Am 16. September 2020 wurden in Stuttgart die Ergebnisse eines Wettbewerbs um die Gestaltung des Straßenraums im Verlauf der B 14 zwischen dem Marienplatz und dem Schwanenplatztunnel vorgestellt.
Den ersten Preis erhielt ein Entwurf, der alle vier Straßenunterführungen in diesem Bereich (Österreichischer Platz, Wilhelmsplatz, Charlottenplatz und Gebhard-Müller-Platz) beseitigen will und statt dessen nur noch höhengleiche Straßenkreuzungen mit der damit verbundenen Leistungsminderung für den Kfz-Verkehr vorsieht.
Auf den ersten Blick ist alles in Ordnung. Es ist das Recht eines am Wettbewerb teilnehmenden Planers, die Beseitigung der Straßenunterführungen vorzuschlagen. Und es ist genauso das Recht des Preisgerichts, genau diesen Entwurf als den besten Entwurf zu kennzeichnen.
Auf den zweiten Blick wird man jedoch stutzig. Hat nicht der Stuttgarter Gemeinderat erst vor kurzem in seiner Sitzung vom 28. Mai 2020 sogar die Verlängerung der Unterführung Gebhard-Müller-Platz um ca. 105 Meter in Richtung Neckartor beschlossen? Die Landeshauptstadt Stuttgart wird hier 48,55 Millionen Euro ausgeben, um die Erreichbarkeit des Südkopfes des Stuttgart 21-Tiefbahnhofs aus dem Kernerviertel besser zu ermöglichen.
Und hat nicht die Verwaltung der Landeshauptstadt Stuttgart in der Vorlage zu diesem Gemeinderatsbeschluss bestätigt, dass in den kommenden ca. 20 Jahren auf eine Unterführung der B14 am Gebhard-Müller-Platz nicht verzichtet werden kann. Ein Vertreter des Stadtplanungsamts sagte zudem, dass man die Unterführung am Gebhard-Müller-Platz heute genauso planen würde, wenn es diese Unterführung noch nicht gäbe.
Gleichwohl hätte man sich von der Stadtverwaltung gewünscht, dass sie diese Zusammenhänge deutlicher darstellt. Die B14-Unterführung beim Gebhard-Müller-Platz kann und muss zunächst verlängert werden, weil die Südtangente des Mittleren Rings erst in frühestens 20 Jahren zu Verfügung steht. Den Wettbewerbsteilnehmern hätte man als Prämisse zudem vorgeben müssen, dass ein Wegfall der B14-Unterführungen erst nach der Inbetriebnahme der Südtangente des Mittleren Rings möglich ist
Merke: Wenn eine Großstadt über Ringstraßen verfügt, kann sie ihr Zentrum großzügig verkehrsberuhingen. Wenn aber - wie das in Stuttgart der Fall ist - Ringstraßen weitgehend fehlen, kann man den durch das Zentrum fließenden Verkehr nicht wegzaubern und auch nicht verkehrsberuhigen. Insbesondere fehlt in Stuttgart ein Mittlerer Ring und hier wiederum besonders die Südtangente des Mittleren Rings vom Dreieck B10/B14 im Neckartal über Degerloch und die Ostumfahrung Vahingen bis zum Dreieck Johannesgraben.
Sobald die Südtangente des Mittleren Rings in Stuttgart fertiggestellt ist, kann der Verkehr im Stuttgarter Talkessel großzügig beruhigt werden. Dann können selbstverständlich alle vier Unterführungen im Verlauf der B14 beseitigt werden - und noch viel mehr.
Wie kann es unter diesen ungünstigen und ungeschickten Vorzeichen in Stuttgart weitergehen? Man kann wohl sagen, dass der jetzt prämierte Siegerentwurf für die Straßengestaltung der B14 zunächst mal nicht umgesetzt werden kann. Das wird sich hinziehen. Da werden noch viele Bürgermeister, Verwaltungsmitarbeiter und Gemeinderäte kommen und gehen. 20 Jahre sind für die Planung und den Bau der Südtangente anzusetzen. In 20 Jahren reden wir also dann wieder über die Straßenraumgestaltung des dann hoffentlich von Bundesstraße B14 in Landesstraße rückgestuften Straßenraums zwischen dem Marienplatz und dem Schwanenplatztunnel. 20 Jahre sind eigentlich gar nicht so lang. Die vier Unterführungen der B14 wurden in den Sechziger Jahren (Charlottenplatz, Österreichischer Platz) bzw. Anfang der Siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts (Wilhelmsplatz, Gebhard-Müller-Platz) in Betrieb genommen. Sie sind also nun schon fünfzig Jahre alt. 20 weitere Jahre machen da den Kohl nicht mehr fett!
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