Für einen kurzen Moment war in diesen Tagen in der großen Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 die Kombilösung wieder im Gespräch. Aber das nicht im positiven Sinne. Man befürchtete vielmehr, dass bei der vom Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 angekündigten Pressekonferenz am 10.12.2012 in Berlin die Kombilösung für den Stuttgarter Bahnknoten in der einen oder anderen Weise zur Sprache kommen könnte.
Das ist nicht geschehen. Es ist nicht einmal im Ansatz geschehen. Und es wird auch zukünftig nicht geschehen. Allerdings hat sich der Fahrgastverband PRO BAHN e.V. in diesen Tagen für die Kombilösung ausgesprochen. Das ist die Meinung dieses Verbands. Es ist eine Einzelmeinung. Jeder darf selbstverständlich eine Meinung haben. Jetzt weiß ich nicht mal auf Anhieb, ob der Fahrgastverband PRO BAHN Mitglied im Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 ist. Sollte dies der Fall sein, müsste man allerdings überlegen, ob PRO BAHN in diesem Fall nicht aus dem Aktionsbündnis aussteigen sollte.
Im heutigen Post in diesem Blog wollen wir einmal zusammenfassen, weshalb die Kombilösung (also Kopfbahnhof plus ein viergleisiger Durchgangsbahnhof quer zum Talkessel) nicht kommen darf. Und in einem zweiten Teil vergleichen wir die Stuttgarter Kombilösung mit der Zürcher Durchmesserlinie und notieren hierbei die Unterschiede zwischen den beiden Lösungen.
Weshalb die Kombilösung für den Bahnknoten Stuttgart nicht kommen darf
Bei der Kombilösung wird eine ICE-Trasse und eine europäische Magistrale an den Stuttgarter Flughafen angebunden. Das ist nicht nur nicht notwendig, das ist geradezu absurd. Ein Flughafen von der Größe des Stuttgarter Flughafens ist als Ziel und Quelle von Bahnreisen nicht wichtig genug, um eine so wichtige Fernverkehrsstrecke zu einem Umweg zu zwingen und um allen Fahrgästen, die mit dem Flughafen nichts zu tun haben, Zeitverluste aufzubrummen.
Das ICE-Verkehrssystem funktioniert nur, wenn der ICE in jeder Großstadt nur einmal anhält. Das wäre eine Bummelei, würde der ICE in jeder Großstadt zweimal halten! Und wozu baut eigentlich die Bahn milliardenteure Hochgeschwindigkeitsstrecken und holt mit sauteuren Tunnels und Brücken jede mögliche Verkürzung vom Betrag einer Fahrzeitminute heraus, wenn der ICE nachher dann doch an jeder Flughafen-Milchkanne (abgewandeltes Zitat des frühreren Bahnvorstandsvorsitzenden Mehdorn) hält?
Die Bahn fährt in allen Ländern und seit jeher bevorzugt im Verlauf der Täler. Das kommt ganz einfach daher, dass Züge Steigungen nicht so gerne mögen wie der Gummiverkehr. Zudem wird beim Steigen viel Energie verbraucht. Bei der Stuttgarter Kombilösung wird der ICE zunächst einmal mit fast 200 Meter Höhenunterschied auf die Filderhochfläche gejagt, nur um dann wieder ins Neckartal bei Wendlingen hinabzufallen. Da ist es doch besser, der ICE bleibt gleich unten im Neckartal.
Die Kombilösung entlastet - ähnlich wie Stuttgart 21 - die Bevölkerung von Stuttgart und der Region Stuttgart nicht vom Bahnlärm. Der gesamte besonders lärmintensive Güterverkehr in den dichtbesiedelten Tälern bleibt erhalten. Zudem bleiben die Bahnanlagen genau dort oberirdisch, wo besonders viele Menschen leben und wo die Bebauung besonders nahe an das Bahngelände heranreicht, z.B. in S-Zuffenhausen oder in S-Bad Cannstatt.
Bei der Kombilösung würde man nur unwesentlich weniger Tunnels benötigen wie bei Stuttgart 21. Der fast 10 Kilometer lange Fildertunnel - problematisch und mit wenig Nutzen - würde genauso benötigt.
Bei der Kombilösung würde genauso wie bei Stuttgart 21 ein Wall quer zum Stuttgarter Talkessel durch den Mittleren Schlossgarten führen. Das ist nicht nur ein optisches Problem. Dadurch wird auch das Grundwasser gestaut.
Bei der Kombilösung würde genauso wie bei Stuttgart 21 das Mineralwasser gefährdet, würde es genauso Probleme mit dem Grundwasser geben, würde der Gipskeuper unter den dicht besiedelten Stadtvierteln genauso quellen.
Warum ist die Zürcher Durchmesserlinie anders?
Bekanntlich wird in Zürich gerade ein viergleisiger Durchgangsbahnhof unter dem Kopfbahnhof gebaut, mit zwei zweigleisigen Zulaufstrecken. Das nennt man die Zürcher Durchmesserlinie. Dieser Bahnausbau unterscheidet sich jedoch wesentlich von der Stuttgarter Kombilösung.
Bei der Stuttgarter Kombilösung verläuft der viergleisige Durchgangsbahnhof rechtwinklig zu den Gleisachsen des Kopfbahnhofs. Bei der Zürcher Durchmesserlinie verläuft der viergleisige Durchgangsbahnhof dagegen parallel zu den Gleisachsen des Kopfbahnhofs.
Dieser Unterschied hat Folgen für die erforderlichen Tunnels. Bei der Stuttgarter Kombilösung sind auf beiden Seiten des Durchgangsbahnhofs mehr oder weniger lange Tunnel erforderlich. Bei der Zürcher Durchmesserlinie ist nur auf einer Seite des Durchgangsbahnhofs ein Tunnel erforderlich. Auf der anderen Seite des Durchgangsbahnhofs gibt es dagegen nur eine Tunnelrampe, über die der Anschluss an das Gleisvorfeld des Kopfbahnhofs erfolgt. Und der Tunnel, der auf einer Seite des Durchgangsbahnhofs erforderlich ist, wird so kurz wie möglich gehalten mit dem Ziel, den Durchgangsbahnhof auf kürzestmöglichem Weg an das vorhandene Bahnnetz anzubinden.
Schlussfolgerungen für zukünftige Stuttgarter Tunnelbauten
Ich glaube nicht, dass die große Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21 grundsätzlich gegen jeden Tunnel ist. Der Gotthard-Basistunnel zum Beispiel wurde von der Bürgerbewegung begrüßt, weil dieser Tunnel das System Bahn in jeder Hinsicht verbessert.
Auch in der Region Stuttgart und zur Verbesserung des Bahnknotens Stuttgart sind Tunnel denkbar. Das muss dann aber ganz anders aussehen als bei Stuttgart 21 und bei der Stuttgarter Kombilösung. Wie das aussehen könnte lassen wir heute offen.Schließlich soll dieser Blog ja auch zukünftig noch Themen zu besprechen haben.
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