Dienstag, 4. Februar 2020

Eine zweite Start- und Landebahn für den Stuttgarter Flughafen ist unrealistisch und nicht erforderlich

Im Jahr 2019 steigerte der Stuttgarter Flughafen seine Passagierzahlen auf 12.700.000 Fluggäste. Das ließ einige interessierte Kreise bereits wieder laut über eine zweite Start- und Landebahn für den Stuttgarter Flughafen nachdenken.

Der Stuttgarter Flughafen hängt ja irgendwie auch immer mit dem Projekt Stuttgart 21 zusammen. Deshalb wollen wir heute in diesem Blog dieses Thema ansprechen und gleich das Ergebnis der kleinen Betrachtung zu diesem Thema vorwegnehmen: Eine zweite Start- und Landebahn für den Stuttgarter Flughafen ist weder realistisch noch erforderlich.

In einer Beratungsunterlage zur Terminalentwicklung für die Sitzung des Stuttgarter Gemeinderats am 06.02.2020 schätzt der Stuttgarter Flughafen seine maximale Kapazität ab. Es wird für die Flugbewegungen das Jahr 2006 herangezogen, in dem es das bisherige Maximum an Flugbewegungen mit 164.736 Bewegungen gab. Für die Zahl der Passagiere pro Flugbewegung wird das Jahr 2017 herangezogen, in dem es 109 Passagiere pro Bewegung gab. Daraus errechnet der Flughafen eine theoretische Passagierzahl von 17,96 Mio. Passagieren, die mit nur einer Bahn abgefertigt werden können.

Die Berechung des Stuttgarter Flughafens weist Schwachstellen auf
Diese Berechnung weist jedoch Schwachstellen auf. So ist es keineswegs klar, dass die Zahl der Flugbewegungen, die im Jahr 2006 erreicht wurde, bereits das mögliche Maximum der Flugbewegungen sind. Auch ist keineswegs klar, ob die Zahl der Passagiere pro Flugbewegung, die im Jahr 2017 erreicht wurde, bereits das Maximum ist. Durch den Einsatz größerer Flugzeuge könnte hier noch wesentlich mehr erreicht werden.

Um hier weiterzukommen, ist ein Blick auf andere Flughäfen erforderlich.


Beim Flughafen Genf spricht niemand von einer zweiten Bahn
Der Flughafen Genf war über viele Jahrzehnte hinweg dem Stuttgarter Flughafen immer voraus, was die Zahl der Passagiere und die Zahl der Flugbewegungen betrifft. Auch der Flughafen Genf verfügt über nur eine Start- und Landebahn. Im Jahr 2019 gab es beim Flughafen Genf 17.900.000 Passagiere und 186.000 Flugbewegungen. Das sind dann 96 Passagiere pro Flugbewegung. Niemand spricht in Genf von einer zweiten Start- und Landebahn.

Der größte Single-Runway-Airport der Welt
Wenn man die Kapazitätsmöglichkeiten eines Flughafens mit nur einer Start- und Landebahn abschätzen will, muss man selbstverständlich den Rekordhalter auf diesem Gebiet näher betrachten. 

Unter den Flughäfen der Welt, die nur eine Start- und Landebahn aufweisen, ist der Flughafen London-Gatwick der Rekordhalter. Gatwick Airport - gelegen im Süden von London - ist der zweitgrößte Londoner Flughafen (nach Heathrow) sowie der achtgrößte Flughafen Europas. Im Jahr 2018 wies Gatwick 46.086.000 Passagiere sowie 283.919 Flugbewegungen auf. Das ergibt dann 162 Passagiere pro Flugbewegung.

Beim Stuttgarter Flughafen ist auch mit einer Start- und Landebahn noch viel Luft
Auch wenn die Verhältnisse beim Flughafen Gatwick nicht eins zu eins für den Stuttgarter Flughafen zu kopieren sind, muss doch als sicher gelten, dass der Stuttgarter Flughafen auch mit nur einer Start- und Landebahn noch viel Luft bei den Passagierzahlen hat.

Dies ist kein Plädoyer für immer weiter steigende Fluggastzahlen beim Stuttgarter Flughafen. Es wird hier lediglich betont, dass auch bei weiter steigenden Fluggastzahlen der Stuttgarter Flughafen keine zweite Start- und Landebahn benötigt. Die Fluggastzahlen beim Stuttgarter Flughafen werden in den kommenden Jahren wohl noch etwas weiter steigen, wenn die Babyboomer-Jahrgänge in die Rente kommen. Mittelfristig, wenn die Babyboomer-Jahrgänge ein höheres Alter erreichen, in dem man nicht mehr so oft fliegt, werden die Fluggastzahlen am Stuttgarter Flughafen jedoch wahrscheinlich einbrechen.   

Gatwick kann sich eine mehrmonatige Sperrung der Bahn nicht leisten
Was macht eigentlich der Flughafen Gatwick, wenn seine Start- und Landebahn mal repariert werden muss? Das ist in Gatwick kein Problem. Denn es gibt in einem Abstand von nur 200 Meter zur Start- und Landebahn eine zweite Ersatz-Start- und Landebahn. Beide Bahnen können und dürfen wegen des kleinen Abstands nicht gleichzeitig genutzt werden. Die zweite Bahn wird somit nur dann genutzt, wenn die Haupt-Bahn aus irgendwelchen Gründen nicht zur Verfügung steht.

Hier könnte sich die Wirtschaft der Region Stuttgart engagieren
Das wäre dann doch auch ein Vorschlag für die Wirtschaft in der Region Stuttgart. Anstatt für das Projekt Stuttgart 21 zu werben oder gar für die Schnapsidee einer zweiten Start- und Landebahn beim Stuttgarter Flughafen zu trommeln, sollte die Wirtschaft darauf dringen, dass der Stuttgarter Flughafen ohne eine mehrmonatige Sperrung wegen Reparaturarbeiten an seiner einzigen Start- und Landebahn auskommt. Hierzu könnte einer der beiden Rollwege beim Stuttgarter Flughafen als Ersatz-Start- und Landebahn ausgebaut werden. Der Abstand dieser Ersatz-Bahn zur Haupt-Start- und Landebahn wäre auch in Stuttgart so klein, dass diese keinesfalls als zweite Bahn genutzt werden kann   

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