Neben der Ökologie war auch der Städtebau ein Thema der fünften Schlichtungsrunde zu Stuttgart 21 unter Leitung von Heiner Geißler.
Der Architekt Peter Conradi betonte, dass Stuttgart 21 von Anfang an ein Immobilienprojekt war. Ein Drittel der im Zusammenhang mit Stuttgart 21 genannten Flächen ist bereits jetzt zur Bebauung frei, unabhängig von Stuttgart 21 oder K 21. Ein weiteres Drittel der Flächen wird frei, wenn der Abstellbahnhof vom Rosenstein nach Untertürkheim verlegt wird, eine Maßnahme, die ja optional im Projekt K21 enthalten ist. Somit ist bei Stuttgart 21 nur ein Drittel der 100 Hektar Fläche exklusiv frei.
Ein wichtiger Vorteil von K 21 ist, dass die bei diesem Projekt für eine Bebauung freiwerdenden Flächen sofort freiwerden, weil sie nicht als Baulogistikfläche benötigt werden. Beim Projekt Stuttgart 21 wären diese Flächen erst in ca. 15 Jahren verfügbar.
Durch den Tiefbahnhof bei Stuttgart 21 würde der Stuttgarter Talkessel quer abgeriegelt. Der Mittlere Schlossgarten würde durch einen Wall zerschnitten, weil der geplante Tiefbahnhof bis zu acht Meter über die Oberfläche des Schlossgartens hinausragt.
Bei der Bebauung der im Rahmen von Stuttgart 21 freiwerdenden Flächen darf das Beispiel der A1-Fläche nicht vergessen werden. Dort gibt es ja bereits erste Teile einer Bebauung. Das A1 - Gebiet ist ein abschreckendes Musterbeispiel, was auf den durch Stuttgart 21 frei werdenden Flächen später einmal zu erwarten sein wird. Mit Bürgerbeteiligungen hat die Stuttgarter Bürgerschaft keine guten Erfahrungen gemacht. Alle vor Jahren zum Gebiet A 1 gemachten Anregungen wurden nicht berücksichtigt.
Soweit die hochinteressanten Ausführungen von Peter Conradi.
Auch der Architekt des geplanten Stuttgart 21 - Tiefbahnhofs Christoph Ingenhoven hatte seinen Auftritt. Er legte noch einmal dar, dass die Seitenflügel des bestehenden Kopfbahnhofs nicht erhalten werden können. Dies ist bei dem bereits von Peter Conradi angesprochenen Wall von bis zu 8 Metern auch kein Wunder. Denn der Deckel des geplanten Tiefbahnhofs würde sich von unten, vom Straßenniveau aus, bis zu acht Meter nach oben in den Südflügel einbohren. (Einer der vielen Gründe, weshalb Stuttgart 21 nicht gebaut werden darf).
Auffallend war, dass Herr Ingenhoven nicht auf den Wall im Schlossgarten einging und in diesem Zusammenhang sogar Sätze ohne Zusammenhang abbrach.
Der Architekt Peter Pätzold gab interessante Erkenntnisse zur sogenannten Stadtplanung bei Stuttgart 21 zum Besten. Die Quintessenz von Stuttgart 21 sind gerade einmal 29 Hektar Fläche, die zusätzlich bebaut werden könnten - in 15 bis 20 Jahren. Dem steht gegenüber, dass bei einer Erhebung aus dem Jahr 2008 allein 200 Hektar Fläche in Stuttgart identifiziert wurden, die sofort für die Innenentwicklung zur Bebauung verfügbar sind. Beim Projekt K 21 könnte man 3.200 Wohneinheiten sofort bebauen gegenüber 1.700 bei Stuttgart 21.
Das Beispiel des ehemaligen Güterbahnhofs in Bad Cannstatt zeigt, dass alle städtebaulichen Versprechungen Makulatur werden, wenn die Stadt auf die Kostenbremse tritt. Dies ist ein schlechtes Omen für die Flächen bei Stuttgart 21.
Auch Peter Pätzold ging auf den bis zu acht Meter hohen Wall ein, der sich beim Projekt Stuttgart 21 durch den Schlossgarten quer zum Talkessel ziehen würde.
Das eigentlich Trennende in Stuttgart sind nicht die Bahnanlagen, sondern die Hauptverkehrsstraßen. Zunächst sollte man somit dafür sorgen, dass die Bürger die Parks überhaupt erreichen können (Cannstatter Straße, Heilbronner Straße, Pragstraße). Auch beim Lärm ist die Straße das Hauptproblem und nicht die Bahn. Das Wohnen entlang von Bahnstrecken ist keineswegs so schlecht wie immer wieder dargestellt wird. Im Jahr 1993 hat die Stadt im Zusammenhang mit der Internationalen Gartenbauausstellung IGA ein Wohngebiet für experimentelles Wohnen direkt neben der S-Bahnstation Nordbahnhof an der Bahnlinie nach Zuffenhausen gebaut. Dieses Wohngebiet wurde damals allseits gelobt und ist als Wohnort beliebt. Es ist nicht vorstellbar, dass so ein Wohngebiet z.B. neben der Cannstatter Straße gebaut werden könnte.
Als Fazit hält Peter Pätzold fest, dass K 21 eine städtebauliche Chance ist, nicht jedoch Stuttgart 21.
Der Architekt und Autor Professor Roland Ostertag ging in seinem Vortrag auf die Stadt als begehbares Gedächtnis ein. Die Bürger fühlen sich nur dann in einer Stadt wohl, wenn sie Zeugnisse der Vergangenheit aufweist und eine vertraute Orientierung im Raum möglich ist. Stuttgart 21 stelle dagegen eine weitere Phase der Stadtzerstörung dar.
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