Donnerstag, 2. März 2023

Deutschlandtakt verschiebt sich bis 2070 - Dies ist keine wirkliche Neuigkeit

Das ZDF berichtet in seiner Online-Ausgabe vom 02.03.2023, dass sich die Fertigstellung von wesentlichen Teilen des Deutschlandtakts von bisher geplant im Jahr 2030 auf das Jahr 2070 verschiebt. Diese Nachricht kommt vom Bundesverkehrsministerium.

Damit wäre der Deutschlandtakt nicht in der Lage, einen wesentlichen Beitrag zur Energie- und Klimawende zu leisten, die ja wichtige Ergebnisse weit vor 2070 verlangt.

Die drastische Verschiebung des Deutschlandtakts ist allerdings für uns und hier in diesem Blog keine wirkliche Überraschung. Zum Teil ist die Verschiebung falschen Vorstellungen zum Deutschlandtakt geschuldet. Zum Teil wurde mit der Umsetzung des Deutschlandtakts zu spät begonnen, weil wichtige wissenschaftliche Berater noch in den Achtziger und Neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts nichts vom Integralen Taktfahrplan (Deutschlandtakt) hielten, zu einer Zeit, als der Integrale Taktfahrplan im Nachbarland Schweiz schon längst in der Umsetzung begriffen war.

Dieses Gemengelage sehen wir uns heute mal etwas näher an.

Wahrscheinlich weiß die Mehrheit nicht, was Deutschlandtakt bedeutet
Nachweisen kann man es nicht, aber es gibt die Annahme, dass der größere Teil der Bevölkerung sowie auch der Politiker nicht wirklich weiß, was ein Deutschlandtakt ist. Meist wird der Deutschlandtakt auf einen Halbstundentakt zwischen den deutschen Metropolen reduziert.

Der Deutschlandtakt ist aber wesentlich mehr als nur ein Halbstundentakt. Wenn es nur um einen Halbstundentakt ginge, könnte man den Deutschlandtakt wohl bis 2030 einrichten. Beim Deutschlandtakt geht es aber im Wesentlichen darum, dass sich alle Züge in bestimmten Knotenpunkten treffen, damit die Fahrgäste von überall nach überall schnell umsteigen können. Dafür aber sind massive Invesitionen in das Streckennetz und in die Knotenpunkte erforderlich. Diese Investitionen sind so groß, dass sie tatsächlich nicht vor 2070 abgeschlossen werden können.

Bei den Strecken zwischen den einzelnen Knotenpunkten geht es darum, dass eine ganz genau bestimmte Fahrzeit erreicht wird. Auf diese Fahrzeit sind alle Investitionen auszurichten. Bei den Knotenpunkten geht es darum, dass genügend Zu-/Ablaufgleise und genügend Bahnsteiggleise zur Verfügung stehen.

Auch in der Schweiz sind die Investitionen in den Integralen Taktfahrplan noch längst nicht beendet
In der Schweiz wird der Integrale Taktfahrplan seit Mitte der Achtziger Jahre umgesetzt. Zudem investiert die Schweiz ein Vielfaches in das Schienennetz im Vergleich zu Deutschland. Trotzdem - und das muss jetzt aufhorchen lassen - ist das Schweizer Schienennetz immer noch nicht überall für den Integralen Taktfahrplan bereit.
 
So ist in der Ostschweiz (St. Gallen) immer noch kein Vollknoten im Rahmen des Integralen Taktfahrplans vorhanden. Das wird erst der Fall sein, wenn in den Dreißiger Jahren der neue Brüttener Tunnel eröffnet wird, der die Fahrzeit zwischen Zürich und St. Gallen auf ca. 56 Minuten und damit deutlich unter die Kantenzeit von 60 Minuten herunterdrücken wird.
 
Dasselbe gilt für die Zentralschweiz (Luzern). Erst mit Fertigstellung des Zimmerbergtunnels II sowie der Luzerner Durchmesserlinie mit dem Seetunnel kann Luzern ein Vollknoten im Rahmen des Integralen Taktfahrplans werden.
 
Stuttgart 21 und NBS Wendlingen - Ulm haben mit dem Deutschlandtakt nichts zu tun
Die Verschiebung der Fertigstellung von wesentlichen Teilen des Deutschlandtaks von 2030 auf 2070 ist kein eigentlicher Skandal. Wenn man schon einen Skandal sehen will, dann muss man Stuttgart 21 sowie die NBS Wendlingen - Ulm betrachten. Diese Projekte gingen zu einer Zeit in Bau, als der Integrale Taktfahrplan schon längst bekannt war und im Nachbarland schon längst in der Umsetzung begriffen war.
 
Stuttgart 21 und die NBS Wendlingen - Ulm sind jedoch das glatte Gegenteil von Integralem Taktfahrplan und Deutschlandtakt. Jetzt haben wir den Skandal, dass bis 2030 Projekte in Betrieb gehen, die nichts mit dem Deutschlandtakt zu tun haben.
 
Ausblick
Was muss jetzt getan werden? Zunächst einmal gilt es, sich ehrlich zu machen und zuzugeben, dass der Deutschlandtakt für die Klimaziele zunächst mal nichts beiträgt. Dann gilt es, die Politik und die Öffentlichkeit über den Deutschlandtakt zu informieren. Dann muss der Bundestag eine Sitzung zum Deutschlandtakt abhalten und den Deutschlandtakt offiziell beschließen. Schließlich muss Stuttgart 21 so verändert werden, dass es wenigstens ansatzweise Deutschlandtakt-konform ausgebildet sein wird.    
 
 

      

 

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