Sonntag, 28. November 2010
Kein Bahnhof quer zum Talkessel
Der Stuttgarter Talkessel ist nur auf der Nordostseite in Richtung Neckartal geöffnet. Im Verlauf der Achse Kriegsberg - Arnulf-Klett-Platz - Schillerstraße - Wagenburgstraße befindet sich die engste Stelle des Talkessels. Wollte man im Stuttgarter Talkessel einen Stausee anlegen, müsste man die Staumauer oder den Staudamm entlang dieser Achse bauen.
Ausgerechnet im Verlauf der engsten Stelle des Stuttgarter Talkessels soll beim Projekt Stuttgart 21 der neue Durchgangsbahnhof angelegt werden. Dieser neue Durchgangsbahnhof befindet sich teilweise unterirdisch, so dass er die Grundwasserströme, die aus dem Talkessel in Richtung Neckartal abfließen, behindert. Teilweise ragt der Durchgangsbahnhof jedoch auch über die Geländeoberfläche hinaus, so dass er den Stuttgarter Talkessel wie eine Ministaumauer abriegelt.
Beide Eigenschaften - der Staueffekt für das Grundwasser und die Dammwirkung quer zum Stuttgarter Talkessel - sind verheerend. Der geplante Stuttgart 21 - Durchgangs und Halbtiefbahnhof nimmt in keiner Weise auf die besondere topographische und städtebauliche Situation Stuttgarts Rücksicht. Man spricht in diesem Zusammenhang bereits von einer vierten Stadtzerstörung. (Die erste Stadtzerstörung war der Zweite Weltkrieg, die zweite Stadtzerstörung war der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, die dritte Stadtzerstörung waren die Bauten und Verkehrsbauwerke der Siebziger und Achziger Jahre des letzten Jahrhunderts).
Es sollte irgendwann einmal Konsens in der Stadt werden, dass es ein Verkehrsbauwerk in der Dimension von Stuttgart 21 quer zum Stuttgarter Talkessel nicht geben darf, nicht als Brücke (auch das war schon einmal geplant), nicht als ebenerdige Führung, nicht in Halbtieflage und nicht in Tieflage.
Die unterirdische Führung der S-Bahn durch die Innenstadt, die im Jahr 1978 in Betrieb genommen worden ist, verläuft dagegen in Längsrichtung zum Stuttgarter Talkessel. Diese Führung in Längsrichtung hat keinerlei Beeinträchtigungen nach sich gezogen. Die S-Bahn wirkt sich nicht auf die Grundwasserströme aus, es gibt an der Oberfläche keinerlei Beeinträchtigungen (mal abgesehen von den teilweise etwas unsensibel angelegten Abgängen zu den S-Bahnhaltestellen), der Hauptbahnhof wurde für die S-Bahn nicht abgerissen und es wurde kein Quadratmeter Parkfläche zerstört. Folglicherweise gab es auch keine Widerstände in der Bevölkerung gegen die S-Bahntunnel in der Stuttgarter Innenstadt.
Eine eventulle Führung des Bahnfernverkehrs unterirdisch durch die Stuttgarter Innenstadt kann folglich nur längs des Stuttgarter Talkessels erfolgen. Wie eine solche spätere Option im Rahmen eines etappierbaren Ausbaus des Bahnknotens Stuttgart auf der Basis der Beibehaltung des Kopfbahnhofs aussehen könnte, ist Thema des nächsten Posts.
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