Der Bund plant einen neuen, ca. 10 Kilometer langen Eisenbahntunnel zwischen der Autobahn A81 und Stuttgart-Feuerbach. Dieser wohl über eine Milliarde Euro kostende Tunnel macht jedoch nur dann Sinn, wenn im Stuttgarter Hauptbahnhof ein Vollknoten im Rahmen des Deutschlandtakts eingerichtet wird.
Mit diesem neuen Tunnel im Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof (Zufahrt Zuffenhausen) meldet sich der Bund kraftvoll auf der Stuttgarter Eisenbahnbühne zurück. Und das ist umso beachtenswerter, als der Bund ja auch diejenige Institution ist, die für die Bundesschienenwege und damit auch für den Stuttgarter Bahnknoten eigentlich zuständig ist. Der neue Tunnel ist bereits Bestandteil des Bundesverkehrswegeplans. Die Nutzen-Kosten-Betrachtung hat bereits einen Wert von über eins ergeben.
Mit dem Projekt Stuttgart 21 wollte der Bund nichts zu tun haben. Der damalige Bundesverkehrsminister Tiefensee unterschrieb nach langem Zögern die Verträge zu Stuttgart 21 nur nach massivem Druck aus der Baden-Württemberg-CDU. Der Bund beteiligte sich an Stuttgart 21 zudem nur mit demjenigen Betrag, der für die Anbindung der Schnellfahrstrecke Wendlingen-Ulm an den Bahnknoten Stuttgart sowieso erforderlich gewesen wäre. Beim Sach- und Faktencheck zu Stuttgart 21 war der Bund nicht vertreten. Der Bund war der Auffassung, dass Stuttgart 21 eine Sache des Landes Baden-Württemberg ist.
Nach jahrzehntelangem Schweigen und vielleicht sogar Zähnezusammenbeißen kommt der Bund jetzt also beim Bahnknoten Stuttgart wieder aus der Deckung - reichlich spät und hoffentlich nicht zu spät. Und man darf durchaus annehmen, dass das Vorhaben des Bundes - des Zuständigen für die Bundesschienenwege - für einen neuen Tunnel im Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof auch richtig ist und Sinn macht. Das steht in bemerkenswertem Kontrast zu den von Baden-Württemberg für Stuttgart 21 ausgegeben Zielen (Förderung des Landesflughafens durch ICE-Anschluss, Magistrale Paris-Bratislava, Freiräumen des Stuttgarter Talkessesl vom Schienenschrott), die sich inzwischen allesamt in Luft aufgelöst haben und die dereinst nur für Historiker noch von Interesse sein werden.
Zwei Ziele für den neuen Nordzulauf-Tunnel
Mit dem neuen Tunnel im Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof sind zwei Ziele verknüpft. Das erste Ziel besteht darin, dass die Zufahrt Zuffenhausen zum Stuttgarter Hauptbahnhof leistungsfähiger gemacht wird, indem für diese Zufahrt das fünfte und sechste Gleis eingerichtet wird.
Das zweite Ziel hat etwas mit dem Deutschlandtakt (Integraler Taktfahrplan) zu tun. Mit dem neuen Tunnel und noch einigen anderen kleineren Ausbauten (z.B. im Gleisvorfeld des Mannheimer Hauptbahnhofs) soll für die Hauptstrecke Frankfurt/Main-Mannheim-Stuttgart-Ulm-Augsburg-München eine Fahrzeit zwischen Mannheim und Stuttgart von etwas unter 30 Minuten erreicht werden. Heute beträgt diese Fahrzeit noch ca. 37 Minuten.
Eine Fahrzeit von etwas unter 30 Minuten zwischen Mannheim und Stuttgart ist erforderlich, damit sich die Züge dieser Hauptstrecke sowohl in Mannheim als auch in Stuttgart zur vollen und zur halben Stunde begegnen, dort also jeweils gleichzeitig im Hauptbahnhof stehen. Das wiederum ist erforderlich, um einen Vollknoten im Rahmen des Deutschlandtakts in Mannheim und in Stuttgart einrichten zu können. Beim Vollknoten gruppieren sich alle Züge an einem Knotenpunkt um die Züge der Hauptrichtung und stehen gleichzeitig im Bahnhof.
Der Vollknoten beim Deutschlandtakt im Stuttgarter Hauptbahnhof ist gesetzt
Es gilt jedoch auch der Umkehrschluss. Ohne die Einrichtung des Vollknotens im Rahmen des Deutschlandtakts (Integraler Taktfahrplan) im Stuttgarter Hauptbahnhof wäre die Milliardeninvestition in einen neuen Tunnel im Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof hinausgeschmissenes Geld. Denn dann braucht man die angestrebte Fahrzeit von etwas unter 30 Minuten zwischen Mannheim und Stuttgart nicht. Dann reicht auch die heutige Fahrzeit von ca. 37 Minuten aus. Für die Kapazitätssteigerung der Zufahrt Zuffenhausen würde es dann ausreichen, wenn zwischen der Verzweigung im Norden von Zuffenhausen und Stuttgart-Feuerbach zwei weitere Gleise neben die bestehenden Gleise gelegt werden. Das ist wesentlich billiger als ein neuer 10 Kilometer langer Tunnel.
Man kann also davon ausgehen, dass das Bekenntnis des Bundes zum Bau eines neuen Tunnels im Nordzulauf zum Stuttgarter Hauptbahnhof auch ein Bekenntnis für einen Vollknoten im Rahmen des Deutschlandtakts im Stuttgarter Hauptbahnhof beinhaltet. Und dieses Bekenntnis kommt nicht von irgendjemandem, sondern von der eigentlich für diese Dinge zuständigen Institution.
Bahnpolitik wird nicht im Stuttgarter Rathaus gemacht
In der Tat wird Bahnpolitik nicht primär im Stuttgarter Rathaus oder beim Verband Region Stuttgart gemacht, sondern beim Bund. Von daher möchte man der Landeshauptstadt Stuttgart und dem Verband Region Stuttgart raten, konstruktiv an den vom Bund vorgegebenen Zielen mitzuwirken und nicht auf der Neinsagerposition zu verharren, die zwangsläufig über kurz oder lang dazu führen würde, dass Stadt und Region die ganze Sache nur noch von der Seitenlinie aus betrachten können.
Ein Mitwirken von Stadt und Region beim Deutschlandtakt für den Stuttgarter Hauptbahnhof bedeutet die Anerkennung der Notwendigkeit eines ergänzenden Kopfbahnhofs zum Stuttgart 21-Tiefbahnhof sowie die Anerkennung der Notwendigkeit von zwölf Zu-/Ablaufgleisen zum und vom Stuttgarter Hauptbahnhof. Gegenüber den bisherigen Stuttgart 21-Planungen sind dies dann noch die beiden bereits bestehenden Gleise durch den Pragtunnel sowie die beiden bereits bestehenden Gleise im Verlauf der Panoramastrecke der Gäubahn.
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