Freitag, 5. Januar 2024

Metropolexpress des Landes BW erfordert Neufassung des Gesetzes über die Errichtung des Verbands Region Stuttgart


Das neue Produkt "Metropolexpress" des Landes BW und jüngste Entscheidungen des Verbands Region Stuttgart zur Erweiterung des Stuttgarter S-Bahnnetzes erfordern es, dass das Land BW sein Gesetz über die Errichtung des Verbands Region Stuttgart neufasst bzw. ändert.

Warum ist der Verband Region Stuttgart für die S-Bahn zuständig?
Gemäß der Bahnreform ist das Land Baden-Württemberg für den gesamten Regionalverkehr einschließlich der S-Bahnen in diesem Bundesland zuständig. Das Land hat die Zuständigkeit für die Stuttgarter S-Bahn jedoch mit dem "Gesetz über die Errichtung des Verbands Region Stuttgart (GVRS)" vom 7. Februar 1994 an den Verband Region Stuttgart übertragen.

Warum diese Entscheidung heute nicht mehr zeitgemäß ist und jetzt wieder rückgängig gemacht werden sollte, sehen wir uns im heutigen Post in diesem Blog an.

Im Jahr 1994 war ein Metropolexpress nicht einmal am Horizont zu sehen. Heute ist dies anders. Die vielfältigen Schnittstellen zwischen dem Metropolexpress und der S-Bahn erfordern, dass beide Systeme gemeinsam gemanagt werden. Und dafür kommt nur das Land BW in Frage.

Der Verkehrsausschuss des Verbands Region Stuttgart hat am 13.12.2023 dafür gestimmt, dass das Stuttgarter S-Bahnnetz bis nach Vaihingen/Enz, Geislingen an der Steige und Bondorf verlängert werden soll. Das ist eine verheerende Entscheidung und zudem eine Entscheidung, die dem Metropolexpress des Landes BW Prügel zwischen die Beine wirft.

Die Mischverkehrsstrecken im Stuttgarter S-Bahnnetz
Ohne Not will der Verband Region Stuttgart noch mehr Mischverkehrsstrecken S-Bahn/Regionalbahn in der Region Stuttgart.

Es gibt bereits genügend Mischverkehrsstrecken in Stuttgarter S-Bahnnetz mit ihren negativen Auswirkungen auf die Pünktlichkeit, die Regelmäßigkeit, die Leistungsfähigkeit und die Barrierefreiheit (Bahnsteighöhen). Listen wir sie mal kurz auf:

  • S1 Rohr - Herrenberg
  • S1 Plochingen - Wendlingen
  • S2 Waiblingen - Schorndorf
  • S3 Waiblingen - Backnang
  • Die Mischverkehrsstrecke von Bad Cannstatt nach Plochingen wird nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 wegfallen, jedoch durch höhengleiche Gleiskreuzungen in Plochingen ersetzt, die ebenfalls problematisch sind.
  • Die Mischverkehrsstrecke von Bad Cannstatt nach S-Hbf wird mit Inbetriebnahme von Stuttgart 21 wegfallen.
Bei der Menge der verbleibenden Mischverkehrsstrecken im Stuttgarter S-Bahnnetz ist es absolut unsinnig, weitere Mischverkehrsstrecken (Plochingen - Geislingen an der Steige, Bietigheim - Vaihingen (Enz) und Herrenberg - Bondorf) draufzusatteln. Die Betriebsqualität der Stuttgarter S-Bahn wird dadurch noch weiter negativ beeinflusst.
 
Die unterschiedlichen Bahnsteighöhen
Der Metropolexpress des Landes BW ermöglicht es, dass bei den Bahnhöfen außerhalb des heutigen Stuttgarter S-Bahnnetzes eine einheitliche Bahnsteighöhe von 76 cm eingerichtet wird. Das ist fahrgastfreundlich und barrierefrei.

Es gibt überhaupt keinen Grund, von dieser Aussicht auf einheitliche Bahnsteighöhen jetzt wieder abzuweichen und mit der S-Bahn ein Fahrzeug auf die Metropolexpress-Strecken zu schicken, das eine andere Bahnsteighöhe (96 cm) benötigt als der Metropolexpress. Auch Lösungen wie beim Haltepunkt Wernau, wo nur in die beiden vordersten Türen eines S-Bahnzuges barrierefrei eingestiegen werden kann, können nicht der Weisheit letzter Schluss sein.

Die unterschiedlichen Fahrzeuge
Es gibt wohl kaum einen Fahrgast, der bei einer Wahlmöglichkeit zwischen S-Bahn und Metropolexpress nicht dem Metropolexpress den Vorzug geben würde. Der Metropolexpress hat mehr Sitzplätze als das S-Bahnfahrzeug. Der Metropolexpress verfügt über ein WC. Der Metropolexpress hat bequemere Sitze. Für lange Strecken wie z.B. nach Geislingen an der Steige ist das S-Bahnfahrzeug nicht geeignet.

Die schnellere Erreichbarkeit des Stuttgarter Hauptbahnhofs
Der Metropolexpress bietet auch eine schnellere Erreichbarkeit des potenziellen Super-Bahnknotens Stuttgart-Hauptbahnhof (potenziell bedeutet, dass der Stuttgarter Hauptbahnhof erst mit einem Ergänzungsbahnhof zu einem richtigen Bahnknoten wird). Steigt man jedoch in eine S-Bahn ein, z.B. in Geislingen an der Steige oder in Kirchheim unter Teck, dauert es eine Ewigkeit, bis man den Hauptbahnhof erreicht.
 
Die Problematik einer zusätzlichen S-Bahnlinie im Verlauf der Stammstrecke
Der Verband Region Stuttgart will die Bahnhöfe zwischen Plochingen und Geislingen an der Steige mit einer neuen S-Bahnlinie bedienen, die dann auch im Verlauf der Stammstrecke auftritt. Das ist absolut undenkbar. Die Stammstrecke der Stuttgarter S-Bahn ist bereits heute überlastet. Mögliche Verbesserungen in Folge eines neuen Signalsystems dürfen nur für den Verspätungsabbau, nicht jedoch für eine zusätzliche Linie aktiviert werden. Der heute bestehende 2,5 Minuten-Takt im Verlauf der Stammstrecke ist bereits das Ende des Möglichen. Auch München will von seinen heute noch 30 Zügen pro Stunde und Richtung im Stammstreckentunnel wegkommen, indem es eine zweite Stammstrecke baut. Auch im Verlauf der neuen Elisabeth-Line (Crossrail) in London fährt maximal alle 2,5 Minuten ein Zug.
 
Die Problematik von Streckenverlängerungen bei der S-Bahn
Streckenverlängerungen der Stuttgarter S-Bahn dergestalt, dass man eine neue Linie einrichtet, können wegen der Überlastung der Stammstrecke nicht funktionieren. Streckenverlängerungen in der Form, dass man einfach eine bestehende Linie verlängert, funktionieren ebenfalls nicht. Denn sie bringen keine Leistungsteigerung. Beispiel: Würde man die S5 von Bietigheim nach Vaihingen/Enz verlängern, gäbe es zwischen Bietigheim und dem Stuttgarter Hauptbahnhof keinen Zuwachs bei den Zugzahlen und den Sitzplatz- und Stehplatzzahlen. Die Stuttgarter S-Bahn steckt also in einer Sackgasse.

Die beiden Engpässe S-Bahn-Stammstrecke und Stuttgart 21
Der Bahnknoten Stuttgart wird von zwei Engpässen geprägt. Dies ist zum Einen die S-Bahn-Stammstrecke, die ausgelastet bzw. überlastet ist. Dies ist zum Anderen Stuttgart 21 mit dem nur achtgleisigen Hauptbahnhof und dem nur zweigleisigen Nordzulauf. Unter diesen Randbedingungen kann für die S-Bahn nichts Vernünftiges mehr entstehen.
 
Der Verband Region Stuttgart hat sich bei der S-Bahn in einen Sackgasse manövriert
Es ist also klar: Der Verband Region Stuttgart hat sich bei der S-Bahn in eine Sackgasse manövriert. Die jetzt beschlossenen Erweiterungen des S-Bahnnetzes sind Murks. Der Verband Region Stuttgart trägt einen gehörigen Teil zur heute bestehenden Bahnmisere bei. Denn der Verband Region Stuttgart hat sich nicht für einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof eingesetzt. Nur der Ergänzungsbahnhof ist in der Lage, die Kapazität des Bahnknotens Stuttgart zu steigern.
 
Der Metropolexpress ist die Lösung für die Stuttgarter Bahnverkehrsprobleme
Der Metropolexpress des Landes BW ist ein Produkt, das alle heute im Stuttgarter S-Bahnnetz und darüber hinaus in der Metropolregion Stuttgart bestehenden Regionalverkehrsdefizite heilen soll.

Der Metropolexpress fährt zunächst mal auf allen Strecken im Halbstundentakt. Das Entscheidende ist nun aber, dass der Metropolexpress zusammen mit dem Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof für einzelne Strecken sowie später für alle Strecken den Viertelstundentakt anbieten kann und damit einen echte Leistungssteigerung bewirkt. Der Vollständigkeit halber muss man anfügen, dass auf einigen Strecken zur Ermöglichung des Viertelstundentakts beim Metropolexpress punktuelle Ausbauten erforderlich sind (z.B. Waiblingen - Schorndorf oder Böblingen - Herrenberg).

Jetzt ist das Land BW gefordert
Bevor nicht mehr revidierbare Fakten geschaffen werden muss das Land BW jetzt eingreifen. Ein Nebeneinanderher der Zuständigkeiten für die Stuttgarter S-Bahn und für den Metropolexpress darf es nicht mehr geben. Die Zuständigkeit für alle regionalen Schienenverkehre muss beim Land gebündelt werden. Nur so ist das Ziel einer Verdoppelung der Fahrgastzahlen zu erreichen.
  

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.