Der Bundesrechnungshof kritisiert in seinem Bericht vom 13.09.2019 zu Stuttgart 21 die bisherige "laissez-faire-Haltung" des Bundesministeriums für Verkehr und fordert das Ministerium auf, in Bezug auf Stuttgart 21 aktiv zu werden.
Damit spricht der Bundesrechnungshof eines der Kernprobleme von Stuttgart 21 an. Das Problem ist jedoch noch weit umfangreicher. Dem wollen wir heute hier in diesem Blog nachgehen.
Der Bund sowie auch alle Projektpartner von Stuttgart 21 sehen dieses Projekt als eigenwirtschaftliches Projekt der Bahn. Der Bund beteiligt sich an diesem Projekt nur insofern, als er Gelder zuschießt, die für den Anschluss der NBS Wendlingen-Ulm an den Bahnknoten Stuttgart sowieso erforderlich gewesen wären. Dazu gibt es noch Gelder aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz für den teuren Umbau von Tunneln und Haltestellen der Stuttgarter Stadtbahn wegen Stuttgart 21.
Der Bund war nicht beim Sach- und Faktenchek zu Stuttgart 21 unter Heiner Geißler vertreten. Der Bund ist auch nicht im Lenkungskreis zu Stuttgart 21 vertreten. Der Bund lässt die Bahn bei Stuttgart 21 machen und mischt sich nicht weiter ein.
Nun gehört der Stuttgarter Hauptbahnhof mitsamt seinen Zulaufstrecken, somit also der Bahnknoten Stuttgart, eindeutig zu den Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes. Der Bund selbst ist somit für den Ausbau des Bahnknotens Stuttgart zuständig. Dieser Ausbau hat nach einer Bedarfsanlayse im Rahmen des Bundeshaushalts zu erfolgen.
Da steckt einige Brisanz dahinter. Vergleichen wir mal den Bahnknoten Stuttgart mit dem Bahnknoten Frankfurt. Beim Bahnknoten Frankfurt nimmt der Bund seine Zustandigkeit für die Finanzierung von Investitionen wahr und will nach einer Bedarfsanalyse einen Fernverkehrstunnel bauen - wohlgemerkt nicht an Stelle des bestehenden riesigen Kopfbahnhofs, sondern zusätzlich zum Kopfbahnhof. Der Bahnknoten Frankfurt erhält somit eindeutig mehr Bahnsteiggleise und auch mehr Zulaufgleise. So also sieht ein Ausbau eines Bahnknotens aus, um den sich der zuständige Bund kümmert.
Als nur ein Beispiel unter vielen sei noch einmal die Zufahrt Zuffenhausen zum Bahnknoten Stuttgart erwähnt. Diese Zufahrt hat für den Fern- und Regionalverkehr nur zwei Gleise. Sie ist für 40 Prozent der Nachfrage nach Bahnverkehrsleistungen zum/vom Bahnknoten Stuttgart zuständig. Sie ist heute bereits ausgelastet, denn eine zweigleisige Zufahrt zu einem großen Bahnknoten kann nicht mehr als 12 bis 13 Züge pro Stunde und Richtung abfertigen. Stuttgart 21 sieht für die Zufahrt Zuffenhausen keinen Ausbau, keine zusätzlichen Gleise vor!
Das läuft in Frankfurt und in Stuttgart also absolut gegensätzlich. Die 5,7 Millionen Einwohner des Rhein-Main-Gebiets erhalten einen Ausbau des Bahnknotens Frankfurt, der im Einklang mit dem Bundesschienenwegeausbaugesetz steht, der von der zuständigen Institution finanziert wird und der dem tatsächlichen Bedarf entspricht. Dagegen erhalten die 5,3 Millionen Einwohner der Metropolregion Stuttgart einen Ausbau (Umbau) des Bahnknotens Stuttgart, der als eigenwirtschaftliches Projekt der Bahn daherkommt und der keineswegs zwangsläufig dem Bedarf entspricht. Als Sahnehäubchen dürfen die Bürgerinnen und Bürger der Metropolregion Stuttgart diesen eigenwirtschaftlichen Umbau des Bahnknotens Stuttgart auch noch zu einem großen Teil aus der eigenen Tasche bezahlen, weil sich der Bund verständlicherweise zurückhält.
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