Sonntag, 20. Mai 2012

Welche Bahnanbindung brauchen der Flughafen und die Fildern?

Am kommenden Freitag, den 25. Mai 2012 soll die erste Sitzung des sogenannten Filderdialogs stattfinden. Der Filderdialog hat zum Ziel, verschiedene Varianten für die Bahnanbindung des Stuttgarter Flughafens sowie der Fildern zu erörtern.

Noch ist keineswegs klar, ob der Filderdialog ein Erfolg wird oder ob er mit einem Affront enden wird. Wird es gelingen, den bisher geplanten sogenannten Filder-Murks ad acta zu legen? Wird eine Variante für die Bahnanbindung des Flughafens und der Fildern ausgewählt werden, die sich rein an Sachargumenten orientiert und die ohne die Politiker-Sprechblasen und das Magistralen-Gedöns auskommt?

In diesem Blog ist das Thema Flughafen und Fildern in den mittlerweile insgesamt 237 Artikeln (Posts) immer wieder mal angesprochen worden. Niemand von uns hat aber die Zeit, alle Artikel jetzt noch einmal auf Aussagen zum Flughafen und zu den Fildern zu durchforsten. Deshalb gibt es heute in diesem Blog eine Aufzählung von Statements zur Bahnanbindung des Stuttgarter Flughafens und der Fildern.


1. Die Bahnanbindung des Stuttgarter Flughafens und der Fildern ist verbesserungsbedürftig.

2. Der bestehende S-Bahn-Bahnhof Flughafen sowie die S-Bahnstrecke von S-Rohr zum Flughafen sind bei weitem nicht ausgelastet.

3. Ein zusätzlicher, zweiter Bahnhof in Tieflage am Flughafen soll vor dem Hintergrund der großen Leistungsreserven des bestehenden Bahnhofs nicht gebaut werden. Der Bau eines zusätzlichen Bahnhofs am Flughafen wäre - milde ausgedrückt - ein Fall für die Rechnungshöfe. Etwas drastischer ausgedrückt wäre es ein Fall von Untreue.

4. Die Verbesserung der Bahnanbindung des Stuttgarter Flughafens und der Fildern soll sich auf das Verkehrsmittel S-Bahn konzentrieren.

5. Das Instrument der Express-S-Bahn (einer S-Bahn, die nur an wenigen, wichtigen Bahnhöfen hält und die somit wesentlich schneller Entfernungen zurücklegen kann als eine herkömmliche S-Bahn) birgt ein großes Potenzial und ist bisher nicht angewendet worden.

6. Ein Mischbetrieb mit S-Bahnen und Fern-/Regionalzügen soll auf der S-Bahnstrecke von S-Rohr bis zum Flughafen nicht stattfinden. Der Mischbetrieb wurde und wird von den zuständigen Fachbehörden aus Sicherheitsgründen abgelehnt. Erst eine sogenannte Ministererlaubnis des Bundesverkehrsministers hat den Mischbetrieb zugelassen.

7. Den zuständigen Politikern und Fachbehörden ist von der Einführung eines Mischbetriebs mit S-Bahn und Fern-/Regionalzügen auf der nur für den S-Bahn-Betrieb gebauten Strecke von S-Rohr zum Flughafen abzuraten. Die Rechtssprechung zu einer solchen Ministererlaubnis im Falle eines späteren Schadens oder Unglücks ist unklar und nicht gefestigt.

8. Die Ministererlaubnis für den Mischbetrieb zwischen S-Bahn und Fern-/Regionalzügen auf der nur für den S-Bahn-Betrieb gebauten Strecke ist zeitlich befristet. Sie würde nach dem wahrscheinlichen Fertigstellungstermin von Stuttgart 21 nur noch wenige Jahre bestehen. Dann müsste in jedem Fall eine andere Lösung gefunden werden. Somit ist es besser und kostengünstiger, von vornherein eine andere Lösung anzustreben.

9. Das S-Bahnnetz der Region Stuttgart ist das mit Abstand kleinste S-Bahnnetz unter den vergleichbaren Regionen (z.B. München, Frankfurt/Main, Zürich). Zusätzliche S-Bahnstrecken stehen deshalb an erster Stelle der Verkehrsagenda in der Region Stuttgart. Dazu gehören auch weitere S-Bahnstrecken, die vom Flughafen aus wegführen.

10. Die Stammstrecke der S-Bahn im Stuttgarter Talkessel ist tendenziell überlastet. Eine zweite S-Bahn-Stammstrecke in Stuttgart - wie in München angestrebt - ist aus verschiedenen Gründen nicht die richtige Lösung. Statt dessen soll es in der Region Stuttgart vermehrt tangentiale S-Bahnlinien geben, die am Stuttgarter Talkessel vorbeifahren. Dazu gehört auch eine Express-S-Bahn vom Flughafen entlang der A8 nach Wendlingen und Plochingen.

11. Express-S-Bahnen sind hervorragend in der Lage, den Flughafen und die Fildern in alle Himmelsrichtungen an das gesamte Bahnnetz von BW anzubinden. Konkret gehören dazu eine Express-S-Bahn vom Flughafen über S-Vaihingen zum Hauptbahnhof, eine Express-S-Bahn vom Flughafen entlang der A8 nach Wendlingen und Plochingen sowie eine Express-S-Bahn vom Flughafen mit einem Tunnel unter Scharnhausen nach S-Obertürkheim, S-Bad Cannstatt und zum Hauptbahnhof.

12. Die Anbindung des Flughafens und der Fildern an das gesamte Bahnnetz von BW erfolgt über Umsteigeknoten im Express-S-Bahnnetz, die im Raum möglichst günstig platziert sind. Dies sind die Knoten S-Vaihingen (Anbindung an die Gäubahn), Wendlingen (Anbindung an die Bahnlinien nach Tübingen und Kirchheim/Teck, Plochingen (Anbindung an die Bahnlinie nach Göppingen/Ulm), S-Obertürkheim (Anbindung nach Esslingen), S-Bad Cannstatt (Anbindung an die Rems- und Murrbahn) und nicht zuletzt Hauptbahnhof (Anbindung an alle nach Norden und Westen führenden Strecken).

13. Ein Mischbetrieb zwischen Express-S-Bahnen und herkömmlichen S-Bahnen auf der Strecke von S-Rohr zum Flughafen entspricht allen eisenbahntechnischen Vorschriften. Ein solcher Mischbetrieb wird in vielen S-Bahnnetzen auf der Welt praktiziert. Ein Mischbetrieb mit Express-S-Bahnen und herkömmlichen S-Bahnen ist keinesfall zu verwechseln mit einem Mischbetrieb mit S-Bahnen und Fern-/Regionalzügen.

14. Der Bahnhof S-Vaihingen muss zu einem Regionalzughalt und einem Umsteigebahnhof zwischen der Gäubahn und der S-Bahn / Express-S-Bahn ausgebaut werden. Die vom Verkehrs- und Tarifverbund (VVS) auf seiner Internetseite genannten Gründe gegen einen Regionalzughalt in S-Vaihingen sind alle nicht stichhaltig bzw. sogar falsch.

15. Eine Verbesserung der Bahnanbindung des Flughafens und der Fildern soll etappierbar sein. Jeder Ausbauschritt muss einen eigenständigen verkehrlichen Wert haben, ohne die Abhängigkeit von anderen Ausbauschritten. Ein Alles-oder-Nichts-Projekt wie bei Stuttgart 21 mit der Gefahr des Entstehens einer Bauruine darf es nicht geben.

16. Der bestehende S-Bahnhof beim Stuttgarter Flughafen soll zweigleisig bleiben, um seine enormen  Leistungsreserven ausschöpfen zu können. Eine Aufteilung in zwei eingleisige Bahnhöfe darf es keinesfalls geben.

17. Zwei (ggf. weit auseinanderliegende) Bahnhöfe am Flughafen führen zu langen Umsteigezeiten, zu Orientierungsproblemen bei den Fahrgästen und zu einer Verminderung der Attraktivität des Schienenverkehrs. Dagegen bietet ein einziger Bahnhof für die Express-S-Bahn / S-Bahn beste Umsteigebedingungen. Es gibt dort keinerlei Orientierungsprobleme. Der Schienenverkehr kann seine Vorteile hier voll ausspielen.

18. Die geplante Verlängerung der Stadtbahnlinie U6 vom Fasanenhof zum Flughafen rechnet sich auch und gerade bei einer alleinigen Bahnanbindung des Flughafens auf der Basis von Express-S-Bahnen / S-Bahnen. Die geplante Endhaltestelle der U6 beim Flughafen ist oberirdisch in der Nähe des S-Bahnhofs. Versuche, den Filder-Murks von Stuttgart 21 dadurch zu begründen, dass sich nur so die Verlängerung der U6 bis zum Flughafen rechnet, sind entschieden zurückzuweisen.

19. Derselbe Sachverhalt wie bei der U6 gilt auch für die geplante Verlängerung der S-Bahn von Bernhausen nach Neuhausen a.d.F.        
 
20. Der Flughafen soll nicht an Fernzüge angeschlossen werden. Der Aufwand für eine Anbindung des Flughafens an Fernzüge steht in keinem Verhältnis zu den Nutzen.

21. Fernzüge (ICE) sollen in einer Großstadt nur einmal halten. Von den 137 Städten in Deutschland mit ICE-Anschluss haben fast alle nur einen Bahnhof für den ICE. Die Städte mit mehr als einem Bahnhof befinden sich fast alle an den Endpunkten des ICE-Netzes.

22. Der vorgegebene Halt des ICE in Stuttgart ist der Hauptbahnhof. Daneben soll es keinen weiteren ICE-Halt geben. Ein mehrmaliger Halt des ICE in einer Großstadt schwächt das ICE-Verkehrssystem. Ein Halt des ICE am Flughafen fördert das Verkehrsmittel Flugzeug zu Lasten des Fernverkehrs der Bahn.

23. Wichtiger als eine Anbindung des Flughafens an das ICE-Netz ist eine möglichst schnelle Anbindung des Flughafens an den einzigen ICE-Bahnhof der betreffenden Großstadt und ggf. die Anbindung an weitere Knotenbahnhöfe in der Umgebung des Flughafens.

24. Die Transrapid-Rede des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber bezieht sich gerade auf den Sachverhalt, dass der Münchner Flughafen nicht an das ICE-Netz angeschlossen werden soll. Vielmehr ist eine möglichst schnelle Anbindung des Münchner Flughafens an den ICE-Bahnhof Hauptbahnhof erforderlich. Zunächst war dafür in München der Transrapid vorgesehen, jetzt wird eine Express-S-Bahn geplant.

25. Wegen der enormen Kapazitätsreserven des bestehenden S-Bahn-Bahnhofs Flughafen soll der Flughafen bis auf weiteres auch nicht an den Regionalzugverkehr angebunden werden. Alle Anbindewünsche des Flughafens an das Bahnnetz von BW werden mit den neuen Express-S-Bahnstrecken sowie den im Raum günstig verteilten Umsteigeknoten erfüllt.

26. Eine Verbesserung der Bahnanbindung des Flughafens und der Fildern muss auch die Autobahn A8 entlasten. Der geplante achtspurige Ausbau der A8 zwischen der Anschlussstelle Wendlingen und dem Autobahnkreuz Stuttgart muss verbindlich storniert werden können. Dafür ist eine autobahnnahe Express-S-Bahn erforderlich, die wichtige Punkte im Filderraum und an dessen Rand verbindet. Dies kann die Express-S-Bahn von S-Vaihingen über Flughafen und Wendlingen nach Plochingen leisten.

27. Eine Verbesserung der Bahnanbindung des Flughafens und der Fildern auf der Basis des S-Bahnsystems mit dem zusätzlichen Element einer Express-S-Bahn ist auch verfassungsrechtlich korrekt - im Gegensatz zu Stuttgart 21, über dem ja immer noch das Damoklesschwert der verfassungswidrigen Mischfinanzierung schwebt. Die Federführung beim Ausbau der S-Bahnanbindung des Flughafens übernimmt die für die S-Bahn zuständige Region Stuttgart. Hierfür gibt es Sonderzuwendungen des Landes. Diese Sonderzuwendungen sind begründet durch die landesweite Bedeutung des Flughafens. Die Mittel für die Sonderzuwendungen des Landes kommen aus den bisher für Stuttgart 21 reservierten Mitteln.                                

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