Freitag, 26. April 2024

(Teil-)Inbetriebnahme des Stuttgart 21-Tiefbahnhofs hat Auswirkungen auf den Kopfbahnhof

Nach einer (Teil-)Inbetriebnahme des Stuttgart 21-Tiefbahnhofs muss der Kopfbahnhof des Stuttgarter Hauptbahnhofs weiter bestehen bleiben.

Es wird jedoch ein etwas geänderter Kopfbahnhof sein. Der Kopfbahnhof und sein Gleisvorfeld werden anders aussehen als dies heute noch der Fall ist.

Das wollen wir im heutigen Post in diesem Blog näher betrachten.

1. Die Zuglänge
Es ist davon auszugehen, dass alle 400 Meter langen Fernzüge, die den Bahnknoten Stuttgart anfahren, zukünftig in den Stuttgart 21-Tiefbahnhof einfahren werden. Das aber bedeutet im Umkehrschluss, dass in einen zukünftigen Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof nur noch maximal 200 Meter lange Züge - Regionalzüge und im Besonderen Metropolexpresszüge (MEX), aber auch S-Bahnzüge - fahren werden.
 
Das hat Auswirkungen auf den Platzbedarf des Kopfbahnhofs. Ein Kopfbahnhof, der nur noch maximal 200 Meter lange Züge abfertigt, hat einen kleineren Platzbedarf als der heutige Kopfbahnhof. Auch die Wege für die Fahrgäste sind kürzer als beim heutigen Kopfbahnhof. Heute sind zumindest einige Bahnsteige des Kopfbahnhofs ja noch 400 Meter lang.
 
2. Durchgebundene Züge und Ping-Pong-Verkehre
Weiter ist davon auszugehen, dass alle durchgebundenen Züge zukünftig im Stuttgart 21-Tiefbahnhof fahren werden. Nun könnte die Frage kommen, ob dann überhaupt noch ein Zug für den Kopfbahnhof übrigbleibt. Denn bei Stuttgart 21 gibt es doch fast ausschließlich nur durchgebundene Züge.
 
Hierzu darf man jedoch die Ursache und die Wirkung nicht verwechseln. Bei Stuttgart 21 gibt es die durchgebundenen Züge in der Mehrzahl nicht deswegen, weil diese Betriebsart einfach besser wäre, sondern deswegen, weil die Stuttgart 21-Konfiguration gar nichts anderes hergibt. 
 
Orientiert man sich an der Verkehrsnachfrage, sollten viele Züge im Stuttgarter Hauptbahnhof enden (Ping-Pong-Verkehre), weil die große Mehrheit der Fahrgäste im Stuttgarter Hauptbahnhof ein-, aus- und umsteigt. Es bleibt also sehr wohl für den Kopfbahnhof etwas übrig. Das könnten zum Beispiel die Metropolexpresszüge sein. Damit würde der Stuttgart 21-Tiefbahnhof mit den Fernzügen und einigen IC und IRE in die Lage versetzt, hochwertigen Bahnverkehr qualitativ gut abzuwickeln.
 
3. Die Entbehrlichkeit des "Tunnelgebirges" im heutigen Gleisvorfeld des Stuttgarter Kopfbahnhofs
Wenn der Kopfbahnhof nur noch von nicht durchgebundenen Zügen, also von Ping-Ping-Zügen angefahren wird, ist das heutige "Tunnelgebirge" im Gleisvorfeld des Stuttgarter Kopfbahnhofs entbehrlich.
 
Das wird ja von den Stuttgart 21-Protagonisten immer wieder in den Diskurs eingebracht, dass bei einer Beibehaltung des Kopfbahnhofs die - relativ alten - Tunnelgebirge dann aufwändig erneuert werden müssen. Nun zeigt sich aber, dass diese Erneuerung nicht stattfinden muss. Die Tunnelgebirge bzw. Überwerfungsbauwerke können statt dessen abgerissen werden.
 
Die neue Gleisführung im Vorfeld des Kopfbahnhofs wird kompakter, schmäler und visuell weniger beeinträchtigend sein. Es wird im Wesentlichen sechs Zu-/Ablaufgleise geben, zwei für die Gäubahn, zwei von und nach Feuerbach und  zwei von und nach Bad Cannstatt. Die drei Zu-/Ablaufstrecken haben im Regelfall keine Verbindungen zueinander. Sie laufen einfach nebeneinander her. 
 
4. Die Unterführung Wolframstraße
Auch hier wird von den Stuttgart 21-Protagonisten eingewendet, dass eine Beibehaltung des Kopfbahnhofs nicht möglich ist. Denn die Straßenunterführung der Wolframstraße könne mit Kopfbahnhof nicht funktionieren.
 
In der Tat wurde die Wolframstraße nördlich der heute bestehenden Straßenunterführung etwas angehoben. Das wiederum ist die Folge des neuen S-Bahntunnels, der ein paar Meter über dem bisherigen Straßenniveau liegt. Um über den S-Bahntunnel fahren zu können, muss die Wolframstraße auch im Bereich der heutigen Unterführung etwas angehoben werden.
 
Das aber ist mit dem neuen Kopfbahnhof durchaus möglich. Der neue Kopfbahnhof benötigt ja nur insgesamt sechs (drei mal zwei) Zu-/Ablaufgleise. Das sind wesentlich weniger Gleise als heute bei der Unterführung Wolframstraße vorhanden sind. Zudem beträgt die Distanz zwischen der Wolframstraße und dem Beginn des Kopfbahnhofs 450 Meter. Das reicht aus, um die sechs Gleise weiter südlich über die Wolframstraße zu führen, so dass die Gradiente der Wolframstraße insgesamt wieder stimmig ist.    
 
5. Wohnen neben dem Bahngleis?
Die Stuttgart 21-Protagonisten werfen immer wieder ein, dass ein Kopfbahnhof mit seinen Zulaufstrecken eine trennende Wirkung hat und das Wohnen neben den Gleisen nicht zumutbar ist.
 
Hierzu reicht es aus, ein Beispiel zu nennen, nämlich die neue Weststadt in Esslingen am Neckar. Dort wurden in den vergangenen Jahren einige hundert Wohnungen unmittelbar neben eine der stärkstbelasteten Bahnstrecken Deutschlands gebaut, einer Strecke, auf der auch laute Güterzüge verkehren und einer Strecke, auf der die Züge mit einer höheren Geschwindigkeit fahren als im Vorfeld des Stuttgarter Hauptbahnhofs.
 
Was in Esslingen am Neckar gelungen ist, muss doch auch in Stuttgart möglich sein!
 

Freitag, 19. April 2024

Stuttgart 21: Nur einmal pro Stunde mit dem Regionalzug vom Stuttgarter Flughafen nach Ulm

So besonders attraktiv ist das aber nicht: Der Regionalverkehrs-Fahrplan von Stuttgart 21 bietet nur einmal pro Stunde einen Regionalzug zwischen dem Stuttgarter Flughafen und Ulm.

Damit mag die Bahnverbindung zwischen dem Stuttgarter Flughafen und Ulm unter Stuttgart 21 immer noch besser sein als dies heute der Fall ist. Jedoch ist die geplante Stuttgart 21-Verbindung alles andere als attraktiv und dem Auto hoffungslos unterlegen.

Reisende, die am Stuttgarter Flughafen ankommen und mit der Bahn nach Ulm fahren wollen, müssen zunächst mal damit rechnen, dass sie bis zu einer Stunde am Flughafenbahnhof warten müssen. Denn planmäßige Anschlüsse zwischen dem Flugzeug und der Bahn gibt es nicht. Dazu kommt, dass der Weg vom Flughafen zum Stuttgart 21-Flughafenbahnhof wesentlich länger ist als der Weg zum S-Bahnhaltepunkt unter dem Flughafen-Terminal.

Ob der Stuttgart 21-Flughafenbahnhof auch von Fernverkehrs-ICE bedient wird, weiß ich nicht. Das wäre eigenwirtschaftlicher Verkehr der Bahn. Aber selbst wenn die Bahn alle zwei Stunden einen ICE nach Ulm am Flughafenbahnhof halten lässt, könnte dieser ICE von Fahrgästen mit Regionalverkehrsticket nicht genutzt werden. Und an den ewig langen Maximalwartezeiten im Stuttgart 21-Flughafenbahnhof Richtung Ulm ändert sich dadurch auch nichts.

Ohne Stuttgart 21 hätte es beim Flughafen auf Basis der S-Bahn faszinierende Entwicklungsmöglichkeiten gegeben
In den Anfangsjahren dieses Blogs, als es noch eine Chance zu geben schien, dass Stuttgart 21 als Ganzes gestoppt wird, haben wir hier in diesem Blog mehrfach Alternativen zu einer Bahnanbindung des Stuttgarter Flughafens gegenüber Stuttgart 21 aufgezeigt. Schauen wir heute mal darauf zurück. 
 
Die Prämissen einer besseren Schienenanbindung des Stuttgarter Flughafens auf Basis der S-Bahn
1. Der Flughafenbahnhof der S-Bahn ist nicht ausgelastet. Es könnte dort mindestens eine weitere S-Bahnlinie fahren. Zudem könnte man in mindestens eine weitere Richtung fahren. Ein teurer, zusätzlicher Bahnhof in großer Tiefenlage am Flughafen ist von daher unnötig.
 
2. Ohne die Stuttgart 21-Trasse vom Flughafen nach Wendlingen würde sich eine Ringschluss-S-Bahn Flughafen - Wendlingen - Plochingen und Flughafen - Nürtingen als Express-S-Bahn mit großer Wahrscheinlichkeit rechnen. Die Stuttgarter Stadtbahn würde dann eine Erschließung der Fildern mit einem Kreis über Bernhausen, Sielmingen, Neuhausen a.d.F., Wolfschlugen, Harthausen, Bonlanden, Plattenhardt, Stetten und Echterdingen bieten.
 
Die S-Bahn ist am Flughafen Stuttgart 21 überlegen
1. Wendlingen würde mit der S-Bahn viel besser bedient. Bei Stuttgart 21 kommt man nicht vom Flughafen nach Wendlingen bzw. nur mit großen Umwegen über Nürtingen oder über den Hauptbahnhof. Im Rahmen einer guten S-Bahn-Anbindung des Stuttgarter Flughafens kommt man mit der Expreess-S-Bahn Flughafen - Wendlingen - Plochingen schnell und gut nach Wendlingen. Von dort geht es weiter nach Kirchheim unter Teck.

2. Der Bahnknoten Plochingen würde mit der S-Bahn ab dem Flughafen viel besser bedient. Bei Stuttgart 21 kommt man nicht vom Flughafen nach Plochingen bzw. nur mit großen Umwegen über Nürtingen oder über den Hauptbahnhof. Im Rahmen einer guten Express-S-Bahn-Anbindung des Stuttgarter Flughafens kommt man mit der S-Bahn Flughafen - Wendlingen - Plochingen schnell und gut nach Plochingen. Von dort geht es weiter nach Esslingen oder nach Göppingen und Geislingen an der Steige.
 
3. Göppingen und Geislingen an der Steige würden mit der Express-S-Bahn über Plochingen viel besser aus Richtung Flughafen bedient. Bei Stuttgart 21 kommt man nur mit Umwegen vom Flughafen nach Göppingen und Geislingen an der Steige, entweder mit Umsteigen in Nürtingen und Plochingen oder über den Hauptbahnhof. Im Rahmen einer guten Express-S-Bahn-Anbindung kommt man vom Flughafen schnell nach Plochingen und kann dort mit einmal Umsteigen nach Göppingen und Geislingen an der Steige gelangen (zwei Mal pro Stunde mit dem MEX und zweimal pro Stunde mit dem IRE).
 
4. Selbst vom Flughafen nach Ulm bietet die Express-S-Bahn Flughafen - Wendlingen - Plochingen Vorteile. Der S-Bahnhof unter dem Terminal des Stuttgarter Flughafens ist schnell erreichbar. Die Express-S-Bahn würde vom Flughafen alle 15 Minuten über Wendlingen nach Plochingen fahren. Dort kann man in den dann halbstündlich verkehrenden IRE nach Ulm umsteigen. Die reine Fahrzeit vom Flughafen nach Ulm mag mit der Express-S-Bahn mit Umsteigen in Plochingen größer sein. Die Wartezeiten (durchschnittlich und maximal) sind bei der S-Bahn-Lösung jedoch sehr viel kleiner als bei Stuttgart 21.
 
Nun können wir das nicht mehr zurückholen. Es sind bereits genügend Fakten geschaffen worden. Jedoch gibt es wenigstens bei der Gäubahn noch berechtigte Hoffnung, dass die Führung über den Flughafen storniert wird und eine Führung über eine modernisierte Panoramastrecke zum modernisierten Stuttgarter Hauptbahnhof (oben) eingerichtet wird. Das Flughafenportal für die Gäubahn wäre dann Stuttgart-Vaihingen.  
          


Sonntag, 14. April 2024

Licht und Schatten beim neuen Gäubahn-Fahrplan des Landes Baden-Württemberg

Mit einer Pressemitteilung vom 12.04.2024 hat das Landesverkehrsministerium Baden-Württemberg den neuen Fahrplan für die Gäubahn ab einer Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 bekanntgemacht.

Wir sehen uns heute hier in diesem Blog einzelne Punkte des Fahrplans an und bewerten diese. Was ist gut? Was ist weniger gut? Was ist schlecht?  

MEX halbstündlich
Der Metropolexpress (MEX) soll halbstündlich von Horb nach Stuttgart fahren. Das ist einerseits gut, andererseits aber auch selbstverständlich. Denn die Marke MEX beinhaltet nun mal den Halbstundentakt als wichtiges Qualitätsmerkmal.
 
Schlecht ist, wenn der Eindruck erweckt wird, dass das halbstündliche Angebot des MEX eine Folge von Stuttgart 21 ist. Mitnichten! Dieses Angebot hätte man längst einrichten können. Es hat mit Stuttgart 21 nichts zu tun.
 
MEX nur bis S-Vaihingen
Die halbstündlichen MEX von Horb sollen nicht bis zum Stuttgarter Hauptbahnhof, sondern nur bis S-Vaihingen fahren. Das ist grottenschlecht. Das geht gar nicht!
 
Die Projektbeteiligten beim Projekt Stuttgart 21 haben entschieden, dass die Anbindung der Gäubahn an den Stuttgarter Hauptbahnhof aus Stuttgart 21 herausgelöst und dem Bund überstellt wird, der einen über 10 Kilometer langen Pfaffensteigtunnel bauen solll. Damit aber hat das Landesverkehrsministerium in Sachen Pfaffensteigtunnel keinerlei Mitspracherecht mehr. Das Land kann auch nicht darauf bauen, dass zu irgendeinem festen Termin der Pfaffensteigtunnel eröffnet wird.

Zur Zeit sieht es ja eher so aus, dass der Pfaffensteigtunnel nicht gebaut wird. Denn es gibt zahlreiche wichtigere Bahnprojekte in Deutschland und die Mittel des Bundeshaushalts nehmen besorgniserregend ab. Das Landesverkehrsministerium muss für die Gäubahn eine Anbindung an den Stuttgarter Hauptbahnhof vorsehen, die nicht nur während eines vieljährigen Provisoriums funktioniert, sondern die auch den Endzustand ohne Pfaffensteigtunnel darstellen kann. Das ist die Führung der Gäubahn über die Stuttgarter Panoramastrecke in einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof.
 
IC-Verkehre bleiben bestehen
Das ist gut. Zur Zeit gibt es ja im zweistündlichen Wechsel einen schnellen IC mit Halt nur in Böblingen, Horb, Rottweil, Tuttlingen und Singen, sowie einen langsamen IC der zwischen Herrenberg und Horb "an jeder Milchkanne" hält.
 
Nachdem nun dort der MEX halbstündlich fahren wird, kann man den bisher langsamen IC zwischen Herrenberg und Horb auch zum schnellen IC machen.
 
Selbstverständlich muss auch der IC zum Stuttgarter Hauptbahnhof weitergeführt werden.
 
Dann gibt es noch den Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit. Denn die Bahn kann den IC-Verkehr einstellen, wenn zu wenige Fahrgäste fahren. Und das ist zu befürchten, wenn die IC-Züge in S-Vaihingen enden.

Kuppeln und Trennen in Eutingen im Gäu entfällt
Die Züge von Rottweil und von Freudenstadt sollen in Eutingen im Gäu nicht mehr gekuppelt und getrennt werden. Sie sollen separat nach Stuttgart fahren. Der Zug von Rottweil soll dadurch 12 Minuten schneller unterwegs sein.

Das ist gut. Als Fahrgast der Bahn kennt man die ewigen Wartezeiten des ersten Zugs bei einer solchen Kupplung, sowie das langsame Heranpirschen des zweiten Zugs über viele hundert Meter hinweg. Das Landesverkehrsministerium sollte aber konsequent sein, und sich auch mal die Gleis-Doppelbelegungen im Stuttgart 21-Tiefbahnhof ansehen. Das gehört zur selben Familie. Auch hier gibt es große Zeitverluste. Die Doppelbelegungen sollten durch einen ergänzenden Kopfbahnhof entfallen
 
Die S-Bahnlinie S1 soll stündlich nach Horb fahren
Das geht gar nicht! Sofort aufhören!
 
Die S-Bahn benötigt für die Barrierefreiheit Bahnsteige mit einer Höhe von 96 cm. Diese Bahnsteighöhe ist hinter Herrenberg Richtung Horb nicht vorhanden.
 
Die S-Bahn könnte sich zwischen Herrenberg und Horb auch mit den IC-Zügen in die Quere kommen und dann weitere Verspätungen in das Stuttgarter S-Bahnnetz hineintragen.  

Allein durch den MEX wird das Angebot auf der Gäubahn zwischen Horb und Herrenberg mindestens verdoppelt. Wozu braucht es da noch die S-Bahn? Das wäre erstmal zu viel des Guten.

Überall sonst in Deutschland werden für die S-Bahn separate Gleise gebaut. Nur im Umfeld von Stuttgart 21 meint man, das Gegenteil machen zu müssen. Dafür gibt es jetzt mindestens drei Beispiele.

Wenn das Land BW schon Geld im Überfluss hat, dann sollte es dort Züge bestellen, wo der Fahrgastandrang übergroß ist. Dazu gehört z.B. der RE 5 von Stuttgart nach Ulm. Dieser RE sollte halbstündlich verkehren. 
 
Interessengemeinschaft Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn
Die Pressmitteilung des Landes BW zu den Gäubahn-Verkehren gibt auch bekannt, dass die Interessengemeinschaft Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn die Pläne des Landes begrüßt. Das ist dann doch etwas merkwürdig, dass dieser Umstand in der Pressemitteilung genannt wird. Diese Interessengemeinschaft besteht im Wesentlichen aus CDU-Politikern und ihnen nahestehenden Kreisen. Die CDU gilt eigentlich eher als Autofahrer-Partei denn als Bahn-Partei.
 
Wenn das Landesverkehrsministerium schon diese Interessengemeinschaft nennt, sollte es auch andere Institutionen nennen, die die Thematik von Stuttgart 21 und der Gäubahn eher kritisch, aber mit großem Sachverstand betrachten. Das Land wird doch hoffentlich nicht in irgendeiner Form von der Interessengemeinschaft abhängig sein?!

 


Freitag, 12. April 2024

Nach Umzug des Statistischen Landesamts: Stuttgart 21-Rosenstein unnötiger denn je

Am 1. März 2024 ist das Statistische Landesamt Baden-Württemberg von Stuttgart-Süd nach Fellbach umgezogen

Damit haben erneut 650 Arbeitsplätze die Landeshauptstadt Stuttgart verlassen, ein weiterer Aderlass in Stuttgart. Das Projekt Stuttgart 21-Rosenstein wird damit unnötiger denn je.

Ist man heute vor Ort in der Böblinger Straße in Stuttgart-Süd, unmittelbar bei der Stadtbahnhaltestelle Erwin-Schoettle-Platz, sieht man einen großen, nicht mehr genutzten Gebäudekomplex (Schoettle-Areal). An der Außenwand prangt noch ein Transparent, das auf das Statistische Landesamt hinweist. 

In einer Vitrine neben dem Tor zum Gelände wendet sich das Statistische Landesamt unter dem Motto "Wir sind dann mal weg" an die Bevölkerung von Stuttgart-Süd. Seit dem Jahr 1974 residierte das Amt in Stuttgart-Süd. Das Amt lobt das vielfältige gastronomische Angebot und das gute Handels- und Serviceangebot. Die Mitarbeiter werden den liebenswerten Stuttgarter Süden mit Erwin-Schoettle-Platz, Marienplatz, Karlshöhe und der Zahnradbahn vermissen. 

Potenzial für hunderte Wohnungen - aber es wird sich erst mal nichts tun 
Auf dem bisherigen Gelände des Statistischen Landesamts könnte man hunderte Wohnungen bauen. Aber man kann wetten: Über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg wird sich nichts tun. Das ist die Erfahrung in Stuttgart mit ähnlichen Projekten. Das haben wir hier in diesem Blog schon mehrfach thematisiert.
 
Ein paar wenige Beispiele noch einmal: EnBW-Areal beim Stöckach, ehemaliges Autohaus-Areal in der Neckarstraße, ehemaliges WGV-Areal in Stuttgart-West, Allianz-Areale nach dem Umzug nach S-Vaihingen und nicht zu vergessen der ehemalige Güterbahnhof in Bad Cannstatt, auf dessen Gelände es Jahrzehnte dauert, um ein paar Wohnhäuser zu bauen. Und viele andere potenzielle Bauvorhaben mehr.
 
Auch bei den öffentlichen Bauten wie z. B. Konzerthallen usw. tut sich nichts. Der Umbau und die Nachnutzung der Villa Berg lässt nun bereits über ein Jahrzehnt auf sich warten. Die Sanierung der Oper könnte eine Jahrhundertsache bzw. -Katastrophe werden. Es ist hoffungslos. Wie will die Stadt denn unter diesen Umständen in Stuttgart 21-Rosenstein z. B. eine Konzerthallle errichten?
 
Ein Teil von Stuttgart 21-Rosenstein kann auf jeden Fall anderweitig bebaut werden
Stuttgarts OB Nopper will Stuttgart 21 in der reinen Form fertigstellen, weil dann über 5.000 Wohnungen in Stuttgart 21-Rosenstein gebaut werden könnten. Das wäre bei der aktuellen Wohnungsknappheit sehr wichtig - so Nopper.
 
Dabei ist es absolut unwahrscheinlich, dass mit Stuttgart 21-Rosenstein jetzt plötzlich das gelingen sollte, was andernorts in Stuttgart nicht vorangeht. Und Wohnungen könnte man an vielen Stellen der Stadt errichten. Da braucht man Stuttgart 21-Rosenstein nicht.
 
Auch bei Stuttgart 21-Rosenstein sollte das Schwarz-Weiß-Denken so langsam der Vergangenheit angehören. Auch mit einem ergänzenden Kopfbahnhof können Teile von Stuttgart 21-Rosenstein anderweitig bebaut werden, sogar mehr Flächen, als die Stadt nach den bisher gemachten Erfahrungen zu bebauen in absehrbarer Zeit in der Lage ist.
 
Warum besteht OB Nopper bei dieser Gemengelage auf das vollständige Freiräumen von Stuttgart 21-Rosenstein? Meiner Ansicht nach gehört das in die Kategorie "Gesichtswahrung". Viele dieser Gesichtswahrer, dieser Stuttgart 21-Protagonisten der ersten Stunde, sind bereits in den Ruhestand gegangen. OB Nopper steht dies noch bevor. Bis zuletzt scheint dieser OB eine Eins zu eins-Umsetzung des ursprünglichen, aus der Zeit gefallenen Stuttgart 21 zu fordern. Von daher ist jedes Jahr, das Stuttgart 21 später in Betrieb geht, zu begrüßen. Denn es ist zu hoffen, dass in der Legislative und der Exekutive mit jedem Jahr mehr eine neue Generation das Sagen bekommt, eine Generation, die Stuttgart 21 nicht erfunden hat und die ohne lästige Gesichtswahrung über gangbare Wege heraus aus Stuttgart 21 entscheiden kann. 
 
In diesem Bürokomplex in Stuttgart-Süd residierte bis vor kurzem das Statistische Landesamt Baden-Württemberg.

    

Freitag, 5. April 2024

Frankfurter Fernbahntunnel zeigt: Stuttgart 21 ist bereits vollkommen veraltet

Der geplante Frankfurter Fernbahntunnel ist eine fast unerschöpfliche Quelle der Erkenntnis - vor allem im Vergleich mit Stuttgart 21.

Die Zeitung "Frankurter Neue Presse" berichtet in ihrer Internetausgabe vom 08.03.2024, dass der geplante Frankfurter Fernbahntunnel, im Bestreben, für mindestens 100 Jahre sinnvoll betrieben zu werden, auch auf Entwicklungen Rücksicht nimmt, die erst in der Zukunft zu erwarten sind.

Darüber berichtete beim 2. Dialogforum zum Fernbahntunnel Gerd-Dietrich Bolte, der Leiter Infrastrukturprojekte Mitte der Bahn-Infrastruktursparte DB InfraGO AG.

Doppelstock-ICE-Züge erfordern 20 Meter breite Bahnsteige
Noch gibt es in Deutschland keine Doppelstock-ICE. Es sind auch bisher keine Doppelstock-ICE bestellt worden. Und es ist nicht bekannt, ob die Führungsetage der Bahn bereits einen Gedanken an Doppelstock-ICE verschwendet hat.
 
Trotzdem berücksichtigt der Fernbahntunnel in Frankfurt bereits die Doppelstock-ICE. Das ist auch absolut richtig. Denn der Tunnel soll ja 100 Jahre und mehr betrieben werden. Doppelstock-ICE mit ihren 3.300 Fahrgästen pro Zug benötigen aber breitere Bahnsteige. Im zukünftigen Tiefbahnhof des Fernbahntunnels in Frankfurt werden die Bahnsteige 20 Meter breit sein - doppelt so breit wie im Stuttgart 21-Tiefbahnhof. Was für ein Unterschied! 
 
Der Frankfurter Fernbahntunnel berücksichtigt also auch die fernere Zukunft, wie z.B. Doppelstock-ICE, wie z.B. den Deutschlandtakt, wie z.B. Ping-Pong-Verkehre beim Regionalverkehr im Frankfurter Kopfbahnhof.
 
Stuttgart 21 ist nicht zukunftstauglich
Im Gegensatz zum Fernbahntunnel in Frankfurt ist Stuttgart 21 nicht zukunftstauglich und nicht geeignet, den Bahnverkehr der kommenden 100 Jahre zu bewältigen. Das wollen wir hier mit drei Beispiel untermauern.
 
Doppelstock-ICE
Mit großer Wahrscheinlichkeit wurden bei der Planung von Stuttgart 21 Doppelstock-ICE nicht berücksichtigt. Das hätte man bei einem Bauwerk, das die kommenden 100 Jahre funktionieren soll, jedoch machen müssen. Jetzt gibt es im Stuttgart 21-Hauptbahnhof Bahnsteige, die nur 10 Meter breit sind. Das ist gerade mal die Hälfte der beim Fernverkehrstunnel in Frankfurt geplanten Breite. Das wird in der Zukunft Probleme bereiten. Eine Lösung für diesen Punkt ist nur dadurch möglich, dass der Kopfbahnhof in Stuttgart vollkommen erhalten bleibt und einige bisher für den Stuttgart 21-Tiefbahnhof geplanten Züge in den Kopfbahnhof verlegt werden. 
 
Regionalzüge
Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde bei der Planung von Stuttgart 21 der in der heutigen Zeit erfolgende Aufschwung beim Regionalverkehr nicht berücksichtigt (Stichwort: MEX). Das hätte man bei einem Bauwerk, das die kommenden 100 Jahre funktionieren soll, jedoch machen müssen. Es sind zu viele Regionalzüge im Stuttgart 21-Tiefbahnhof geplant. Das führt zu Gleis-Doppelbelegungen und zu Einschränkungen beim geplanten Regionalverkehr. Eine Lösung für diesen Punkt ist nur dadurch möglich, dass vor allem die MEX (Metropolexpress-Züge) in den Kopfbahnhof verlegt werden, wo sie im Ping-Pong-Verkehr Verbindungen in alle Richtungen herstellen.    
 
Deutschlandtakt
Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde bei der Planung von Stuttgart 21 der Integrale Taktfahrplan (Deutschlandtakt) nicht berücksichtigt. Das hätte man bei einem Bauwerk, das die kommenden 100 Jahre funktionieren soll, jedoch machen müssen. Zwar war der Integrale Taktfahrplan aus der Schweiz im Jahr 1994 bereits bekannt. Die Politk und die Fachleute hielten aber wohl von einem Integralen Taktfahrplan nicht viel. Stuttgart 21 hat nun viel zu wenig Bahnsteiggleise und zu wenig Zulaufgleise, um als Knotenpunkt den Deutschlandtakt richtig abwickeln zu können. Eine Lösung für diesen Punkt ist nur dadurch möglich, dass der Kopfbahnhof und einige Zulaufstrecken zum Kopfbahnhof erhalten bleiben.