Ab Anfang des Jahres 2023 will das Land BW eine zweistündlich verkehrende Regionalbahnlinie (RB 53) auf der Ausbaustrecke München - Lindau (Allgäubahn) zwischen Kißlegg und Wangen im Allgäu streichen. Das geht aus einer Pressemitteilung des Landesverkehrsministeriums BW vom 20.12.2022 hervor.
Der Grund sind massive Verspätungen und Störungen im Betriebsablauf auf der Allgäubahn. Darunter leiden sowohl der Regionalverkehr als auch die Fernzüge München - Zürich. Jetzt zieht man die Notbremse und streicht Züge.
Wir erinnern uns: Die Allgäubahn wurde unter anderem mit Hilfe eines Darlehens aus der Schweiz elektrifiziert (Ausbaustrecke München - Lindau). Neue zweigleisige Abschnitte bzw. neue Begegnungsstellen gab es jedoch kaum. Das also ist das Dilemma: Die immer wieder als Tor in die Zukunft gepriesene Elektrifizierung von Strecken bringt eigentlich nur wenig. Wichtiger wären der zweigleisige Ausbau und zusätzliche Gleise in den Begegnungsbahnhöfen. Beim Ausbau der Alllgäubahn wurde das Gewicht zu sehr auf Fahrzeitverkürzungen durch Elektrifizierung gelegt. Die mindestens genauso wichtigen Themen wie Leistungsfähigkeit, Pünktlichkeit, Regelmäßigkeit und Redundanz blieben auf der Strecke.
Eine Wiederaufnahme des Betriebs auf der Linie RE 53 zwischen Kißlegg und Wangen im Allgäu ist für das Jahr 2025 anvisiert, nachdem die Bahn in eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Strecke investiert hat.
Wird die Bahn jetzt neue zweigleisige Streckenabschnitte einrichten? Nein, daran ist nicht zu denken.
Wird die Bahn neue Begegnungsstellen einrichten? Auch das ist unrealistisch.
Die Bahn will lediglich bei Ratzenried zwischen Kißlegg und Wangen im Allgäu zusätzliche Signale aufstellen, die eine dichtere Zugfolge erlauben - und braucht selbst dafür zwei bis drei Jahre....
Ein zweigleisiger Ausbau der Allgäubahn wird jedoch wieder auf die Tagesordnung kommen. Die Schweiz will ja den Stundentakt im Fernverkehr zwischen München und Zürich einrichten und wird dafür möglicherweise erneut ein Darlehen an Deutschland sprechen müssen.
Für den Regionalverkehr kommt zudem eine Hybridlösung in Betracht. Ein Fahrdraht wird demnach nur im Bereich der Bahnhöfe gespannt. Die Regionalzüge saugen dort elektrische Energie. Zwischen den Bahnhöfen fahren die Züge mit einer Batterie oder einem sonstigen Stromspeicher.
Der Regionalverkehr kann also mit einer Hybridlösung fahren, weniger allerdings die Fernzüge. Das führt bei Streckenelektrifizierungen zu neuen Konstellationen. Der Fahrdraht ist dann hauptsächlich wegen des Fernverkehrs erforderlich und müsste von diesem finanziert werden. Das Land würde keine Zuschüsse mehr für die Elektrifizierung leisten.
Die Ermstalbahn ist seit Ende 2022 unter Strom. Der versprochene Halbstundentakt kann jedoch erst mal nicht eingerichtet werden, weil das neue Stellwerk in Metzingen nicht fertiggeworden ist.
Die Ammertalbahn musste nach ihrer Elektrifizierung auf einem Teilabschnitt schon wieder vom Viertelstundentakt auf den Halbstundentakt umstellen, weil der Viertelstundentakt nicht beherrschbar war und zu einem Betriebschaos geführt hat.
Für die Bodenseegürtelbahn wird jetzt auch die Elektrifizierung gefordert. Die Urache der Probleme liegt allerdings weniger im fehlenden Fahrdraht, sondern in der Länge der eingleisigen Abschnitte und den zu wenigen Begegnungsstellen.
Es wäre ein Fehler anzunehmen, dass das Projekt Stuttgart 21, das ja auch über zahlreiche Engstellen verfügt, von den oben genannten Problemen ausgeschlossen bleiben wird. Wir haben ja bereits gesehen, dass bei der Mehrzahl der Strecken Stuttgart 21 gegenüber dem Zustand 2023 beim Bahnknoten Stuttgart kein Mehr an Zügen bringen wird. Selbst diese Züge könnten Probleme bereiten. Und bei Stuttgart 21 handelt es sich ja nicht um eine Strecke, sondern um einen großen, komplexen Bahnknoten.
Und doch hat Stuttgart 21 Glück. Denn nach Inbetriebnahme eines ersten Teils von Stuttgart 21 braucht man nicht Jahre oder Jahrzehnte zu warten, bis ein neues Gleis verlegt ist oder eine neue Ausweichstelle eingerichtet worden ist. Das gibt es alles schon in Form des bestehenden Kopfbahnhofs. Mindestens ein Teil des bestehenden Kopfbahnhofs muss nach einer ersten Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 also erhalten bleiben - unabhängig von der Fertigstellung eines Ergänzungsbahnhofs. Darauf gilt es jetzt hinzuarbeiten.
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