Samstag, 12. November 2011

Flüge Frankfurt - München: das letzte Aufgebot der S21-Befürworter

Die Argumente für Stuttgart 21 lösen sich gerade alle in Luft auf. Um Stuttgart 21 zu rechtfertigen, fielen dem Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Stuttgarter Landtag, Peter Hauk, jetzt die Flüge zwischen Frankfurt und München ein. Diese Flüge, so Hauk, würden durch Stuttgart 21 hinfällig werden.

Ok, schauen wir uns die Sache einmal näher an.



Zunächst einmal gilt es zum wiederholten Male festzuhalten, dass Stuttgart 21 für die Strecke Frankfurt-München über Stuttgart so gut wie keine Fahrzeitgewinne bringt. Fahrzeitgewinne bringt allein die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm. Diese Neubaustrecke ist nicht Stuttgart 21 und über diese Neubaustrecke wird am 27.11.2011 nicht abgestimmt. Die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm kann über Obertürkheim gut an den Stuttgarter Kopfbahnhof angebunden werden. Eine Anbindung der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm über Obertürkheim an den Kopfbahnhof ist entfernungsmäßig sogar kürzer als die Anbindung über den Stuttgarter Flughafen an den Stuttgart 21-Tiefbahnhof. Was die Fahrzeiten betrifft, so ist eine Fahrzeit von 28 Minuten zwischen Ulm und Stuttgart mit der Anbindung über Obertürkheim genauso zu machen wie mit der Anbindung über den Flughafen.

Stuttgart 21 verhindert auf alle Zeiten eine durchgehende Schnellbahnverbindung zwischen Frankfurt und München. Denn zwischen dem Stuttgart 21-Tiefbahnhof und der Schnellfahrstrecke nach Mannheim besteht bei Stuttgart 21 eine über 10 Kilomter lange Langsamfahrstrecke. Das wurde ja in diesem Blog im Zusammenhang mit der Zufahrt Zuffenhausen zum Bahnknoten Stuttgart schon hinreichend thematisiert. Und diese Langsamfahrstrecke wird nach menschlichem Ermessen wohl niemals mehr geschlossen werden können, sollte Stuttgart 21 gebaut werden.

Es ist auch festzuhalten, dass eine Verkürzung der Fahrzeit zwischen Frankfurt und München über Stuttgart durch andere, kostengünstigere Maßnahmen wesentlich mehr Erfolge bringt als durch die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm oder gar Stuttgart 21. Dazu gehört die Inbetriebnahme der viergleisigen, mit 230 km/h zu befahrenden Strecke zwischen München und Augsburg. Ja, tatsächlich: es gibt auch gute Projekte der Bahn. Und die Baumaßnahmen zwischen München und Augsburg sind jetzt mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2011 beendet. Die Fernzüge können dann mit 230 km/h fahren und sparen wichtige Minuten, auch zwischen München und Stuttgart oder München und Frankfurt über Stuttgart. 

Zu den kostengünstigeren Maßnahmen gehört aber auch der Ausbau der Strecke Augsburg-Ulm auf 230 km/h. Diese Strecke verläuft durch flaches bis leicht hügeliges Land. Ein Ausbau dieser Strecke ist ungleich billiger als die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm, die durch eine Gebirgslandschaft führt, die schwieriger zu bewältigen ist als etwa die Alpen. Und zu den kostengünstigeren und hocheffektiven Maßnahmen gehört auch die Neubaustrecke Frankfurt-Mannheim, die nicht nur wichtige Fahrzeitgewinne bewirkt, sondern auch eines der ganz großen Nadelöhre des deutschen Bahnnetzes beseitigt.

Soweit zu den bahnverkehrlichen Aspekten der Verbindung Frankfurt-München. Jetzt müssen wir aber noch einen Blick auf den Flugverkehr werfen. Hier stellt sich die Frage: Würden denn die Flüge zwischen Frankfurt und München überflüssig werden, wenn es eine Super-Schnellbahnverbindung zwischen den beiden Städten gäbe? Die Antwort lautet nein.

Schauen wir uns zunächst einmal die Flüge zwischen Stuttgart und München an. In den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts gab es städteverbindende Flüge zwischen den beiden Städten, die wohl hauptsächlich von Spesenrittern benutzt wurden. Diese Flüge wurden mangels Rentabilität eingestellt. Nach der Inbetriebnahme des neuen Münchner Flughafens im Erdinger Moos und vor allem, nachdem die Lufthansa am Münchner Flughafen ihren zweiten Knotenpunkt ("Hub") eingerichtet hat, wurden die Flüge zwischen Stuttgart und München wieder aufgenommen. Die Lufthansa verbindet heute die beiden Flughäfen mit fünf Flügen pro Tag und Richtung. Allerdings werden diese Flüge nicht von Fluggästen genutzt, die einfach mal von Stuttgart nach München wollen. Vielmehr dienen diese Flüge ausschließlich als Zubringerflüge von Stuttgart zum Lufthansa-Hub München. Die von München in alle Welt startenden Großraumflugzeuge müssen durch Zubringerflüge aus großen Teilen Europas (nicht nur Deutschland, sondern z.B. auch Österreich, Schweiz, Italien) gefüttert ("feeding") werden. Es braucht in diesem Zusammenhang wohl nicht extra erwähnt zu werden, dass außer der Lufthansa mit ihren Hub-Interessen keine andere Fluggesellschaft Flüge zwischen Stuttgart und München angebietet.

Was die Flüge zwischen Frankfurt und München betrifft, verhält es sich ähnlich. Die Lufthansa verbindet beide Städte mit 14 Flügen pro Tag und Richtung. Auch hier gibt es keine andere Airline, die Flüge zwischen den beiden Städten anbietet. Es gab in der Vergangenheit immer wieder Versuche von verschiedenen Airlines, solche Flüge anzubieten. Sie sind aber jeweils grandios gescheitert. Der Flughafen Frankfurt ist der wichtigste Lufthansa-Hub, der Flughafen München der zweitwichtigste (danach kommen Zürich mit der Tochter swiss und mit großem Abstand noch Wien mit der Tochter austrian). 

Nun gibt es zwischen den verschiedenen Hubs eine Aufgabenteilung. Nicht alle Ziele in der Welt werden von allen Hubs gleichermaßen angeboten. Jeder Hub hat seine Schwerpunkte. Und das ist dann auch der Grund, dass es Lufthansa-Zubringerflüge von Frankfurt zum Hub München und auch umgekehrt von München zum Hub Frankfurt gibt. Eine schnelle Bahnverbindung zwischen Frankfurt und München würde diese Flüge nicht überflüssig machen, genauso wenig wie die Flüge zwischen Stuttgart und München überflüssig sind.

Fazit: das Argument der Flüge zwischen Frankfurt und München ist genauso wenig in der Lage, Stuttgart 21 zu rechtfertigen wie alle anderen Pro-Argumente.                                

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