Der im Rahmen des Projekts Stuttgart 21 geplante Durchgangsbahnhof hat nur acht Gleise. Der bestehende Kopfbahnhof hingegen hat 16 Gleise.
Das müssen wir einmal genauer analysieren. Denn wir sind aufs Höchste misstrauisch. Stuttgart 21 ist ein Investorenprojekt. Dieses Projekt wurde nicht lanciert, um dem System Bahn etwas Gutes zu tun und es wurde nicht geplant, um eine Bahn für die Bevölkerung zu schaffen. Alle Vorteile des Projekts, die von den Betreibern genannt werden, sind nachträglich ins Spiel gebrachte Sachverhalte und deshalb kritisch zu hinterfragen.
Für den Themenkomplex der Zu- und Abfahrtsgleise brauchen wir mehr als einen Post.
Der Tiefbahnhof von Stuttgart 21 hat insgesamt acht zu- und wegführende Gleise, auf jeder Seite vier.
Der bestehende Kopfbahnhof hat alles zusammengenommen zehn zu- und wegführende Gleise. Aber richtig: da müssen wir jetzt noch einiges wegkürzen.
Aus Richtung Bad Cannstatt gibt es ingesamt vier Gleise, zwei davon werden von der S-Bahn benutzt. Aber: es benutzen auch einige Regionalzüge die Gleise der S-Bahn. Es trifft somit nicht zu, dass es aus Richtung Bad Cannstatt nur zwei Gleise für die Fern- und Regionalzüge gibt. Es sind freilich auch nicht vier Gleise, sondern aus betrieblicher Sicht irgendetwas dazwischen.
Aus Richtung der Gäubahn gibt es zwei Gleise. Aber: auf einem kurzen Stück zwischen dem Hauptbahnhof und der Brücke beim Nordbahnhof ist die Gäubahn eingleisig. Also würde man für die Gäubahn vielleicht 1,5 Gleise ansetzen.
Aus Richtung Zuffenhausen gibt es vier Gleise, zwei davon werden von der S-Bahn benutzt. Hier gilt in etwas abgeschwächter Form das Gleiche wie für die Zufahrt von Bad Cannstatt: auch Regionalzüge können im Verlauf der S-Bahngleise verkehren.
Also sieht es im Bestand mit der Anzahl der Zu- und Abfahrten beim Kopfbahnhof Stuttgart gar nicht so schlecht aus.
Aber das eigentlich entscheidende ist: Eine Verbesserung und Erweiterung der Zu- und Abfahrten lässt sich beim Kopfbahnhof Stuttgart zu einem Bruchteil der für Stuttgart 21 veranschlagten Kosten und vor allem in Etappen und gemäß dem aktuellen Bedarf durchführen.
So ist es zum Beispiel denkbar, in einer ersten Stufe die Streckenkapazität von / nach Bad Cannstatt zu erhöhen durch den Bau zweier weiterer Gleise. Und warum eigentlich nicht die beiden zusätzlichen Gleise für die S-Bahn schaffen? Dann stünden die vorhandenen vier Gleise vollständig dem Fern- und Regionalzugverkehr zur Verfügung. Es gäbe somit zwei neue, teilweise unterirdisch geführte S-Bahngleise zwischen dem S-Bahnhof Stuttgart-Hauptbahnhof und Bad Cannstatt. Diese Maßnahme könnte sogar unmittelbar an die gerade laufenden Maßnahmen im Rahmen von Stuttgart 21 anschließen. Es laufen ja gerade die vorbereitenden Arbeiten, um unter der vorhandenen S-Bahnrampe den S-Bahntunnel zu verlängern.
Die Neutrassierung der S-Bahn ist auch im Projekt Stuttgart 21 enthalten. Warum nicht einfach dieses Teilprojekt aus Stuttgart 21 herausbrechen und separat umsetzen?
Im Übrigen stößt man beim Thema der Erweiterung der Zu- und Abfahrten beim Kopfbahnhof Stuttgart immer wieder auf Planungsspuren aus der Vergangenheit. So war man vor der Lancierung des Projekts Stuttgart 21 im Begriff, ein fünftes Gleis zwischen Bad Cannstatt und dem Hauptbahnhof zu planen. Auch aus Richtung Zuffenhausen / Feuerbach war ein fünftes Gleis geplant. Hierfür wurde sogar Platz freigehalten, als in den Achziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Überwerfung der Stadtbahn zwischen dem Bahnhof Feuerbach und dem Pragtunnel gebaut wurde.
Man sieht also: die Deutsche Bahn hat eine Weiterentwicklung bei den Zufahrten zum Kopfbahnhof Stuttgart stets im Auge gehabt. Wäre nicht dieses Wahnsinnsprojekt Stuttgart 21 dazwischengekommen, wären verschiedene Stufen der Weiterentwicklung des Kopfbahnhofs Stuttgart schon längst verwirklicht. Stuttgart 21 hat sich seit seiner Lancierung vor ca. 15 Jahren wie eine Glocke über alle vorhandenen Planungen gelegt und diese erstickt. Die Folgen sind bekannt: seit 15 Jahren läuft im Stuttgarter Hauptbahnhof und bei seinen Zufahrten nichts mehr, was Modernisierungen und Verbesserungen betrifft.
Was könnten wir in Stuttgart bereits für einen schönen Kopfbahnhof mit modernen Zufahrten haben. Aber es sollte nicht sein. Es kam ein gigantisches Alles oder Nichts Projekt dazwischen, und damit war es um die Zukunft geschehen.
Es gibt nur einen Ausweg: die sofortige Befreiung von diesem Alles oder Nichts Projekt und die Anknüpfung an die früheren Planungen.
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