Freitag, 12. Januar 2018

Die Probleme der Filstalbahn haben ihre Ursache in der NSB Wendlingen-Ulm und in Stuttgart 21

Die Beschwerden über den aktuellen Betrieb der Filstalbahn Plochingen-Geislingen/Steige mit seiner unzureichenden Vertaktung, mit seinen regelmäßigen Verspätungen und mit den häufigen Zugausfällen sind legendär.

In letzter Zeit häufen sich jedoch auch die Fragen und Beschwerden zum zukünftigen Betrieb auf der Filstalbahn. Es wird befürchtet, dass nach der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 und der NBS Wendlingen-Ulm im Filstal überhaupt kein eigenwirtschaftlicher Fernverkehr der Bahn mehr stattfinden wird. Es wird zudem darüber geklagt, dass es im Filstal wohl für alle Zeiten keinen richtigen S-Bahnverkehr geben wird. Es wird weiterhin befürchtet, dass ein kurzgetakteter Metropolexpressverkehr ebenfalls nicht richtig erreichbar sein wird. Nicht zuletzt wird kritisiert, dass der schnelle Regionalverkehr mit einem Stundentakt im Filstal zukünftig ebenfalls hinter den Wünschen, Erwartungen und Bedarfen zurückbleibt.

Wir wollen heute hier in diesem Blog zeigen, dass alle zukünftig erwarteten Probleme der Filstalbahn unmittelbar mit der NBS Wendlingen-Ulm und mit Stuttgart 21 zusammenhängen.


Ende der Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts nahmen die Pläne der Bahn für einen etappierbaren, viergleisigen Ausbau der Filstalbahn zwischen Plochingen und Ulm konkrete Formen an. Wäre es dabei geblieben, hätten wir heute längst:
  • einen Umfahrungstunnel Geislinger Steige, mit dem die Strecke endlich voll für den schweren Güterverkehr geeignet gewesen wäre
  • eine halbstündlich verkehrende S-Bahn von Geislingen/Steige bis Plochingen
  • einen halbstündlichen schnellen Regionalverkehr mit Halten in Plochingen, Göppingen, Geislingen/Steige und Ulm und stündlich alternierender Weiterfahrt zum Bodensee und ins Allgäu
  • Mindestens stündlich Halte einer IC-Linie in Plochingen, Göppingen und Geislingen/Steige
  • schnellere Fahrzeiten zwischen Stuttgart und Ulm mit einer Systemfahrzeit für den Fernverkehr von etwas unter 45 Minuten mit der Möglichkeit eines integralen Taktfahrplans mit Knotenbildung in Stuttgart und Ulm 

Bekanntlich gab es jemand, dem diese Pläne der Bahn für einen etappierbaren Ausbau der Filstalbahn überhaupt nicht gefielen. In der Folge gelang es, beim Bund gegen den Ausbau der Filstalbahn zu lobbiieren und die NBS Wendlingen-Ulm durchzusetzen. Damit aber wurde der Grundstein gelegt für alle Probleme, denen wir uns heute gegenübersehen.

Und das wären im Einzelnen:

1. Als erstes ist das Problem der Zeit zu nennen. Durch die Aufgabe der Pläne für den etappierbaren Ausbau der Filstalbahn und deren Ersatz durch die NBS Wendlingen-Ulm wird der Ausbau der Strecke Stuttgart-Ulm nun ca. 20 Jahre später fertig. Der etappierbare Ausbau der Filstalbahn wäre ca. 2005 fertig geworden. Die NBS und Stuttgart 21 werden bekanntlich erst ca. 2025 (möglicherweise noch später) fertig.

2. Die NBS Wendlingen-Ulm ist kaum wirtschaftlich. Um einen Nutzen-Kosten-Faktor von über eins zu erhalten, wird ganz kreativ gearbeitet. Unter anderem müssen dafür auch die Regionalisierungsmittel des Bundes angezapft werden. Das geschieht dadurch, dass das Land einen stündlichen Regionalzug auf der NBS bestellt. Die hierdurch verfügbaren Regionalisierungsmittel sind sowohl für den Bau der NBS als auch für ihren späteren Betrieb und die spätere Instandhaltung der NBS unabdingbar. Dieser schnelle Regionalzug fehlt nun aber dem Filstal.

3. Um die Wirtschaftlichkeit der NBS weiter zu garantieren, wird die Bahn ihren eigenwirtschaftlichen Fernverkehr vollständig auf die NBS verlagern. Er fehlt damit dem Filstal.

4. Ein viergleisiger Ausbau der Filstalbahn hätte dort ausreichend Kapazität und Flexibilität geschaffen, um sowohl einen halbstündlichen S-Bahnverkehr als auch einen halbstündlichen schnellen Regionalverkehr als auch einen halbstündlichen Fernverkehr mit stündlichen Halten in Plochingen, Göppingen und Geislingen/Steige als auch einen attraktiven Güterverkehr zu schaffen.

Wegen der NBS fehlt jedoch der viergleisige Ausbau der Filstalbahn. Das hat dauerhafte negative Auswirkungen auf die Möglichkeit zur Einrichtung eines Mischbetriebs mit S-Bahn, schneller Regionalbahn, Fernbahn und Güterzügen im Filstal.

5. Zu den Mitteln, mit denen eine positive Nutzen-Kosten-Relation der NBS erreicht werden soll, gehört auch, dass die NBS direkt an einen Flughafen- und Knotenbahnhof beim Stuttgarter Flughafen angebunden sein muss. Damit hat die NBS das Projekt Stuttgart 21 bzw. eine Kombilösung mit dem Feuerbacher Tunnel und dem Fildertunnel sowie einem dauerhaften Umweg für alle Fernzüge über den Stuttgarter Flughafen erst angestoßen und ermöglicht.

Ich habe ja überhaupt nichts gegen eine Kombilösung beim Stuttgarter Hauptbahnhof. Diese Kombilösung hätte aber ohne die NBS Wendlingen-Ulm aus dem Feuerbacher und dem Untertürkheimer Tunnel bestanden bzw. aus einem Schleifentunnel vom Bahnhof Feuerbach unter dem Kräherwald, der Hegelstraße, dem Hegelplatz, der Kriegsbergstraße und dem Stuttgarter Hauptbahnhof und weiter nach Bad Cannstatt.

Bei der eigentlich für den Stuttgarter Hauptbahnhof geeigneten und sinnvollen Kombilösung wären weder die Fernzüge auf die Filderhochfläche mit dem Flughafen hochgejagt worden noch wäre der viergleisige Ausbau der Filstalbahn verunmöglicht worden. Es ist ganz konkret die NSB Wendlingen-Ulm, die zu den jetzt bestehenden Problemen beim Bahnknoten Stuttgart und im Filstal führt.

6. Das Filstal bleibt mit Stuttgart 21 und der NSB vom Flughafen und von der Filderhochfläche abgeschnitten. Es gibt keine direkte Verbindung vom Filstal dorthin. Bei einem wie ursprünglich geplant viergleisigen Ausbau der Filstalbahn wäre auch eine gute Verkehrslösung für den Filderraum möglich gewesen und schon längst verwirklicht.

Das Filstal hätte in Plochingen einen Anschluss an eine attraktive Express-S-Bahn erhalten, die von Plochingen über Wendlingen in wenigen Minuten zum Flughafen und weiter nach Vaihingen fährt.

7. Die NBS hat erst die raumordnerisch und verkehrsplanerisch absurde Station Merklingen herausgefordert. Kein Verkehrsplan und kein Raumordnungsplan hat bei Merklingen auf der Albhochfläche jemals einen Bahnhof postuliert. Den Vogel hat erst kürzlich der Ulmer SPD-Landtagsabgeordnete Rivoir abgeschossen, als er unter Verweis auf einige bereits getätigte Grundstückskäufe von Fernpendlern in spe rund um Merklingen gefordert hat, die NBS mit der Station Merklingen so früh wie möglich in Betrieb zu nehmen. 

Hierzu ist ganz klar zu sagen: Es ist nicht die Aufgabe des Staates und der staatlichen Daseinsvorsorge, das extrem umweltschädliche Fernpendeln (z.B. von Merklingen nach Stuttgart) zu fördern.

Andererseits fehlen attraktive Bahnkapazitäten im Fistal, das in der Tat in jedem Raumordnungs- und Verkehrsplanungsbericht als Schwerpunktachse der Siedlungs- und Verkehrentwicklung ausgewiesen ist. 

Was ist jetzt zu tun?
Es gibt jetzt nur noch die Alternative, Stuttgart 21 als Ganzes zu stoppen oder wenigstens noch das zu retten was zu retten ist.

Allen unter der großen Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21, die weiterhin versuchen, Stuttgart 21 als Ganzes zu stoppen, wünsche ich viel Erfolg und Glück. Sollte das jedoch nicht mehr möglich sein, sind die Pläne von Stuttgart 21 wie folgt anzupassen, mit dem Ziel, dass das Projekt abgespeckt wird, dass die Kosten verringert werden und dass für das Filstal und die Fildern noch eine bessere Verkehrslösung möglich wird:
  • Der Flughafenbahnhof wird direkt an die A8 verlegt
  • Die Bahnsteige des Flughafenbahnhofs werden nur 200 Meter lang, so dass dort keine Fernzüge halten. Am Flughafenbahnhof sollen nur Regionalzüge halten.
  • Die Gäubahn fährt weiterhin über Stuttgart-Vaihingen und die Panoramastrecke zum Hauptbahnhof. Die Rohrer Kurve und die Umrüstung der S-Bahnstrecke zum Flughafen für Fernzüge werden nicht gebaut.
  • Im Filstal wird abschnittsweise ein drittes und viertes Gleis gebaut mit dem Ziel, dort einen besseren Mischbetrieb zu ermöglichen und dort den einen oder anderen Fernzug der Bahn anzulocken.
  • Es bleibt ein Rest-Kopfbahnhof in Stuttgart bestehen mit Zuläufen von Zuffenhausen, von der Gäubahn und von Bad Cannstatt.
  • Es wird eine starke Express-S-Bahn von Vaihingen über den Flughafen nach Wendlingen-Plochingen sowie nach Kirchheim/Teck-Göppingen eingerichtet. Die Relation nach Nürtingen-Reutlingen würde im Falle, dass Stuttgart 21 irgendwie doch in Betrieb genommen wird, nicht von der Express-S-Bahn, sondern von den Metropolexpresszügen bedient werden.     
       

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