Donnerstag, 27. Juli 2023

Konversionsmaßnahme "Vogelsang" in Stuttgart-West zeigt die Fragwürdigkeit der Zeitangaben bei Stuttgart 21-Rosenstein

Im Frühsommer 2023 wurde die Neubebauung des Areals am Vogelsang im Stadtbezirk Stuttgart-West fertiggestellt.

Auf dem Gelände befand sich früher ein Betriebshof für die Straßenbahn, der im Jahr 1989 stillgelegt wurde. Damit beanspruchte diese Konversionsmaßnahme 34 Jahre Zeit von der Freiwerdung des Gebiets bis zur Vollendung der Bebauung - und das bei einem Grundstück mit den Maßen von nur 200 mal 65 Meter!

Diese Zahlen sind ein eindeutiger Hinweis darauf, dass es in der Landeshauptstadt Suttgart nicht möglich ist, Grundstücke im Rahmen einer Konversionsmaßnahme zügig zu bebauen. Im Gegenteil: Die Bebauung benötigt jeweils viele Jahrzehnte.

Jahrzehnte am Vogelsang sind keine Ausnahme
Dabei ist das Areal am Vogelsang keine Ausnahme, sondern die Regel für Konversionsprojekte in Stuttgart. Man könnte zum Beispiel auch das Europaviertel beim Stuttgarter Hauptbahnhof nennen, das gerne zu Stuttgart 21 hinzugezählt wird, aber mit Stuttgart 21 eigentlich nichts zu tun hat. Bei diesem Konversionsprojekt begann die erste Maßnahme (Büroklotz der LBBW) im Jahr 1990. Bis heute ist die Bebauung des Europaviertels immer noch nicht annähernd fertig. Die Maßnahme ist also seit nunmehr 33 Jahren im Bau - ohne Ende. Oder sehen wir noch ganz kurz nach Bad Cannstatt und zum dortigen Konversionsprojekt Güterbahnhof. Das Gelände wurde im Jahr 2000 durch die Stadt erworben. Heute ist noch nicht einmal ein Drittel des Geländes bebaut und das nach 23  Jahren.

Man erhält den Eindruck, dass es in Stuttgart entweder keinen Wohnungsmangel gibt oder dass die Stadt (verwenden wir mal diesen abstrakten Begriff) nicht in der Lage ist, genügend Baumaßnahmen in einer vernünftigen Zeitspanne durchzuführen.

Was für das Vogelsang, für das Europaviertel oder für den ehemaligen Güterbahnhof in Bad Cannstatt gilt, wird auch beim Stuttgart 21-Rosensteinviertel so ablaufen. Es wird viele Jahrzehnte brauchen, bis auch nur ein Teil des Gebiets bebaut sein wird.

Landeshauptstadt Stuttgart hat kein Argument gegen Gäubahn
Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, dass sich die Landeshauptstadt Stuttgart mit Händen und Füßen gegen einen Weiterbetrieb der Gäubahn auf der oberirdischen Panoramastrecke zum Stuttgarter Hauptbahnhof sowie gegen einen Weiterbetrieb eines Teils des Kopfbahnhofs wehrt. Das wird langsam lächerlich und blamabel. Hier ist jetzt der Zeitpunkt erreicht, wo die dritte Gewalt im Staat, die Judikative, die Bühne betreten muss. Dank der Klage der Deutschen Umwelthilfe wird es so dann auch kommen.  

Blickfang der Konversionsmaßnahme "Vogelsang" in Stuttgart-West ist dieses siebenstöckige Gebäude mit Rundungen.


      

Samstag, 22. Juli 2023

Frankfurter Fernbahntunnel versus Stuttgart 21

Die Zeitung Frankfurter Allgemeine bringt in ihrer Internetausgabe vom 21.07.2023 einen ausführlichen Artikel zum geplanten Frankfurter Fernbahntunnel. Bestandteil des Artikels sind auch Äußerungen von Politikern. Das ist im Zusammenhang mit Stuttgart 21 interessant.

Frankfurter Fernbahntunnel hat nationale Bedeutung
So wird Bundesverkehrsminister Wissing zitiert. Für ihn hat der Fernbahntunnel in Frankfurt nationale Bedeutung. Das ist insofern interessant, als Stuttgart 21 für den Bund keine nationale Bedeutung hat. Stuttgart 21 wird zum größten Teil vom Bundesland Baden-Württemberg, von der Landeshauptstadt Stuttgart, von der Region Stuttgart und vom Stuttgarter Flughafen finanziert. Stuttgart 21 ist insofern eine Provinzposse. Nur nach langandauerndem Druck seitens BW hat sich der damalige Bundesverkehrsminister Tiefensee dazu bereiterklärt, wenigstens so viel an Stuttgart 21 zu finanzieren, wie für die Anbindung der NBS Wendlingen - Ulm an den Stuttgarter Hauptbahnhof sowieso angefallen wäre.
 
Die Kapazität des Frankfurter Hauptbahnhofs wird signifikant gesteigert
Der Frankfurter Fernbahntunnel soll die Kapazität des Frankfurter Hauptbahnhofs steigern, weil zu den oberirdischen 24 Gleisen weitere 4 Gleise in Tieflage dazukommen. Das betont vor allem die Bahn, weil der Frankfurter Hauptbahnhof einerseits bereits heute überlastet sei und andererseits in der Zukunft weitere Züge hinzukommen. Auch das ist in Bezug auf Stuttgart 21 interessant. Der Frankfurter Fernbahntunnel kommt also zusätzlich zu den 24 bestehenden Gleisen des Hauptbahnhofs hinzu. Bei Stuttgart 21 sollen die acht Gleise des Tiefbahnhofs die 16 Gleise des heutigen Kopfbahnhofs ersetzen. Ob das gelingt ist fraglich. Einerseits geht es also in Stuttgart darum, die 16 Gleise des Kopfbahnhofs vollwertig durch acht Tiefbahnhofgleise zu ersetzen. Andererseits soll es aber auch zusätzliche Kapazitäten geben. Das wird mit großer Wahrscheinlichkeit in Stuttgart scheitern. Denn von den zusätzlichen Verkehren, die heute bereits auftreten bzw. zukünftig erwartet werden, wusste man zur Geburtsstunde von Stuttgart 21 noch nichts.
 
In Frankfurt entstehen optimale Bedingungen für den Deutschlandtakt
Bundesverkehrsminister Wissing betont, dass der Fernbahntunnel in Frankfurt zusammen mit dem bestehenden 24gleisigen Kopfbahnhof das Herzstück des Deutschlandtakts sei. Das ist absolut einleuchtend, denn die später 28 Gleise des Frankfurter Hauptbahnhofs können viele Züge gleichzeitig aufnehmen, so dass ein Knotenpunkt im Rahmen des Deutschlandtakts möglich ist. Bei Stuttgart 21 ist genau das Gegenteil der Fall. Die nur acht Gleie des Tiefbahnhofs können nicht genügend Züge gleichzeitig aufnehmen, damit ein vernünftiger Deutschlandtakt entstehen kann. Hier bleibt die Frage offen, warum der Bund Stuttgart 21 nicht umgehend stoppt bzw wenigstens auf den Bau eines Ergänzungsbahnhofs besteht.
 
Frankfurt bekommt einen Attraktivitätsschub - ohne einen Cent zu bezahlen
Gemäß dem Zeitungsartikel hob der Frankfurter Oberbürgermeister hervor, dass die Neubaustrecken der Eisenbahn sowie die Modernisierung des Frankfurter Hauptbahnhofs vom Bund finanziert werden. Dieser große Schub nach vorne kostet die Stadt Frankfurt also überhaupt nichts. Wie anders verhält es sich in Stuttgart! Die Landeshauptstadt Stuttgart muss eine riesige Summe zu Stuttgart 21 dazuschießen, ohne dass heute schon richtig klar ist, was denn der Nutzen für die Stadt sein wird. Je nach Ausgang des laufenden Gerichtsverfahrens kann für die Stadt Stuttgart in finanzieller Hinsicht noch das böse Erwachen kommen.  

   

 

Samstag, 15. Juli 2023

Grüne-Regionalfraktion in Stuttgart verstolpert sich bei zukünftiger S-Bahn-Gestaltung und Stuttgart 21-Reparatur

In einer Pressemitteilung vom 05.07.2023 hat die Grünen-Regionalfraktion im Verband Region Stuttgart eine Studie zur Zukunft der S-Bahn Stuttgart vorgestellt.

Leider bringt die Studie nicht viel Neues. Stuttgart 21 wird zumindest in der Pressemitteilung nicht erwähnt. Der Metropolexpress des Landes BW wird dort auch nicht erwähnt. Die Außenseiterplanung von tangentialen S-Bahnlinien wird fortgesetzt.

Stuttgart 21
Es wäre wirklich schön gewesen, wenn zu Anfang der Pressemitteilung eine Verbindung zu Stuttgart 21 hergestellt worden wäre. Aber dieses Reizwort ist wohl auch bei den Grünen tabu. 
 
Stuttgart 21 hat die Entwicklung der Stuttgarter S-Bahn um 20 bis 30 Jahre zurückgeworfen. Das sollten gerade die Grünen doch sagen können. Die jetzt geplante Weiterentwicklung der Stuttgarter S-Bahn auf der Basis von Stuttgart 21 führt weiter in die Sackgasse.
 
Die Stuttgart 21-Karriere der Grünen
Zunächst waren die Grünen Kritiker von Stuttgart 21. Sie riefen allen Wählern zu, dass nur, wer die Grünen wähle, Stuttgart 21 verhindern könne. Dann kam die Epoche der kritischen Begleitung von Stuttgart 21. Das war allerdings nicht sonderlich berühmt. Das Land finanzierte den Regionalbahnhof Vaihingen und die Große Wendlinger Kurve, Dinge, die die Bahn hätte finanzieren müssen. Dann kamen die Reparaturversuche zu Stuttgart 21. Diesbezüglich nun haben die Grünen klar versagt, denn der richtige Reparaturversuch in Form eines Ergänzungsbahnhofs zum Stuttgart 21-Hauptbahnhof wurde wieder zurückgezogen.
 
Die Zugfolgezeit im Verlauf der S-Bahn-Stammstrecke
Man glaubt es kaum, aber wenigstens in diesem Punkt geht es anscheinend in die richtige Richtung. Der heutige Durchsatz durch die Stammstrecke mit 24 Zügen pro Stunde und Richtung (6 Linien mit jeweils 15 Min-Takt) kann nicht weiter gesteigert werden. Das würde nur zu noch größerer Unpünktlichkeit führen. 
 
München weiß das schon lang. Warum sonst baut München mit Milliardenaufwand eines zweite Stammstrecke?. Doch unter anderem auch deshalb, weil die erste Stammstrecke überlastet ist und zukünftig auf 20 Züge pro Stunde und Richtung verkleinert werden soll.
 
Schön, dass man das jetzt auch in Stuttgart zur Kenntnis nimmt. Hier in diesem Blog haben wir schon seit Jahren diesbezüglich argumentiert.
 
Metropolexpress versus S-Bahn?
Der Metropolexpress des Landes BW wird in der Pressemitteilung der Grünen nicht erwähnt. Ist man bei der Region Stuttgart etwa eifersüchtig auf den Metropolexpress und will ihn kleinhalten? Das geht aber gar nicht!
 
Der Metropolexpress soll und muss die zukünftig zu erwartenden Steigerungen bei den Fahrgastzahlen in der Region Stuttgart in allererster Linie übernehmen. Und hierfür braucht  es einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof.
 
Die Express-S-Bahn
Es fällt jedoch auch etwas für die S-Bahn ab. Es können zusätzliche Express-S-Bahnlinien dort verkehren, wo kein Metropolexpress fährt. Das sind z.B. die Strecken Stuttgart - Marbach und Stuttgart - Kirchheim unter Teck. Die Strecke Calw - Hauptbahnhof wird wohl zukünftig vom Metropolexpress bedient. Auch die Express-S-Bahn braucht den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof.
 
Die Bürgerinnen und Bürger von Kirchheim unter Teck haben genauso ein Recht auf eine schnelle Verbindung zum Hauptbahnhof wie die Bürgerinnen und Bürger von Nürtingen, Backnang usw. Diese schnelle Verbindung kann eine Express-S-Bahn zum Hauptbahnhof darstellen.
 
Die tangentialen Linien
Tangentiale Linien - das sind Linien, die weder den Hauptbahnhof noch die Innenstadt anbinden - gibt es in Deutschland so gut wie nicht, aus gutem Grund. Nur radiale Linien haben genügend Fahrgäste, um in einem attraktiven Takt betrieben werden zu können. Die Minderheit der Fahrgäste, die tangentiale Verbindungen nachfragt, sollte man mit den radialen Linien so gut wie möglich bedienen.
 
Der European Green Deal
Viele Bahngesellschaften in Europa haben sich zusammengetan, um im Rahmen des European Green Deal ein Hochgeschwindigkeitsnetz durch ganz Europa vorzuschlagen, das Flüge weitgehend überflüssig machen soll. Dieses Netz soll ab den 30erJahren in Bau gehen.
 
Für Stuttgart wichtig ist die neue ICE-Magistrale Erfurt - Würzburg - Stuttgart - Zürich. Stuttgart erhält damit eine zweite ICE-Magistrale und wird zum ICE-Knoten. Das aber hat gravierende Auswirkungen auf die Stuttgart 21-Konfiguration. Der achtgleisige Stuttgart 21-Hauptbahnhof ist dann mit den vielen ICE und einigen ausgewählten IRE-Linien bereits ausgelastet. Es braucht dringend einen Ergänzungsbahnhof, wobei dieser Bahnhof mindestens 10 Gleise haben muss. 
 
Alle Planungen, alle Pressemitteilungen müssen sich mit diesen Dingen ab sofort beschäftigen.
 
Was sollten die Regionsgrünen jetzt machen?
Die Regionsgrünen sollten noch einmal in sich gehen und früher oder später eine weitere Pressemitteilung veröffentlichen. In dieser Pressemitteilung sollten die folgenden Dinge einen Platz bekommen:
1. Stuttgart 21
2. Metropolexpress des Landes
3. Neue ICE-Magistrale im Rahmen des European Green Deal.
4. Der Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof als Dreh- und Angelpunkt der Stuttgart 21-Reparatur.          

Mittwoch, 12. Juli 2023

"European Green Deal" erfordert sofortigen Planungsstopp für den Gäubahn-Pfaffensteigtunnel

Im Rahmen des "European Green Deal" haben verschiedene Bahnunternehmen in Europa jetzt einen Entwurf für ein europäisches Hochgeschwindigkeitsnetz vorgelegt, das Flüge innerhalb Europas weitgehend überflüssig machen soll. Das Konzept soll in Kürze mit der EU abgestimmt werden

Bestandteil des Vorschlags ist auch eine 300 km/h schnelle Hochgeschwindigkeitsverbindung:
Hamburg-Hannover-Göttingen-Kassel-Fulda-Würzburg-/ 
Bremen-Hannover-Göttingen-Kassel-Fulda-Würzburg-/ 
Berlin-Halle an der Saale-Erfurt-Würzburg-/
Leipzig-Erfurt-Würzburg-)
- Würzburg - Stuttgart - Zürich - 
(-Mailand).
 
Stuttgart erhält damit eine zweite ICE-Magistrale und wird zum ICE-Knoten.

Die neuen Entwicklungen im Rahmen des European Green Deal erfordern den sofortigen Stopp der Planungen zum Gäubahn-Pfaffensteigtunnel. Dieser Tunnel ist mit den Planungen zum European Green Deal nicht mehr kompatibel. 

Warum ist der Pfaffensteigtunnel jetzt eine Planung von Gestern?

Der 300 km/h-ICE hält nur einmal
Ein 300 km/h-ICE hält in jeder Stadt bzw. Region nur einmal. Wenn an den Endpunkten des ICE-Netzes (München, Hamburg, Berlin) zweimal gehalten wird, steht dies nicht im Widerspruch dazu. Eine Geschwindigkeit von 300 km/h und zweimaliges Halten in einer Stadt sind nicht kompatibel.
 
Beim Gäubahn-Pfaffensteigtunnel würde der 300 km/h-ICE in Stuttgart zweimal halten. Das geht nicht.
 
Der 300 km/h-ICE wird direkt trassiert
Eine Geschwindigkeit von 300 km/h erfordert eine direkte Trassierung und nicht eine umwegige Trassierung. Beim Pfaffensteigtunnel läge jedoch eine umwegige Trassierung vor. Das wird noch verschärft dadurch, dass der Pfaffensteigtunnel am östlichen Ende eine 180 Grad-Kurve mit einer Geschwindigkeit von gerade mal 70 km/h beinhaltet. Das geht nicht. Ohne den zukünftigen Planungen vorgreifen zu wollen wird man sagen können, dass der 300 km/h-ICE wohl ungefähr entlang der A 81 trassiert wird. An Stelle des Pfaffensteigtunnels gibt es dann einen direkten Tunnel vom Hauptbahnhof bis Sindelfingen-Ost.
 
Die Deutschlandtakt-Überlegungen passen nicht mehr zum Pfaffensteigtunnel
Der neue 300 km/h-ICE von Stuttgart nach Zürich wird eine Kantenzeit zwischen Stuttgart und Zürich von einer Stunde aufweisen. Daraus ergibt sich eine Fahrzeit von etwas weniger als einer Stunde. Der Pfaffensteigtunnel passt dazu nicht mehr.
 
Die zukünftige Zeit-Bau-Schiene
Realistischerweise würde ein Pfaffensteigtunnel wohl in den Dreißiger Jahren in Bau gehen. Die 300km/h-ICE-Trasse Erfurt-Würzburg-Stuttgart-Zürich soll aber ebenfalls ab den 30er Jahren in Bau gehen. Damit ist der Pfaffensteigtunnel überflüssig und alle Planungskapazitäten müssen sich sofort auf die neue 300 km/h-Trasse stürzen.     
 
Die zukünftige IRE-Top-Achse Gäubahn
Im Verlauf der heutigen Strecke der Gäubahn werden dann keine Fernzüge mehr verkehren. Das ist jedoch nur auf den ersten Blick eine Verschlechterung. Jetzt muss das Land BW auf die Bühne treten und aus der bisherigen Gäubahn eine IRE-Top-Achse machen. Im Endzustand bedeutet dies einen halbstündlich fahrenden IRE Konstanz-Radolfzell-Singen-Tuttlingen-Rottweil-Horb-Böblingen-Stuttgart Hauptbahnhof. Diese Züge werden über S-Vaihingen in einen Ergänzungsbahnhof fahren.   

Sonntag, 9. Juli 2023

Stuttgart wird ICE-Knoten - Ergänzungsbahnhof zum Stuttgart 21-Hauptbahnhof dringender denn je

Wie bereits seit langem die Bahnknoten Mannheim und Würzburg soll auch der Bahnknoten Stuttgart ab den 2030er Jahren ein ICE-Knoten werden.

Das geht aus einer Studie der DB zum Ausbau des Hochgeschwindigkeitsnetzes in Europa hervor.

Zusätzlich zur bestehenden ICE-Magistrale Mannheim - Stuttgart - Ulm - Augsburg - München soll es eine neue ICE-Magistrale Erfurt - Würzburg - Stuttgart - Zürich geben. Diese neue ICE-Magistrale soll ab den 2030er Jahren im Bau sein und für eine Entwurfsgeschwindigkeit von 300 km/h trassiert werden.

Damit wird der Stuttgarter Hauptbahnhof zu einem bedeutenden ICE-Knoten. Wir haben an anderer Stelle bereits gesehen, dass der Stuttgarter Hauptbahnhof auch das Potenzial hat, zum bedeutendsten Regionalverkehrsknoten Deutschlands zu werden.

Damit aber müsste so langsam jedermann und jederfrau klar sein, dass der achtgleisige Stuttgart 21-Tiefbahnhof hinten und vorne nicht ausreicht. Man kann froh sein, wenn der Stuttgart 21-Tiefbahnhof die großen ICE-Verkehre und einige wenige ausgesuchte IRE-Linien bewältigen kann.

Es ist dringend ein Ergänzungsbahnhof erforderlich und auch hier gilt es, nicht zu knapp zu dimensionieren. Zehn Gleise sollte ein solcher Ergänzungsbahnhof mindestens aufweisen.       

Samstag, 8. Juli 2023

Nach Stuttgart 21-Ergänzungsbahnhof-Affront: Landesverkehrsminister Hermann sollte zurücktreten

Landesverkehrsminister Hermann (Grüne) hat einen Ergänzungsbahnhof zum Stuttgart 21-Tiefbahnhof im Koalitionsvertrag der laufenden Legislatur in Baden-Württemberg festgezurrt und die Zustimmung der mitregierenden CDU erreicht.

Nach nicht einmal der Hälfte der Legislaturperiode hat Hermann den Ergänzungsbahnhof wieder abgesagt und statt dessen das genaue Gegenteil, nämlich tangentiale Bahnlinien beim Bahnknoten Stuttgart, angekündigt.

Dieser Vorgang wird wohl als größter Affront der laufenden Legislatur in die Geschichte eingehen. Und dieser Vorgang erfordert es zudem, dass Landesverkehrsminister Hermann jetzt seinen Rücktritt erklärt.

Warum braucht es beim Bahnknoten Stuttgart einen Ergänzungsbahnhof?

Der Deutschlandtakt
Der Deutschlandtakt erfordert beim Bahnknoten Stuttgart wesentlich mehr Gleise als der Stuttgart 21-Tiefbahnhof mit seinen acht Gleisen bieten kann. Nun könnte man erwidern, dass der Bahnknoten Stuttgart dann eben kein Vollknoten im Rahmen des Deutschlandtakts werden kann. Dem muss man aber erwidern, dass als Folge des Baus des Nordzulauftunnels die Kantenzeit für ICE zwischen Mannheim und Stuttgart bei 30 Minuten liegen wird und sich die ICE aus Richtung und Gegenrichtung dann sehr wohl im Stuttgarter Hauptbahnhof begegnen werden. Daraus folgt aber, dass der Stuttgarter Hauptbahnhof zwangsläufig zum Vollknoten werden muss.
 
Die 20 Jahre andauernden Nach-Stuttgart 21-Arbeiten
Nach einer Teileröffnung von Stuttgart 21 wird es weitere ca. 20 Jahre Bauarbeiten geben. Dazu gehört der Bau der P-Option und der Bau des Nordzulauftunnels. Diese Maßnahmen werden die Kapazität auf den Zulaufstrecken von Stuttgart 21 weiter einschränken. Deshalb ist wegen dieser Baumaßnahmen für mindestens 20 Jahre ein ergänzender Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof erforderlich.
 
Die S-Bahn
Die Stuttgarter S-Bahn braucht einen ergänzenden Kopfbahnhof, damit bei Störungen im Verlauf der Stammstrecke die Fahrgäste trotzdem zum Hauptbahnhof kommen. Darüber hinaus erfordern zusätzliche S-Bahn-Angebote, wie z.B. Express-S-Bahnen von/nach Kirchheim/Teck oder Marbach einen ergänzenden Kopfbahnhof.
 
Der Metropolexpress von und nach Calw
Dieser Metropolexpress sollte nicht im Stuttgarter Hauptbahnhof durchgebunden werden, sondern in einem ergänzenden Kopfbahnhof enden. Die Durchbindung von Zügen im Stuttgarter Hauptbahnhof nützt maximal 10 Prozent der Fahrgäste etwas. 90 Prozent der Fahrgäste steigen im Stuttgarter Hauptbahnhof aus, ein oder um. Zudem hat jeder Streckenast des Metropolexpress seine eigenen Anforderungen (z.B. Zuglänge, Taktung). Von daher ist eine Durchbindung kontraproduktiv.
 
Die Gäubahn
Gemäß der aktuellen Planung soll die Gäubahn ab 2025 für viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte den Stuttgarter Hauptbahnhof nicht mehr anfahren. Das ist europaweit einmalig. Der Ruf Stuttgarts als europäischer Außenseiter wäre damit weiter gefestigt.
 
Die Gäubahn braucht ebenfalls den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof.
 
Der Pfaffensteigtunnel wird wohl kaum gebaut werden. Das liegt an den fehlenden Mitteln sowie an den Engpässen beim Personal sowie an der Unwichtigkeit im deutschlandweiten Vergleich. Zudem braucht die Gäubahn einen eigenen Zulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof, den sie sich nicht mit den anderen Zügen im Fildertunnel teilen muss.
 
Es gibt hier auch einen massiven Widerspruch. Einerseits erachtet man die Gäubahn als so unwichtig, dass sie jahrzehntelang den Stuttgarter Hauptbahnhof nicht mehr anfahren soll. Andererseits erachtet man die Gäubahn als so wichtig, dass man ihr den längsten Bahntunnel Deutschlands spendieren will. 
 
Die Tangentiallinien
In Deutschland und in Europa findet man keinen Bahnknoten, bei dem wie jetzt für Stuttgart angedacht, nennenswert Tangentiallinien verkehren. Tangentiallinien sind Linien, die weder die Innenstadt, noch den Hauptbahnhof anfahren. Stuttgart würde als einmal mehr zum Außenseiter.
 
Tangentiallinien haben nur einen Bruchtal der Fahrgäste im Vergleich zu den Radiallinien. Deshalb können Tangentiallinien nur in einem größeren Takt als Radiallinien verkehren. Damit aber werden Tangentiallinien unattraktiv. Die Kunst der Bahnverkehrsplanung besteht darin, dass Fahrgäste, die tangentiale Fahrten nachfragen, mit den Radiallinien genauso gut bedient werden.
 
Wie geht es weiter?
Landesverkehrsminister Hermann sollte, um weiteren Schaden abzuwenden, zurücktreten. Wie aber geht es dann weiter? Mir fällt gerade unter den Landes-Grünen niemand ein, der das Potenzial zu einem guten Landesverkehrsminister hätte. Vielleicht sollte man in anderen Bundesländern suchen oder einen parteilosen Fachmann anfragen.             

Montag, 3. Juli 2023

Stuttgart 21 und Stuttgarts Hässlichkeit: Beides hängt irgendwie zusammen

Die überregionale Tageszeitung Die Welt bringt in ihrer Internetausgabe vom 03. Juli 2023 hinter der Bezahlschranke einen Artikel zu Stuttgarts Hässlichkeit.

Bereits die ersten, für jedermann sichtbaren Sätze haben es in sich. Demnach gibt es in Stuttgart ein Städtebau-Desaster. Schon das Umsteigen sei hier schlimm. Noch schlimmer sei es aber, wenn man hier aussteigt. Und im letzten sichtbaren Satz heißt es: "Stuttgart, so der Eindruck, hat sich aufgegeben".

Als geborener Stuttgarter und als Stuttgarter, der den größeren Teil seiner bisherigen Lebenszeit in Stuttgart verbracht hat, kann ich dem Artikel im Großen und Ganzen zustimmen. Auch hier in diesem Blog habe ich das Thema schön des Öfteren gestreift. So habe ich den aus Richtung Hauptbahnhof gesehen linken Teil der Königstraße als die hässlichsten 250 Straßenmeter entlang einer Fußgängerzone in Deutschlands bezeichnet.

Gerade in diesem Monaten ließt man in immer mehr Foren und Rankings, dass Stuttgart anscheinend zu den hässlichsten Städten Deutschlands gehört.

Schlüsseln wir das mal auf:
Städtebaulich ansprechbar in Stuttgart sind der Schlossplatz, der Schillerplatz und die wenigen angrenzenden historischen Ecken sowie die Gründerzeitviertel, die noch erhalten sind. Alles andere ist dazu geeignet, sich auf den Bauch zu legen und mit den Fäusten auf den Boden zu trommeln.
 
Welchen Zusammenhang gibt es zu Stuttgart 21?
Ich vertrete die folgende These: Eine Stadt, die städtebaulich etwas hergibt, hätte niemals zugelassen, dass Stuttgart 21 gebaut wird. Umgekehrt konnte Stuttgart 21 nur in einer Stadt entstehen, die sich städtebaulich bereits aufgegeben hat.
 
Gibt es noch einen Ausweg?
Stuttgart braucht herausragende Fachleute als Baubürgermeister und Baubeamte. Zudem sollten diese Fachleute den Stuttgarter Gemeinderat überzeugen können.

Der bisher berühmteste Baumeister Württembergs war und ist Heinrich Schickardt (Renaissance). Das badische Pendent ist Johann Jakob Friedrich Weinbrenner (Klassizismus). Stuttgart müsste in ganz Europa suchen, ob es solche herausragenden Fachleute heute noch gibt und ob sie bereit wären, in das hässliche Stuttgart zu ziehen.