Im heutigen Post in diesem Blog soll es nicht um die genannten Inbetriebnahmetermine als solche gehen. Vieles deutet darauf hin, dass die Inbetriebnahme von Stuttgart 21 noch sehr viel später als die genannten Termine erfolgen wird, sollte das Projekt nicht vorher gestoppt werden können. Heute geht es darum, welche Folgen, aber vor allem auch welche Chancen die zeitliche Abkoppelung des Gäubahnteils von Stuttgart 21 hat.
Die Verschiebung der Inbetriebnahme des Gäubahnteils von Stuttgart 21 kann und muss als letzter Wink mit dem Zaunpfahl seitens der Bahn an die Politik betrachtet werden, in Sachen Stuttgart 21 wieder konstruktiv tätig zu werden und das Projekt zu überarbeiten. Noch ist dazu die Chance vorhanden.
Warum ist eine Überarbeitung und Anpassung von Stuttgart 21 jetzt dringend erforderlich?
Wenn man einen Planungsbeginn von Stuttgart 21 hinter den Kulissen bereits gegen Mitte der Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts annimmt, ist das Projekt Stuttgart 21 nun schon dreißig Jahre alt. In der heutigen schnelllebigen Zeit sind dreißig Jahre eine halbe Ewigkeit. In dreißig Jahren ändern sich Wirtschaft, Technik und Gesellschaft rasant. Niemand von den Stuttgart 21-Betreibern oder von den für Stuttgart 21 verantwortlichen Politikern braucht deshalb in Verlegenheit zu geraten, wenn jetzt eine Überarbeitung und Anpassung des Projekts Stuttgart 21 verlangt wird. Hier handelt es sich um einen normalen Vorgang. Unverständnis muss man jedoch denjenigen Politikern entgegenbringen, die trotz des Alters des Projekts Stuttgart 21, trotz der inzwischen gewonnenen neuen Erkenntnisse und trotz des inzwischen geänderten Umfelds sich einer Diskussion über notwendige Anpassungen von Stuttgart 21 verweigern.
Die Entkoppelung der Inbetriebnahme des Stuttgart 21-Gäubahnteils von der Inbetriebnahme des übrigen Stuttgart 21 bildet nun eine Steilvorlage für die Politik - ganz konkret zunächst einmal für den Landes- und für den Bundesverkehrsminister - Stuttgart 21 in Teilen neu zu denken.
Jetzt muss es den ganz großen Fehlern und Unzulänglichkeiten von Stuttgart 21 an den Kragen gehen
Wiederholen wir noch einmal die ganz großen Fehler und Unzulänglichkeiten von Stuttgart 21. Nun ist die Chance gekommen, die ganz großen Fehler und Unzulänglichkeiten von Stuttgart 21 zu bereinigen (Daneben gibt es zahlreiche weitere mittelgroße und kleinere Fehler und Unzulänglichkeiten von Stuttgart 21, die jetzt aber nicht thematisiert werden sollen).
- Die Führung der Gäubahn über den Flughafen ist nicht machbar. Die Planung ist mit ihren zahlreichen Engstellen unfahrbar. Die Strecke zwischen S-Rohr und dem Flughafen ist nur für die S-Bahn gebaut worden und für Regional- und Fernzüge nicht geeignet. Der Umweg der Gäubahn über den Flughafen bringt für die Mehrzahl der Fahrgäste gegenüber einer Führung über S-Vaihingen Nachteile. (Dieses Thema wird z.B. im Post vom 08.03.2015 in diesem Blog vertieft behandelt.)
- Stuttgart 21 bringt nicht die für den Bahnknoten Stuttgart dringend erforderliche Leistungssteigerung. Greifbar wird dies zum Beispiel in dem Umstand, dass Stuttgart 21 die Zufahrt Zuffenhausen nicht ausbaut. Die Zufahrt Zuffenhausen ist bereits heute in der Spitzenstunde mit 13 Zügen pro Gleis ausgelastet. Über die Zufahrt Zuffenhausen läuft ein Anteil von mindestens 40 Prozent der Verkehrsnachfrage zum Bahnknoten Stuttgart. Daraus errechnet sich eine maximale Leistungsfähigkeit des Projekts Stuttgart 21 von 13/0,4 = 32 Zügen. Dies ist gegenüber dem Bestand keine Leistungssteigerung. (Dieses Thema wird z.B. im Post vom 14.06.2015 in diesem Blog vertieft behandelt.)
- Der Stuttgart 21-Hauptbahnhof ist unterdimensioniert. Die Breite der Bahnsteige beträgt nur 10 Meter. Es gibt Engstellen im Bereich der Treppen. Das wiederum hat negative Auswirkungen auf die Sicherheit, auf die Entfluchtung und auf den Brandschutz. Es gibt zu wenig Gleise. Die Gleisneigung ist sechsfach über den nach deutschem Recht zulässigen Werten. Ein Wenden von Zügen ist deshalb nicht möglich.
Die Politik muss den von der Bahn gespielten Ball jetzt aufnehmen und Stuttgart 21 überdenken und anpassen. Das ist beim derzeitigen Realisierungsstand noch möglich, ohne größere Bauruinen zu hinterlassen.
Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass der Kopfbahnhof in Stuttgart wenigstens in einer reduzierten Form weiterhin erhalten bleiben muss. Ein Erhalt des Kopfbahnhofs mit zum Beispiel zehn Gleisen (heute 16) würde die oben genannten drei ganz großen Fehlerkomplexe von Stuttgart 21 auf einen Schlag lösen wie folgt:
Flughafen und Gäubahnproblematik
Bei einem Erhalt des Kopfbahnhofs kann die Gäubahn über S-Vaihingen und die Panoramastrecke weiterhin wie bisher zum Hauptbahnhof (Kopfbahnhof) geführt werden. Ein Bau der mit großem Waldverlust einhergehenden Rohrer Kurve ist dann nicht erforderlich. Eine ministerielle Ausnahmegenehmigung für die zu kleinen Sicherheitsräume im Verlauf der nur für die S-Bahn gebauten Strecke von S-Rohr zum Flughafen wird dann obsolet.
Es werden dann zahlreiche Engstellen für die Gäubahn entfallen, wie z.B. die höhengleiche Gleiskreuzung zwischen S-Bahn und Gäubahn beim Flughafen, der eingleisige Flughafenbahnhof, das Einfädeln in die Strecke von Wendlingen, der leistungsmindernde Mischbetrieb mit extrem unterschiedlichen Höchstgeschwindigkeiten im Fildertunnel und der Mischbetrieb mit der S-Bahn zwischen S-Rohr und dem Flughafen.
Statt dessen wird der Bahnhof S-Vaihingen zum Regional- und Umsteigebahnhof ausgebaut. Der eingleisige Abschnitt der Gäubahn im Bereich Nordbahnhof wird beseitigt - entweder im Rahmen des überarbeiteten Projekts Stuttgart 21 oder zu einem späteren Zeitpunkt.
Leistungsproblematik von Stuttgart 21
Ein Erhalt eines reduzierten Kopfbahnhofs ermöglicht es im Gegensatz zum ursprünglichen Projekt Stuttgart 21, die Leistungsfähigkeit des Bahnknotens Stuttgart markant zu steigern und damit mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu lenken. Nur mit einem Erhalt des Kopfbahnhofs wird es möglich, die dringend erforderlichen beiden zusätzlichen Gleise für die Zufahrt Zuffenhausen zu bauen. Zwei der vier Fern-/ und Regionalzuggleise der Zufahrt Zuffenhausen werden nach diesem Ausbau über den Feuerbacher Tunnel zum Durchgangs- und Tiefbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof geführt. Die anderen beiden Gleise werden über die bestehende Streckenführung zum Kopfbahnhof geführt.
Die Gäubahn wird ebenfalls zum reduzierten Kopfbahnhof geführt. Damit hat die Gäubahn ebenfalls zwei separate Zulaufgleise zum Hauptbahnhof und muss sich nicht in die Hochgeschwindigkeitstrasse von Wendlingen einfädeln.
Unterdimensionierung des Tiefbahnhofs
Der Erhalt eines reduzierten Kopfbahnhofs ermöglicht es auch, einige der größten Probleme des Stuttgart 21-Tiefbahnhofs zu lösen. Für den Tiefbahnhof reichen dann sechs Gleise aus (heute geplant: acht). Damit wird es möglich, die Bahnsteigbreite zu vergrößern.
Bisher geplant sind für den Tiefbahnhof vier Bahnsteige mit jeweils 10 Metern Breite. Die gesamte Bahnsteigbreite beträgt somit 40 Meter. Bei unveränderter Breite des Tiefbahnhofs wird es bei sechs Gleisen und nur noch drei Bahnsteigen möglich, jeden dieser Bahnsteige 13 Meter breit zu machen. Diese Breite entspricht in etwa der Breite der Bahnsteige bei der neuen Zürcher Durchmesserlinie. Diese Bahnsteigbreite ist zudem erforderlich, um die im Fernverkehr zukünftig zu erwartenden Fahrgastströme bedienen zu können.
Als Folge der größeren Bahnsteigbreite wird auch das heutige Engstellenproblem bei den Treppenaufgängen gelöst. Die größere Bahnsteigbreite erleichtert zudem die Entfluchtung und bringt Verbesserungen beim Brandschutz.
Der Erhalt des Kopfbahnhofs ermöglicht es auch den Zügen, in Stuttgart zu wenden und wieder zurückzufahren. Damit fällt das Manko des Tiefbahnhofs mit der zu großen Gleisneigung nicht mehr so sehr ins Gewicht.
Kommen wir nun zu den einzelnen Bauwerken von Stuttgart 21. Was kann unverändert weitergeführt werden? Was muss angepasst bzw. geändert werden?
Fildertunnel
Der Fildertunnel wird unverändert weitergebaut.
Strecke entlang der A8 und Wendlinger Kurve
Diese Bestandteile von Stuttgart 21 werden unverändert weitergebaut.
Rohrer Kurve
Diese Bauwerk wird nicht gebaut
Umrüstung der S-Bahnstrecke Rohr-Flughafen mit ministerieller Ausnahmegenehmigung
Diese Maßnahme wird nicht umgesetzt.
Eingleisiger Bahnhof für die Gäubahn am Flughafen
Dieses Bauwerk wird nicht gebaut.
Tunnel mit 180 Grad - Kurve zwischen Flughafen und Fildertunnel für die Gäubahn
Dieses Bauwerk wird nicht gebaut.
Flughafenbahnhof
Der im Verlauf der Strecke Stuttgart - Ulm/Tübingen geplante Flughafenbahnhof kann unverändert gebaut werden. Hier sollte man allerdings alternativ überlegen, ob nicht ein oberirdischer Flughafenbahnhof entlang der A8 ausreicht. Von dort könnte ein Personentransportsystem zum Flughafen, zu den Parkhäusern, zur Messe, zum Busbahnhof, zum S-Bahnhof und zur Stadtbahnhaltestelle der U6 in Stuttgart-Fasanenhof eingerichtet werden.
Feuerbacher Tunnel
Der Feuerbacher Tunnel wird unverändert weitergebaut.
Strecke von S-Feuerbach nach S-Zuffenhausen
Diese Strecke wird viergleisig für den Fern- und Regionalverkehr ausgebaut. Dieses Vorhaben ist neu. Der Ausbau erfolgt dergestalt, dass die beiden Gleise der Schnellfahrstrecke auf geradem Gleisweg mit den Gleisen des Feuerbacher Tunnels verbunden werden. Die beiden Gleise von Ludwigsburg werden auf geradem Gleisweg mit den bestehenden Gleisen durch den Pragtunnel und zum Kopfbahnhof verbunden.
Untertürkheimer Tunnel
Der Untertürkheimer Tunnel wird unverändert gebaut. Das gilt auch für den Abzweig in Richtung Waiblingen (für IC Karsruhe-Nürnberg). Bei der Einfädelung in die Strecke Bad Cannstatt-Waiblingen muss eine höhenfreie Lösung untersucht werden.
Stuttgart 21-Tiefbahnhof
Der Bahnhof wird in seinen äußeren Umrissen unverändert gebaut, jedoch mit nur noch sechs anstatt acht Gleisen und einer größeren Bahnsteigbreite.
Kopfbahnhof
Der Kopfbahnhof bleibt mit 10 (heute 16) Gleisen erhalten. Die Bahnsteigbreite im Kopfbahnhof wird gegenüber dem heutigen Zustand vergrößert (durch Wegfall der Gepäckbahnsteige). Es gibt ganz kurze Umsteigewege zwischen dem Kopfbahnhof und dem Tiefbahnhof. Der Stuttgarter Hauptbahnhof hat zukünftig 16 Gleise (6 + 10).
Gleisvorfeld des Kopfbahnhofs
Das Gleisvorfeld des Kopfbahnhofs kann gegenüber dem heutigen Zustand vereinfacht werden. Das ist möglich, weil alle der in Stuttgart durchzubindenden Züge über den Tiefbahnhof fahren. Im Kopfbahnhof verbleiben alle Züge, die in Stuttgart enden und wieder zurückfahren oder abgestellt werden. Die Vereinfachung des Gleisvorfelds kann nach und nach umgesetzt werden und ist nicht direkt an das Projekt Stuttgart 21 gebunden. Die Vereinfachung des Gleisvorfelds ermöglicht auch einen Verlauf der Wolframstraße über den im Bau befindlichen Tunnel für die S-Bahn. Zudem gibt es städtebauliche Potenziale.
Abstell- und Wartungsbahnhof
Der bei Stuttgart 21 geplante Abstell- und Wartungsbahnhof in S-Untertürkheim und in S-Münster wird zunächst nicht gebaut. Es bleibt zunächst beim Abstellbahnhof beim Rosensteinpark (zusammen mit anderen dezentralen Abstellbahnhöfen z.B. in Ulm). Alle Züge, die in Stuttgart enden und beginnen, fahren den Kopfbahnhof an und von dort den Abstellbahnhof bzw. von dort auf die Strecke. Eine Neukonzeption des Abstellbahnhofs in Stuttgart erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt und hat mit dem Projekt Stuttgart 21 nichts mehr zu tun.
Panoramastrecke der Gäubahn
Die Gäubahn fährt weiterhin über die Panoramastrecke zum Hauptbahnhof (Kopfbahnhof). Der zur Zeit noch bestehende eingleisige Abschnitt beim Nordbahnhof wird zweigleisig ausgebaut. Das ist möglich, weil in diesem Bereich die beiden parallel verlaufenden Gleise der S-Bahn durch eine unterirdische Führung ersetzt werden.
Ab den Dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts muss die Panoramastrecke der Gäubahn grundlegend saniert und modernisiert werden. Dieses Vorhaben gehört jedoch nicht mehr zum Projekt Stuttgart 21, sondern stellt ein eigenes Vorhaben dar. Im Rahmen der Generalsanierung der Panoramastrecke müssen der Hasenbergtunnel und der Kriegsbergtunnel der Gäubahn neu gebaut werden. Der neue Hasenbergtunnel wird westlich des bestehenden Hasenbergtunnels bebaut und länger als der bestehende Tunnel. Mit Hilfe des neuen Hasenbergtunnels wird die Höchstgeschwindigkeit der Gäubahn in diesem Bereich von heute 70 km/h auf 90 km/h angehoben werden können. Der neue Kriegsbergtunnel wird nördlich des bestehenden Tunnels gebaut und länger als der bestehende Tunnel (das Ostportal kann z.B. bei der Heilbronner Straße sein). Beim Neubau des Kriegsbergtunnels wird eine spätere Weiterführung der Gäubahn direkt nach Bad Cannstatt berücksichtigt.
Bahnhof Stuttgart-Vaihingen
Der Bahnhof Stuttgart-Vaihingen erhält einen vierten Bahnsteig und wird zum Halt für Regionalzüge und zum Umsteigebahnhof ausgebaut. Eine Express-S-Bahn vom Kopfbahnhof über S-Vaihingen zum Flughafen - wie sie auch in diesem Blog vielfach vorgestellt worden ist - wird es jedoch nicht geben. Diese Express-S-Bahn hätte nur ohne den Fildertunnel Sinn gemacht. Da der Fildertunnel von Stuttgart 21 im Bau ist und Bauruinen weitgehend vermieden werden sollen, braucht es die Express-S-Bahn über S-Vaihingen nicht. Losgelöst vom Projekt Stuttgart 21 kann jedoch eine Taktverdichtung bei der S-Bahn zwischen S-Vaihingen und dem Flughafen angedacht werden.
Cannstatter Tunnel
Jetzt wird es problematisch. Denn der Cannstatter Tunnel von Stuttgart 21 ist mit der neuen Konzeption nicht mehr erforderlich. Bereits vollzogene Bauarbeiten müssen demnach abgeschrieben und sofort gestoppt werden. Ein solcher Baustopp für ein kleines Teilstück ist jedoch bei einem so großen und gleichzeitig so alten Projekt wie Stuttgart 21 kein Beinbruch. Bereits innerhalb des bisherigen Projekts Stuttgart 21 war der Cannstatter Tunnel der am wenigsten Nachgefragte unter den Stuttgart 21-Tunneln. Bei der überarbeiteten Konzeption mit dem Erhalt des Kopfbahnhofs wird der Cannstatter Tunnel überflüssig.
Es ist jedoch um den Cannstatter Tunnel nicht schade. Man schaue sich nur mal einen genauen Lageplan dieses Tunnels an. Was macht dieser Tunnel für komische Kurven mit engen Radien! Wenn Stuttgart 21 als Ganzes bereits die Grenze des Erträglichen berührt, dann überschreitet der Cannstatter Tunnel diese Grenze eindeutig. Es gibt zudem Berichte, wonach die bisherigen Vortriebsarbeiten beim Cannstatter Tunnel bereits zu Problemen beim Gäubahnviadukt beim Nordbahnhof geführt haben. Ein sofortiger Baustopp für den Cannstatter Tunnel dürfte somit alle Beteiligten aufatmen lassen.
Es wird zukünftig eine klare Aufgabenteilung zwischen dem Kopfbahnhof und dem Durchgangsbahnhof (Tiefbahnhof) geben. Alle Züge, die in Stuttgart durchgebunden werden, fahren über den Tiefbahnhof - unabhängig von der Zugkategorie. Alle Züge, die in Stuttgart enden und entweder zurückfahren oder in einen Abstellbahnhof fahren, nutzen den Kopfbahnhof - ebenfalls unabhängig von der Zugkategorie. Damit ist es nicht mehr erforderlich, dass ein Zug vom Tiefbahnhof direkt zu einem Abstellbahnhof fahren kann. Und damit ist der Cannstatter Tunnel in jeglicher Hinsicht - auch als Zufahrt zu einem Abstellbereich - entbehrlich.
Zu einem späteren Zeitpunkt - das gehört dann aber nicht mehr zum Projekt Stuttgart 21 - kann der Cannstatter Tunnel zumindest in seinem östlichen Teil unter dem Rosensteinpark wiederaufleben als neue Zufahrt von Bad Cannstatt zum Kopfbahnhof. Diese neue Zufahrt ersetzt die bestehende Zufahrt mit dem bestehenden Rosensteintunnel, der dann rückgebaut werden kann.
Tunnels für die S-Bahn
Die Tunnels für die S-Bahn zwischen dem Hauptbahnhof und dem Nordbahnhof bzw. Bad Cannstatt können im Prinzip, vielleicht mit gewissen Anpassungen, weitergeführt werden. Die Untertunnelung der S-Bahn zwischen dem Hauptbahnhof und dem Nordbahnhof bzw. Bad Cannstatt macht den Weg frei für eine drastische Verkleinerung des Gleisvorfelds und der Zulaufstrecken im unmittelbaren Umfeld des Kopfbahnhofs. Damit gibt es trotz des Erhalts des Kopfbahnhofs fast genauso große städtebauliche Perspektiven wie beim ursprünglichen Projekt Stuttgart 21.
Die Untertunnelung der S-Bahn ist auch die Voraussetzung für den zweigleisigen Ausbau der Gäubahn beim Nordbahnhof. Sollte die bestehende Planung für den S-Bahntunnel den Gäubahnviadukt beeinträchtigen, ist entsprechend umzuplanen.
Der geplante S-Bahnhaltepunkt Mittnachtstraße kann gebaut werden. Dieser Haltepunkt dient dazu, den Übereck-Umsteigeverkehr Bad Cannstatt - Feuerbach vom Hauptbahnhof wegzuziehen und damit den S-Bahnhaltepunkt Hauptbahnhof zu entlasten. Diese Entlastung des S-Bahnhaltepunkts Hauptbahnhof wäre zwar mit einer Durchmesserlinie gemäß dem Zürcher Vorbild (Bad Cannstatt - Hauptbahnhof - Zuffenhausen) wesentlich besser und attraktiver möglich gewesen. Diese Pläne können aber nicht mehr verwirklicht werden, wenn man größere Bauruinen bei Stuttgart 21 vermeiden will.
Jetzt den Einstieg in die Etappierbarkeit wagen
Das bisherige Projekt Stuttgart 21 ist das einzige Bahnprojekt dieser Größenordnung in Europa, das ein Alles-oder-Nichts-Projekt darstellt und nicht etappierbar ist. Allein dieser Umstand erschwert den Bau und die Inbetriebnahmemodalitäten des Projekts enorm. Durch die beschriebene Überarbeitung und Anpassung von Stuttgart 21 erfolgt der Einstieg in die Etappierbarkeit des Projekts. Es wird dann möglich, einzelne Teile des Projekts in Betrieb zu nehmen, während andere Teile sich noch in Bau befinden oder erst in Bau gehen. Das nimmt einen großen Teil des Drucks heraus, der auf Stuttgart 21 lastet und den Bau und den Betrieb erschwert.
Warum ist auch Stuttgarts OB Fritz Kuhn von der bevorstehenden Anpassung und Modernisierung von Stuttgart 21 betroffen?
Stuttgarts OB Fritz Kuhn hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Er will den Kraftfahrzeugverkehr im Stuttgarter Talkessel um mindestens 20 Prozent reduzieren. Das kann aber mit dem ursprünglichen Projekt Stuttgart 21 nicht erreicht werden. Denn mit dem ursprünglichen Projekt Stuttgart 21 wäre die Region Stuttgart die einzige Region in Europa, die über einen Zeitraum von 50 Jahren hinweg die Kapazität ihres Bahnverkehrs und ihres Bahnknotens nicht ausbaut.
Stuttgart 21 ist darüber hinaus mit vielen weiteren Schikanen verbunden. Viele dieser Schikanen sind bekannt und sollen hier nicht aufgezählt werden. Allein die neuen Pläne der Bahn für die Gäubahn am Flughafen bedeuten, dass die Gäubahn für einen Zeitraum von mindestens 2,5 Jahren (das ist aber zeitlich nach oben offen) nicht mehr den Hauptbahnhof anfahren kann, sondern in S-Vaihingen enden muss. Das wird die Gäubahn nicht gerade attraktiver machen. Im Gegenteil kann dies der Gäubahn den Todesstoß versetzen.
Allein schon aus dem Gäubahn-Fiasko ergibt sich die Notwendigkeit, eine Überarbeitung und Anpassung von Stuttgart 21 vorzunehmen, die den Erhalt des Kopfbahnhofs und einen dauerhaften Betrieb der Gäubahn über die Panoramastrecke zum Kopfbahnhof vorsieht. OB Fritz Kuhn kann sich hier nicht mit dem Argument zurückziehen, dass die Eisenbahn Sache des Bundes bzw. des Landes ist. OB Fritz Kuhn wird sich daran messen lassen müssen, wie er in den kommenden Monaten und Jahren die Überarbeitung und Anpassung des Projekts Stuttgart 21 mitgestaltet.
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