Es gibt eine Reihe von Gründen, weshalb zusätzlich zur heute verkehrenden S1 auch noch eine Express-S-Bahnlinie zwischen dem Hauptbahnhof und Kirchheim unter Teck fahren sollte.
Darum geht es heute in diesem Blog.
Die Einwohner und Einwohnerinnen von Kirchheim unter Teck haben ein Recht auf eine schnelle Verbindung zum Hauptbahnhof
Viele Städte in der Region Stuttgart haben neben der S-Bahn auch noch eine schnelle Verbindung zum Stuttgarter Hauptbahnhof in Form des Metropolexpress (MEX), der nicht überall anhält. Kirchheim unter Teck hat beachtliche ca. 42.000 Einwohner und dazu noch ein Hinterland. Kirchheim unter Teck wird aber bisher nur von der S1 bedient. Eine Fahrt mit der S1 von Kirchheim unter Teck zum Hauptbahnhof dauert 45 Minuten.
Das ist viel zu lang. Das geht nicht. Kirchheiim unter Teck hat dasselbe Recht wie die anderen Städte in der Region Stuttgart, dass es nämlich eine schnelle Verbindung zum Hauptbahnhof erhält, schneller als die Fahrt mit der herkömmlichen S-Bahn. Im Falle von Kirchheim unter Teck wird diese schnellere Verbindung mit einer Express-S-Bahn hergestellt.
Warum soll nach Kirchheim unter Teck eine Express-S-Bahn fahren und kein MEX?
Es geht darum, dass im Regelfall nur ein Bahnsystem mit seinen Kenndaten zum Einsatz kommen soll. Unterschiedliche Bahnsysteme z.B. mit unterschiedlichen Bahnsteighöhen führen zu unnötigen Kosten, zu längeren Wegen, zu mehr Flächenverbrauch, zu negativen Auswirkungen auf das Stadtbild und die Landschaft oder zu Einschränkungen bei der Barrierefreiheit.
Nach Kirchheim unter Teck fährt heute die S-Bahn und nicht der MEX. Dabei sollte es bleiben. Ein schnelles Angebot von Kirchheim unter Teck zum Hauptbahnhof muss deshalb auf Basis der S-Bahn und nicht des MEX funktionieren.
Wo soll die Express-S-Bahn halten?
Die Express-S-Bahn soll ähnlich verkehren wie ein MEX. Innerhalb des Stuttgarter S-Bahnnetzes hält der MEX nur an ausgewählten Bahnhöfen. Das wären dann für die Express-S-Bahn: Kirchheim unter Teck, Wendlingen, Plochingen, Esslingen am Neckar, Bad Cannstatt, Hauptbahnhof (Ergänzungsbahnhof).
Welche Ausbaumaßnahmen sind erforderlich?
Zwischen Wendlingen und Kirchheim unter Teck wird es als Folge der Express-S-Bahn zusätzliche Begegnungsstellen geben. Es ist somit ein teilweiser zweigleisiger Ausbau dieser zur Zeit eingleisigen Strecke erforderlich.
Dann ist ein Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof mit Zulauf für die S-Bahn erforderlich. Dieser Ergänzungsbahnhof ist allerdings sowieso und unabhängig von der Express-S-Bahn erforderlich.
Warum soll eine Express-S-Bahn von Kirchheim unter Teck zum Hauptbahnhof auf den Gleisen der S1 fahren?
Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen ist es die Bahnsteighöhe. Die S1 sowie auch die Express-S-Bahn benötigen für die Barrierefreiheit eine Bahnsteighöhe von 96 cm. Das lässt sich am Besten erfüllen, wenn beide Linien dieselben Gleise benutzen und auch an denselben Bahnsteigen halten.
Zum Anderen geht es um den Bahnhof Plochingen. Dort werden die beiden Gleise der Filstalbahn und die beiden Gleise der Neckar-Alb-Bahn zusammengeführt. Die beiden Gleispaare laufen dann bis zum Hauptbahnhof nebeneinander her. Die S1 fährt im Zuge der Neckar-Alb-Bahn. Sollte die Express-S-Bahn in Plochingen nun auf die Gleise der Filstalbahn gelenkt werden, entstünden zwei höhengleiche Gleiskreuzungen im Bahnhof Plochingen, die für die Leistungsfähigkeit und Pünktlichkeit des Zugverkehrs negative Auswirkungen haben. Eine Führung der Express-S-Bahn über die Gleise der S1 vermeidet diese höhengleichen Gleiskreuzungen.
Neue höhengleiche Gleiskreuzungen im Bahnhof Plochingen und ihre negativen Auswirkungen
Viele Jahre lang war es in Plochingen so, dass die von Göppingen über die Filstalbahn nach Plochingen kommenden Züge auch im Verlauf der Filstalbahn weiterfuhren. Dasselbe galt für die von Wendlingen über die Neckar-Alb-Bahn nach Plochingen kommenden Züge. Sie fuhren im Verlauf der Neckar-Alb-Bahn weiter
Eine erste Änderung dieses Prinzips gab es durch den IRE Stuttgart - Sigmaringen. Dieser Zug fährt vom Hauptbahnhof bis Plochingen auf den Gleisen der Filstalbahn und wechselt dann in Plochingen auf die Gleise der Neckar-Alb-Bahn. Das führt zu zwei höhengleichen Gleiskreuzungen und zu einer Einfädelung.
Mit Stuttgart 21 sollen alle Züge der Neckar-Alb-Bahn in Plochingen von der Neckar-Alb-Bahn auf die Filstalbahn wechseln, einerseits, um zwischen Plochingen und dem Hauptbahnhof nicht mehr zusammen mit der S-Bahn fahren zu müssen und andererseits, weil der Stuttgart 21-Tiefbahnhof über die Gleise der Neckar-Alb-Bahn nicht erreichbar ist. Die höhengleichen Gleiskreuzungen in Plochingen nehmen also weiter zu.
Der Verband Region Stuttgart strebt an, eine neue S-Bahnlinie vom Hauptbahnhof nach Göppingen und Geislingen zu führen. Diese Linie würde beim Bahnhof Plochingen von der Neckar-Alb-Bahn zur Filstalbahn wechseln müssen. Damit nimmt die Zahl der höhengleichen Gleiskreuzungen und Einfädelungen beim Bahnhof Plochingen weiter zu. Damit würde aber der Verkehr im Bahnhof Plochingen zusammenbrechen. Überwerfungsbauwerke sind bei der gegebenen Situation in Plochingen zwischen Neckar und Straßen mit Talhängen wohl nur sehr schwierig umzusetzen. Der Verband Region Stuttgart sollte deshalb von diesen Plänen einer neuen S-Bahn abrücken. Die Filstalbahn ist und bleibt ausschließlich für den MEX reserviert. Das gilt auch für die Strecke Plochingen - Nürtingen.
Die hier thematisierte neue Express-S-Bahn von Kirchheim unter Teck zum Hauptbahnhof verursacht im Bahnhof Plochingen keine weiteren höhengleichen Gleiskreuzungen. Denn sie fährt durchgehend auf den Gleisen der S1 (Neckar-Alb-Bahn).
Das Non-Stop-Angebot Bad Cannstatt - Esslingen kommt zurück
Die neue Express-S-Bahn Hauptbahnhof - Kirchheim unter Teck kann auch einen der zahlreichen Riesenfehler von Stuttgart 21 ein Stück weit heilen. Mit dieser Express-S-Bahn kommt nämlich der Non-Stop-Verkehr Bad Cannstatt - Esslingen, der mit Stuttgart 21 eingestellt wird, zurück.
Es gibt ja heute vier Non-Stop-Fahrten pro Stunde und Richtung zwischen Bad Cannstatt und Esslingen. Das sind zwei Fahrten des MEX Stuttgart - Geislingen an der Steige sowie zwei Fahrten des MEX Stuttgart - Tübingen.
Stuttgart 21 setzt nun dem wichtigen Bahnhof Bad Cannstatt arg zu. Mit Stuttgart 21 wird es keine einzige Non-Stop-Fahrt zwischen Bad Cannstatt und Esslingen mehr geben. Es wird Verbindungen zwischen dem Hauptbahnhof und Esslingen über den Untertürkheimer Tunnel geben. Diese Fahrten fahren aber an Bad Cannstatt vorbei. Und es wird eine Linie geben, die in Bad Cannstatt startet und dann eine Ehrenrunde über den Hauptbahnhof und den Untertürkheimer Tunnel nach Esslingen dreht.
Die neue, halbstündlich verkehrende Express-S-Bahn Hauptbahnhof - Kirchheim unter Teck bringt nun diese Non-Stop-Fahrten wenigstens ein Stück weit zurück. Diese Express-S-Bahn erfüllt somit außer der schnellen Anbindung von Kirchheim unter Teck an den Hauptbahnhof eine weitere wichtige Funktion im Bereich des Neckartals.
Der Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof
Kurz vorweg: Ob der Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof dadurch zustandekommt, dass man einen Teil des bestehenden Kopfbahnhofs erhält und modernisiert oder ob er dadurch zustandekommt, dass man einen neuen Kopfbahnhof baut, ist erst mal sekundär.
Primär ist, dass die Express-S-Bahn von Kirchheim unter Teck zum Stuttgarter Hauptbahnhof in einem Ergänzungsbahnhof endet. Wir haben ja in der Region Stuttgart zwei Bahnsysteme, was die Bahnsteighöhe betrifft. Einmal ist dies die S-Bahn mit der Bahnsteighöhe von 96 cm. Und zum Zweiten sind dies die anderen Züge mit einer Bahnsteighöhe von 76 cm oder geringer. Der Ergänzungsbahnhof muss für beide Systeme Kapazitäten bereithalten. Es muss im Ergänzungsbahnhof also Bahnsteige mit einer Höhe von 96 cm und Bahnsteige mit einer Höhe von 76 cm geben.
Was die neue Express-S-Bahn betrifft, so ist für diese Linie weder in der Stammstrecke der Stuttgarter S-Bahn noch im Stuttgart 21-Tiefbahnhof Platz. An einer Führung dieser Linie in den Ergänzungsbahnhof führt deshalb kein Weg vorbei.