Freitag, 26. August 2011

Was sagen die Ausbau-Varianten zur Zufahrt Zuffenhausen?

Inzwischen kommt Bewegung in die Diskussion um den Ausbau des Bahnknotens Stuttgart. Mehrere Ausbau-Varianten für den Bahnknoten Stuttgart liegen jetzt vor. Und diese Varianten sollen hier in diesem Blog gegenübergestellt werden. Dafür sind mehrere Posts erforderlich. 

Heute beschäftigen wir uns mit der Zufahrt Zuffenhausen, einem wichtigen Thema beim Ausbau des Bahnknotens Stuttgart. Über die wichtige Zufahrt Zuffenhausen kommt ca. die Hälfte aller Züge zum Stuttgarter Hauptbahnhof. Auch die Schnellfahrstrecke Mannheim-Stuttgart wird über die Zufahrt Zuffenhausen an den Hauptbahnhof angebunden. 



Die Zufahrt Zuffenhausen weist zur Zeit zwei Defizite auf. Einmal ist ihre Kapazität zu gering. Es stehen für die Hälfte aller den Hauptbahnhof anfahrenden Fern- und Regionalzüge nur zwei Gleise zur Verfügung. Die beiden Gleise der S-Bahn können im Störungsfall mitgenutzt werden. Ein weiteres Defizit, das allerdings gegenüber dem gerade genannten Defizit nachrangig ist, besteht darin, dass die Schnellfahrstrecke Mannheim-Stuttgart zur Zeit bereits im Tunnel Langes Feld endet. Bereits am Beginn des Tunnels Langes Feld müssen die ICE ihre Geschwindigkeit vermindern. Die letzten neun Kilometer bis zum Hauptbahnhof legen die ICE und TGV mit nur noch max. 120 km/h zurück. Dies führt dazu, dass die Systemfahrzeit zwischen Mannheim und Stuttgart nicht die für den integralen Taktfahrplan erforderlichen 29 bzw. 28 Minuten aufweist. Sie liegt statt dessen deutlich über 30 Minuten. Solange dies so bleibt, kann zusätzlich zum bestehenden Mannheimer Taktknoten in Stuttgart ein Vollknoten im Rahmen des integralen Taktfahrplans nicht eingerichtet werden.

Sehen wir uns jetzt die einzelnen Varianten für den Ausbau des Bahnknotens Stuttgart an. Welche Lösungen bieten die Varianten für die genannten beiden Defizite der Zufahrt Zuffenhausen an?

Stuttgart 21
Beim Projekt Stuttgart 21 gibt es bei der Zufahrt Zuffenhausen weiterhin nur zwei Gleise für den Fern- und Regionalverkehr. Das heute noch mögliche Ausweichen auf die S-Bahngleise wird nicht mehr möglich sein. Die sogenannte P-Option, die zu einem späteren Zeitpunkt die Wiederinbetriebnahme des Pragtunnels und zwei weitere Gleise vorsieht, ist nicht umsetzbar und ein Phantom. Denn der nur achtgleisige und nicht ausbaubare Tiefbahnhof kann zusätzliche Züge aus der Zufahrt Zuffenhausen gar nicht mehr aufnehmen. Stuttgart 21 beinhaltet also keinerlei Maßnahmen, um die Kapazität der Zufahrt Zuffenhausen zu erhöhen.

Auch in Bezug auf eine bessere Anbindung der Schnellfahrstrecke Mannheim-Stuttgart ist bei Stuttgart 21 Fehlanzeige. Nach wie vor und für alle Zeiten endet bei Stuttgart 21 die Schnellfahrstrecke im Tunnel Langes Feld. Zwar werden durch den Feuerbacher Tunnel Fahrzeitreduktionen von maximal zwei Minuten gegenüber dem aktuellen Zustand erreicht. Dies ist aber nicht ausreichend, um die Systemfahrzeit Mannheim-Stuttgart für die ICE unter 30 Minuten zu drücken.

K 21 (Vorschlag Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21)

Der Ausbau des Bahnknotens Stuttgart erfolgt bei K 21 in Stufen mit einzelnen Modulen, die jeweils für sich realisiert werden können und die einen eigenen Verkehrswert haben. Eines dieser Module - allerdings in zeitlicher Hinsicht nicht das erste umzusetzende Modul - beinhaltet den Bau eines fünften Gleises bzw. sogar eines fünften und sechsten Gleises zwischen Zuffenhausen und dem Kopfbahnhof. Die zusätzlichen Gleise lassen sich auf dem vorhandenen Gelände der Bahn realisieren, ohne dass in angrenzende Grundstücke eingegriffen werden muss. Für das fünfte und sechste Gleis muss ein dritter Pragtunnel neben den beiden vorhandenen Pragtunneln gebaut werden, eine im Vergleich zu den langen Tunnelstrecken bei S 21 kleine Maßnahme. Im Rahmen von K 21 wird es also möglich sein, die Kapazität der Zufahrt Zuffenhausen gegenüber dem heutigen Zustand zu verdoppeln. Der Kopfbahnhof mit seinen 17 Gleisen wird in der Lage sein, die über die ausgebaute Zufahrt Zuffenhausen kommenden zusätzlichen Züge aufzunehmen.

Zur Anbindung der Schnellfahrstrecke von Mannheim an den Stuttgarter Hauptbahnhof und zur Erreichung einer Systemfahrzeit zwischen Mannheim und Stuttgart von unter 30 Minuten gibt es bei K 21 bisher keine Planungen. 

SK 2.2 (Vorschlag der SMA / Heiner Geißler)
Dieser Vorschlag sieht einen quer zum Kopfbahnhof verlaufenden viergleisigen Tiefbahnhof vor. Die Gleise des Kopfbahnhofs werden gegenüber dem Bestand reduziert. Der viergleisige Tiefbahnhof wird über die auch bei Stuttgart 21 geplanten Tunnel von Feuerbach und zum Flughafen angebunden.


SK 2.2 beinhaltet eine Verdoppelung der Kapazität der Zufahrt Zuffenhausen gegenüber dem Bestand. Denn die beiden neuen Gleise im Tunnel von Feuerbach zum Hauptbahnhof kommen zu den beiden bestehenden Gleisen hinzu. Voraussetzung ist allerdings, dass auch nördlich von Feuerbach bis Zuffenhausen zwei zusätzliche Gleise gelegt werden. Probleme gibt es eventuell mit der Kapazität des Hauptbahnhofs. Es ist zu fragen, ob die über die ausgebaute Zufahrt Zuffenhausen kommenden zusätzlichen Züge vom Hauptbahnhof auch dann aufgenommen werden können, wenn im Kopfbahnhof vier oder sechs Gleise entfallen.

Zur direkten Anbindung der Schnellfahrstrecke von Mannheim an den Stuttgarter Hauptbahnhof sowie zur Systemfahrzeit Mannheim-Stuttgart von unter 30 Minuten macht SK 2.2 keine Angaben.


KL 21 (Vorschlag der VIEREGG-RÖSSLER-GmbH)
Dieser Vorschlag sieht den Erhalt und die Modernisierung des gesamten Kopfbahnhofs vor. Wenn die Zugzahlen zukünftig stark zunehmen, soll ein viergleisiger unterirdischer Durchgangsbahnhof parallel zu den Gleisen des Kopfbahnhofs gebaut werden. Daran schließt sich ein Tunnel unter der Stuttgarter Innenstadt hindurch und hinauf auf die Fildern an.

KL 21 behandelt auch die Zufahrt Zuffenhausen. Für diese Zufahrt wird der Bau zweier zusätzlicher Gleise vorgeschlagen. Gleichzeitig wird eine gedankliche Verbindung hergestellt zwischen der Kapazitätserweiterung der Zufahrt Zuffenhausen durch den Bau zweier zusätzlicher Gleise und der direkten Anbindung der Schnellfahrstrecke Mannheim-Stuttgart an den Hauptbahnhof. Es wird vorgeschlagen, dass die beiden neuen Gleise der Zufahrt Zuffenhausen so trassiert werden (Tunnel), dass die Schnellfahrstrecke bis zum Hauptbahnhof fortgesetzt wird. Allerdings wird nicht näher darauf eingegangen, wie die Trassierung der beiden neuen Gleise erfolgen soll.   


Vorschlag in diesem Blog (Post vom 30.11.2010)
Dieser Vorschlag hat keine Projektnummer wie die anderen Vorschläge. Er beinhaltet neben einem Ausbau des Kopfbahnhofs einen zusätzlichen Durchgangsbahnhof. Die zusätzliche Durchmesserlinie verläuft wie folgt: sie beginnt aus Richtung Mannheim beim Westportal des Tunnels Langes Feld. verläuft parallel zur A 81 und zur B10, unterquert das Waldgebiet Seewald, kreuzt die S6 östlich von Korntal, unterquert den Lemberg, den Heukopf und den Kräherwald und verläuft dann unter der Hegelstraße und unter der Kriegsbergstraße unmittelbar unter der Straßenoberfläche zum Hauptbahnhof. Der Tiefbahnhof für den Fernverkehr liegt höhenmäßig oberhalb des Tiefbahnhofs der S-Bahn. Im Gleisvorfeld des Hauptbahnhofs taucht die Durchmesserlinie wieder auf und führt dann weiter nach Bad Cannstatt. Dort stehen alle weiteren Ausbauoptionen offen.

In Bezug auf die Kapazität der Zufahrt Zuffenhausen bringt diese Alternative eine Verdoppelung von zwei auf vier Gleise. Denn alle Züge von der Schnellfahrstrecke werden auf die neue Durchmesserlinie geleitet, auch die in Stuttgart endenden Züge. Diese Züge können aus dem Tiefbahnhof direkt weiter zum zukünftigen Abstellbahnhof Untertürkheim fahren. Die bestehenden beiden Gleise der Zufahrt Zuffenhausen stehen dann vollständig für die Züge aus Richtung Bietigheim zur Verfügung.

Beim Thema der Systemfahrzeit zwischen Mannheim und Stuttgart von unter 30 Minuten und der Anbindung der Schnellfahrstrecke an den Stuttgarter Hauptbahnhof bringt diese Variante einen konkreten Trassierungsvorschlag - im Gegensatz zur Variante KL 21, wo die konkrete Trassierung offen bleibt. Die Fahrzeiten des ICE zwischen Mannheim und Stuttgart werden unter 30 Minuten liegen. Der integrale Vollknoten kann in Stuttgart eingerichtet werden.   

Fazit
Stuttgart 21 ist in Bezug auf die Probleme der Zufahrt Zuffenhausen die denkbar schlechteste Ausbauvariante des Bahnknotens Stuttgart. Alle anderen hier genannten Ausbauvarianten erhöhen die Kapazität der Zufahrt Zuffenhausen entscheidend und ermöglichen somit eine Stärkung des Bahnknotens Stuttgart sowie eine zukünftige Verlagerung von Verkehr auf die Schiene. Die direkte Anbindung der Schnellfahrstrecke von Mannheim an den Hauptbahnhof und die Erreichung einer Systemfahrzeit im Rahmen des integralen Taktfahrplans zwischen Mannheim  und Stuttgart ist allerdings bisher bei fast allen Konkurrenz-Varianten zu S 21 nicht belastbar herausgearbeitet.

Bei der Umsetzung ist denkbar, eine Kombination verschiedener Varianten auszuführen. Der Bau eines fünften Gleises zwischen Zuffenhausen und dem Hauptbahnhof ist relativ schnell baureif. Mit dieser Maßnahme könnte man beginnen. Eine neue Trasse vom Tunnel Langes Feld bis zum Hauptbahnhof braucht hingegen einen längeren Planungsvorlauf, so dass sich dieser Projektteil später anschließen könnte.    

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