Freitag, 28. Januar 2022

Verband Region Stuttgart ist mit weiterer Taktverdichtung im Verlauf der S-Bahn-Stammstrecke auf dem Holzweg

Der Verband Region Stuttgart will bei der Stuttgarter S-Bahn das Signalsystem ETCS einführen und erhofft sich dadurch eine weitere Taktverdichtung im Verlauf der bereits heute überlasteten Stammstrecke der S-Bahn.

Damit ist der Verband Region Stuttgart auf dem Holzweg und in Deutschland allein auf weiter Flur. Das zeigt ein Vergleich mit München, Hamburg und Frankfurt/Main.

Bahnknoten München
Wäre eine weitere Taktverdichtung für die Stammstrecke der Münchner S-Bahn realistisch, würde man dies in München so auch durchführen. In München macht man jedoch genau das Gegenteil von dem, was in Stuttgart angedacht ist. Die erste Stammstrecke der Münchner S-Bahn soll zukünftig wesentlich weniger S-Bahnen aufnehmen als dies zur Zeit der Fall ist (nur  noch 20 Züge pro Stunde und Richtung anstatt 30 Züge pro Stunde und Richtung wie im Bestand).
 
Dafür unter anderem wird die zweite Stammstrecke der Münchner S-Bahn gebaut, ein Milliardenvorhaben, das man nicht ohne Grund in München angepackt hat.
 
Bahnknoten Hamburg
Die S-Bahn in Hamburg ist in der glücklichen Lage, bereits seit den Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts über zwei Stammstrecken zu verfügen. Dadurch ist die Hamburger S-Bahn hochleistungsfähig. Wenn man die Stuttgarter Denke nach Hamburg übertragen würde, könnte man auf die Idee kommen, dass in Hamburg zukünftig nur noch eine Stammstrecke ausreicht.
 
Das aber denkt man in Hamburg nicht. Denn im Zusammenhang mit dem geplanten Verbindungsbahnentlastungstunnel soll die erste Stammstrecke der Hamburger S-Bahn einen sechs Kilometer langen Tunnel bekommen und ertüchtigt werden. Die zweite Stammstrecke wird bereits im Tunnel geführt.
 
Bahnknoten Frankfurt/Main
Erst gestern sagte der Geschäftsführer des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV), Knut Ringat, dass die Kapazitäten sowohl des zentralen S-Bahntunnels unter der Frankfurter Innenstadt als auch des Hauptbahnhofs ausgereizt seien. Auf die Idee, die Taktfolge im Verlauf der Stammstrecke der Frankfurter S-Bahn durch ein neues Signalsystem weiter zu verdichten, kam Ringat nicht - aus gutem Grund.

Warum eigentlich äußerte sich Ringat gestern überhaupt zur Kapazität der Stammstrecke der Frankfurter S-Bahn? Nun, gestern war ein ganz wichtiges Datum für den Ausbau des Bahnknotens Frankfurt. Bei dem für die Entlastung der S-Bahn-Stammstrecke wichtigen Projekt der Regionaltangente West wurde der Planfeststellungsbeschluss für den ersten von vier Planungsabschnitten erlassen. Bereits im April dieses Jahres soll mit dem Bau begonnen werden. Im Jahr 2028 soll die gesamte ca. 50 Kilomter lange Regionaltangente West fertiggestellt sein. Die Kosten betragen voraussichtlich 1,1 Mia Euro, ein gigantisches Projekt, das jedoch für die Siedlungsstruktur des Rhein-Main-Verdichtungsraums maßgeschneidert ist.
 
Bahnknoten Stuttgart
Kommen wir jetzt noch einmal zur Stuttgarter S-Bahn. Wir haben gesehen, wie drei Weltstädte ihre S-Bahn in den kommenden Jahren ausbauen wollen. Augenscheinlich glaubt man dort nicht, dass man die Taktfolge im Verlauf einer S-Bahn-Stammstrecke mit signaltechnischen Mitteln weiter erhöhen kann.
 
Das sollte auch den Verband Region Stuttgart wachrütteln. Dabei ist es jetzt keineswegs so, dass man für die Stuttgarter S-Bahn eines der drei skizzierten Ausbauvarianten eins zu eins kopieren sollte. Stuttgart kann seinen eigenen Weg gehen. Und die kurzfristige Lösung der Stuttgarter S-Bahn-Stammstreckenprobleme steht auch schon bereit. Dies ist die Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof. Diese Ergänzungsstation dient auch der S-Bahn. Sie soll die S-Bahn-Stammstrecke entlasten und zusätzliche S-Bahnverkehre ermöglichen. Dazu gehören die Express-S-Bahnen von Calw, Marbach am Neckar und Kirchheim unter Teck sowie auch eine der sechs zur Zeit durch den Stammstreckentunnel fahrenden S-Bahnlinien.  
  
       

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