In die Sachen "Weiterentwicklung des Bahnknotens Stuttgart" und "Stuttgarter Kombi-Hauptbahnhof" ist in den letzten Wochen ein wenig Bewegung gekommen. So haben SSB-Vorstand Arnold und Stuttgarts OB Kuhn einen Vorschlag unterbreitet, wonach die Panoramastrecke der Gäubahn als radiale Bahnstrecke erhalten bleiben soll.
Die zukünftigen Metropolexpress-Züge der Gäubahn sollen weiterhin über die Panoramastrecke zum Hauptbahnhof fahren und hierbei nicht nur in S-Vaihingen halten, sondern zwei weitere Haltepunkte in der Nähe des früheren Westbahnhofs sowie in S-Nord bedienen. Die Panoramastrecke der Gäubahn soll zwischen S-Nord und dem Hauptbahnhof unterirdisch verlaufen und in einen unterirdischen neuen Kopfbahnhof münden, der neben dem Stuttgart 21-Tiefbahnhof zu liegen kommt.
Dieser Vorschlag ist insofern zu begrüßen, als er einen ersten Schritt darstellt, der wegführt vom sturen Festhalten an Stuttgart 21. Der Vorschlag ist jedoch noch längst nicht zu Ende gedacht. Als Gegner von Stuttgart 21 kann man mit diesem Vorschlag noch lange nicht zufrieden sein. Es reicht aber nicht aus, einen Vorschlag zu kritisieren. Wir sind hier in diesem Blog in der Pflicht, den Vorschlag von Kuhn/Arnold weiterzuentwickeln, so dass er den Anforderungen an einen zukunftsfähigen, betriebsflexiblen und leistungsfähigen Bahnknoten Stuttgart vollumfänglich genügt. Das soll im Folgenden geschehen, Schritt für Schritt.
Alle Züge der Gäubahn müssen über die Panoramastrecke zum Hauptbahnhof fahren
So wie der Vorschlag von Kuhn/Arnold in der Presse skizziert worden ist, sollen nur die Metropolexpress-Züge der Gäubahn über die Panoramastrecke zum Hauptbahnhof fahren. Die stündlich verkehrenden IC im Verlauf der Gäubahn sollen weiterhin wie bisher geplant über die Rohrer Kurve, den Flughafen und den Fildertunnel zum Stuttgart 21-Durchgangsbahnhof fahren.
Es gibt mehrere gewichtige Gründe, die dafür sprechen, dass zukünftig alle Züge der Gäubahn über S-Vaihingen und die Panoramastrecke zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren.
1. Für die stündlich verkehrenden IC im Verlauf der Gäubahn lohnt sich die gigantische Investition der Führung der Gäubahn über den Flughafen nicht. Die Rohrer Kurve, die Umrüstung der nur für die S-Bahn gebauten Strecke zwischen S-Rohr und dem Flughafen, der eingleisige, unterirdische Flughafenbahnhof für die Gäubahn sowie die teilweise unterirdisch verlaufende Schleife beim Langwieser See zur Einschleifung in den Fildertunnel kosten eine hohe dreistellige Millionensumme. Diese Summe ist für einen stündlich verkehrenden IC nicht darstellbar.
2. Trotz dieser hohen dreistelligen Millionensumme ist der Ausbau der Gäubahn über den Flughafen mangelhaft und von der Einstellung bedroht. Es reiht sich im Streckenverlauf Engstelle an Engstelle. Die Führung der IC über die nur für die S-Bahn gebaute Strecke ist nur bis Mitte der Dreißiger Jahre genehmigt. Dann läuft sie aus.
3. Die durch den Verzicht auf die Führung der Gäubahn über den Flughafen eingesparten hohen dreistelligen Millionenbeträge werden dringend für die Entwicklung des Stuttgarter Kombi-Hauptbahnhofs sowie für die Modernisierung der Panoramastrecke benötigt.
4. Über die Panoramastrecke der Gäubahn müssen so viele Züge wie möglich fahren. Nur so lohnt sich für den Eigentümer der Strecke die Instandhaltung. Nur so nimmt der Eigentümer der Strecke genügend Geld über Trassengebühren ein. Nur so kann der wahrscheinlich in den Dreißiger Jahren fällig werdende Ersatz-Neubau des Hasenbergtunnels und des Kriegsbergtunnels finanziert werden.
Wie ist der zukünftige Mischbetrieb im Verlauf der Panoramastrecke zu bewerten?
Bei einer Führung aller Züge der Gäubahn über die Panoramastrecke gibt es dort zukünftig einen Mischbetrieb Metropolexpress-Züge / IC-Züge. Der Mischbetrieb kommt dadurch zustände, dass die Metropolexpress-Züge an zwei Haltepunkten bei S-West und S-Nord anhalten, während die IC dort nicht anhalten. Dadurch gibt es unterschiedlich hohe Beförderungsgeschwindigkeiten zwischen den Metropolexpress-Zügen und dem IC. Mischbetrieb ist stets dann vorhanden, wenn unterschiedlich hohe Beförderungsbeschwindigkeiten in einem Streckenabschnitt vorliegen. Mischbetrieb ist jedoch gleichzeitig ein Engstellentyp. Es entsteht somit im Verlauf der Gäubahn eine neue Engstelle.
Das sind die heute im Verlauf der Gäubahn zwischen Herrenberg und dem Hauptbahnhof vorhandenen Engstellen:
1. Mischbetrieb S-Bahn/Regionalbahn/IC zwischen Herrenberg und S-Rohr
2. Eingleisiger Streckenabschnitt bei S-Nord
3. Höhengleiche Gleiskreuzung zwischen den ein- und ausfahrenden Zügen im Gleisvorfeld des Stuttgarter Hauptbahnhofs.
Nun wird jedoch die Engstelle Nr. 2, der eingleisige Abschnitt im Bereich S-Nord, im Rahmen des Stuttgarter Kombi-Hauptbahnhofs zukünftig entfallen. Dieser eingleisige Abschnitt wurde vor Jahrzehnten eingerichtet, um Platz für die S-Bahngleise bei S-Nord zu schaffen. Die S-Bahn wird zukünftig in diesem Bereich eine neue Trasse erhalten. Somit kann die Gäubahn wieder durchgehend zweigleisig ausgebaut werden.
Die zukünftig im Verlauf der Gäubahn zwischen Herrenberg und dem Hauptbahnhof vorhandenen Engstellen sind somit die Folgenden:
1. Mischbetrieb S-Bahn/Metropolexpress/IC zwischen Herrenberg und S-Rohr
2. Mischbetrieb Metropolexpress/IC zwischen S-Vaihingen und S-Nord
3. Höhengleiche Gleiskreuzung zwischen den ein- und ausfahrenden Zügen im Gleisvorfeld des Stuttgarter Hauptbahnhofs.
Eine Plausibilitätsbetrachtung kommt somit zum Ergebnis, dass die Zahl der Engstellen im Verlauf der Gäubahn durch die neuen Halte für die Metropolexpress-Züge in S-West und S-Nord nicht zunimmt und das Ganze gut fahrbar sein wird.
Der neue Haltepunkt Westend
Das Konzept Kuhn/Arnold für die Panoramastrecke der Gäubahn sieht einen neuen Haltepunkt für die Metropolexpress-Züge in der Nähe des früheren Westbahnhofs vor. Wir wollen diesem Haltepunkt den Arbeitsnamen Westend geben. Der neue Haltepunkt dient nicht zuletzt der Verknüpfung der Gäubahn mit anderen Verkehrsmitteln.
Die Bahnsteige des neuen Haltepunkts sollten zwischen der Unterführung der Straße "Unter dem Birkenkopf" und der Haltestelle Herderplatz der Stadtbahn gebaut werden. Zwischen der Haltestelle Herderplatz der Stadtbahn und dem Haltepunkt Westend muss ein Schrägaufzug die Verbindung herstellen. Es ist hier zu prüfen, ob neben der Stadtbahnlinie U2 zukünftig auch die U9 ganztägig die Haltestelle Herderplatz anfahren sollte.
Wenn sich in der Zukunft Stuttgart und die SSB doch noch dazu entschließen sollten, eine dritte Stammstrecke für die Stuttgarter Stadtbahn zu bauen und wenn diese dritte Stammstrecke mit Niederflurfahrzeugen befahren werden soll (was anzuraten ist), ergibt sich eine weitere Verknüpfungsoption beim Haltepunkt Westend. Dann kann man eine Niederflurstraßenbahnlinie mit folgendem Verlauf einrichten: Gewerbegebiet "Unter dem Birkenkopf" - Haltepunkt Westend - Rotenwaldstraße - Rotebühlstraße - Theodor-Heuss-Straße - Friedrichstraße - Hauptbahnhof (Arnulf-Klett-Platz) - Straße Am Schlossgarten - Heilmannstraße - Stöckachplatz - Ersatz der U4 bis Untertürkheim - Obertürkheim - Ersatz der O-Buslinie bis Esslingen Hauptbahnhof.
Der neue Haltepunkt Stuttgart-Nord der Gäubahn
Das Konzept Kuhn/Arnold sieht für die Metropolexpress-Züge einen Haltepunkt bei der Unterführung der Panoramastrecke der Gäubahn unter der Heilbronner Straße (bei der Stadtbahnhaltestelle Eckartshaldenweg) vor. Das ist allenfalls die zweitbeste Lösung. Hier gilt es dringend, für eine bessere Lösung zu arbeiten. Die zukünftige Gäubahn muss ja auch eine Antwort auf die immer wieder thematisierte tangentiale Verkehrsnachfrage (Zuffenhausen-Vaihingen oder Ludwigsburg-Böblingen) finden, allerdings ohne zu einer Tangentiallinie zu werden.
Warum sollte die Gäubahn bei Stuttgart-Nord neutrassiert werden?
Bevor wir die genaue Lage des zukünftigen Haltepunkts S-Nord der Metropolexpress-Züge der Gäubahn festlegen, gilt es zunächst einmal abzuklären, was für eine Neutrassierung der Gäubahn im Bereich von S-Nord spricht. Das sind die folgenden Gründe:
1. Der Kriegsbergtunnel der Gäubahn ist sehr alt und zum Teil bereits schadhaft. In den Dreißiger Jahren muss dieser Tunnel voraussichtlich neugebaut werden. Man könnte es nun so machen wie das derzeit beim Pforzheimer Tunnel geschieht, dass man den neuen Tunnel einfach neben den alten Tunnel baut. Man kann das Erfordernis eines Neubaus des Kriegsbergtunnels jedoch auch als Jahrhundertchance begreifen, die Führung der Gäubahn im Bereich S-Nord zu verbessern. Das Portal auf der Seite Vaihingen des Kriegsbergtunnels bliebe in etwa an der gleichen Stelle. Der neue Kriegsbergtunnel würde jedoch wie folgt verlaufen: Unter dem Theodor-Heuss-Haus, unter der Grünen Fuge beim Killesberg und unter dem Wartberg bis östlich der Heilbronner Straße.
2. Die Gäubahn soll zwischen S-Nord und dem Hauptbahnhof nicht mehr wie heute noch auf hohen Viadukten und Dämmen verlaufen. Sie soll tiefer verlaufen, so dass die optische Trennungswirkung bei weitem nicht mehr so stark ist. Auch aus diesem Grund ist eine Neutrassierung der Gäubahn in diesem Bereich erforderlich.
3. Der Haltepunkt S-Nord der Metropolexpress-Züge der Gäubahn soll unmittelbar neben den bestehenden Haltepunkt S-Nord der S-Bahn gebaut werden. Damit sind die Gründe für die Neutrassierung der Gäubahn im Bereich S-Nord klar. Das Geld für die Neutrassierung der Gäubahn einschließlich des verlängerten Kriegsbergtunnels kommt von dem Geld, das auf den Fildern eingespart worden ist.
Die vielfältigen Aufgaben des neuen Haltepunkts Stuttgart-Nord der Gäubahn
Der Haltepunkt Stuttgart-Nord für die Metropolexpress-Züge der Gäubahn liegt unmittelbar neben und parallel zum Haltepunkt Stuttgart-Nord der S-Bahn. Es ergeben sich hier Umsteigemöglichkeiten zur Stadtbahnlinie U12 (Haltestelle Nordbahnhof). Es ergeben sich auch Umsteigemöglichkeiten über den bereits bestehenden Fußgängersteg zu den Stadtbahnlinien U6, U7 und U15 (Haltestelle Löwentorbrücke).
Die wichtigste Aufgabe des neuen Haltepunkts S-Nord sind jedoch die Umsteigebeziehungen zwischen den Metropolexpress-Zügen der Gäubahn und der S-Bahn. Hier kommen jetzt die tangentialen Verkehrsbeziehungen ins Spiel. Damit ergibt sich eine ganz bequeme Umsteigemöglichkeit z.B. für die Fahrt zwischen Zuffenhausen und Vaihingen und auch z.B. zwischen Ludwigsburg und Böblingen. Diese tangentialen Fahrtwünsche werden jetzt optimal abgedeckt, ohne dass es dazu der stets problembehafteten Tangentiallinien bedarf. Die tangentialen Fahrtwünsche werden ausschließlich durch starke, wirtschaftliche und häufig verkehrende Radiallinien abgedeckt.
Die oberirdische Führung der Gäubahn in einen oberirdischen Kopfbahnhof
Das Konzept Kuhn/Arnold sieht eine Führung der Metropolexpress-Züge der Gäubahn in einem Tunnel zwischen S-Nord und dem Hauptbahnhof sowie in einen unterirdischen Kopfbahnhof vor. Das sollte dringend überdacht werden. Es gibt keinen Grund für diese weiteren Tunnel.
Aus städtebaulichen Gründen ist es ausreichend, wenn die Gäubahn zwischen S-Nord und dem Hauptbahnhof tiefergelegt wird, aber weiterhin an der Oberfläche fährt. Auch auf einen unterirdischen Kopfbahnhof sollte man verzichten. Der unterirdische Stuttgart 21-Durchgangsbahnhof bereitet genügend Probleme. Der Kopfbahnhof muss oberirdisch sein. Dieser Kopfbahnhof im Rahmen eines Kombi-Hauptbahnhofs muss zudem mehr als zwei bis vier Gleise umfassen. Zehn Gleise sollten es schon sein. Denn in diesen Kopfbahnhof müssen im Rahmen einer Kombilösung auch zwei Gleise der Zufahrt Zuffenhausen und zwei Gleise der Zufahrt Bad Cannstatt münden.
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