Nach einer (Teil-)Inbetriebnahme des Stuttgart 21-Tiefbahnhofs muss der Kopfbahnhof des Stuttgarter Hauptbahnhofs weiter bestehen bleiben.
Es wird jedoch ein etwas geänderter Kopfbahnhof sein. Der Kopfbahnhof und sein Gleisvorfeld werden anders aussehen als dies heute noch der Fall ist.
Das wollen wir im heutigen Post in diesem Blog näher betrachten.
1. Die Zuglänge
Es ist davon auszugehen, dass alle 400 Meter langen Fernzüge, die den Bahnknoten Stuttgart anfahren, zukünftig in den Stuttgart 21-Tiefbahnhof einfahren werden. Das aber bedeutet im Umkehrschluss, dass in einen zukünftigen Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof nur noch maximal 200 Meter lange Züge - Regionalzüge und im Besonderen Metropolexpresszüge (MEX), aber auch S-Bahnzüge - fahren werden.
Das hat Auswirkungen auf den Platzbedarf des Kopfbahnhofs. Ein Kopfbahnhof, der nur noch maximal 200 Meter lange Züge abfertigt, hat einen kleineren Platzbedarf als der heutige Kopfbahnhof. Auch die Wege für die Fahrgäste sind kürzer als beim heutigen Kopfbahnhof. Heute sind zumindest einige Bahnsteige des Kopfbahnhofs ja noch 400 Meter lang.
2. Durchgebundene Züge und Ping-Pong-Verkehre
Weiter ist davon auszugehen, dass alle durchgebundenen Züge zukünftig im Stuttgart 21-Tiefbahnhof fahren werden. Nun könnte die Frage kommen, ob dann überhaupt noch ein Zug für den Kopfbahnhof übrigbleibt. Denn bei Stuttgart 21 gibt es doch fast ausschließlich nur durchgebundene Züge.
Hierzu darf man jedoch die Ursache und die Wirkung nicht verwechseln. Bei Stuttgart 21 gibt es die durchgebundenen Züge in der Mehrzahl nicht deswegen, weil diese Betriebsart einfach besser wäre, sondern deswegen, weil die Stuttgart 21-Konfiguration gar nichts anderes hergibt.
Orientiert man sich an der Verkehrsnachfrage, sollten viele Züge im Stuttgarter Hauptbahnhof enden (Ping-Pong-Verkehre), weil die große Mehrheit der Fahrgäste im Stuttgarter Hauptbahnhof ein-, aus- und umsteigt. Es bleibt also sehr wohl für den Kopfbahnhof etwas übrig. Das könnten zum Beispiel die Metropolexpresszüge sein. Damit würde der Stuttgart 21-Tiefbahnhof mit den Fernzügen und einigen IC und IRE in die Lage versetzt, hochwertigen Bahnverkehr qualitativ gut abzuwickeln.
3. Die Entbehrlichkeit des "Tunnelgebirges" im heutigen Gleisvorfeld des Stuttgarter Kopfbahnhofs
Wenn der Kopfbahnhof nur noch von nicht durchgebundenen Zügen, also von Ping-Ping-Zügen angefahren wird, ist das heutige "Tunnelgebirge" im Gleisvorfeld des Stuttgarter Kopfbahnhofs entbehrlich.
Das wird ja von den Stuttgart 21-Protagonisten immer wieder in den Diskurs eingebracht, dass bei einer Beibehaltung des Kopfbahnhofs die - relativ alten - Tunnelgebirge dann aufwändig erneuert werden müssen. Nun zeigt sich aber, dass diese Erneuerung nicht stattfinden muss. Die Tunnelgebirge bzw. Überwerfungsbauwerke können statt dessen abgerissen werden.
Die neue Gleisführung im Vorfeld des Kopfbahnhofs wird kompakter, schmäler und visuell weniger beeinträchtigend sein. Es wird im Wesentlichen sechs Zu-/Ablaufgleise geben, zwei für die Gäubahn, zwei von und nach Feuerbach und zwei von und nach Bad Cannstatt. Die drei Zu-/Ablaufstrecken haben im Regelfall keine Verbindungen zueinander. Sie laufen einfach nebeneinander her.
4. Die Unterführung Wolframstraße
Auch hier wird von den Stuttgart 21-Protagonisten eingewendet, dass eine Beibehaltung des Kopfbahnhofs nicht möglich ist. Denn die Straßenunterführung der Wolframstraße könne mit Kopfbahnhof nicht funktionieren.
In der Tat wurde die Wolframstraße nördlich der heute bestehenden Straßenunterführung etwas angehoben. Das wiederum ist die Folge des neuen S-Bahntunnels, der ein paar Meter über dem bisherigen Straßenniveau liegt. Um über den S-Bahntunnel fahren zu können, muss die Wolframstraße auch im Bereich der heutigen Unterführung etwas angehoben werden.
Das aber ist mit dem neuen Kopfbahnhof durchaus möglich. Der neue Kopfbahnhof benötigt ja nur insgesamt sechs (drei mal zwei) Zu-/Ablaufgleise. Das sind wesentlich weniger Gleise als heute bei der Unterführung Wolframstraße vorhanden sind. Zudem beträgt die Distanz zwischen der Wolframstraße und dem Beginn des Kopfbahnhofs 450 Meter. Das reicht aus, um die sechs Gleise weiter südlich über die Wolframstraße zu führen, so dass die Gradiente der Wolframstraße insgesamt wieder stimmig ist.
5. Wohnen neben dem Bahngleis?
Die Stuttgart 21-Protagonisten werfen immer wieder ein, dass ein Kopfbahnhof mit seinen Zulaufstrecken eine trennende Wirkung hat und das Wohnen neben den Gleisen nicht zumutbar ist.
Hierzu reicht es aus, ein Beispiel zu nennen, nämlich die neue Weststadt in Esslingen am Neckar. Dort wurden in den vergangenen Jahren einige hundert Wohnungen unmittelbar neben eine der stärkstbelasteten Bahnstrecken Deutschlands gebaut, einer Strecke, auf der auch laute Güterzüge verkehren und einer Strecke, auf der die Züge mit einer höheren Geschwindigkeit fahren als im Vorfeld des Stuttgarter Hauptbahnhofs.
Was in Esslingen am Neckar gelungen ist, muss doch auch in Stuttgart möglich sein!
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