Die Vorplanungen für einen Fernbahntunnel in Frankfurt am Main haben begonnen. Der Frankfurter Fernbahntunnel scheint im Vergleich zu Stuttgart 21 ein sinnvolles Projekt zu sein. Warum ist dies so? Warum ist Stuttgart 21 demgegenüber ein schlechtes Projekt? Hier sind die Fakten:
Der Frankfurter Fernbahntunnel wurde im Bundesverkehrsministerium initiiert
Für den Ausbau der Bahnstrecken in Deutschland und somit auch für den Ausbau des Bahnknotens Frankfurt ist das Bundesverkehrsministerium zuständig. Tatsächlich hat jetzt das Bundesverkehrsministerium den Bau eines Fernbahntunnels in Frankfurt auf den Weg gebracht.
Das zuständige Bundesverkehrsministerium hat jedoch weder das Projekt Stuttgart 21 noch auch nur einen Fernbahntunnel unter Stuttgart angeregt. Stuttgart 21 ist eine Idee des damaligen Bahnvorstands Dürr, der kurz nach der Bahnreform als erster Vorstand der neuen Bahn AG von der Idee, Bahngrundstücke zu Geld zu machen, umgetrieben war. Die Landes-CDU, namentlich der damalige Ministerpräsident Teufel und der damalige Stuttgarter OB Rommel haben Stuttgart 21 dann schnell zu ihrem Projekt und zum Projekt der Landes-CDU gemacht.
Das Bundesverkehrsministerium wollte niemals Stuttgart 21. Nur der andauernde und starke Druck der Landes-CDU brachte das Bundesverkehrsministerium dann dazu, Stuttgart 21 wenigstens keine Steine in den Weg zu legen. Das Bundesverkehrsministerium will mit Stuttgart 21 nichts zu tun haben. Es nahm konsequenterweise auch nicht am Sach- und Faktencheck unter Heiner Geißler teil. Bis heute sieht es so aus, als wäre Stuttgart 21 dem Bundesverkehrsministerium irgendwie peinlich.
Die Fernzüge müssen in Frankfurt einen größeren Umweg fahren als in Stuttgart
Schon vor Jahrzehnten herrschte unter vielen Fachleuten Einigkeit darüber, dass Frankfurt am Main die erste Stadt in Deutschland sein muss, die einen Fernbahntunnel erhält. Das ist einerseits dadurch begründet, dass in Frankfurt unter allen Städten in Deutschland die meisten Fernzüge verkehren.
Das aber ist auch dadurch begründet, dass die Fernzüge beim Anfahren des Frankfurter Kopfbahnhofs einen wesentlich größeren Umweg zurücklegen müssen als zum Beispiel beim Stuttgarter Kopfbahnhof. Beim Stuttgarter Kopfbahnhof ist die Fahrt über den Kopfbahnhof im Vergleich zu einer direkten Fahrt zwischen Nordbahnhof und Bad Cannstatt um ca. 3,8 Kilometer länger. In Frankfurt dagegen ist die direkte Fahrt zwischen Sportfeld und Südbahnhof um ca. 5 Kilometer kürzer als die Fahrt über den Kopfbahnhof. Zudem gibt es bei der Fahrt über den Frankfurter Kopfbahnhof mehr höhengleiche Gleiskreuzungen als bei einer Fahrt über den Stuttgarter Kopfbahnhof.
Der Frankfurter Fernbahntunnel kommt zum Kopfbahnhof hinzu und ist demnach eindeutig eine leistungsteigernde Investition
Auch nach dem Bau des Frankfurter Fernbahntunnels wird der Frankfurter Kopfbahnhof erhalten bleiben. Das gilt für die Bahnsteiggleise ebenso wie für die Zulaufgleise. Damit ist der Frankfurter Fernbahntunnel eindeutig eine leistungssteigernde Investition.
Beim Projekt Stuttgart 21 ist dies gar nicht so eindeutig. Der Kopfbahnhof mit seinen Bahnsteiggleisen und seinen Zulaufgleisen wird nach derzeit noch bestehender Planung nach einer Inbetriebnahme von Stuttgart 21 stillgelegt und abgerissen. Die Zahl der Bahnsteiggleise reduziert sich bei Stuttgart 21 von 16 auf 8. Die Zahl der Zulaufgleise bei der wichtigen Zufahrt Zuffenhausen bleibt unverändert bei nur zwei. Es kommen bei Stuttgart 21 zudem zahlreiche Engstellen in Form von höhengleichen Gleiskreuzungen neu hinzu (z.B. bei Plochingen, bei Wendingen, bei der Nürnberger Straße und bei der Strecke Rohr-Flughafen).
Der Frankfurter Fernbahntunnel bindet diejenigen Züge durch, für die dies sinnvoll ist
Die Durchbindung der Fernzüge in Frankfurt über einen Fernbahntunnel ist sinnvoll. Einerseits verkürzt sich die Fahrtstrecke und damit auch die Fahrzeiten beträchtlich. Andererseits wird die Kapazität erhöht, so dass zukünftig wesentlich mehr Fernzüge fahren können. Davon profitiert ganz Deutschland.
Bei Stuttgart 21 dagegen müssen nicht nur die Fernzüge, sondern auch alle anderen Züge durchgebunden werden. Dabei ist dies bei den Regionalzügen dar nicht sinnvoll. Diese Züge sollten in erster Linie gute Anschlüsse im Hauptbahnhof sicherstellen. Wahrscheinlich weit über 90 Prozent der Fahrgäste der Regionallinien profitieren von einer Durchbindung nicht, weil sie im Hauptbahnhof in die S-Bahn, in die Stadtbahn, in Busse, in die Fernzüge und in andere Regionalzüge umsteigen bzw. zu Fuß weitergehen.
Kleineren Fahrzeitverbesserungen im Verlauf der Strecke Mannheim-Stuttgart-Ulm stehen bei Stuttgart 21 Fahrzeitverlängerungen für die Zuläufe von der Remsbahn, der Murrbahn und der Gäubahn gegenüber, weil diese Züge bei Stuttgart 21 einen längeren Fahrtweg zurücklegen müssen als dies heute der Fall ist.
Der Frankfurter Fernbahntunnel kommt mit wesentlich weniger Tunnelkilometer aus als Stuttgart 21
Der Frankfurter Fernbahntunnel soll eine Länge von - je nach Variante - maximal 10 Kilometern haben. Bei zwei getrennten Tunnelröhren sind dies maximal 20 Kilometer Tunnel. Das Projekt Stuttgart 21 hat eine Tunnellänge von fast 60 Kilometern. Ein Teil dieser Tunnel verläuft zudem in quellfähigem Gestein und ist damit auch in der Zukunft möglicherweise ein Sanierungsfall.
Die Nutzen-Kosten-Relation scheint beim Frankfurter Fernbahntunnel wesentlich besser zu sein als bei Stuttgart 21
Mehr Züge, größere Reisezeitgewinne und weniger Investitionsaufwand - das beschert dem Frankfurter Fernbahntunnel einen wesentlich größeren Nutzen-Kosten-Faktor als dies beim Projekt Stuttgart 21 der Fall ist. Wegen der besonderen Finanzierungskonstruktion von Stuttgart 21 hat man sich bei diesem Projekt mit schwäbischer Schläue um eine belastbare Nutzen-Kosten-Rechnung drücken können.
Trotz Beibehaltung des Kopfbahnhofs wird in Frankfurt am Main wesentlich mehr ehemaliges Bahngelände bebaut als in Stuttgart
Ein Besuch in Frankfurt bzw. nur eine Fahrt mit dem ICE durch Frankfurt zeigt: In Frankfurt wird wesentlich mehr gebaut als in Stuttgart, gerade auch im Umfeld des Hauptbahnhofs. Und das obwohl Frankfurt das früher mal angedachte Projekt Frankfurt 21 schon längst beerdigt hat. Vielleicht ist der Bauboom in der Umgebung des Frankfurter Hauptbahnhofs auch gerade dadurch bedingt, dass Frankfurt sich eben nicht mit einem 21er-Projekt herumschlagen muss und nicht auf die Fertigstellung eines 21er-Projekts warten muss.
Muss ein Stuttgarter Lokalpatriot Stuttgart 21 unterstützen?
Es ist überhaupt nichts dagegen einzuwenden, wenn Menschen sich als Lokalpatriot bezeichnen und in positivem Sinne Veränderungen und Verbesserungen für Stuttgart erreichen wollen.
Muss aber ein Stuttgarter Lokalpatriot unbedingt Stuttgart 21 unterstützen? Nein, im Gegenteil. Ein Stuttgarter Lokalpatriot sollte den Frankfurter Fernbahntunnel unterstützen. Denn dieses Vorhaben bringt der Stuttgarter Bevölkerung und der Stuttgarter Wirtschaft wesentlich mehr als Stuttgart 21. Mit dem Frankfurter Fernbahntunnel in Verbindung mit der NSB Frankfurt-Mannheim gibt es mehr Fernzüge und kürzere Fahrzeiten von Stuttgart in viele Teile Deutschlands. Stuttgart 21 bringt dagegen den Stuttgarterinnen und Stuttgartern praktisch gar nichts.
Fazit
Mit dem Vorantreiben der Planungen für den Frankfurter Fernbahntunnel zeigt das Bundesverkehsministerium, wie Bahnverkehr der Zukunft funktioniert. Sollte das Projekt Stuttgart 21 je wie bisher geplant fertiggestellt werden, würde ihm lediglich die undankbare Aufgabe zustehen, als schlechtes Beispiel von Verkehrsplanung zu dienen, als Beispiel dafür, wie man es nicht macht.
Noch aber ist in Stuttgart nicht alles verloren. Es gibt nach wie vor die Chance, das Projekt Stuttgart 21 noch wesentlich zu ändern und zu verbessern, indem ein Kopfbahnhof erhalten bleibt sowie indem zwei zusätzliche Gleise für die Zufahrt Zuffenhausen gebaut werden sowie indem die Zufahrt der Gäubahn über die Panoramastrecke in den Kopfbahnhof erfolgt sowie indem der Flughafenbahnhof nach dem Vorbild Merklingen direkt an der A 8 gebaut wird.
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