige Kilometer pro Stunde zu schnell ist und in der Folge geblitzt wird. Ca. einen oder eineinhalb Monate später kommt dann ein Brief, dass man ein Verwarnungsgeld von 20 Euro zahlen solle. Das ist ja alles in Ordnung. Nicht ganz nachvollziehen kann ich allerdings, dass man die 20 Euro innerhalb einer Woche bezahlen solle. Was ist, wenn man gerade z.B. im Urlaub ist? Warum kann das Zahlungsziel nicht z.B. vier Wochen sein?
 
Jedenfalls sind die zahlreichen Blitzgeräte auch nicht gerade dazu angetan, das Autofahren im Wettbewerb mit der Bahn attraktivier zu machen.  
  
Nur noch wenig Autofahren
Die Tourismus GmbH Nördlicher Schwarzwald hat in ihrer monatlich erscheinenden Zeitung (10/2023) empfohlen, nur noch dann mit dem Auto zu fahren, wenn dies wirklich notwendig ist. Das ist schon bemerkenswert, wenn eine Raumschaft, die einen Teil ihrer Wertschöpfung aus dem Tourismus verdient, eine solche Empfehlung veröffentlicht. Allerdings ist anzunehmen, dass man in ländlichen Gebieten die Folgen der Klimaerwärmung früher und heftiger sieht als in der Großstadt.
 
Mal sehen, wann es in Bezug auf die Benutzung des Autos weitergehende Maßnahmen gibt, z.B. selektive Fahrverbote.
 
Fazit
Die Bahn schneidet bei vielen Reisen heute im Vergleich zum Auto schlecht ab. Die goldene Zeit des Autos scheint aber gleichwohl dem Ende entgegenzugehen. Aus den verschiedensten Richtungen werden dem Auto inzwischen Prügel zwischen die Räder geworfen. 
 
Schlecht wäre es, wenn sich die für den Bahnverkehr Verantwortlichen jetzt zurücklehnen würden gemäß dem Motto, dass die Leute ja sowieso in der Zukunft auf die Bahn umsteigen müssen. Zumindest in Bezug auf die zunehmende Zahl der Bahnfahrgäste müssen Maßnahmen ergriffen werden. Und dazu gehört in Stuttgart auch der Bau eines Ergänzungsbahnhofs neben dem Stuttgart 21-Tiefbahnhof bzw. der Teil-Erhalt des bestehenden Kopfbahnhofs.

Montag, 16. Oktober 2023

Bahnfahrt von Stuttgart nach Bad Liebenzell zeigt fast alle Probleme der Bahn (Teil 4 von 5)

Dies ist der vierte von fünf hintereinanderfolgenden Posts in diesem Blog über eine Bahnfahrt von Stuttgart nach Bad Liebenzell mit Umsteigen in Pforzheim und zurück an einem Sonntag.

Im vorangegangenen Post waren die aus der Bahnreform folgenden Probleme mit eigenwirtschaftlich betriebenen ICs und vom Land bestellten IREs das Thema. Heute gibt es einen Reisezeitvergleich zwischen der Bahn und dem Auto für die Strecke von Stuttgart nach Bad Liebenzell.

Vom westlichen Teil Stuttgarts nach Bad Liebenzell beträgt die Fahrzeit mit dem Auto ca. 40 bis 50 Minuten. Staus sind in der Regel für diese Relation kein Thema. Es gibt immer mal wieder Straßensperrungen wegen Sanierungsarbeiten. Damit sind dann Umleitungen mit einer längeren Fahrzeit verbunden.

Die schnellste Verbindung mit der Bahn vom Stuttgarter Hauptbahnhof nach Bad Liebenzell beträgt 56 Minuten (mit Umsteigen in Pforzheim). Da kommen aber jetzt noch einige Zeitkomponenten hinzu.

Das Warten zu Hause
Mit dem Auto kann man jederzeit von zu Hause abreisen. Die Bahn fährt nur zu bestimmten Zeiten. Bei einem Halbstundentakt beträgt die durchschnittliche Wartezeit 15 Minuten. Der IRE nach Pforzheim fährt alle halbe Stunde mit einer Taktlücke alle zwei Stunden. Die durchschnittliche Wartezeit unter diesen Umständen nehmen wir mit 20 Minuten an.

Das ergibt eine Zwischensumme von 1 h und 16 min.

Die Anreise mit der Stadtbahn
Nur ganz wenige Menschen wohnen direkt beim Stuttgarter Hauptbahnhof. Viele müssen erst mal z.B. mit der Stadtbahn anreisen. Wir nehmen mal eine 15-minütige Anreise mit der Stadtbahn an.

Das ergibt eine Zwischensumme von 1 h und 31 min.

Auf die Stadtbahn muss man beim 10 Minuten-Takt durchschnittlich 5 Minuten warten.

Das ergibt eine Zwischensumme von 1 h und 36 min.

Zur Stadtbahnhaltestelle muss man erstmal gehen. Wir nehmen 7 Minuten an.

Das ergibt eine Zwischensumme von 1 h und 43 Minuten. 

Im Stuttgarter Hauptbahnhof
Von der Stadtbahnhaltestelle Hauptbahnhof bis zu den Bahngleisen muss man wegen der Stuttgart 21-Baustelle erstmal den "Fernwanderweg" bewältigen. Das schägt mit 10 Minuten zu Buche. Wie bitte: Die Stuttgart 21-Baustelle wird irgendwann mal fertig? Na und! Die Baustelle hat so viele Jahre gebraucht, dass die durch die Baustelle bedingten Zeitverluste wahrscheinlich während der ganzen Betriebszeit von Stuttgart 21 nicht mehr kompensiert werden können. Deshalb berücksichtigen wir die Baustelle sehr wohl.
 
Das ergibt eine Zwischensumme von 1 h und 53 Minuten.
 
In einem der vorangegangenen Posts haben wir ja gesehen, dass wegen einer potenziellen Überfüllung des IRE nach Karlsruhe man ca. 10 Minuten vor der Abfahrt des Zuges am Bahnsteig in Stuttgart sein sollte, um noch einen Sitzplatz zu ergattern.
 
Das ergibt eine Zwischensumme von 2 h und 03 Minuten. 
 
Soweit so gut. Verpasst man sonntags aber den Anschluss in Pforzheim, muss man eine Stunde auf den nächsten Zug nach Bad Liebenzell warten. 

Das wäre dann eine Gesamtreisezeit von 3 h und 03 Minuten.

Fazit
Da braucht man sich nicht zu wundern, dass der Nordschwarzwald von Autos geradezu überschwemmt wird und die Bahn nur einen ganz kleinen Teil der Verkehrsaufkommens übernimmt. Denn das Auto erschließt ja auch die Fläche des Schwarzwalds und nicht nur wenige Punkte wie die Bahn.
 
Wie geht es weiter?
Im folgenden fünften und letzten Post morgen zum Thema einer Bahnfahrt von Stuttgart nach Bad Liebenzell vollziehen wir eine dramatische Kehrtwende. Wir sehen uns dann an, warum das Auto doch nicht so gut ist wie es auf den ersten Blick erscheint.

    


Sonntag, 15. Oktober 2023

Bahnfahrt von Stuttgart nach Bad Liebenzell zeigt fast alle Probleme der Bahn (Teil 3 von 5)

Dies ist der dritte von fünf hintereinanderfolgenden Posts in diesem Blog über eine Bahnfahrt von Stuttgart nach Bad Liebenzell mit Umsteigen in Pforzheim und zurück an einem Sonntag.

Im vorangegangenen Post war die Belegung der Züge das Thema. Heute geht es um die IC und IRE.

Hierzu schildern wir zuerst mal die Rückfahrt von Bad Liebenzell nach Stuttgart. Der Zug von Bad Liebenzell nach Pforzheim kam pünktlich dort an. In Pforzheim ging es dann darum, möglichst schnell zu Gleis 3 zu gelangen. Das ist das Gleis, über das normalerweise die Züge von Karlsruhe über Pforzheim nach Stuttgart fahren. Nach der Ankunft am Gleis drei kam dort tatsächlich bald ein Zug aus Karlsruhe. Es war aber nicht der erwartete IRE, sondern der zweistündlich verkehrende IC Karlsruhe - Pforzheim - Stuttgart.

Diesen IC kann man selbstverständlich mit einem Regionalverkehrsticket nicht nutzen. Fast alle Fahrgäste haben jedoch ein Regionalverkehrsticket. In der Folge mussten wir eine halbe Stunde in Pforzheim warten, bis der IRE nach Stuttgart kam. 

Verwunderung am Flughafenbahnhof in Zürich
Gehen wir ganz kurz in die Schweiz. Vor vielen Jahren war ich einmal am Flughafenbahnhof in Zürich und hatte eine Tageskarte des Zürcher Verkehrsverbunds. Ich wollte zum Zürcher Hauptbahnhof fahren. Ich war mir nicht sicher, ob ich jetzt auf die S-Bahn warten musste oder ob ich auch mit den ICs fahren kann. Eine Angestellte der Bahn erklärte mir dann, dass ich jeden Zug benutzen könne.
 
Bahn streicht ICE/IC-Züge zwischen Karlsruhe und Heidelberg
Gehen wir auch noch kurz zur Strecke Karlsruhe - Heidelberg. Das Land BW hat für die Strecke Karlsruhe - Bruchsal - Heidelberg einen stündlichen schnellen IRE bestellt. Als Folge dünnt die Bahn ihr Fernverkehrsangebot mit IC/ICE auf diesem Abschnitt ab Ende 2023 aus.
 
Drei IRE pro Zweistundenintervall zwischen Karlsruhe und Stuttgart
Das Land hat zwischen Karlsruhe und Stuttgart über Pforzheim fast den Halbstundentakt mit IRE bestellt. Alle zwei Stunden, wenn der IC auf derselben Strecke fährt, gibt es jedoch eine Taktlücke. Diese Taktlücke entwertet zum Teil das Halbstundenangebot mit den IRE. Denn man muss, wenn man spontan eine Fahrt antreten will, stets darauf gefasst sein, dass man in diese Taktlücke fällt. Diese Unannehmlichkeiten sind eine Folge der Bahnreform, die zwischen eigenwirtschaftlichem Fernverkehr und von den Ländern zu bestellendem Regionalverkehr unterscheidet.
 
Am Besten wäre es, wenn die Bahn auch im Verlauf der Residenzbahn Karlsruhe - Stuttgart über Pforzheim den IC einstellt und statt dessen das Land einen weiteren IRE bestellt. Zwar soll in einigen Jahren tatsächlich ein vierter IRE pro Zweistundenintervall zwischen Karlsruhe und Stuttgart fahren, allerdings über Bruchsal. Pforzheim hat davon nichts.
 
Morgen im folgenden Post in diesem Blog gibt es einen Reisezeitvergleich Stuttgart - Bad Liebenzell mit Auto und Bahn.     

Samstag, 14. Oktober 2023

Bahnfahrt von Stuttgart nach Bad Liebenzell zeigt fast alle Probleme der Bahn (Teil 2 von 5)

Dies ist der zweite von fünf hintereinanderfolgenden Posts in diesem Blog über eine Bahnfahrt von Stuttgart nach Bad Liebenzell mit Umsteigen in Pforzheim und zurück an einem Sonntag.

Im vorangegangenen Post in diesem Blog war die Anschlussproblematik im Pforzheimer Hauptbahnhof sowie im Allgemeinen das Thema. Heute geht es um die Auslastung der Züge.

Aus den Medien war ja verschiedentlich zu entnehmen, dass die Züge von Stuttgart nach Karlsruhe und zurück sehr stark ausgelastet bzw. überlastet sind. Und tatsächlich: Um im Stuttgarter Hauptbahnhof noch einen Sitzplatz im IRE von Stuttgart nach Karlsruhe zu bekommen, empfiehlt es sich, zehn bis fünfzehn Minuten vor der Abfahrt des Zuges am Bahnsteig zu sein, damit man beim Eintreffen des Zuges aus Richtung Abstellbahnhof bzw. aus Richtung Aalen sofort einsteigen kann. Kommt man erst kurz vor der Abfahrt, bleibt oft nur noch ein Stehplatz.

In Pforzheim hat man schlechte Karten
In der Gegenrichtung, von Pforzheim nach Stuttgart, hat man eher schlechte Karten. Der Zug kommt ja von Karlsruhe und ist bereits belegt. Bei der konkreten Fahrt von Bad Liebenzell nach Stuttgart war tatsächlich ab Pforzheim Stehen angesagt. Wirklich keine Einladung zum Bahnfahren.

Kommen wir zur Nagoldtalbahn (Kulturbahn) von Pforzheim nach Bad Liebenzell und zurück. Zumindest am Sonntag besteht hier ein Zug vielfach aus nur einem kleinen Dieseltriebwagen. Es braucht kaum gesagt zu werden: Aber auch hier ist eher Chaos und manchmal auch Stehen angesagt, besonders, wenn dann auch Fahrräder und Kinderwagen erscheinen.

Warum fahren hier nicht längere Züge? Herrscht Fahrzeugmangel? Ist ein zweiter Triebwagen zu teuer? Will man nicht so viel Dieselkraftstoff in die Luft blasen?

Wie auch immer: Unter diesen Umständen kann man eine Fahrt mit der Bahn von Stuttgart nach Bad Liebenzell nicht empfehlen.

Kommen wir nun noch zum 49 Euro-Ticket
Sinnvoll erscheint dieses Ticket in Zeiten der Klimakrise eigentlich nur zu sein, wenn dadurch nennenswert Autoverkehr auf die Bahn verlagert wird. Trifft das zu?
 
Wenn wir mal beim Beispiel Nordschwarzwald bleiben, hat der Autoverkehr dort augenscheinlich nicht abgenommen. An schönen Tagen sind zudem alle Parkplätze in Bad Liebenzell oder Bad Wildbad nach wie vor belegt. Die Auslastung oder Überlastung von Regionalzügen hat jedoch zugenommen. Das deutet darauf hin, dass wir es hier mit Neuverkehr zu tun haben.
 
Im Zeichen der Klimakrise darf eigentlich Neuverkehr nicht mehr politisch gefördert werden. Denn jegliche Mobilität - mit Ausnahme des uns von der Natur vorgegebenen Gehens zu Fuß - hat einen negativen Einfluss auf die Umwelt und das Klima, mal mehr (z.B. Flugzeug) oder mal weniger (z.B. Radfahren). Von daher deutet einiges darauf hin, dass das 49 Euro-Ticket wieder abgeschafft werden sollte.
 
Morgen im folgenden Post in diesem Blog geht es um das Zusammenspiel der IRE- und IC-Züge- ein Thema, das uns die Bahnreform beschert hat. 
       

  

Freitag, 13. Oktober 2023

Bahnfahrt von Stuttgart nach Bad Liebenzell zeigt fast alle Probleme der Bahn (Teil 1 von 5)

Von Stuttgart in den Nordschwarzwald fahren viele Menschen mit dem Auto. Man kann aber auch mit der Bahn fahren, zum Beispiel von Stuttgart nach Bad Liebenzell.

Im heutigen und in den folgenden vier Posts in diesem Blog sehen wir uns eine Bahnfahrt an einem Sonntag von Stuttgart nach Bad Liebenzell und zurück mal näher an. Bei einer solchen Bahnfahrt kann man fast alle Probleme der Bahn kennenlernen.

Für Stuttgart 21 werden wohl über 11 Milliarden Euro ausgegeben. Das Projekt ist augenscheinlich aber nicht in der Lage, die hier beschriebenen Probleme zu lösen, sondern bereitet wohl neue Probleme in Form eines riesigen Engpasses. 

Heute geht es erst mal um die Umsteigezeit im Pforzheimer Hauptbahnhof

Eine der schnellsten Fahrten von Stuttgart nach Bad Liebenzell führt mit dem IRE von Stuttgart nach Pforzheim und von dort weiter mit der RB nach Bad Liebenzell. Die Umsteigezeit in Pforzheim bei der durchgeführten Fahrt war sechs Minuten.

Das ist eine problematische Sache. Denn die RB der Nagoldtalbahn (Kulturbahn) von Pforzheim nach Bad Liebenzell fährt nicht im engeren Bereich des Pforzheimer Hauptbahnhofs mit seinen fünf Bahnsteiggleisen ab, sondern abseits an einem Nebenbahnhof mit 100er Gleisnummern. Fahrgäste, die zum ersten Mal dort umsteigen oder die sich nicht auskennen oder die nicht gut zu Fuß sind, können in den sechs Minuten Umsteigezeit kaum die RB erreichen.

In Pforzheim ist Sprinten angesagt
Bei der durchgeführten Fahrt hatte der IRE bereits bei der Abfahrt im Stuttgarter Hauptbahnhof sechs Minuten Verspätung. Am Pforzheimer Hauptbahnhof war dann Sprinten angesagt. Und tatsächlich, der Zug nach Bad Liebenzell war noch da. Die Türen wurden aber unmittelbar nach unserem Einsteigen geschlossen. Fahrgäste ohne Ortskenntnisse oder Fahrgäste, die nicht gut zu Fuß sind, haben die RB wohl nicht mehr erreicht. Und sonntags fährt die RB im Nagoldtal nur jede Stunde.

Was könnte man machen? Das Landesverkehrsministerium hat ja erst vor wenigen Wochen angekündigt, dass die Fahrpläne im Land umstrukturiert werden sollen, so dass jeweils mehr Umsteigezeit vorhanden ist. Bei eingleisigen Strecken wie der Nagoldtalbahn kann man die Fahrlagen mit dem Ziel einer längeren Umsteigezeit allerdings kaum verschieben. Denn das würde sich an den Begegnungsstellen auf die entgegenkommenden Züge negativ auswirken, die ja in Pforzheim Hauptbahnhof auch ihre Anschlüsse zu anderen Zügen haben.    

Mir fällt zunächst mal nur ein, dass geprüft werden sollte, ob die Züge der Nagoldtalbahn und teilweise auch der Enztalbahn in Pforzheim Hauptbahnhof von ihren 100er-Gleisen herunternommen werden und auf die Gleise 1 bis 5 gebracht werden können, notfalls in Form einer Gleisdoppelbelegung aus Nagoldtalbahn und Enztalbahn. Das würde die erforderliche Mindestumsteigezeit in Pforzheim Hauptbahnhof verkleinern.

Wunder sind aber keine zu erwarten und es bleibt der große System-Nachteil der Bahn gegenüber dem Auto, dass man beim Auto eben nicht umsteigen muss. Der Integrale Taktfahrplan, der zuerst in der Schweiz nach und nach eingeführt wurde bzw. wird, hat diesen Systemnachteil der Bahn erkannt und versucht, das notwendige Umsteigen zu optimieren. Leider ist mit Stuttgart 21 ein Projekt im Bau, das den Integralen Taktfahrplan nicht leisten kann - eine in Europa einmalige Blamage.

Morgen im folgenden Post in diesem Blog geht es um die Auslastung der IRE Stuttgart - Pforzheim und der RB Pforzheim - Bad Liebenzell.

    

Freitag, 6. Oktober 2023

Erster Spatenstich für S-Bahn Filderstadt - Neuhausen auf den Fildern: Welche Rolle spielt Stuttgart 21?

Am 26. September 2023 wurde der erste Spatenstich für die Verlängerung der Stuttgarter S-Bahn vom bisherigen Endpunkt Filderstadt nach Neuhausen auf den Fildern gefeiert.

Wir sehen uns die ganze Sache heute hier in diesem Blog unter dem Aspekt von Stuttgart 21 mal etwas genauer an.

Die neue Strecke soll ca. 2027 eröffnet werden. Zwischen den Bahnhöfen Filderstadt und Neuhausen auf den Fildern gibt es auch noch den Haltepunkt Sielmingen. Die Strecke soll von der S3 im 15 Minuten-Takt befahren werden 

Ohne Stuttgart 21 wäre die S-Bahn 20 Jahre früher in Neuhausen a.d.F. gewesen
Im Jahr 1993 wurde die Stuttgarter S-Bahn bis zum Flughafen eröffnet. Im Jahr 2001 folgte die Verlängerung nach Filderstadt. Mit den heutigen Zeitangaben liegen somit zwischen der Anbindung von Filderstadt und der Anbindung von Neuhausen auf den Fildern mindestens 26 Jahre.
 
Diese unglaublich lange Zeit ist dem Projekt Stuttgart 21 geschuldet. Dieses Projekt beanspruchte und beansprucht einen großen Teil der Mittel, der Aufmerksamkeit und der personellen Resourcen. Ohne Stuttgart 21 wäre die S-Bahn nach Neuhausen a.d.F. in den Nullerjahren gebaut worden. Sie wäre heute schon längst fertig und sie wäre ca. 20 Jahre früher fertig gewesen als dies jetzt wohl der Fall ist. Und der Clou an der ganzen Sache ist, dass mit Stuttgart 21 kein Verkehrssachverhalt auf die Fildern kommt, für den sich die 20jährige Wartezeit gelohnt hätte. Dazu gleich mehr.
  
15 Minuten-Takt
Die S3 soll alle 15 Minuten nach Neuhausen a.d.F. fahren. Das hört sich so selbstverständlich an, fahren doch im Verlauf fast aller anderen Streckenäste der Stuttgarter S-Bahn die Züge  auch alle 15 Minuten.
 
Der 15 Minuten-Takt für die S3 war aber hart umkämpft. Wären die ursprünglichen Pläne von Stuttgart 21 mit einer Führung der Gäubahn auf den Gleisen der Flughafen-S-Bahn umgesetzt worden, wäre es nichts geworden mit einem 15 Minuten-Takt auf der Flughafen-S-Bahn. Dann hätte man zwangsläufig beim früher praktizierten, fahrgastunfreundlichen 10/20 Minuten-Stottertakt bleiben müssen. Wegen der Eingleisigkeit der Strecke zwischen Flughafen und Filderstadt hätte man im Abschnitt zwischen Flughafen und Neuhausen a.d.F. dann wahrscheinlich sogar nur einen 30 Minuten-Takt einrichten können.
 
Hier muss man wirklich einmal ein großes Dankeschön an die große Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 und ihre zahlreichen Untergruppierungen sagen. Ohne die jahre- oder sogar jahrzehntelange Argumentation gegen die Führung der Gäubahn über die Gleise der Flughafen-S-Bahn (Spitzname: Gäubahn-Filder-Murks) hätte wir bei der S-Bahnlinie S3 heute und auch in Zukunft keinen 15 Minuten-Takt im Filderbereich. Zwar laufen die derzeitigen Planungen darauf hinaus, den Gäubahn-Filder-Murks durch eine genauso schlechte Planung mit Namen Pfaffensteigtunnel zu ersetzen. Darüber ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen.
    
Die Potenziale des bestehenden S-Bahn-Flughafenbahnhofs hätten zunächst mal gehoben werden müssen (Ringschluss)
Bevor man einen hundsteuren, in großer Tiefe liegenden, nur mit Aufzügen erreichbaren, weit vom S-Bahnhof entfernten, umständlichen und lange Wartezeiten auf die Züge generierenden neuen Flughafenbahnhof baut, hätte man zunächst mal die noch bestehenden Potenziale des bestehenden S-Bahn-Flughafenbahnhofs analysieren und heben müssen.
 
Der S-Bahn-Flughafenbahnhof hat in der Tat noch Potenziale. Ein S-Bahnhof, bei dem lediglich eine S-Bahnlinie im 15 Minuten-Takt fährt, ist noch nicht ausgelastet. Hier ist Platz für mindestens eine weitere S-Bahnlinie, die auch als Express-S-Bahn ausgebildet werden kann. 
 
Es gäbe also beim Flughafenbahnhof dann zwei S-Bahnlinien. Die S3 verliefe von Nürtingen über Oberboihingen, Neuhausen a.d.F, Sielmingen, Flughafen, weiter mit Halt an allen Stationen über die S-Bahn-Stammstrecke nach Backnang. Eine neue S7 verliefe als Express-S-Bahn von Plochingen über Wendlingen, den Flughafen, S-Vaihingen, Nordbahnhof zum Stuttgarter Hauptbahnhof (Ergänzungsbahnhof).
 
Im Gegensatz zu den Zügen im neuen Stuttgart 21-Flughafenbahnhof verkehren die beiden S-Bahnlinien jeweils alle 15 Minuten. Im Stuttgart 21-Flughafenbahnhof verkehren die Züge nur alle halbe oder jede Stunde.

Mit der Hebung der Potenziale des bestehenden S-Bahn-Flughafenbahnhofs hätte man glatt auf die Führung der Stuttgart 21-Strecke über den Flughafen verzichten können und statt dessen die von der Bahn ursprünglich geplante direkte Anbindung des Stuttgarter Hauptbahnhhofs an die Schnellfahrstrecke Wendlingen - Ulm ohne Umweg über den Flughafen realisieren können. Jetzt haben wir eine Situation, dass jeder ICE über die Filderhochfläche umgeleitet wird, obwohl der überwiegende Teil der ICEs gar nicht am Flughafen hält.
 
Rechnet sich der S-Bahn-Ringschluss nicht?
Unter dem S-Bahn-Ringschluss versteht man seit Jahrzehnten eine Verbindung mit der S-Bahn von den Fildern hinab ins Neckartal zwischen Plochingen und Nürtingen.

Es gab in der letzten Zeit Aussagen, dass ein S-Bahn-Ringschluss nicht wirtschaftlich sei. Und auch hier haben wir es wieder mit Stuttgart 21 zu tun. Stuttgart 21 und der Ringschluss zusammen rechnen sich wohl nicht. Stuttgart 21 nimmt hier dem Ringschluss zu viele Fahrgäste weg. Stuttgart 21 verhält sich auf den Fildern also so wie ein Elefant im Porzellanladen. Ohne Stuttgart 21 hätte sich der Ringschluss bestimmt gerechnet. Schade, wieder eine gute Verbindung in der Region Stuttgart, die nicht gebaut werden kann.  
 
Den Wettkampf mit dem Auto gewinnt man im Bereich der Strecken zwischen 20 und 40 Kilometern
Wenn die Bahn dem Auto ernsthaft Konkurrenz machen will, muss sie im Entfernungsbereich von 20 bis 40 Kilometern attraktive Angebote parat haben. Denn der Großteil der Menschen bewegt sich täglich in diesem Entfernungsbereich zwischen 20 und 40 Kilometern. Und bisher ist dieser Entfernungsbereich eine Domäne des Autos.
 
Eine Erschließung des Flughafens und der Fildern mit der S-Bahn wie oben beschrieben kann dem Auto viel mehr Konkurrenz machen als ein Stuttgart 21 Flughafenbahnhof. Die S-Bahn erschließt mehr Gebiete als der Stuttgart 21-Flughafenbahnhof. Ob man vom Stuttgart 21-Flughafenbahnhof stündlich nach Merklingen auf der Schwäbischen Alb fahren kann, interessiert hier nicht. Zudem sollte das Fernpendeln gerade in Zeiten der Klimakrise vom Staat nicht auch noch gefördert werden.
 
Selbst wenn die eine oder andere Verbindung mit der S-Bahn eine etwas längere Fahrzeit als über den Stuttgart 21-Flughafenbahnhof ausweist, darf man die S-Bahn nicht unterschätzen. Denn die S-Bahn fährt im 15 Minuten-Takt. Die maximale Wartezeit auf den Zug ist hier 15 Minuten. Die durchschnittliche Wartezeit beträgt 7,5 Minuten. Vom Stuttgart 21-Flughafenbahnhof fahren halbstündlich Züge Richtung Tübingen. Die maximale Wartezeit auf den Zug ist hier 30 Minuten. Die durchschnittliche Wartezeit beträgt 15 Minuten. Vom Stuttgart 21-Flughafenbahnhof fahren stündlich Regionalzüge nach Merklingen - Ulm. Die maximale Wartezeit auf den Zug ist hier 60 Minuten. die durchschnittliche Wartezeit beträgt 30 Minuten. 

Das Umsteigen innerhalb des S-Bahnhofs Flughafen geht zudem wesentlich schneller vonstatten als das Umsteigen vom S-Bahnhof  Flughafen zum Stuttgart 21-Flughafenbahnhof.
 
Fazit
Der erste Spatenstich für die S-Bahnverlängerung nach Neuhausen a.d.F. kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Stuttgart 21 auf den Fildern eine grandiose Fehlplanung ist, eine Fehlplanung, die zudem vernünftige Projekte um 20 Jahre verschiebt bzw. verunmöglicht.