Die Stellungnahme der Bundesregierung vom 21.12.2018 auf eine Kleine Anfrage zum Fernbahntunnel Frankfurt (Drucksache 19/6681) zeigt einmal mehr, dass die Zufahrt Zuffenhausen des Projekts Stuttgart 21 unterdimensioniert ist und dringend zweier weiterer Gleise bedarf, die in einen ca. 8gleisigen Kopfbahnhof im Rahmen eines Kombibahnhofs beim Stuttgarter Hauptbahnhof münden.
In der Anwort auf die Kleine Anfrage listet die Bundesregierung die im neuen Fernbahntunnel in Frankfurt geplanten Linien auf:
FV 6, Hamburg-Zürich, zweistündlich
FV 8, Hamburg-Stuttgart, stündlich
FV 11, Berlin-Stuttgart, zweistündlich
FV 12, Berlin-Wiesbaden, zweistündlich
FV 13, Dresden-Wiesbaden, zweistündlich
FV 16, Köln-München, stündlich
FV 17, Köln-Wien, zweistündlich
FV 46, Berlin-Basel, zweistündlich
(Weitere Fernverkehrslinien verkehren auch in Zukunft oberirdisch im bestehenden Kopfbahnhof von Frankfurt/Main.)
12 Züge pro Stunde und Gleis ist das Ende der Fahnenstange
Das ergibt für den neuen Durchgangsbahnhof in Frankfurt zusammengenommen fünf Züge pro Stunde und Richtung. Die Bundesregierung fügt jedoch sofort an, dass mit den zunächst geplanten fünf Zügen pro Stunde und Richtung der neue Fernbahntunnel unter Frankfurt/Main noch nicht an seiner Auslastungsgrenze angelangt ist. Die Kapazität des Fernbahntunnels liegt gemäß der Bundesregierung bei mehr als 12 Zugfahrten pro Stunde und Richtung.
Was bedeutet dies nun konkret?
Das bedeutet konkret, dass die Kapazität des Fernbahntunnels unter Frankfurt/Main bei 12 bis 13 Zügen pro Stunde und Richtung liegt, sofern es keine den Freiheitsgrad der Fahrplantrassen einschränkenden Randbedingungen gibt (wie z.B. Deutschlandtakt oder Anschlussaufnahme).
Läge die Kapazität des neuen Fernbahntunnels bei 15 Zügen pro Stunde und Richtung, dann hätte dies die Bundesregierung auch so ausgedrückt. Läge die Kapazität des Fernbahntunnels bei mehr als 15 Zügen, dann wäre dies auch so formuliert worden. Man kann somit mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass die Kapazität des neuen Fernbahntunnels unter Frankfurt tatsächlich bei 12 (oder meinetwegen bei 13) Zügen pro Stunde und Gleis liegt.
Zum geplanten Deutschlandtakt stellt die Bundesregierung lapidar fest, dass zur Einbettung des Fernbahntunnels in den Deutschlandtakt noch keine Angaben gemacht werden können (Zitatende). Würde der Fernbahntunnel vollumfänglich in den Deutschlandtakt einbezogen, läge dessen Kapazität jedoch bei weniger als 12 Zügen pro Stunde und Richtung, weil dann den Freiheitsgrad der Fahrtenlagen einschränkende Randbedingungen hinzukommen.
Alle Zahlen zu Stuttgart 21 sind an Hand eines Vergleichs mit anderen Projekten zu prüfen
Solche Angaben zur Kapazität von Bahnprojekten sind von enormer Bedeutung für die Bewertung des Projekts Stuttgart 21. Denn Stuttgart 21 ist - auch nach den Angaben seiner Protagonisten - ein politisches Projekt. Demgegenüber gibt es die Bedarfsprojekte. Es gibt in Deutschland eigentlich nur ein großes politisches Bahnprojekt. Das ist Stuttgart 21. Alle anderen großen Bahnprojekte sind Bedarfsprojekte.
Die für die Bedarfsprojekte errechneten Kenngrößen und Zahlen sowie Nutzen-Kosten-Betrachtungen können herangezogen werden, um auch das Projekt Stuttgart 21 neutral und ohne politisches Pathos zu bewerten.
Wie groß ist die Kapazität einer zweigleisigen Zulaufstrecke zu einem großen Bahnknoten?
Im heutigen Post in diesem Blog geht es um die Kapazität einer zweigleisigen Zulaufstrecke für den Fernverkehr bzw. den Fern- und Regionalverkehr zu einem großen Bahnknoten. Gemäß den Angaben der Bundesregierung zum Frankfurter Fernbahntunnel beträgt diese Kapazität ca. 12 Züge pro Stunde und Fahrtrichtung.
Dieselbe Betrachtung haben wir hier in diesem Blog vor einigen Jahren schon einmal gemacht - und zwar für die neue Zürcher Durchmesserlinie. Es ist verblüffend: Die Kapazität der neuen zweigleisigen Zürcher Durchmesserlinie beträgt ebenfalls 12 Züge pro Stunde und Richtung. Dabei läuft bei der Zürcher Durchmesserlinie ein etwas anderes Betriebsprogramm als beim Frankfurter Fernbahntunnel geplant. Es läuft dort ein Mischbetrieb von Fernzügen und S-Bahnzügen, wobei die Fernzüge am integralen Taktfahrplan teilnehmen, die S-Bahnzüge jedoch nicht.
Vor einigen Jahren war auch mal die Hohenzollernbrücke in Köln das Thema hier in diesem Blog. Diese sechsgleisige Brücke hat zwei mal zwei Gleise für den Fern- und Regionalverkehr. Hier gab es ein Ergebnis, dass maximal zehn Züge pro Stunde und Gleis über die Hohenzollernbrücke fahrplanmäßig fahren.
Es gibt wohl in Deutschland keine zweigleisisge Zulaufstrecke zu einem großen Bahnknoten, auf der mehr als 12 Züge pro Stunde und Richtung verkehren (keine S-Bahn) - unabhängig davon, welches Betriebsprogramm gefahren wird.
Und damit kommen wir zur Zufahrt Zuffenhausen des Bahnknotens Stuttgart
Im aktuellen Fahrplan fahren zwischen 16 und 17 Uhr bereits 13 Züge ab Stuttgart Hauptbahnhof über die Zufahrt Zuffenhausen. Damit ist die Zufahrt Zuffenhausen als zweigleisige Zufahrt zu einem großen Bahnknoten im Berufsverkehr bereits ausgelastet. Weitere Leistungssteigerungen kann es nicht geben - auch nicht durch Stuttgart 21, das die Zufahrt Zuffenhausen nicht erweitert, sondern lediglich durch den Feuerbacher Tunnel ersetzt.
Die Zufahrt Zuffenhausen ist eine der beiden Hauptzufahrten zum Bahnknoten Stuttgart. Sie hat einen Anteil an der Gesamtnachfrage nach Bahnverkehrsleistungen zum Bahnknoten Stuttgart von 40 Prozent (beim Fernverkehr sogar von über 50 Prozent). Damit ergibt sich bei einer Kapazität von maximal 13 Zügen pro Stunde und Richtung für die Zufahrt Zuffenhausen eine Gesamtkapazität des Stuttgarter Hauptbahnhofs von 13 geteilt durch 0,4 gleich 32,5 Züge. Das gilt für den heutigen Stuttgarter Hauptbahnhof. Das gilt aber auch für Stuttgart 21.
Stuttgart 21 ist ein politisches Projekt. Deshalb musste bei Stuttgart 21 auf Teufel komm raus eine Kapazitätssteigerung herbeigezaubert werden - auch wenn die technischen Daten des Projekts dies nicht hergeben. Hierzu hat man auf der Zufahrt Zuffenhausen z.B. beim sogenannten Stresstest ca. 16 Züge pro Stunde und Richtung fahren lassen. Was man davon halten kann, sollte jetzt klar sein.
Stuttgart 21 muss von einem politischen Projekt zu einem Bedarfsprojekt migriert werden
Es wäre zu wünschen, dass es noch gelingt, Stuttgart 21 von einem politischen Projekt zu einem Fach- und Bedarfsprojekt zu migrieren. Hierzu müssen aber einige Änderungen vorgenommen werden. Dazu gehört, dass für die Zufahrt Zuffenhausen zwei zusätzliche Gleise vorgesehen werden, die in einen ca. achtgleisigen Kopfbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof münden.
Kommen wir zum Schluss noch zu einem weiteren Punkt, den die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage zum Fernbahntunnel Frankfurt aufgegriffen hat. Es geht um die Aufenthaltszeiten der Züge im neuen viergleisigen Tief- und Durchgangsbahnhof. Diese Aufenthaltszeit beträgt gemäß der Bundesregierung mindestens drei Minuten für jeden Zug.
Auch in Bezug auf die Aufenthaltszeiten im Bahnhof gilt für das politische Projekt Stuttgart 21: Man schaue unbedingt auf die Zahlen, Daten und Berechnungen der anderen, bedarfsorientierten Projekte. Solllte also irgendjemand bei Stuttgart 21 immer noch mit Aufenthaltszeiten von weniger als drei Minuten im Hauptbahnhof rechnen, gibt es jetzt die allerletzte Chance zur Korrektur......
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