Der etappierbare Ausbau des Bahnknotens Stuttgart zusammen mit der Stärkung des S-Bahnnetzes der Region Stuttgart: Das ist die Agenda, die alternativ zum Alles-oder-Nichts-Projekt Stuttgart 21 umgesetzt werden sollte. Je früher man sich dazu entschließt, desto geringer wird der Schaden sein, den die Region Stuttgart und BW erleiden werden.
Wir wollen uns in diesem Blog in einer vierteiligen Serie mit dem etappierbaren Ausbau des Bahnknotens Stuttgart und dem Ausbau der S-Bahn befassen. Im vorangegangenen Post ging es um das Produkt der Express-S-Bahn. Im heutigen Post wollen wir eine erste Ausbauetappe des Bahnknotens Stuttgart und der Stuttgarter S-Bahn mit Zeithorizont 2019 präsentieren. Hierfür ist allerdings unbedingt die Info im vorangegangenen Post erforderlich. Im dritten Post der kleinen Serie soll dann ein minutengenauer Fahrplan für die erste Ausbauetappe präsentiert werden, der den Bereich zwischen Hauptbahnhof -S-Vaihingen - Herrenberg - Flughafen - Nürtingen - Wendlingen - Plochingen - Göppingen - Esslingen sowie die dort verkehrenden S-Bahnlinien und die auf die S-Bahnlinien abgestimmten Regionalzüge umfasst. Ab dem vierten Post der Serie soll dann eine zweite Ausbauetappe des Bahnknotens Stuttgart und der Stuttgarter S-Bahn mit Zeithorizont 2030 vorgestellt werden. Denn es ist klar, dass die Welt im Jahr 2019 nicht enden wird und wir auch mittelfristige Ausbauüberlegungen für den Bahnknoten Stuttgart anstellen müssen.
Jetzt geht es aber erst einmal darum, innerhalb möglichst kurzer Zeit eine merkliche Verbesserung für den Bahnknoten Stuttgart und für die Stuttgarter S-Bahn zu erreichen. Das Zieljahr 2019 scheint hierfür realistisch zu sein. Denn diese erste Ausbauetappe kommt weitgehend ohne neue Tunnelbauten aus. Zudem können für diese erste Ausbauetappe bestimmte Elemente des Projekts Stuttgart 21 übernommen werden. Es ist dann lediglich eine relativ geringfügige Planänderung bei diesen Elementen erforderlich. Damit ist es im Rahmen des etappierbaren Ausbaus der Bahnknotens Stuttgart möglich, bereits mehr oder weniger weit vor einem möglichen Inbetriebnahmetermin von Stuttgart 21 markante Verbesserungen für den Bahnknoten Stuttgart und für die S-Bahn zu erreichen.
Die baulichen Voraussetzungen für die erste Ausbaustufe 2019
Zählen wir als erstes die baulichen Voraussetzungen für die erste Ausbaustufe des Bahnknotens Stuttgart sowie der Stuttgarter S-Bahn auf:
- Der Neubaustreckenteil des Projekts Stuttgart 21 vom Flughafen entlang der A8 bis Wendlingen wird für die Alternativplanung des etappierbaren Ausbaus des Bahnknotens Stuttgart übernommen. Beim Flughafen wird diese Neubaustrecke jedoch nicht an einen zweiten Flughafenbahnhof, sondern an den bestehenden S-Bahnhof unter dem Terminal angeschlossen.
- Die für Stuttgart 21 geplante Wendlinger Kurve wird übernommen. Gemäß dem im folgenden Post in diesem Blog zu präsentierenden Fahrplan begegnen sich die S-Bahnzüge nicht im Bereich der Wendlinger Kurve, sondern beim Bahnhof Nürtingen. Aus Gründen der Fahrplanstabilität wird jedoch ein zweigleisiger Ausbau der Wendlinger Kurve empfohlen.
- Zusätzlich wird die Wendlinger Gegenkurve gebaut, mit deren Hilfe man vom Flughafen nach Wendlingen und Plochingen kommt. Gemäß dem im folgenden Post in diesem Blog zu präsentierenden Fahrplan ist ein eingleisiger Ausbau der Wendlinger Gegenkurve ausreichend.
- Bei der bestehenden S-Bahnstrecke vom Flughafen nach S-Vaihingen wird die Zugsicherung umgebaut, so dass eine dichtere Zugfolge möglich ist.
- Der Bahnhof S-Vaihingen wird mit einem vierten Bahnsteig versehen und zum Umsteigebahnhof ausgebaut.
- Im Verlauf der Gäubahn zwischen S-Rohr und dem Kopfbahnhof wird die Zugsicherung neugebaut, so dass dort dichte Zugfolgen möglich sind.
- Das fünfte und sechste Gleis zwischen dem Kopfbahnhof und Bad Cannstatt wird gebaut. Hierzu wird einer der für Stuttgart 21 geplanten Tunnel unter dem Rosensteinpark herangezogen. Damit verbunden ist eine Anpassung der Bahnsteige im Bahnhof Bad Cannstatt sowie ggf. der Gleisanlagen im östlichen Gleisvorfeld des Bahnhofs Bad Cannstatt.
- Die Strecke zwischen Plochingen und Göppingen wird für den S-Bahnverkehr hergerichtet.
- Der Bahnhof Nürtingen wird zum Umsteigebahnhof und zum Bahnhof für die S-Bahn umgebaut.
- Der Bahnhof Wendlingen wird modernisiert und zum Umsteigebahnhof ausgebaut.
- Der Bahnhof Plochingen wird modernisiert. Das Umsteigen wird dort erleichtert.
- Der Haltepunkt Oberboihingen wird gemäß dem Vorbild Wernau zum Haltepunkt für die S-Bahn umgebaut bei gleichzeitiger Haltemöglichkeit für die Regionalbahnen.
- Die S-Bahn wird von ihrem heutigen Endpunkt Bernhausen nach Neuhausen a.d.F. verlängert.*
Damit können wir jetzt zur Präsentation des neuen Zugangebots ab 2019 kommen.
- Im Stuttgarter Kopfbahnhof wird der integrale Taktfahrplan mit den Rendezvous-Zeiten um die Minuten 15 und 45 eingeführt.
- Im Verlauf der Gäubahn zwischen Stuttgart und Horb fährt ein Regionalexpress im Halbstundentakt. Die Züge halten auch in S-Vaihingen.
- Zwischen Stuttgart und Ulm fährt ein IRE im Halbstundentakt mit Halt in Plochingen, Göppingen und Geislingen.
- Zwischen Stuttgart und Tübingen über Plochingen fährt ein RE im Halbstundentakt mit Halten wie heute.
- Die neue S-Bahnlinie S7/S70 (eine Express-S-Bahn) fährt vom Kopfbahnhof über S-Vaihingen, Flughafen und Wendlingen nach Plochingen. Diese S-Bahn nimmt im Kopfbahnhof am Rendezvous teil.
- Nach dem Vorbild der heute bereits praktizierten Zugtrennung bei der S-Bahn in Renningen (S6/S60) findet im Flughafen eine Zugtrennung bzw. -vereinigung statt. Die Linie S70 wird dort von der S7 abgekuppelt und fährt im Abstand von 3 Minuten zur S7 entlang der A8 und dann über die Wendlinger Kurve als Express-S-Bahn nach Nürtingen.
- Für die Bedienung der neuen S-Bahnstrecke Plochingen-Göppingen wird die neue Linie S8 eingerichtet. Diese Linie endet jedoch nicht in Plochingen. Sie übernimmt vielmehr die heutigen Kurzfahrten der S1 bis Plochingen und fährt zusammen mit der S1 bis S-Vaihingen. S1 und S8 bilden zwischen Plochingen und S-Vaihingen einen gemeinsamen 15-Minuten-Takt.
- Die Züge der Linie S7 wechseln in Plochingen ihre Liniennummer und fahren nach einigen Minuten Aufenthalt als S9 (Express-S-Bahn) in Richtung Kopfbahnhof weiter. Zusammen mit den RE-Zügen Tübingen-Stuttgart bietet die S9 einen 15 Minuten-Takt zwischen Plochingen und dem Kopfbahnhof mit Zwischenhalten in Esslingen und Bad Cannstatt. Die S9 nimmt im Kopfbahnhof nicht am Rendezvous teil, sondern sie füllt dort die Lücke zwischen den Rendezvous-Zeiten.
- Die Strecke S-Vaihingen - Herrenberg wird nicht mehr von der S1, sondern von der S2 bedient. Der Grund dafür sind die geänderten Fahrtenlagen. Nur die S2 bietet die richtigen Fahrtenlagen, damit sich die S-Bahn und die RE im Abschnitt S-Vaihingen - Herrenberg nicht in die Quere kommen.
- Die Linie S1 endet in Vaihingen. Die Linie S8 fährt von Vaihingen weiter über Flughafen und Bernhausen nach Neuhausen a.d.F. Für diese Wahl der Linienführung sind die jeweiligen Fahrtenlagen der Linien verantwortlich.
- Die Linie S3 fährt über Vaihingen bis Flughafen und wendet dort am Bahnsteig. Während der Berufsverkehrszeiten fährt die S3 vom Flughafen weiter bis Nürtingen mit Zwischenhalt in Oberboihingen.
Als weiteren Punkt können wir jetzt die Umsteigemöglichkeiten im Netz ab 2019 anführen.
- Der Bahnhof Plochingen wird ein wichtiger Umsteigeknoten werden. Es wird dort einen 5-Minuten-Anschluss in beiden Richtungen zwischen der Express-S-Bahn vom/zum Flughafen und dem IRE von/nach Ulm geben.
- Der Bahnhof Wendlingen wird ebenfalls ein Umsteigeknoten werden. Es wird dort einen 7-Minuten-Anschluss in beiden Richtungen zwischen der S7 vom/zum Flughafen und der S1 von/nach Kirchheim/Teck geben. Der Grund für die Unmöglichkeit eines 5-Minuten-Anschlusses im Bahnhof Wendlingen ist die eingleisige Strecke Wendlingen-Kirchheim/Teck. Wäre diese Strecke zweigleisig, könnte es einen 5-Minuten-Anschluss geben.
- Der Bahnhof Nürtingen wird ebenfalls ein wichtiger Umsteigeknoten werden. Es wird dort einen 3-Minuten-Anschluss zwischen der S70 vom/zum Flughafen und dem RE von/nach Tübingen geben.
- Der Bahnhof S-Vaihingen wird ebenfalls als Umsteigeknoten geadelt. Es wird dort einen 8-Minuten-Anschluss zwischen dem RE von/nach Horb und der Express-S-Bahnlinie S7/S70 vom/zum Flughafen geben.
- Der Haltepunkt S-Rohr wird ein Umsteigeknoten zwischen den herkömmlichen S-Bahnen bleiben. Es wird einen 4-Minuten-Anschluss zwischen der S2 von/nach Herrenberg und der S8 vom/zum Flughafen geben.
- Der Bahnhof Flughafen wird ebenfalls ein Umsteigebahnhof werden. Es wird dort einen 0 bzw. 3 Minuten-Anschluss zwischen der S8 von/nach Neuhausen a.d.F. und der S7/S70 von/nach Wendlingen/Plochingen bzw. Nürtingen geben (gleicher Bahnsteig gegenüber).
- Last but not least gibt es im Hauptbahnhof Umsteigemöglichkeiten aus und in alle Richtungen im Rahmen des Rendezvous zu den Minuten 15 und 45 einschließlich der Express-S-Bahn zum/vom Flughafen.
Für den Betrieb im Stuttgarter Hauptbahnhof ab 2019 mussten für den Fahrplan der ersten Ausbaustufe des Bahnknotens Stuttgart mit Zeithorizont 2019 selbstverständlich Annahmen getroffen werden. Es gab die Wahl zwischen einem integralen Taktfahrplan mit Rendezvous-Zeiten zweimal in der Stunde und einem Fahrplan ohne Rendezvous-Zeiten.
Ich habe mich für das Erstere entschieden. Damit ist nichts darüber ausgesagt, dass der Betrieb der ersten Ausbaustufe des Bahnknotens Stuttgart auch ohne integralen Taktfahrplan im Hauptbahnhof funktioniert. Ob die Anschlüsse in den verschiedenen Knoten dann gegenüber dem hier dargestellten Zustand schlechter oder noch besser werden, war nicht Gegenstand der angestellten Untersuchungen.
Wenn man sich für den integralen Taktfahrplan im Hauptbahnhof entscheidet, muss man eine weitere Annahme über den Zeitpunkt des Rendezvous treffen. Ich habe mich für Rendezvous-Zeiten um die Minuten 15 und 45 herum entschieden. Der Grund ist, dass in Mannheim bereits ein Knotenpunkt mit den Anschlusszeiten 00 und 30 im Fernverkehr besteht. Eine Fahrzeit unter 30 Minuten zwischen Mannheim und Stuttgart ist unrealistisch. Deshalb kann im Knoten Stuttgart ein Rendezvous zu den Minuten 00 und 30 nicht stattfinden. Der Zeitpunkt des Rendezvous im Hauptbahnhof ist jedoch für den Fahrplan der ersten Ausbaustufe des Bahnknotens Stuttgart unerheblich. Verschiedene Rendezvous-Zeiten ziehen lediglich eine Verschiebung aller Abfahrtszeiten an allen Bahnhöfen des hier betrachteten Bereichs um den entsprechenden Betrag nach sich.
Anmerkungen zur Teilnahme der Express-S-Bahnen am Rendezvous im Hauptbahnhof
S-Bahnen nehmen normalerweise nicht am integralen Taktfahrplan mit seinen Rendezvous-Zeiten teil. Dazu fahren die S-Bahnen in einem zu dichten Takt. Zudem können die S-Bahnen im Hauptbahnhof nicht so lange stehenbleiben, wie dies für ein erfolgreiches Rendezvous erforderlich wäre.
Bei den Express-S-Bahnen ist die Lage nicht so eindeutig. Hier muss man für jede Linie eine eigene Entscheidung treffen. Wir haben in der ersten Ausbaustufe des Bahnknotens Stuttgart mit Zeithorizont 2019 zwei Express-S-Bahnlinien vorgesehen, die Linie S7/S70 und die Linie S9. Beide Linien könnten unterschiedlicher nicht sein. An Hand dieser beiden Linien lässt sich die Bandbreite zur Teilnahme der Express-S-Bahn am Rendezvous besonders gut veranschaulichen.
Die Express-S-Bahnlinie S7/S70 soll die im Hauptbahnhof ankommenden Reisenden (z.B. aus Richtung Aalen, aus Richtung Crailsheim/Nürnberg, aus Richtung Heilbronn, aus Richtung Karlsruhe, aus Richtung Mannheim) möglichst rasch zum Flughafen bringen. Hierfür ist die Teilnahme am Rendezvous erforderlich, auch wenn als Folge davon durch die S7/S70 dann eines der 16 für das Rendezvous zur Verfügung stehenden Gleise im Kopfbahnhof belegt wird. Die Reisenden aus vielen Richtungen können somit oben im Kopfbahnhof in die Express-S-Bahn umsteigen und sofort weiterfahren.
Die Express-S-Bahnlinie S9 soll zusammen mit dem RE zwischen Plochingen und dem Hauptbahnhof den 15 Minuten-Takt sicherstellen. Daraus folgt, dass diese Linie nicht am Rendezvous im Hauptbahnhof teilnimmt. Es ist im Gegenteil sogar so, dass die Nichtteilnahme der Linie S9 am Rendezvous hochwillkommen ist. Denn die Züge dieser Linie stehen zu Zeiten im Kopfbahnhof, während denen dort jede Menge Platz und relativ wenig los ist. Aber es ist klar: Der Zugverkehr im Hauptbahnhof besteht nicht nur aus den Rendezvous-Zügen. In den Zeiten zwischen den Rendezvous fahren die Verstärkerzüge in den Bahnhof.
Ausblick
Im folgenden Post in diesem Blog wird es langweilig. Dann gibt es jede Menge Zahlen für einen minutengenauen Fahrplan der ersten Ausbaustufe des Bahnknotens Stuttgart mit Zeithorizont 2019. Ab dem übernächsten Post in diesem Blog könnte es dann wieder interessanter werden. Dann werden wir eine zweite Stufe des Ausbaus des Bahnknotens Stuttgart und der Stuttgarter S-Bahn mit Zeithorizont 2030 skizzieren.
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