Wir kommen in diesem Blog jedoch nicht umhin, auf die zehn Punkte näher einzugehen. Einerseits bietet sich dadurch die Möglichkeit, den etappierbaren, bedarfsgerechten Ausbau des Bahnknotens Stuttgart auf der Basis des bestehenden Kopfbahnhofs noch einmal zu erläutern. Und andererseits zeigt das CDU-Papier, was für eine Angst diese Partei vor dem Widerstand gegen Stuttgart 21 hat. Dieser Widerstand ist inzwischen so stark und so in der Bevölkerung verankert, dass die CDU sich gezwungen sieht, zu handeln. Und da kommt dann so ein Prospekt heraus, wie er jetzt in viele Stuttgarter Briefkästen geworfen worden ist.
Bisher sind die Punkte 7 und 9 hier im Blog Thema gewesen. Heute geht es zum Punkt 8, betitelt mit "Bauzeit".
Stuttgart 21, so heißt es im CDU-Papier, ist bereits begonnen worden. Die Bauzeit gehe bis 2019. Danach wäre der Bau des Rosensteinviertels und der Parkerweiterung dran.
Richtig ist, dass mit dem Bau begonnen worden ist. Allerdings ist mit dem Bau begonnen worden, obwohl für wichtige Teile des Projekts (Flughafen, Fildern, Untertürkheim, Wartungsbahnhof) noch keine Baugenehmigung und teilweise noch nicht einmal der Beginn der Bürgerbeteiligung vorliegt. Was machen die eigentlich, wenn es für diese Abschnitte gar keine Genehmigung gibt? Wer übernimmt dann die bereits entstandenen Kosten?
Wichtig ist aber auch, dass der Bau noch längst nicht so weit fortgeschritten ist, dass das Projekt nicht mehr abgebrochen werden könnte. Es sind schon Projekte abgebrochen worden, die viel weiter fortgeschritten waren.
Es ist unklar, ob die CDU selbst an das Bauende 2019 glaubt. Der Großteil der Menschen glaubt daran nicht. Hinter vorgehaltener Hand sprechen Fachleute der Bahn von einer Bauzeit von 25 Jahren. Nimmt man das Bahnprojekt der S-Bahn von Böblingen nach Renningen (S60) als Maßstab, dann würde sich die anvisierte Bauzeit verdreifachen.
Keiner Erwähnung wert ist es der CDU, dass während der Bauzeit von Stuttgart 21 schwerste Beeinträchtigungen für die Menschen entstehen, die im Stuttgarter Talkessel wohnen, arbeiten oder einkaufen. Die Auswirkungen auf die Umwelt und das Leben in Stuttgart sind so groß, dass sie später durch Mehrverkehr auf der Bahn nicht mehr zu kompensieren sind.
Klar, dann wird das Projekt K21 schlechtgemacht. Das Projekt wäre nicht durchgeplant. Die Bauarbeiten könnten erst in 10 Jahren beginnen und würden dann noch einmal 15 Jahre dauern.
Bei diesem Punkt verhält es sich möglicherweise so, dass die CDU nicht einmal böswillig argumentiert, sondern einfach das Projekt K21 und seine fundamentalen Unterschiede zu Stuttgart 21 nicht versteht. Die Mehrzahl der Menschen in Stuttgart versteht meiner Ansicht nach, warum K21 dem Projekt Stuttgart 21 haushoch überlegen ist.
K21 ist ein etappierbares, aus Modulen zusammengesetztes Projekt, das Stufe um Stufe in Abhängigkeit des tatsächlichen Bedarfs umgesetzt werden kann. Jedes Modul, jede Stufe hat einen eigenen Verkehrswert und kann ohne die anderen Module gebaut und in Betrieb genommen werden. Im Gegensatz dazu ist Stuttgart 21 ein Alles-oder-Nichts-Projekt, das nur in einem Zug gebaut und in Betrieb genommen werden kann. Später dann ist es für die Dauer von 100 Jahren nicht mehr veränderbar.
Einige Module von K21 können bereits innerhalb von zwei Jahren in Bau gehen. Dazu gehören zum Beispiel:
- das neue Dach des Kopfbahnhofs, das wahrscheinlich spektakulärste und schönste Bahnhofsdach der Welt
- die Neuordnung der Bahnsteige des Kopfbahnhofs mit dem Abriss der Gepäckbahnsteige, dem paarweise Zusammenrücken der Gleise und der Verbreiterung und Modernisierung der Bahnsteige
- der Neubau und die Modernisierung der Fußgängerunterführung in der Mitte der Bahnsteige
- der Neubau einer zweiten Fußgängerunterführung am Ende der Bahnsteige
- der Neubau und die Modernisierung der Seitenflügel des Kopfbahnhofs
- die Sanierung und Modernisierung des Gleisvorfelds
Diese Module können deshalb rasch in Bau gehen, weil sie ausschließlich auf dem Grund und Boden der Bahn stattfinden und für sie nur eine einfache Baugenehmigung erforderlich ist.
Weitere Module bauen auf den Stuttgart21-Planungen auf. Sie können deshalb nach einer Änderung der Planfeststellung innerhalb von drei Jahren in Bau gehen:
- fünftes und sechstes Gleis zwischen dem Kopfbahnhof und Bad Cannstatt mit neuem Rosensteintunnel und neuer Neckarbrücke
- Neubau der Express-S-Bahn zwischen dem Flughafen und Wendlingen - Plochingen mit Anschluss an die Strecken nach Tübingen, Kirchheim / Teck und Ulm
- Neubau der Express-S-Bahn zwischen dem Flughafen und Böblingen mit der Rohrer Kurve
Und es bleibt noch einmal festzuhalten: jedes dieser Module kann eigenständig und mit eigenem Verkehrswert gebaut und in Betrieb genommen werden. Und was die CDU natürlich verschweigt, ist ein weiterer, geradezu überraschender Vorteil: viele der genannten Module können bereits vor dem Jahr 2019 in Betrieb gehen, also vor dem Jahr der von der CDU erträumten Inbetriebnahme von Stuttgart 21.
Also: Stuttgart 21 ist ein Alles-oder-Nichts-Projekt mit einer Inbetriebnahme wahrscheinlich erst in 15 bis 25 Jahren und einem hohen Risiko, irgendwann zu einer Bauruine zu werden. Beim Konzept K21 werden in Abhängigkeit des Bedarfs einzelne Stufen und Module verwirklicht, wobei die verkehrswirksame Inbetriebnahme der ersten Module bereits in 5 Jahren ab heute erfolgen kann.
Und dann gibt es von der CDU noch die auf den ersten Blick apokalyptisch klingende Behauptung, dass K21 erst 2035 fertiggestellt wäre. Tja, was sollen wir darauf antworten? Ich will es einmal mit einer überraschend klingenden, in den CDU-Ohren vielleicht sogar provozierenden Antwort versuchen: K21 entwickelt den Bahnknoten Stuttgart in Stufen immer weiter. Wann K21 zu Ende gebaut ist, entscheiden zu gegebener Zeit die Bürgerinnen und Bürger.
Wieso diese Antwort? Nun, der Autobahnbau und der Straßenbau, das von der CDU eigentlich immer gehätschelte Kind, geht ja auch immer weiter. Wird der Autobahnbau und der Straßenbau in Baden-Württemberg im Jahr 2019 oder im Jahr 2030 fertig? Nein, das wird er nicht. Es wird immer weitergebaut (es sei denn, es käme mal eine ganz andere Politik, die auf den Rückbau von Straßen setzt). Und was bei den Autobahnen praktiziert wird, muss doch auch für die Bahn gelten.
Das hättet ihr CDUler wohl gern: da wird Stuttgart 21 gebaut, da kann man vorgeben, etwas für die Bahn gemacht zu haben. Und dann wird Stuttgart 21, wenn man Glück hat, eröffnet. Dann kann man sagen: so, jetzt haben wir aber genug für die Bahn getan, jetzt wollen wir aber nichts mehr hören - und die Autolobby lacht sich ins Fäustchen.
Da ist K21 etwas ganz anderes. K21 ist von und für Menschen gemacht, die für die Bahn eintreten und die für eine Zukunft der Bahn eintreten. Ein permanenter Ausbau des Straßennetzes ist ja (zumindest für die CDU) auch kein Schreckgespinst. Warum sollte dann der permanente Ausbau des Bahnnetzes und des Bahnknotens Stuttgart ein Schreckgespinst sein?
Und als letztes behauptet die CDU, dass die Arbeiten für K21 erschwert würden, weil sie unter laufendem Bahnbetrieb stattfinden müssten. Nun ist das Arbeiten unter Betrieb eigentlich der Normalfall beim Ausbau der Verkehrswege. Das gilt für die Autobahnen, die Bundesstraßen, die Stadtstraßen, die Wasserwege und auch für die Eisenbahn. Und seit mehreren Jahren finden bereits Bauarbeiten für Stuttgart 21 bzw. Instandhaltungsarbeiten im Gleisvorfeld des Stuttgarter Hauptbahnhofs statt - selbstverständlich unter Bahnbetrieb. Mit K21 kann es im Vergleich zu den seit Jahren dort stattfindenden Arbeiten eigentlich nur noch besser werden.
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