Montag, 11. April 2022

Der geplante Pfaffensteigtunnel für die Gäubahn - Alles andere als modern

Bei der kommenden Lenkungskreissitzung zu Stuttgart 21 im Mai soll eine Vorentscheidung zum Pfaffensteigtunnel der Gäubahn insofern fallen, als ein Anschlusstunnelstück für den Pfaffensteigtunnel beim Flughafentunnel von Stuttgart 21 jetzt sofort mitgebaut wird.

Landesverkehrsminister Hermann wird zitiert, dass er grundsätzliche Bedenken zum Pfaffensteigtunnel hat und den Bau des Infrage stehenden Anschlusstunnelstücks nur dann bejahen will, wenn die grundsätzliche Funktionsfähigkeit des Pfaffensteigtunnels nachgewiesen ist.

Man kann nur hoffen, dass Landesverkehrsminister Hermann hier standhaft bleibt und den Bau des Anschlusstunnelstücks wie auch den Bau des Pfaffensteigtunnels als Ganzes ablehnt.

Man schaue sich nur mal die im Umlauf befindlichen Skizzen zum Pfaffensteigtunnel an. Das ist in der Tat erschreckend.

Die 270 Grad-Kurve
Würde der Pfaffensteigtunnel gebaut, würde die Gäubahn beim Flughafen eine 270 Grad-Kurve fahren. Das ist vielleicht für eine Modelleisenbahn gut. Mir ist weltweit keine ähnliche Konstruktion einer Bahnstrecke an einem Flughafen bekannt.
 
Enge Radien für max. 70 km/h
Bei allem Vorbehalt der Betrachtung (Genaueres geben die Skizzen nicht her) beschreibt der Pfaffensteigtunnel beim Flughafen eine enge 180-Grad-Kurve, die nur eine Geschwindigkeit von max. 70 km/h zulässt. Diese 180-Grad-Kurve liegt zudem angrenzend an den Flughafenbahnhof. Das heißt, dass es dort Probleme mit der Wahl der richtigen Gleisüberhöhung gibt. Bei längeren Zügen fährt die Zugspitze im Bereich der 180-Grad-Kurve mit einer anderen Geschwindigkeit als die Zugmitte oder der Zugschluss. Denn die Züge bremsen ja vor dem Flughafenbahnhof ab bzw. sie beschleunigen bei der Abfahrt vom Flughafenbahnhof. Die Gleisüberhöhung an einer bestimmten Stelle kann aber nur für eine Geschwindigkeit gewählt werden. Das führt zu einer überdurchschnittlich schnellen Abnutzung der Gleise.
 
Man lasse sich also durch die weitgehend gerade Linienführung des Pfaffensteigtunnels zwischen der Abzweigung Böblingen Mönchsbrunnen und dem Beginn der Kurvenfahrten beim Flughafenbahnhof nicht blenden. Das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist die Kurvenfahrt beim Flughafen.

Ein betrieblicher Engpass
Der Pfaffensteigtunnel umfährt zwar die Strecke der Flughafenbahn-S-Bahn und vermeidet somit einen Teil der bisher als "Gäubahn-Filder-Murks" bekanntgewordenen Planung. Jedoch führt der Pfaffensteigtunnel die Gäubahn keineswegs auf ihren eigenen Gleisen zum Stuttgarter Hauptbahnhof. Vielmehr werden die Züge der Gäubahn in den Fildertunnel geführt, wo schon mindestens pro Stunde und Richtung drei Fernzüge von/nach Ulm, ein schneller Regionalzug von/nach Ulm, ein schneller Regionalzug von/nach Sigmaringen und zwei Regionalzüge von/nach Tübingen fahren. 
 
Würde zusätzlich zu diesen Züge auch noch die Gäubahn durch den Fildertunnel geleitet, dann könnte man den Integralen Taktfahrplan (Deutschlandtakt) beim Bahnknoten Stuttgart vergessen. Dann würde es vielleicht eine Viertelstunde benötigen, bis sich die Züge im Hauptbahnhof zum Rendezvous versammeln. Das ist nicht durchführbar.
 
Statt der Führung durch den Pfaffensteigtunnel und anschließend durch den Fildertunnel muss die Gäubahn unbedingt auf ihren eigenen Gleisen zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren.
 
Ausblick
Bei der Lenkungskreissitzung zu Stuttgart 21 im kommenden Mai sollte das unrühmliche Kapitel Pfaffensteigtunnel abgeschlossen werden. Es gilt unbedingt zu vermeiden, dass Deutschland in Europa als Lachnummer erscheint, indem in Deutschland der längste Bahntunnel des Landes gebaut wird, nur um die Gäubahn am Flughafen eine 270-Grad-Kurve drehen zu lassen und um die Gäubahn in den bereits stark belasteten bzw. überlasteten Fildertunnel zu führen. Irgendwelche Auflagen, die das Eisenbahnbundesamt zum Fildertunnel machen könnte und die die Kapazität dieses Tunnels mehr oder weniger einschränken werden, sind hierbei noch gar nicht berücksichtigt. 

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