Am Freitag, den 12. November 2010 fand unter der Leitung des Schlichters Heiner Geißler die vierte Sach- und Faktenschlichtung zum Projekt Stuttgart 21 statt. Diesmal war das Konzept K 21 das Thema, also das Alternativkonzept zu Stuttgart 21, das einen etappierbaren Ausbau des Bahnknotens Stuttgart auf der Basis des bestehenden Kopfbahnhofs vorsieht.
Es war geradezu verblüffend, wie überzeugend die Befürworter des Konzepts K 21 dieses vorstellten, allen voran Peter Conradi (ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter und ehemaliger Vorsitzender der Bundesarchitektenkammer), Egon Hopfensitz (ehemaliger Bahnhofsvorsteher in Stuttgart), Klaus Arnoldi (VCD), und Boris Palmer (Bündnis 90 / Die Grünen und Oberbürgermeister von Tübingen).
Egon Hopfensitz lieferte interessante Zahlen zur Kapazität des Tiefbahnhofs bei Stuttgart 21 sowie des bestehenden und des modernisierten Kopfbahnhofs. Die Befürworter von Stuttgart 21 prognostizieren für den Tiefbahnhof Zugzahlen von 41 - 51 pro Stunde. Heute wickelt der Kopfbahnhof 38 Züge / Stunde von 7 bis 8 Uhr und 37 Züge / Stunde von 16 bis 17 Uhr ab. Derzeit sind jedoch im Stuttgarter Kopfbahnhof große Gleiskapazitäten frei. Zudem stehen die vom Abstellbahnhof aus bereitgestellten Züge bzw. die zum Abstellbahnhof fahrenden Züge heute 15 Minuten im Kopfbahnhof. Bei einer Reduzierung dieser Standzeiten auf max. 10 Minuten hätte der Kopfbahnhof eine Kapazität von 56 Zügen pro Stunde. Bei einer weiteren Reduzierung der Standzeiten auf 6 Minuten ergäbe sich eine Kapazität von 74 Zügen pro Stunde. Und diese Zahlen wären noch ohne Ausbau der Zulaufstrecken erreichbar. Eine weitere Zahl ist interessant: vor der Inbetriebnahme der S-Bahn im Jahr 1978 wurden im Kopfbahnhof 796 Züge / Tag abgewickelt, heute sind es 650 Züge / Tag.
Klaus Arnoldi hob auf das modulare Konzept von K 21 ab. Stuttgart 21 bezeichnete er als die Lösung eines Problems, das gar nicht existiert. (Persönliche Ergänzung: Stuttgart 21 löst die Probleme nicht, die tatsächlich existieren). Die ersten drei Stufen eines etappierbaren Ausbaus des Bahnknotens Stuttgart sind die Modernisierung des Bahnhofs selbst einschließlich neuer Bahnsteige und eines neuen Dachs, die Modernisierung des Gleisvorfelds sowie der Bau des 5. und 6. Gleises in der Zufahrt von Bad Cannstatt.
Nur wenn die Neubaustrecke Wendlingen - Ulm tatsächlich kommt, ist zwischen Bad Cannstatt und Obertürkheim auch das 5. und 6. Gleis erforderlich mit anschließender unterirdischer Querung des Neckars. Das Konzept K 21 sieht auch eine bessere Anbindung des Flughafens an das Regionalzugnetz vor. Ein unschätzbarer Vorteil dieses Konzepts ist es, dass es am Flughafen nur einen Bahnhof geben wird, von dem alle Züge abfahren und nicht wie bei Stuttgart 21 zwei weit auseinanderliegende Bahnhöfe, zwischen denen ein Fußweg von mindestens 10 Minuten zurückzulegen ist. Ein weiteres Modul ist das 5. und 6. Gleis in der Zufahrt Zuffenhausen.
Bei K 21 würden 75 Hektar ehemaliger Bahnfläche für andere Nutzungen frei gegenüber 100 Hektar bei Stuttgart 21. Jedoch wäre die Flächenverfügbarkeit bei K 21 teilweise wesentlich früher gegeben als bei Stuttgart 21. Allerdings ist die Verfügbarkeit zusätzlicher Fläche in keinster Weise an vorderster Stelle der Agenda bei einem Ausbau des Bahnknotens Stuttgart. Und auch in diesem Blog wurde ja bereits mehrfach dargestellt, dass die Verfügbarkeit zusätzlicher Fläche in keiner Weise automatisch ein Segen für die Stadt darstellt.
Boris Palmer stellte das zukünftige Betriebskonzept für K 21 vor. Wichtigstes Element ist der integrale Taktfahrplan, bei dem sich alle Züge jeweils zur Viertelstunde und zur Dreiviertelstunde im Kopfbahnhof treffen. Dies erlaubt es den Fahrgästen, zwischen allen Zügen umzusteigen. Insgesamt 7 Regionalzuglinien sollen durchgebunden werden. Beim Konzept K 21 sind 58 Städteverbindungen schneller als beim Konzept Stuttgart 21. Beim Konzept Stuttgart 21 sind 30 Städteverbindungen schneller als beim Konzept K 21. Auch die mittleren Umsteigezeiten sind bei K 21 kürzer als bei Stuttgart 21.
Heiner Geißler outete sich als Fan der Gäubahn. Es könne sich nicht vorstellen, dass die Gäubahn, eine der schönsten Strecken der Welt, verschwindet (Anmerkung: das wäre bei Stuttgart 21 vorgesehen).
Die Bahn konnte keine substanziellen Einwände gegen K 21 vorbringen. Der Haupteinwand war, dass K 21 planerisch noch nicht so weit ist wie Stuttgart 21. Aber das ist ja nicht verwunderlich.
Meinungsverschiedenheiten gab es dahingehend, wie schnell K 21 verwirklicht werden könne. Die Befürworter von K 21 wiesen noch einmal auf den modularen Aufbau des Projekts hin und betonten, dass die ersten Stufen noch vor der geplanten Fertigstellung von Stuttgart 21 in Betrieb gehen könnten.
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