Freitag, 20. Oktober 2023

Zeigt die Landeshauptstadt Stuttgart nach der Gäubahn auch noch der Hermann-Hesse-Bahn die Rote Karte?

Geht es nach der Landeshauptstadt Stuttgart, darf die Gäubahn - eine wichtige internationale und nationale Bahnverbindung von Zürich, Konstanz und vielen weiteren Orten nach Stuttgart - mit einer ersten Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 über viele Jahre oder gar Jahrzehnte nicht mehr zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren. Ein in Europa einmaliger Vorgang.

Damit aber noch nicht genug: Jetzt deutet sich an, dass wegen der Sturheit der Landeshauptstadt Stuttgart auch die zukünftige Hermann-Hesse-Bahn - eine Verbindung von/nach Calw im Nordschwarzwald - nicht zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren kann bzw. darf.

Sortieren wir das mal im heutigen Post in diesem Blog ein wenig und fangen wir nochmal mit der Gäubahn an.

Die Gäubahn wird gekappt
Die Gäubahn gehört zu den wichtigsten Bahnverbindungen in Baden-Württemberg bzw. zwischen Baden-Württemberg und der Schweiz. Aus bautechnischen Gründen kann die Gäubahn einige Monate vor einer ersten Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 nicht mehr zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren. Die Gäubahn kann aber auch danach über einen Zeitraum von vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten nicht mehr zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren. Denn ein neuer Zulauf für die Gäubahn zum Stuttgarter Hauptbahnhof, der Pfaffensteigtunnel, wird erst nach vielen Jahren oder Jahrzehnten oder überhaupt nicht fertiggestellt werden.

Alternativ wäre es möglich, einen Teil des Stuttgarter Kopfbahnhofs stehen zu lassen und die Gäubahn über die bestehende Panoramastrecke dorthin weiterhin zu führen. Später kann dann ein Ergänzungsbahnhof (unterirdisch oder oberirdisch) beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof die Gäubahn und viele andere Linien aufnehmen.

Dagegen wehrt sich allerdings die Landeshauptstadt Stuttgart vehement. Sie sieht dadurch ihr Stadtentwicklungsprojekt bzw. Immobilienprojekt Rosenstein gefährdet. Nun bestehen Zweifel, ob dieses Projekt dadurch gefährdet wäre. Die Dagegen-Haltung der Landeshauptstadt Stuttgart ist jedoch merkwürdig. Normalerweise arbeiten Großstädte in Europa darauf hin, eine möglichst gute verkehrliche Standortgunst zu haben, sprich, auf der Schiene, der Straße  und aus der Luft möglichst gut erreichbar zu sein. Zudem stehen die Städte oft in Bezug auf die Verkehrsgunst im Wettstreit miteinander. 

Die Landeshauptstadt Stuttgart zeigt sich hier als Außenseiter. Weder die Legislative (Gemeinderat), noch die Exekutive (Bürgermeister und Fachämter) scheint eine gute verkehrliche Anbindung Stuttgarts als wichtig einzustufen.

Ebenfalls merkwürdig ist die Haltung des Landes BW und des Bundes. Denn die Entscheidung, wo und wie die Gäubahn fährt, ist ja gar nicht die Sache der Landeshauptstadt Stuttgart, sondern des Landes und des Bundes. Und bei diesen politischen Ebenen herrscht in Sachen Gäubahn einen schon schreiende Stille.

Jetzt wird auch noch die Hermann-Hesse-Bahn in den Stuttgart 21-Rosenstein-Strudel gerissen
Die Hermann-Hesse-Bahn zwischen Calw im Nordschwarzwald und Weil der Stadt ist im Gegensatz zur Gäubahn noch Zukunftsmusik. Sie ist noch im Bau. Auch hier geht es jedoch um die Anbindung an den Stuttgarter Hauptbahnhof, die wegen der Verweigerungshaltung der Landeshauptstadt Stuttgart fraglich ist.
 
Die Hermann-Hesse-Bahn benötigt in einer zweiten Ausbaustufe den Einsatz eines Metropolexpress (MEX), der zwischen Calw und Weil der Stadt an jedem Haltepunkt hält, jedoch zwischen Weil der Stadt und dem Stuttgarter Hauptbahnhof nur noch ganz wenige Bahnhöfe bedient. Denn die Bewohnerinnen und Bewohner von Calw, Weil der Stadt und Leonberg haben genauso ein Recht auf eine schnelle Anbindung an den Stuttgarter Hauptbahnhof wie die Bewohnerinnen und Bewohner von Backnang, Nürtingen usw.. 
 
Eine Weiterführung der Stuttgarter S-Bahn bis Calw bzw. die Einrichtung einer Express-S-Bahn ist keine Alternative zu einem MEX. 
 
Jetzt hat Ministerialdirektor Berthold Frieß (Landesverkehrsministerium) bei einer Veranstaltung betont, dass der MEX für die Hermann-Hesse-Bahn nach wie vor im Rennen ist. Es gibt jedoch ein Problem. Das ist die Durchbindung dieser Linie im Stuttgarter Hauptbahnhof. Denn es gibt keine vergleichbare Strecke ab dem Stuttgarter Hauptbahnhof, in die der MEX von Calw durchgebunden werden könnte. Soweit Berthold Frieß sinngemäß.
 
Stuttgart 21 erfordert aber eine Durchbindung. Das ist einer der vielen Konstruktionsfehler des Projekts.
 
Das kann man jetzt auch in den Klartext übersetzen: Der MEX von/nach Calw müsste eigentlich im Stuttgarter Hauptbahnhof enden, um gut zu funktionieren. Das aber ist bei Stuttgart 21 nicht möglich. Dazu bräuchte es einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof bzw. den Weiterbetrieb eines Teils des Kopfbahnhofs. 
 
Da legt sich aber die Landeshauptstadt Stuttgart quer. Damit ist jetzt der Kreis geschlossen. Wir haben mit der Hermann-Hesse-Bahn eine zweite Gäubahn. Beide Bahnen können den Stuttgarter Hauptbahnhof ohne Ergänzungsbahnhof bzw. Beibehaltung eines Teils des Kopfbahnhofs nicht anfahren. Wie lange will die Landeshauptstadt Stuttgart eigentlich diese Peinlichkeit noch verantworten?

 

 

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