Freitag, 29. November 2024

Mit dem "Ringzug" von Rottweil nach Villingen und zurück: Ein erschreckendes Eisenbahnerlebnis

Ende Oktober 2024 hatte ich bei einer Fahrt von Stuttgart nach Villingen und zurück ein erschreckendes Eisenbahnerlebnis. Bei dieser Reise fährt man auf dem Abschnitt von Rottweil nach Villingen und zurück mit dem sogenannten Ringzug.

Das Wichtigste gleich vorneweg: Die Fahrt mit dem Ringzug war nicht schön. Dies wirft die Frage auf, ob die Investitionen in den Eisenbahnverkehr in Baden-Württemberg richtig verteilt sind.

Jetzt zu den Details:
Die Verbindung Rottweil - Schwenningen - Villingen ist nicht gerade die unwichtigste Eisenbahnstrecke in Baden-Württemberg. Man hat aber den Eindruck, als ob gerade das der Fall wäre.

Da steht doch tatsächlich im Bahnhof von Rottweil ein Dieseltriebwägelchen mit einer Länge von ca. 24 Metern. Der Zug ist schon einigermaßen mit Fahrgästen besetzt. Jetzt kommen die von der Gäubahn aus Richtung Stuttgart umsteigenden Fahrgäste noch hinzu. Es setzt auf dem Bahnsteig ein Run ein, nicht nur wegen der Verspätung des Gäubahnzugs, sondern auch weil die Fahrgäste sich noch in den Ringzug hineinquetschen wollen. Schließlich ist das Wägelchen bis zum Bersten gefüllt, nicht nur in den Türbereichen stehen Fahrgäste, sondern überall im Zug. Ein so voller Zug hat selbstverständlich in den Bahnhöfen und Haltepunkten auch längere Fahrgastwechselzeiten, denn die Fahrgäste können den Zug nur erschwert verlassen oder auch in den Zug einsteigen.

Die Rückfahrt von Villingen nach Rottweil fand während des Berufsverkehrs statt. Jetzt sollte doch ein wesentlich längerer Zug zum Einsatz kommen! Der Bahnsteig in Villingen ist gut gefüllt. Aus Richtung Donaueschingen nähert sich tatsächlich ein Zug dem Bahnhof von Villingen. Aber nein, das darf  doch nicht war sein! Es ist wiederum nur ein 24 Meter kurzes Triebwägelchen. Ich erspare den Leserinnen und Lesern weitere Details. Es würde zu nichts führen.

Warum ist der Ringzug in einem solchen Zustand? Fehlen Fahrzeuge? Ist zu wenig Geld da?
Fakt ist jedenfalls: Wären die Züge des Ringzugs ausreichend lang, so dass jeder Fahrgast im Zug einen Sitzplatz bekommt, wäre das Ziel einer Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030 schnell erreicht - ohne einen Meter zusätzliches Gleis. Ich bin jedenfallls überzeugt davon, dass viele potenzielle Fahrgäste heute gar nicht mehr mit dem Ringzug von Rottweil nach Villingen fahren, weil sie sich diese Tortour nicht antun wollen.
 
Sind die Prioritäten im Landesverkehrsministerium falsch gesetzt?
Halten wir nochmal fest: Durch vergleichsweise einfache und schnell umzusetzende Maßnahmen wie die Doppeltraktion oder Dreifachtraktion des Ringzugs Rottweil - Villingen ließen sich die Fahrgastzahlen in kurzer Zeit verdoppeln.

Dem gegenüber steht die vom Landesverkehrsministerium forcierte Wiederinbetriebnahme stillgelegter Bahnstrecken. Diese Maßnahme könnte zwar ebenfalls zu einer Verdoppelung der Fahrgastzahlen führen, aber nur mit dem Einsatz von Zig-Millionen pro Strecke und mit einer Dauer bis zur Inbetriebnahme von jeweils Zig-Jahren. Ich habe nichts gegen die Wiederinbetriebnahme stillgelegter Strecken. Man sollte aber die Prioritäten richtig setzen.

Negativbeispiel ist die Wiederinbetriebnahme der Hermann-Hesse-Bahn, deren Kosten und deren Bauzeit sich vervielfacht haben. Der Wiederinbetriebnahme  der Talgangbahn in Albstadt weht ein immer schärferer Wind entgegen. Immer größere Teile der Bevölkerung vertreten die Auffassung, dass Albstadt schon nicht genug Geld für wichtige Maßnahmen wie Kitas hat und sich deshalb die Talgangbahn nicht leisten kann. Die ersten Politiker wagen sich inzwischen auch aus der Deckung, was die Stornierung der Ludwigsburger Stadtbahn betrifft. Die Stadt Ludwigsburg steuert auf eine Rekordverschuldung zu. 
 
Ich meine mich dunkel zu erinnern, dass vor dem Zeitalter des Ringzugs bereits einmal längere Züge von Rottweil nach Villingen fuhren. Oberste Priorität muss jetzt sein, dass auf den vorhandenen Eisenbahnstrecken ausreichend Sitzplätze zur Verfügung stehen. 
 
Was Stuttgart und Stuttgart 21 betrifft, sollte man den Kopfbahnhof und die Zuläufe zum Kopfbahnhof auf jeden Fall in Betrieb belassen. Denn was einmal weg ist, kommt so schnell nicht wieder! 

             

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