Die Neubaustrecke Wendlingen - Ulm ist nicht in der Lage, die Anforderungen an einen zukunftsfähigen Bahnkorridor Stuttgart-Ulm zu erfüllen. Sie gibt keine Antwort auf die dringend erforderliche Steigerung des Güterverkehrsanteils auf der Schiene, sie bietet keine Pespektive für die lärmgeplagten Anwohner des Neckar- und Filstals, sie missachtet das Erfordernis eines zukünftig schnelleren und gleichzeitig bezahlbaren Personenverkehrs.
Bevor wir in der Lage sind, eine alternative Planung für den Bahnkorridor Stuttgart - Ulm zu entwerfen, müssen wir noch einmal einige gedankliche Ausflüge zu anderen Verkehrsprojekten unternehmen. Im heutigen Post geht es um die Hochgeschwindigkeitsstrecke Köln-Frankfurt.
Die Neubaustrecke Köln-Frankfurt wurde im Jahr 2002 in Betrieb genommen. Sie ist 180 Kilometer lang und verbindet den Hauptbahnhof von Köln über die Bahnhöfe Köln-Flughafen (Ausschleifung), Siegburg, Montabaur, Limburg, Frankfurt Flughafen mit dem Hauptbahnhof Frankfurt/Main. Die Strecke weist Steigungen von bis zu 40 Promille auf und kann nur von ICE 3-Triebzügen befahren werden. Güterverkehr kann auf dieser Strecke nicht stattfinden. Die Kosten der Neubaustrecke steigerten sich von geplanten 2,6 Milliarden Euro auf über das Doppelte (6 Milliarden Euro). Der Normalfahrpreis Frankfurt - Köln beträgt heute 64 Euro einfach, der Normalfahrpreis mit IC zwischen den beiden Städten über die alte Rheintalstrecke beträgt dagegen nur 42 Euro.
Dies sind die hauptsächlichen Probleme der Neubaustrecke Köln-Frankfurt:
- Die Neubaustrecke Köln-Frankfurt bietet keine Gesamtlösung für den Bahnkorridor Rhein-Ruhr / Rhein-Main. Denn zu diesem Bahnkorridor gehört auch die wichtigste Güterzugmagistrale Europas, die Magistrale Rotterdam-Genua, die ja bereits im Post zum Gotthard-Basistunnel angesprochen wurde. Heute fährt auf den beiden Bahnlinien an den Ufern des Rheins im Mittelrheintal im Durchschnitt bereits alle 3 Minuten ein Güterzug. Der Lärm ist so groß, dass die Orte entlang des Mittelrheintals teilweise massiv Einwohner verlieren.
- Die Neubaustrecke Köln-Frankfurt hat die Fernverkehrsanbindung von Zentren wie Bonn, Koblenz und Mainz verschlechtert. Dazu gehört auch noch das"Hinterland", das unter anderem bis Trier reicht.
- Statt dessen wurden auf Betreiben der verschiedenen Landespolitiker in Siegburg, Montabaur und Limburg neue Fernverkehrsbahnhöfe eingerichtet. Das Anhalten einzelner Züge an diesen Fernverkehrsbahnhöfen verringert die Kapazität der Neubaustrecke. Auch unter raumordnerischen Gesichtspunkten sind diese neuen Fernbahnhöfe problematisch. Denn sie führen letztendlich zu einer weiteren unerwünschten Zersiedelung der Landschaft. So siedeln sich inzwischen immer mehr Berufspendler aus dem Großraum Frankfurt in der Umgebung des Bahnhofs Limburg an, um dann jeden Tag mit dem ICE nach Frankfurt und wieder zurück zu fahren. Dieses Siedlungsverhalten ist nicht nur unter energiepolitischen Gesichtspunkten abzulehnen und nicht zukunftstauglich. Es ist dazuhin nicht zu dulden, dass bei zukünftig nicht mehr weiter zunehmender Bevölkerung sich der Siedlungsbrei immer gleichmäßiger über das Land verteilt.
- Die Anbindung des Flughafens Köln-Bonn an den ICE-Verkehr durch den Bau einer Schleife von der Neubaustrecke Köln-Frankfurt aus hat sich als Flop erwiesen. Der ICE-Verkehr über den Flughafen Köln-Bonn musste in den vergangenen Jahren mangels Nachfrage bereits wieder reduziert werden. Zur Zeit besteht nicht einmal ein Stundentakt bei der ICE-Anbindung.
- Die Neubaustrecke Köln-Frankfurt hat das Bahnfahren in Deutschland markant verteuert. Bahnfahren ist etwas für Spesenritter geworden. Die durchschnittliche Bevölkerung hat andere Ansprüche an das Bahnfahren.
- die Zentren Bonn, Koblenz und Mainz an den qualitätativ hochwertigen Fernverkehr angebunden geblieben wären und gleichzeitig eine markante Verkürzung der Fahrzeiten zu anderen Zentren stattgefunden hätte,
- der Güterverkehr der Europamagistrale sich weiterentwickeln kann und gleichzeitig die Lärmbelastung für die Anwohner abnimmt,
- Bahnfahren auch preislich attraktiv geblieben wäre und im Westen Deutschlands eine wirkliche Bürgerbahn entstanden wäre.
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