Freitag, 29. Oktober 2021

Stadtbahn Ludwigsburg: Der Hochflur-Spuk hört immer noch nicht auf

Eigentlich schien in Ludwigsburg alles klar zu sein. Gemäß einem eindeutigen Gemeinderatsbeschluss soll in Ludwigsburg und Umgebung ein Niederflur-Stadtbahnsystem installiert werden. Das scheint jedoch einigen Leuten nicht zu gefallen. Jetzt wird dieser Beschluss wieder in Frage gestellt. Und die Hochflur-Stadtbahn klopft wieder an den Stadtgrenzen von Ludwigsburg an.

Der Ludwigsburger Gemeinderat braucht sich für seinen Beschluss zum Niederflur-Stadtbahnsystem nicht zu schämen, im Gegenteil. Fast alle Städte in Baden-Württemberg haben ein Niederflursystem in Betrieb: Ulm, Freiburg im Breisgau, Basel-Weil am Rhein, Straßburg-Kehl, Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe. Alle? Nein, Stuttgart hat ein Hochflur-Stadtbahnsystem im Einsatz.

Und das ist dann auch der Grund, weshalb die Hochflur-Stadtbahn in Ludwigsburg immer wieder thematisiert wird. Gäbe es die Hochflur-Stadtbahn in Stuttgart nicht, würde niemand in Ludwigsburg die Hochflur-Stadtbahn auch nur erwähnen.

Welche Rolle spielt die SSB?
Die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) betreibt das Hochflur-Stadtbahnsystem in Stuttgart. Und die SSB ist auch zuständig, wenn es um die konzeptionelle Weiterentwicklung des Systems geht. Auch im Zusammenhang mit Ludwigsburg spielt die SSB eine Rolle. So stammt der neueste Vorschlag einer am Südrand von Ludwigsburg entlangschrammenden Hochflur-Stadtbahn von der SSB. Auch der neue Geschäftsführer des Zweckverbands Stadtbahn im Landkreis Ludwigsburg Frank von Meißner kommt von der SSB. Gemäß Pressemeldungen arbeitet er sogar bis zum Jahresende noch halbtags dort. Das muss jetzt nichts weiter heißen. Es ist durchaus möglich und auch zu hoffen, dass Frank von Meißner seine Arbeit in Ludwigsburg ohne Einflüsterungen der SSB durchführt. Erwähnt werden muss jedoch dieser Zusammenhang, um ein vollständiges Bild zu bekommen.

Samstag, 23. Oktober 2021

Anton Hofreiter und Matthias Gastel in Ampelkoalitions-Arbeitsgruppe sieben: Folgen für Stuttgart 21?

Möglicherweise wird in einem Koalitionsvertrag der geplanten Ampelkoalition auf Bundesebene auch das Projekt Stuttgart 21 genannt werden. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Besetzung der betreffenden Ampelkoalitions-Arbeitsgruppe sieben durch die Grünen.

Das Thema Mobilität, zu dem auch Stuttgart 21 gehört, wird in der siebten von 22 Arbeitsgruppen behandelt. Die Grünen entsenden in diese Arbeitsgruppe vier Vertreter bzw. Vertreterinnen. Das sind die vier Personen:

Anton Hofreiter
Anton Hofreiter war und ist ein ausgewiesener Kritiker von Stuttgart 21. Im Vorfeld der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 tourte er durch Baden-Württemberg und warb für einen Stopp des Projekts.
 
Matthias Gastel
Matthias Gastel akzeptiert die Volksabstimmung zu Stuttgart 21. Er bemüht sich jedoch ohne Unterlass, die größten Fehler des Projekts zu heilen. Zudem tritt er dafür ein, dass das gesamte Bahnnetz in Baden-Württemberg ausgebaut wird anstatt die Mittel nur in einige wenige Projekte zu stecken.
 
Tarek al Wasir
Der hessische Wirtschaftsminister Tarek al Wasir hat im Zusammenhang mit dem geplanten Fernbahntunnel in Frankfurt am Main mehrfach klargestellt, dass - anders als bei Stuttgart 21 - der Kopfbahnhof in Frankfurt am Main vollumfänglich erhalten bleibt und für zusätzlichen Regionalverkehr zur Verfügung steht. Stuttgart 21 ist wohl für Tarek al Wasir ein Negativbeispiel, dem man nicht folgen sollte.
 
Maike Schäfer
Die Bremer Grünen-Spitzenfrau ist in Sachen Stuttgart 21 ein unbeschriebenes Blatt. Sie hat Regierungserfahrung unter anderem in den Bereichen Umwelt und Verkehr. 2019 sprach sie sich für Koalitonsverhandlungen mit der SPD und der Linken aus. Kann man somit annehmen, dass sie Stuttgart 21 ebenfalls skeptisch gegenübersteht?
 
Fazit
Die Besetzung der Ampelkoalitions-Arbeitsgruppe sieben seitens der Grünen mit ausgewiesenen Stuttgart 21-Kritikern nährt die Hoffnung, dass zwar das Projekt als Ganzes nicht mehr gestoppt werden kann, dass aber substanzielle Ergänzungen / Änderungen wie z.B. der Wegfall des Bilgertunnels, der Bau einer Ergänzungsstation und die Führung der Gäubahn über die Panoramastrecke durchgesetzt und vereinbart werden.

Donnerstag, 21. Oktober 2021

Warum es das Stuttgart 21-Versöhnungsfest von OB Frank Nopper nicht geben kann

Stuttgarts OB Frank Noppers Beitrag zum Stuttgart 21-Konflikt scheint ein Versöhnungsfest zu sein, das er bei der Eröffnung von Stuttgart 21 feiern will. So jedenfalls äußerte er sich bereits mehrfach.

Wir sehen uns heute an, warum es ein solches Versöhnungsfest nicht geben kann. Der erste Blick geht bei solchen Sachen ja heutzutage in die wikipedia. Im Artikel " Versöhnung" gibt es das Kapitel "Philosophie". Dort heißt es, dass in Hegels Philosophie mit Versöhnung die Vermittlung gemeint ist, "die am Ende der Dialektik die Widersprüche in einer Synthese aufhebt". Das von Frank Nopper angestrebte Versöhnungsfest hat somit mit Versöhnung wenig zu tun. Es wäre vielmehr ein Stuttgart 21-Triumphfest.

In einem weiteren Kapitel "Politik" heißt es im wikipedia-Artikel, dass in "Gesellschaft und Politik Versöhnung als ein möglicher Bestandteil einer Vergangenheitsbewältigung und/oder Konfliktregelung betrachtet wird. Und weiter: "Die Ermittlung der Wahrheit bezüglich des realen Geschehens wird sowohl bei einer Vergangenheitsbewältigung als auch bei einer Konfliktregelung für erforderlich gehalten". All dies beinhaltet Noppers vorgeschlagenes Stuttgart 21-Versöhnungsfest nicht. 

Dienstag, 19. Oktober 2021

Kann Stuttgart von den gescheiterten Münchner Seilbahnplänen lernen?

Die im Norden des Landkreises München seit einigen Jahren aktuellen Seilbahnpläne haben jetzt von Experten ein vernichtendes Urteil bekommen. Darüber berichtet die Süddeutsche Zeitung in ihrer Internetausgabe vom 19. Oktober 2021.

Bekanntlich hätte man in Stuttgart ja gerne ebenfalls eine oder mehrere Seilbahnen, die z.B. auch den Gäubahn-Bahnhof Stuttgart-Vaihingen anbinden sollen.

Gemäß der Verkehrswertuntersuchung für den Münchner Norden sind Seilbahnen ebenso wenig rentabel wie U-Bahnen oder Straßenbahnen. Da bleibt eigentlich nur, sich mehr um den Linienbus zu kümmern.

Bei Seilbahnen schlügen vor allem die kleinen Geschwindigkeiten und die wegen des benötigten Personals hohen Betriebskosten negativ zu Buche. Dazu kommen noch die Probleme bei der städtebaulichen Integration. Zudem steigen in eine Seilbahn weniger Autofahrer um als in eine U-Bahn oder Straßenbahn. Das führt dazu, dass die Betriebskosten einer Seilbahn sogar höher liegen als die Betriebskosten einer U-Bahn oder einer Straßenbahn. Dagegen liegen die Baukosten einer U-Bahn oder Straßenbahn höher als diejenigen einer Seilbahn.

Festgestellt wird, dass es wegen des schlechten Nutzen-Kosten-Verhältnisses keine staatliche Förderung für eine Seilbahn geben wird. Die Politik hat jetzt angeregt, die Verbesserung des Busverkehrs als weitere Alternative zu untersuchen.

Was sind die Folgen für Stuttgart?
Mit großer Wahrscheinlichkeit kann man davon ausgehen, dass die Stuttgarter Seilbahnpläne in der Umgebung des Bahnhofs Stuttgart-Vaihingen dasselbe Schicksal erleiden werden wie die Seilbahnpläne im Münchner Norden. Es wurden ja auch schon Pläne für neue Stadtbahnstrecken im Stadtbezirk Stuttgart-Vaihingen vorgestellt. Alternativ dazu gibt es die Möglichkeit, den vorhandenen Linienbusverkehr zu modernisieren. Das scheint die mit Abstand preisgünstigste Variante zu sein.
 
Abbau von Gleisen hier, Neubau von Gleisen dort
Es fällt im Bereich des Stadtbezirks Stuttgart-Vaihingen auf, dass nach den ursprünglichen Plänen die Gleise für die Gäubahn im Stadtbezirk abgebaut werden sollten. Demgegenüber plante man den teuren Neubau von Gleisen - zum Teil im Tunnel - für neue Stadtbahnstrecken.

Am besten, kundenfreundlichsten und wirtschaftlichsten ist immer noch, die bestehenden Gleise weiterzubetreiben. Das bedeutet im Falle von Stuttgart-Vaihingen, dass die Gleise der Gäubahn unbedingt in Betrieb bleiben müssen. Die Aufrüstung des Bahnhofs Stuttgart-Vaihingen für den Regionalverkehr ist ja bereits erfolgt - ebenfalls sehr preisgünstig. Das scheint man auch in München begriffen zu haben. So fordert gemäß dem Bericht der Süddeutschen Zeitung der FDP-Politiker Riederle, dass im Verlauf der den Landkreis München kreuzenden Regionalbahnlinien zusätzliche Haltestellen eingerichtet werden.   

  

Samstag, 16. Oktober 2021

Prämissen zum Gäubahnausbau

Wenn man die Ergebnisse des Lenkungskreises zu Stuttgart 21 vom 15. Oktober 2021 ansieht, erhält man den Eindruck, dass verschiedene Politiker in Sachen Gäubahn den roten Faden verloren haben. Deshalb hier kurz und bündig die Prämissen, die den Ausbau der Gäubahn bestimmen müssen:

1. Es ist nicht zielführend, den Fernverkehr der Gäubahn (Zürich-Stuttgart) im Stuttgarter Hauptbahnhof durchzubinden, vor allem vor dem Hintergrund, dass dieser Fernverkehr vielleicht auch von einem Verkehrsunternehmen aus der Schweiz oder aus Italien gefahren werden wird. Viel wichtiger ist es, dass die Fernzüge der Gäubahn im Stuttgarter Hauptbahnhof einen Rundumanschluss in alle Richtungen haben. Von daher sollten die Fernzüge in einen ergänzenden Kopfbahnhof fahren.

2. Nennenswerten Mehrverkehr bei der Bahn ("Verdoppelung bis 2030") wird es nur geben,  wenn die Bahn den Vorteilen des Automobils so nahe wie möglich kommt und wenn sie die Bedürfnisse des "everyday travel" bestmöglich abdeckt. Die Wege, die die Menschen in BW durchschnittlich pro Tag zurücklegen, bewegen sich im Entfernungsbereich von ca. 40 Kilometer. An erster Stelle der Agenda für die Gäubahn muss deshalb ein guter Regionalverkehr stehen.

3. Der halbstündliche Metropolexpress (MEX) Stuttgart-Horb, die viertelstündliche S-Bahn Stuttgart-Herrenberg und ein stündlicher IRE Stuttgart-Konstanz sind die wesentlichen Eckpunkte eines attraktiven Regionalverkehrs auf der Gäubahn.

4. Der MEX und die S-Bahn fahren über den neuen Regionalbahnhof Vaihingen zum Hauptbahnhof. Somit bleibt für den von Staatssekretär Bilger vorgeschlagenen Gäubahntunnel nur noch der stündlich verkehrende IRE und eine kleiner Anteil wirklicher Fernzüge. Das aber ist viel zu wenig, um einen 12 Kilometer langen Tunnel zu rechtfertigen.

5. Selbst wenn der Bund sich zu einer Finanzierung des Bilger-Gäubahntunnels bereits erklärt, gäbe es Dutzende wesentlich wichtigerer Bahnprojekte in Deutschland, die eine Inbetriebnahme des Gäubahntunnels nicht vor 2050 oder gar nicht erwarten lassen.

6. Der Gäubahn-Bilger-Tunnel beseitigt Engpässe nicht, im Gegenteil. Die Gäubahn müsste am Ende des Bilger-Tunnels in den zweigleisigen Flughafenbahnhof eingeschleift werden. Kurz darauf müsste sie in den Fildertunnel eingefädelt werden. Wir hätten hier also eine Situation, dass ein 12 Kilometer langer megateurer Tunnel gebaut wird, nur um die Gäubahn in einen Engpass münden zu lassen - ein in der Nachkriegsgeschichte des Bahnausbaus in Deutschland einmaliges Desaster.

7. Es sind Gelder beim Bund für die Gäubahn zu beantragen, die eine Beseitigung der bestehenden Engpässe erlauben. Das sind die Strecke Böblingen-Herrenberg, wo ein drittes oder sogar noch ein viertes Gleis gebaut werden müssen, und die Strecke Horb-Tuttlingen, wo abschnittsweise ein zweites Gleis gebaut werden muss. Zudem muss die Panoramastrecke der Gäubahn modernisiert werden. Hierbei kann durchaus auch mal in bestehender Tunnel verlängert werden.

8. Die Verkehrsziele des Bundes gehen vor städtebaulichen Zielen der Landeshauptstadt Stuttgart. Zudem gibt es keinen Nachweis, dass eine Beibehaltung der Panoramastrecke der Gäubahn sowie eines Kopfbahnhofs beim Stuttgarter Hauptbahnhof den Wohnungsbau in Stuttgart behindert. Denn viele, viele andere Städte in Deutschland und Europa, die kein 21er-Projekt verfolgen, sondern ihren Bahnhof oben belassen, betreiben sogar mehr Wohnungsbau als Stuttgart.              

Mittwoch, 13. Oktober 2021

Ist der geplante Inbetriebnahmetermin von Stuttgart 21 Ende 2025 noch zu halten?

In einer Pressemitteilung vom 13. Oktober 2021 gibt die Landeshauptstadt Stuttgart bekannt, dass sich die Inbetriebnahme des B10-Rosensteintunnels abermals verzögern wird. Der Grund liege in den allseits bekannten Problemen bei der Lieferung von Materialien und Bauteilen.

Vor diesem Hintergrund ist die Frage zu stellen, ob der bisher geplante Inbetriebnahmetermin von Stuttgart 21 Ende 2025 noch gehalten werden kann oder nicht ebenfalls verschoben werden muss.

Gemäß der Pressemitteilung der Landeshauptstadt Stuttgart verzögert sich die bisher für November 2021 geplante Inbetriebnahme des Rosensteintunnels auf Anfang 2022. Dies ist nicht die erste diesbezügliche Terminverschiebung beim Rosensteintunnel. Der Rosensteintunnel sei von den derzeit weltweit feststellbaren Lieferschwierigkeiten von Edelstahl, Kabeln und elektronischen Bauteilen betroffen. Dadurch kann die Betriebs- und Sicherheitstechnik erst verzögert eingebaut und getestet werden.

Dienstag, 12. Oktober 2021

Der neue Regionalbahnhof Stuttgart-Vaihingen: Baulich fertig, verkehrlich noch entwicklungsfähig

Der neue Regionalbahnhof Stuttgart-Vaihingen ist fertiggestellt. Ab dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2021 werden dort einige Züge halten. Zufrieden kann man jedoch erst sein, wenn dort die Metropolexpresszüge (MEX) der Relation Stuttgart - Horb halbstündlich halten. Aber darauf muss man noch ein wenig warten.

Viel später als Stuttgart 21 geplant, aber viel früher fertig
Der Regionalbahnhof Stuttgart-Vaihingen zeigt, wie der Bahnausbau in BW eigentlich vonstatten gehen müsste. Viel später als beim Projekt Stuttgart 21 hat man beim Regionalbahnhof Stuttgart-Vaihingen mit der Planung begonnen. Aber viel früher als Stuttgart 21 ist dieser Bahnhof nun fertiggeworden. Und dieser Bahnhof ist ein eigentlicher Bahnausbau. Mit überschaubaren Kosten hat man hier viel für das System Bahn getan.
 
Bahn und Verband Region Stuttgart sollten dem Land BW eigentlich danke sagen
Das Land BW hat den Regionalbahnhof Vaihingen finanziert. Dafür sollten die Bahn und der für die Stuttgarter S-Bahn zuständige Verband Region Stuttgart dem Land eigentlich danke sagen. Denn der Regionalbahnhof Stuttgart-Vaihingen hat bereits während der Sommerferien der wegen der Sperrung der Stammstrecke arg gebeutelten Stuttgarter S-Bahn geholfen, indem eine Verstärkungslinie vom Flughafen am neuen Regionalverkehrsbahnsteig in Vaihingen halten konnte. Zudem konnten einige Züge, anstatt bereits in Böblingen zu enden, bis zum neuen Regionalverkehrsbahnsteig in Vaihingen verlängert werden.