Mit einer Pressemitteilung vom 12.04.2024 hat das Landesverkehrsministerium Baden-Württemberg den neuen Fahrplan für die Gäubahn ab einer Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 bekanntgemacht.
Wir sehen uns heute hier in diesem Blog einzelne Punkte des Fahrplans an und bewerten diese. Was ist gut? Was ist weniger gut? Was ist schlecht?
MEX halbstündlich
Der Metropolexpress (MEX) soll halbstündlich von Horb nach Stuttgart fahren. Das ist einerseits gut, andererseits aber auch selbstverständlich. Denn die Marke MEX beinhaltet nun mal den Halbstundentakt als wichtiges Qualitätsmerkmal.
Schlecht ist, wenn der Eindruck erweckt wird, dass das halbstündliche Angebot des MEX eine Folge von Stuttgart 21 ist. Mitnichten! Dieses Angebot hätte man längst einrichten können. Es hat mit Stuttgart 21 nichts zu tun.
MEX nur bis S-Vaihingen
Die halbstündlichen MEX von Horb sollen nicht bis zum Stuttgarter Hauptbahnhof, sondern nur bis S-Vaihingen fahren. Das ist grottenschlecht. Das geht gar nicht!
Die Projektbeteiligten beim Projekt Stuttgart 21 haben entschieden, dass die Anbindung der Gäubahn an den Stuttgarter Hauptbahnhof aus Stuttgart 21 herausgelöst und dem Bund überstellt wird, der einen über 10 Kilometer langen Pfaffensteigtunnel bauen solll. Damit aber hat das Landesverkehrsministerium in Sachen Pfaffensteigtunnel keinerlei Mitspracherecht mehr. Das Land kann auch nicht darauf bauen, dass zu irgendeinem festen Termin der Pfaffensteigtunnel eröffnet wird.
Zur Zeit sieht es ja eher so aus, dass der Pfaffensteigtunnel nicht gebaut wird. Denn es gibt zahlreiche wichtigere Bahnprojekte in Deutschland und die Mittel des Bundeshaushalts nehmen besorgniserregend ab. Das Landesverkehrsministerium muss für die Gäubahn eine Anbindung an den Stuttgarter Hauptbahnhof vorsehen, die nicht nur während eines vieljährigen Provisoriums funktioniert, sondern die auch den Endzustand ohne Pfaffensteigtunnel darstellen kann. Das ist die Führung der Gäubahn über die Stuttgarter Panoramastrecke in einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof.
IC-Verkehre bleiben bestehen
Das ist gut. Zur Zeit gibt es ja im zweistündlichen Wechsel einen schnellen IC mit Halt nur in Böblingen, Horb, Rottweil, Tuttlingen und Singen, sowie einen langsamen IC der zwischen Herrenberg und Horb "an jeder Milchkanne" hält.
Nachdem nun dort der MEX halbstündlich fahren wird, kann man den bisher langsamen IC zwischen Herrenberg und Horb auch zum schnellen IC machen.
Selbstverständlich muss auch der IC zum Stuttgarter Hauptbahnhof weitergeführt werden.
Dann gibt es noch den Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit. Denn die Bahn kann den IC-Verkehr einstellen, wenn zu wenige Fahrgäste fahren. Und das ist zu befürchten, wenn die IC-Züge in S-Vaihingen enden.
Kuppeln und Trennen in Eutingen im Gäu entfällt
Die Züge von Rottweil und von Freudenstadt sollen in Eutingen im Gäu nicht mehr gekuppelt und getrennt werden. Sie sollen separat nach Stuttgart fahren. Der Zug von Rottweil soll dadurch 12 Minuten schneller unterwegs sein.
Das ist gut. Als Fahrgast der Bahn kennt man die ewigen Wartezeiten des ersten Zugs bei einer solchen Kupplung, sowie das langsame Heranpirschen des zweiten Zugs über viele hundert Meter hinweg. Das Landesverkehrsministerium sollte aber konsequent sein, und sich auch mal die Gleis-Doppelbelegungen im Stuttgart 21-Tiefbahnhof ansehen. Das gehört zur selben Familie. Auch hier gibt es große Zeitverluste. Die Doppelbelegungen sollten durch einen ergänzenden Kopfbahnhof entfallen
Die S-Bahnlinie S1 soll stündlich nach Horb fahren
Das geht gar nicht! Sofort aufhören!
Die S-Bahn benötigt für die Barrierefreiheit Bahnsteige mit einer Höhe von 96 cm. Diese Bahnsteighöhe ist hinter Herrenberg Richtung Horb nicht vorhanden.
Die S-Bahn könnte sich zwischen Herrenberg und Horb auch mit den IC-Zügen in die Quere kommen und dann weitere Verspätungen in das Stuttgarter S-Bahnnetz hineintragen.
Allein durch den MEX wird das Angebot auf der Gäubahn zwischen Horb und Herrenberg mindestens verdoppelt. Wozu braucht es da noch die S-Bahn? Das wäre erstmal zu viel des Guten.
Überall sonst in Deutschland werden für die S-Bahn separate Gleise gebaut. Nur im Umfeld von Stuttgart 21 meint man, das Gegenteil machen zu müssen. Dafür gibt es jetzt mindestens drei Beispiele.
Wenn das Land BW schon Geld im Überfluss hat, dann sollte es dort Züge bestellen, wo der Fahrgastandrang übergroß ist. Dazu gehört z.B. der RE 5 von Stuttgart nach Ulm. Dieser RE sollte halbstündlich verkehren.
Interessengemeinschaft Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn
Die Pressmitteilung des Landes BW zu den Gäubahn-Verkehren gibt auch bekannt, dass die Interessengemeinschaft Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn die Pläne des Landes begrüßt. Das ist dann doch etwas merkwürdig, dass dieser Umstand in der Pressemitteilung genannt wird. Diese Interessengemeinschaft besteht im Wesentlichen aus CDU-Politikern und ihnen nahestehenden Kreisen. Die CDU gilt eigentlich eher als Autofahrer-Partei denn als Bahn-Partei.
Wenn das Landesverkehrsministerium schon diese Interessengemeinschaft nennt, sollte es auch andere Institutionen nennen, die die Thematik von Stuttgart 21 und der Gäubahn eher kritisch, aber mit großem Sachverstand betrachten. Das Land wird doch hoffentlich nicht in irgendeiner Form von der Interessengemeinschaft abhängig sein?!