Sonntag, 9. Februar 2014

Verkehrsministerium BW handelt bei Stuttgart 21 und NBS inkonsequent

In einer Presseerklärung vom 26.12.2013 hat das Verkehrsministerium Baden-Württemberg das zukünftige Betriebsprogramm für die Rheintalbahn und insbesondere für den Abschnitt zwischen Freiburg und Basel mit dem Katzenbergtunnel bekanntgegeben. 

Wir wollen dieses Betriebsprogramm im heutigen Post in diesem Blog analysieren. Zudem werden wir einen Vergleich zwischen dem Betriebsprogramm für die Rheintalbahn sowie dem für Stuttgart 21 und die NBS Wendlingen-Ulm geplanten Betriebsprogramm ziehen. Hierbei werden wir feststellen, dass das Verkehrsministerium BW beim Betriebsprogramm für Stuttgart 21 und für die NBS inkonsequent handelt und hier umfassende Korrekturen erforderlich sind.

Dies sind die wesentlichen Elemente des ab 2016 geplanten Betriebsprogramms für den Streckenabschnitt Freiburg-Basel sowie den neuen Katzenbergtunnel der Rheintalbahn:


  • Durch den Katzenbergtunnel (Neubaustrecke) sollen keine Regionalzüge fahren.
  • Für den Regionalverkehr soll ein Halbstundentakt zwischen Freiburg und Basel auf der Bestandsstrecke eingerichtet werden.
  • Zusätzlich gibt es einen Stundentakt mit Regionalexpress auf der Bestandsstrecke.
  • Nicht zuletzt auf Wunsch der Region sollen die Regionalzüge ausschließlich auf der Bestandstrasse fahren, somit also dort, wo Fahrgäste wohnen und wo Bahnhöfe zum Anhalten der Regionalzüge vorhanden sind.
  • Der Katzenbergtunnel wird ausschließlich von ICE- und Güterverkehr genutzt.
  • Der Güterverkehr soll zum Schutz der Anwohner vor Lärm tagsüber teilweise und nachts vollständig durch den Katzenbergtunnel fahren.
Dieses Betriebsprogramm für den Katzenbergtunnel wurde in diesem Blog bereits in den Posts vom 17.03.2011 und vom 22.11.2012 thematisiert.

Allgemeine Regeln für das Betriebsprogramm von Bahnkorridoren
Formulieren wir nun, aufbauend auf dem Betriebsprogramm der Strecke Freiburg - Basel, einige allgemeine Regeln für das Betriebsprogramm im Verlauf von Bahnkorridoren, die sowohl über eine Neubaustrecke mit Tunnels als auch über eine Bestandsstrecke verfügen.
  • Sofern eine Neubaustrecke mit - extrem teuren - Tunnels vorhanden ist, müssen diese Tunnels außer für den ICE-Verkehr auch uneingeschänkt für den schweren Güterverkehr verfügbar sein.
  • Tagsüber müssen so viele Güterzüge wie möglich, nachts müssen alle Güterzüge durch die Tunnels fahren.
  • Teure Bahntunnels sind nur dann zu rechtfertigen, wenn mit ihnen auch eine Entlastung der Anwohner vom lärmigen Güterverkehr verbunden ist.  
  • Der von den Ländern bestellte Regionalverkehr darf ausschließlich auf der Bestandstrasse fahren. Nur auf der Bestandstrasse ist zweckbestimmter Regionalverkehr möglich, weil nur dort Bahnhöfe in ausreichender Zahl vorhanden sind.
  • Der von den Ländern bestellte Regionalverkehr darf nicht auf der Neubaustrecke und nicht durch die Tunnels fahren. Die Trassengebühren für die Neubaustrecken und für die Tunnels sind extrem hoch. Die sehr knappen Regionalisierungsmittel, mit denen die Länder den Regionalverkehr bestellen, sind nicht dazu da, teure Neubaustrecken und teure Tunnels zu finanzieren.
  • Die Führung von Regionalverkehr über Neubaustrecken mit teuren Tunnels führt dazu, dass die Länder insgesamt weniger Züge bestellen können. Bei einem Verzicht auf die Führung der Regionalzüge über die Neubaustrecken kann auf den Bestandsstrecken ein dichterer Takt im Regionalverkehr angeboten werden. Von diesem dichteren Takt profitieren alle Fahrgäste. Der dichtere Takt verkürzt die Reisezeiten für die Fahrgäste wesentlich stärker, als die etwas längere Fahrzeit über die Bestandsstrecke die Reisezeit erhöht.
  • Die Bestellung von Regionalzügen auf Neubaustrecken und durch teure Neubautunnels ist eine versteckte Subvention der Länder für die Bahn und für die Neubaustrecken. Der Verzicht auf eine Bestellung von Regionalzügen für Neubaustrecken versetzt die Bahn in die Lage, nur noch diejenigen Neubaustrecken zu bauen, die sich wirklich rechnen, die also ihre Existenzberechtigung allein aus dem Fernverkehr und dem Güterverkehr beziehen.

Bei der NBS Wendlingen-Ulm wird alles falsch gemacht
Wenn man nun mit den Erkenntnissen von der Rheintalbahn sowie den gerade formulierten allgemeinen Regeln für das Betriebsprogramm bei Bahnkorridoren die Projekte Stuttgart 21 und NBS Wendlingen Ulm betrachtet, könnte man einen Schreck bekommen. Tatsächlich wird bei diesen Projekten so ziemlich alles falsch gemacht, was man nur irgendwie falsch machen kann. Das Betriebsprogramm für diese Projekte steht in krassem Gegensatz zum Betriebsprogramm für die Rheintalbahn.
  • Die NBS Wendlingen-Ulm mit ihren extrem teuren Tunnels ist nicht uneingeschränkt bzw. überhaupt nicht für den schweren Güterverkehr verfügbar.
  • Tagsüber können gar keine Güterzüge über die NBS fahren. Nachts können nur einige wenige "Leichtgüterzüge" über die NBS fahren.
  • Mit den teuren Bahntunnels der NBS ist keine Entlastung der Anwohner der Bestandstrecke vom lärmigen Güterverkehr verbunden.
  • Das Land will einen Regionalverkehr im Stundentakt auf der NBS bestellen. Dort gibt es jedoch zwischen Ulm und dem Stuttgarter Flughafen auf einer Länge von über 70 Kilometern keinen Bahnhof. Damit ist dort zweckbestimmter Regionalverkehr nicht möglich. Diese Regionalverkehrsbestellung verstößt sogar gegen die Bestimmungen des Regionalisierungsgesetzes.
  • Der vom Land geplante Regionalverkehr auf der NBS führt dazu, dass das Land die NBS dauerhaft subventioniert, indem für den Regionalverkehr hohe Trassengebühren fällig werden. Dafür sind die Regionalisierungsmittel des Landes jedoch nicht vorgesehen.
  • Bedingt durch die hohen Regionalisierungsmittel, die das Land für die Regionalzüge im Verlauf der NBS ausgeben muss, können auf den Bestandsstrecken weniger Züge bestellt werden. An Stelle eines stündlichen Regionalzugs auf der NBS ist ein Halbstundentakt im IRE-Verkehr auf der Bestandsstrecke für die Attraktivität des Regionalverkehrs und für die Bahnnutzer die bessere Alternative.
  • Die Bahn wird durch eine Verzicht des Landes auf eine Regionalzugbestellung für die NBS in die Lage versetzt, die Projekte Stuttgart 21 und NBS noch einmal auf ihre Wirtschaftlichkeit zu untersuchen.

Das Verkehrsministerium muss nachvollziehbar und einheitlich handeln
Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg ist somit aufgefordert, einheitlich und nachvollziehbar zu handeln. Das, was für die Rheintalbahn gilt, muss auch für Stutgart 21 und die NBS gelten. Deshalb muss das Verkehrsministerium jetzt konkret die folgenden Schritte unternehmen:
  • Es ist der Verzicht auf die Bestellung von Regionalzügen für die NBS Wendlingen-Ulm zu erklären.
  • Für die Bestandsstrecke (Filstalbahn) ist ein Halbstundentakt im IRE-Verkehr mit stündlicher alternativer Weiterführung ab Ulm in Richtung Bodensee sowie in Richtung Allgäu zu planen.
  • Nach dem Wegfall der Regionalzüge auf der NBS muss das Land seine für die NBS bereitgestellten Investitionsmittel kündigen. Es steht dem Land frei, diese Investitionsmittel alternativ für allererste Ausbaumaßnahmen des Bahnkorridors Stuttgart-Ulm (z.B. etappenweise drittes Gleis, zusätzliche Überholgleise) zu verwenden. Zudem kann das Land die Planungskosten für den Umfahrungstunnel Geislinger Steige sowie für andere Tunnels mitfinanzieren. 
  • Die Bahn wird nach dem Verzicht des Landes auf die Bestellung von Regionalzügen sowie nach der Stornierung der Investitionsmittel des Landes für die NBS in die Lage versetzt, die Wirtschaftlichkeit der NBS erneut zu untersuchen. Hierbei wird die Bahn die Unwirtschaftlichkeit der NBS feststellen.
  • An Stelle der NBS muss der Bahnkorridor Stuttgart-Ulm in einzelnen Etappen ausgebaut werden. Selbstverständlich kann der Ausbau bei der bestehenden Topographie des südwestdeutschen Schichtstufenlandes sowie bei der dichten Besiedlung von Neckar- und Filstal nicht ohne Tunnels vonstatten gehen.
  • Alle Tunnels sowie die gesamte Neubaustrecke zwischen Stuttgart und Ulm müssen uneingeschränkt für den schweren Güterverkehr nutzbar sein. 
    

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