Mittwoch, 28. Dezember 2022

Autobahnplanung für Baden-Württemberg zeigt: Stuttgart 21 soll keinen Verkehr von der Straße abziehen

Die am 1. September 2022 veröffentlichte Projektliste des Bundesverkehrsministeriums für die Planung zu den Neubauten und Ausbauten der Bundesautobahnen sieht 28 Projekte in Baden-Württemberg vor.

Und dies ist nur die Spitze des Straßenbau-Eisbergs. Dazu kommen noch der Aus- und Neubau von Bundesstraßen, von Landesstraßen, von Gemeindestraßen und von Anlagen des ruhenden Verkehrs (z.B. Tiefgaragen).

Hier zeigt sich, dass das Projekt Stuttgart 21 keinen Verkehr von der Straße zur Bahn migrieren soll, wie das zeitweise behauptet wurde. Sollte Stuttgart 21 erfolgreich sein in dem Sinne, dass nennenswert Verkehr von der Straße zur Bahn verlagert wird, dürfte es die zahlreichen, weiter unten genannten Autobahnprojekte gar nicht geben. Dann müsste im Gegenteil nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 die eine oder andere Straße redimensioniert oder sogar zurückgebaut werden. In diese Verlegenheit wird man aber nicht kommen. Denn Stuttgart 21 in der heutigen Form wird keinen Verkehr von der Straße abziehen können.

Damit reduziert sich Stuttgart 21 auf ein Immobilienprojekt. Eine Verkehrswende oder eine vorzeigbare Antwort auf die Klimakrise ist mit Stuttgart 21 nicht verbunden. 

In Zeiten der Klimakrise darf zudem mehr Verkehr für die Bahn kein Selbstzweck sein. Mehr Verkehr für die Bahn ist nur dann tolerabel, wenn es sich hier um Umsteiger vom Auto handelt. Sollte aber mehr Verkehr für die Bahn gleichbedeutend sein mit Neuverkehr, dann ist dies abzulehnen. Betrachtet man die zahlreichen geplanten Neu- und Ausbauten von Autobahnen in Baden-Württemberg, ist kaum anzunehmen, dass es Umsteiger vom Auto zur Bahn geben wird. 

Hier die Neu- und Ausbaumaßnahmen für die Bundesautobahnen in Baden-Württemberg:

A 98 Rheinfelden - Schwörstadt, Erweiterung auf vier Fahrstreifen, 7 Kilometer

A 98 Schwörstadt - Bad Säckingen - Murg, Erweiterung auf vier Fahrstreifen, 10 Kilometer

A 98 Laufenberg/Albbruck - Tiengen, Erweiterung auf vier Fahrstreifen, 16 Kilometer

A 860 Freiburg - AS Freiburg Mitte, Neubau mit vier Fahrstreifen (Freiburger Stadttunnel), 2 Kilometer

A 5 Kreuz Walldorf - AS Walldorf/Wiesloch, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 7 Kilometer

A 5 AS Walldorf/Wieslooch - Kreuz Heidelberg, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 12 Kilometer

A 6 Kreuz Mannheim - AS Schwetzingen/Hockenheim, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 12 Kilometer

A 6 AS Heilbronn/Untereisesheim - Kreuz Weinsberg, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 11 Kilometer

A 6 Kreuz Weinsberg - AS Bretzfeld, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 10 Kilometer

A 6 AS Bretzfeld - Öhringen, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 12 Kilometer

A 6 Öhringen - Kupferzell, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 10 Kilometer

A 6 Kupferzell - Ilshofen/Wolpertshausen, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 11 Kilometer

A 6 Ilshofen/Wolpertshausen - Kirchberg, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 10 Kilometer

A 6 Kirchberg - Landesgrenze zu Bayern, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 13 Kilometer

A 8 Dreieck Leonberg - Kreuz Stuttgart, Erweiterung auf acht Fahrstreifen (Abflachung der Steigung), 9 Kilometer

A 8 Kreuz Stuttgart - AS Stuttgart-Degerloch, Erweiterung auf acht Fahrstreifen, 9 Kilometer

A 8 AS Stuttgart-Degerloch - AS Wendlingen, Erweiterung auf acht Fahrstreifen, 14 Kilometer

A 8 AS Pforzheim-Nord - AS Pforzheim-Süd, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 5 Kilometer

A 8 AS Mühlhausen - AS Hohenstadt (Albauf- und Albabstieg), Neubau mit sechs Fahrstreifen, 8 Kilometer

A 8 AS Ulm-Nord - AK Ulm-Elchingen, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 12 Kilometer

A 81 AS Böblingen-Hulb - AS Sindelfingen-Ost, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 7 Kilometer

A 81 AS Sindelfingen-Ost - Kreuz Stuttgart, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 6 Kilometer

A 5 AS Hemsbach - Kreuz Weinheim, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 9 Kilometer

A 5 Kreuz Weinheim - Kreuz Heidelberg, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 9 Kilometer

A 5 Kreuz Walldorf - Dreieck Karlsruhe, Erweiterung auf acht Fahrstreifen, 36 Kilometer

A 5 AS Offenburg - AS Freiburg-Mitte, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 53 Kilometer

A 6 Dreieck Hockenheim - Kreuz Walldorf, Erweiterung auf acht Fahrstreifen, 7 Kilometer

A 7 AS Illertissen - AS Memmingen-Süd, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 17 Kilometer         

 

Mittwoch, 21. Dezember 2022

Neues 740 Meter langes Güterzuggleis im Verlauf der Gäubahn westlich von Böblingen - eine Maßnahme des Deutschlandtakts

In der Vorhabenliste für den Deutschlandtakt befinden sich auch politisch motivierte Projekte wie z.B. der Pfaffensteigtunnel. Dagegen ist das neue 740 Meter lange Gleis für die Güterzüge westlich von Böblingen im Verlauf der Gäubahn Deutschlandtakt pur.

Dies ist eine typische kleine Maßnahme, um den Bahnverkehr besser, pünktlicher, leistungsfähiger und schneller zu machen. Sie ist Bestandteil der "Vorhaben/Maßnahmen in der Region Süd-West (Bezug: Planfall Deutschlandtakt, Bedarfsplan Schiene)". Es handelt sich konkret um ein mittiges Wartegleis für den Schienengüterverkehr.

Höhengleiche Gleiskreuzung in Böblingen mit gravierenden Auswirkungen
Beim Bahnhof Böblingen gibt es eine höhengleiche Gleiskreuzung zwischen den Zügen von Stuttgart/Sindelfingen nach Herrenberg und den Güterzügen von Herrenberg nach Kornwestheim. Diese höhengleiche Gleiskreuzung kann kaum durch eine höhenfreie Lösung ersetzt werden. Sie würde Überwerfungen oder Tunnel von ca. einem Kilometer Länge erfordern und wäre sehr teuer und städtebaulich problematisch.

Das geplante 740 Meter lange Gleis für den Schienengüterverkehr kann nun die Nachteile der höhengleichen Gleiskreuzung abmildern.

Ich habe selbst einmal bei einer Fahrt von Stuttgart nach Freudenstadt eine Konstellation beobachten können, wie sie dem neuen Güterzuggleis zugrunde liegt. Konkret fuhr der Zug von Stuttgart bis zum S-Bahnhaltepunkt Goldberg normal. Im Bereich des Haltepunkts Goldberg bremste der Zug ab und bummelte in der Folge bis Herrenberg vor sich hin. Der Grund war eine vorausfahrende, verspätete S1.

Ungefähr bei Ehningen konnte ich sehen, dass ein Güterzug auf dem Gegengleis stand. Augenscheinlich konnte dieser Güterzug nicht weiterfahren, weil die höhengleiche Gleiskreuzung in Böblingen durch die verspätete S1 und den Freudenstädter Zug blockiert war.

Ungefähr bei Gärtingen konnte ich sehen, dass ein IC von Zürich auf dem Gegengleis stand. Dieser IC konnte wegen des vorausfahrenden Güterzugs nicht weiterfahren. Wer weiß, wie lange der Güterzug noch bei Ehningen herumstehen musste. Denn auch die S60 in beiden Richtungen beißt sich mit dem Güterzug Richtung Kornwestheim. Und dann kommt ja schon die nächste S1.

Das neue 740 Meter lange, mittig zwischen beiden Richtungsgleisen anzulegende Güterzuggleis setzt hier an. Mit Hilfe dieses Gleises kann der Güterzug schnell von den Gleisen der Gäubahn heruntergenommen werden, ohne zunächst die höhengleiche Gleiskreuzung zu befahren. Damit wird erreicht, dass z.B. der IC von Zürich, aber auch andere folgende Züge nicht mehr behindert werden. 

Zusammen mit vielen anderen Maßnahmen des Deutschlandtakts wird so dem Grundübel der Bahn, den Verspätungen und Störungen, zu Leibe gerückt. 

Dienstag, 20. Dezember 2022

Nach der Stornierung des Inbetriebnahmetermins für die Hermann-Hesse-Bahn: Gilt das auch für Stuttgart 21?

Die Hermann-Hesse-Bahn (Weil der Stadt - Calw) sollte ursprünglich Ende 2023 in Betrieb gehen. Dieser Termin ist jetzt wohl nicht mehr zu halten. Einen Ersatztermin gibt es nicht.

Darüber berichtet unter anderem die Zeitung Schwarzwälder Bote.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Wird sich auch der Inbetriebnahmetermin von Stuttgart 21 Ende 2025 (genau genommen ist es ja nur eine Teilinbetriebnahme) verschieben?

Diese Frage ist berechtigt. Denn die Verschiebung von Inbetriebnahmeterminen bzw. Fertigstellungsterminen scheint heutzutage eher zur Regel als zur Ausnahme zu werden. Als Beispiel seien die Baustellen in der Stuttgarter Innenstadt genannt. Kaum ein Bauwerk wird noch zu einem Zeitpunkt fertig, wie er bei Baubeginn angekündigt war. Viele Bauwerke überschreiten ihre Bauzeit um das Doppelte und mehr. Über mögliche Ursachen wollen wir heute nicht reden.

Kehren wir kurz zurück zur Hermann-Hesse-Bahn. Als Begründung für die Verlängerung der Bauzeit wird dort der Wiederaufbau der Ahrtalbahn genannt. Dieser Wiederaufbau ziehe angeblich alles Fachmaterial ab, so dass es für die Hermann-Hesse-Bahn nicht mehr zur Verfügung steht. Nun ist das Bahnnetz in Deutschland viele Zigtausend Kilometer lang. Dass die Ahrtalbahn, deren Wiederaufbau selbstverständlich dringend ist, alles Fachmaterial in Beschlag nehmen soll, erscheint wenig realistisch. Als weitere Gründe werden der durch EU-Richtlinien geschützte Steinkrebs und die seit langem bekannte Fledermaus-Problematik in den Tunneln genannt.

Naja. Das Dramatische an der Sache ist ja, dass der Inbetriebnahmetermin der Hermann-Hesse-Bahn nicht nur verschoben wird, sondern dass nicht einmal mehr ein Ersatztermin genannt wird.

Wenn sich augenscheinlich die Inbetriebnahmetermine fast aller Bauwerke inzwischen verschieben, muss man sich fragen, ob das Projekt Stuttgart 21 hier in einer Insel der Glückseligen agiert, oder ob auch bei Stuttgart 21 eine erneute Verschiebung des Inbetriebnahmetermins ansteht. So etwas kündigt sich ja selten über einen längeren Zeitraum an, sondern kommt oft plötzlich. Eines Morgens wacht man möglicherweise nichtsahnend auf und vernimmt in den Medien die überraschende Nachricht. Dafür ist aus heutiger Sicht noch ca. drei Jahre Zeit.    

Montag, 19. Dezember 2022

Muss die P-Option von Stuttgart 21 durch das Land BW finanziert werden?

Gemäß der Auflistung der "Vorhaben/Maßnahmen in der Region Süd-West" im Rahmen des Deutschlandtakts ist die P-Option von Stuttgart 21 eine Nahverkehrsmaßnahme, für die das Land BW zuständig ist. Gemäß der Auflistung kann die Planung und Umsetzung dieser Nahverkehrsmaßnahme durch das Land beginnen.

Wir sehen uns heute in diesem Blog die Gemengelage um die sogenannte P-Option von Stuttgart 21 ein ganz klein wenig näher an.

Was ist die P-Option?
Die P-Option öffnet die beiden zuvor stillgelegten Gleise durch den alten Pragtunnel wieder für den Bahnverkehr, lässt diese Gleise südlich des Pragtunnels abtauchen und bindet sie an die beiden Röhren des Cannstatter Tunnels von Stuttgart 21 an. Die P-Option soll die Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 ein wenig steigern. Die P-Option ist allerdings keine vollwertige neue Doppelspur für den Bahnknoten Stuttgart, denn sie erreicht den Stuttgarter Hauptbahnhof nicht unmittelbar, sondern nur über den bereits durch andere Züge belegten Cannstatter Tunnel. Zudem wird für die P-Option im Stuttgarter Hauptbahnhof kein zusätzliches Bahnsteiggleis gebaut. Deshalb ist eine mit der P-Option verbundene Leistungssteigerung kritisch zu hinterfragen.
 
Wann soll die P-Option gebaut werden?
Die P-Option soll ca. zwischen 2024 und 2027 gebaut werden.
 
Warum soll die P-Option relativ früh gebaut werden?
Während des Baus des neuen Nordzulauftunnels zum Stuttgarter Hauptbahnhof muss der Feuerbacher Tunnel von Stuttgart 21 gesperrt werden. Als Ausweichmöglichkeit gibt es nur die P-Option. Dies ist allerdings keine vollwertige Ausweichmöglichkeit für den nicht mehr vorhandenen Feuerbacher Tunnel. Mit dem Bau des ca. 10 Kilometer langen Nordzulauftunnels kann erst begonnen werden, wenn die P-Option fertiggestellt ist. Denn der Nordzulauftunnel schließt im Feuerbacher Tunnel an die Stuttgart 21-Gleise an. Der Feuerbacher Tunnel muss hierfür umgebaut werden, was den Zugverkehr dort über Jahre verunmöglicht.
 
Was ist mit dem Cannstatter Tunnel während der Bauzeit der P-Option?
Bei einer prognostizierten Inbetriebnahme von Stuttgart 21 Ende 2025 kann nur eine der beiden Röhren des Cannstatter Tunnels in Betrieb gehen. Die andere Röhre ist jeweils wegen der Bauarbeiten für die P-Option gesperrt. Man sieht auch an diesem Beispiel, dass selbst im Falle einer Inbetriebnahme von Stuttgart 21 Ende 2025 dies nur eine Teilinbetriebnahme sein kann.

Ist eine Finanzierung der P-Option durch das Land BW gerechtfertigt?
Nein! Die P-Option ist eine Vorbereitung für den Nordzulauftunnel. Damit ist die P-Option eine Sache des Bundes. Gemäß der Auflistung der "Vorhaben/Maßnahmen in der Region Süd-West" im Rahmen des Deutschlandtakts wird die P-Option jedoch als Nahverkehrsmaßnahme, die deshalb vom Land BW im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetztes (GVFG) umzusetzen ist, bezeichnet.
 
Das ist schwer zu begreifen. Denn für den Nahverkehr bringt die P-Option nicht viel. Der nur achtgleisige Stuttgart 21-Tiefbahnhof ist weiterhin die Kapazitätsbremse. Zudem ist auch der Cannstatter Tunnel schon durch andere Züge belegt.
 
Möglicherweise geht es hier jedoch um etwas Anderes. Sollte die P-Option durch den Bund zu finanzieren sein, müsste sie in den Bedarfsplan Schiene aufgenommen werden. Das aber wäre wohl erst ab 2026 zu erwarten - zu spät für die P-Option und den Nordzulauftunnel.
 
Gleichwohl ist es nicht ausgemacht, dass das Land die P-Option finanzieren muss. Das Land sollte sich dagegen wehren. Das Land soll den Ergänzungsbahnhof mit seinen Zulaufstrecken mit Hilfe des GVFG finanzieren. Die GVFG-Mittel stehen nicht in unbegrenzter Höhe zur Verfügung. Deshalb lautet die Devise für das Land: Ergänzungsbahnhof anstatt P-Option. Der Ergänzungsbahnhof beinhaltet eine zusätzliche Doppelspur aus Richtung Zuffenhausen und ist damit ohne Wenn und Aber leistungssteigernd für den Regionalverkehr.   
         

Freitag, 16. Dezember 2022

Gemeinderatsmehrheit in Stuttgart will zweigleisigen Ausbau der Panoramastrecke der Gäubahn beibehalten

In einem Antrag vom 2. Dezember 2022 beauftragt die Mehrheit des Stuttgarter Gemeinderats die Stadtverwaltung, mit den zuständigen Institutionen auf eine Beibehaltung des zweigleisigen Ausbaus der Panoramastrecke der Gäubahn hinzuarbeiten.

Zunächst kurz zu den Antragstellern. Dies sind:
PULS-Fraktionsgemeinschaft (5 Sitze)
Die FrAKTION LINKE SÖS Piraten Tierschutzpartei (7 Sitze)
FDP-Gemeinderatsfraktion (5 Sitze)
Bündis 90/DIE GRÜNEN Gemeinderatsfraktion (16 Sitze)
SPD-Gemeinderatsfraktion (7 Sitze)

Zusammen umfasst der Antrag somit 40 Stimmen. Der Gemeinderat in Stuttgart hat einschließlich des OB 61 Stimmen.
 
Die beiden Tunnel der Panoramastrecke
Konkret geht es um die Sanierung des Hasenbergtunnels und des Kriegsbergtunnels der Panoramastrecke. Die beiden Tunnel sind sehr alt und sanierungs- und modernisierungsbedürftig.

Konkret muss der Gleisabstand im Tunnel vergrößert werden. Zudem muss seitlich ein Sicherheitsraum eingerichtet werden. Beides kann schnell dazu führen, dass sich das Tunnelprofil glatt verdoppelt. Das hat man beim neuen im Jahr 2018 in Betrieb genommenen Pforzheimer Tunnel gesehen. Zwischen dem Profil des alten und dem Profil des neuen Tunnels liegen Welten.
 
Nun gibt es eine Sanierungsvariante der Bahn für die Panoramastrecke der Gäubahn, die eine zukünftig nur noch eingleisige Führung in den beiden Tunnels vorsieht, um dadurch den erforderlichen Platz zu schaffen. Zu Recht wehrt sich jetzt die Gemeinderatsmehrheit gegen diese Pläne. Denn die Erfahrung - auch mit Stuttgart 21 - hat eben gezeigt, dass jede Engstelle mehr eine zuviel ist.
 
Man sollte jedoch - wenn man sich schon mit der Panoramastrecke der Gäubahn beschäftigt -  alle möglichen Ausbauvarianten betrachten.
 
Das sind die Ausbauvarianten für die Tunnels:
1. eingleisiger "Ausbau"
2. Aufweitung der bestehenden Tunnels
3. Neubau eines zweiten Tunnels neben den ersten Tunnel, so dass jeder Tunnel ein Gleis aufnimmt
4. Neubau eines zweigleisigen Tunnels neben den ersten Tunnel und Stilllegung des ersten  Tunnels (Modell Pforzheimer Tunnel)
 
Variante 4 hat den Vorteil, dass dadurch die Geschwindigkeit der Züge im Hasenbergtunnel von heute 70 km/h auf zukünftig 100 km/h erhöht werden kann. Der Neubau des Kriegsbergtunnels hat den Vorteil, dass die Gäubahn dann genau neben die Gleise der S-Bahn im Haltepunkt Nordbahnhof zu liegen kommt und damit dort ein Umsteigebahnhof entstehen kann.
 
Fazit
Eine gute Initiative des Stuttgarter Gemeinderats und ein Mosaikstein zur Beibehaltung der Panoramastrecke der Gäubahn sowie zur Errichtung eines Ergänzungsbahnhofs für den Regionalverkehr beim Stuttgarter Hauptbahnhof.
         
 

Mittwoch, 14. Dezember 2022

West-Ost-Regionalverkehrs-Durchbindungen im Stuttgart 21-Tiefbahnhof abgesagt

Beim Regionalverkehr wird es im Stuttgart 21-Hauptbahnhof keine einzige Durchbindung in West-Ost- bzw. Ost-West-Richtung geben. Ob es bei diesen Relationen eine Fernverkehrsdurchbindung geben wird, ist noch nicht bekannt.

Damit wird immer deutlicher, welch starke Einschränkungen auf den Freiheitsgrad des Fahrplans Stuttgart 21 bereithält.

Anfangen muss man ja bei den Durchbindungen als Solchen. Die Durchbindungen sind der besonderen Form von Stuttgart 21 geschuldet. Bei der Fahrplanpräsentation zum Regionalverkehr unter Stuttgart 21 hat das Landesverkehrsministerium dargelegt, dass nur für zehn Prozent der Regionalverkehrsfahrgäste die Durchbindungen nützlich sind. Für den überwiegenden Teil der Fahrgäste bringen die Durchbindungen nichts.

Obwohl Stuttgart 21 ohne die Durchbindungen in keinster Weise funktionieren würde, hält es gerade bei den Durchbindungen jede Menge Einschränkungen bereit - ein Paradoxon.

So haben wir in diesem Blog bereits gesehen, dass Durchbindungen, die im Stuttgart 21-Tiefbahnhof dem Innen-Außen-Schema bzw. dem Außen-Innen-Schema folgen, wenn irgend möglich vermieden werden. weil sie zu viele Fahrstraßen blockieren.

Heute geht es noch einen Schritt weiter. Heute bleibt festzustellen, dass es eine ganze Durchbindungsgruppe bei Stuttgart 21 nicht geben wird. Nachfolgend einige Beispiele für die West-Ost- oder Ost-West-Durchbindungen:

Karlsruhe - Aalen
Ludwigsburg - Waiblingen
Vaihngen/Enz - Schorndorf
Pforzheim - Schwäbisch Hall
 
Diese Durchbindungsgruppe wird es zumindest beim Regionalverkehr nicht geben.
 
Was ist der Grund für das Nichtstattfinden der West-Ost-Durchbindungen?
Theoretisch könnte man diese Durchbindungen fahren. Sie fahren jedoch auf einem Streckenabschnitt, der gespickt voll mit Engstellen ist.
 
Vom Stuttgarter Hauptbahnhof geht es erst einmal im Verlauf des Untertürkheimer Tunnels weiter. Im Bereich von Untertürkheim zweigt die Strecke nach links ab und verläuft entlang des Wartungsbahnhofs Untertürkheim. Hier ist die Strecke eingleisig. Dann gibt es eine höhengleiche Gleiskreuzung mit der alle 5 bis 10 Minuten fahrenden S-Bahn nach Waiblingen. Dann gibt es eine Einfädelung in die Regionalverkehrsstrecke von Bad Cannstatt nach Waiblingen.
 
In der Gegenrichtung - von Waiblingen kommend - gibt es zunächst mal eine höhengleiche Gleiskreuzung mit den Regionalzügen von Bad Cannstatt nach Waiblingen. Darauf folgt eine höhengleiche Gleiskreuzung mit der alle 5 bis 10 Minuten fahrenden S-Bahn nach Waiblingen. Gleichzeitig beginnt hier auch ein längerer eingleisiger Abschnitt bis zum Untertürkheimer Tunnel.
 
Das alles erinnert doch ganz stark an die früheren Planungen der Führung der Gäubahn über die Gleise der Flughafen-S-Bahn. Die letztere Geschichte wird heute allgemein als Murks oder sogar als Katastrophe bezeichnet.
 
Der Ergänzungsbahnhof
Zu den vielen, vielen Gründen, die für den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof sprechen, kommt jetzt auch noch die Flexibilität beim Regionalverkehr hinzu. Der Stuttgart 21-Tiefbahnhof alleine schränkt die Flexibilität doch allzu stark ein.       

 

Dienstag, 13. Dezember 2022

Jetzt schlägt die Stunde des Fernbusverkehrs Stuttgart - Zürich und Stuttgart - Konstanz

Die drohende Kappung der Gäubahn ab 2025 und deren damit verbundene Herausnahme aus dem europäischen Eisenbahnnetz könnte noch ganz andere Auswirkungen haben als es sich die Stuttgart 21-Protagonisten heute vorstellen.

Dies könnte die Stunde des Fernbusverkehrs Stuttgart - Zürich und Stuttgart -Konstanz sein. Damit aber wäre der Fernzugverkehr auf der Gäubahn Geschichte.

Nehmen wir mal an, dass auch in den Chefetagen der Fernbusunternehmen bereits Planspiele für die Zeit ab 2025 laufen. Der Fernbusverkehr in den Relationen Stuttgart - Zürich und Stuttgart - Konstanz könnte hier gute Chancen haben. Im intermodalen Wettberwerb hat der Fernbus bei diesen beiden Relationen bereits heute gute Chancen im Vergleich zur Gäubahn. Denn die Gäubahn ist einfach zu langsam. Mit der Wegnahme der Gäubahn vom Stuttgarter Hauptbahnhof erhöhen sich diese Chancen für den Fernbus noch.

Die Taktfolge
Die Taktfolge ist ein wichtiges Attraktivitätsmerkmal. Die Fernbusse könnten im Halbstundentakt von Stuttgart nach Zürich und von Stuttgart nach Konstanz fahren. Die Taktfolge geht unmittelbar in die Berechnung der Reisezeit ein. Von daher haben die Fernbusse hier gegenüber den Fernzügen einen Vorteil.
 
Der Preis
Der Fernbus kann in der Relation Stuttgart - Zürich durchschnittlich günstigere Preise bieten als die Fernzüge. Bei der seit dem Jahr 2013 zulässigen Relation Stuttgart - Konstanz ist dies etwas schwieriger. Nehmen wir mal an, dass das 49 Euro-Ticket kommt. Dann müssten viele Fahrgäste, die mit dem Zug von Konstanz nach Stuttgart fahren, kein extra Ticket mehr lösen. Das ist ein Systemnachteil für den Fernbus.
 
Der Endpunkt in Stuttgart
Mit der Kappung der Gäubahn geht dem System Bahn ein  wichtiger Systemvorteil gegenüber dem Fernbus verloren. Wo könnte der Fernbus in Stuttgart halten? Zunächst mal könnte der Fernbus am Flughafen-Fernbusbahnhof halten. Von dort könnte man mit der S-Bahn oder mit Regionalzügen zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren.
 
Den Fernbusbetreibern ist jedoch zu raten, sich schon jetzt um einen alternativen Haltepunkt für die Fernbusse in der Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs zu kümmern.
 
Der Pfaffensteigtunnel
Der erfolgreiche Einstieg der Fernbusse bei den Relationen Stuttgart - Zürich und Stuttgart - Konstanz bedeutet wohl das Ende des Fernverkehrs auf der Gäubahn. Das aber zieht dann auch das Ende des Pfaffensteigtunnels wegen Unwirtschaftlichkeit nach sich. Das hätten sich die Stuttgart 21-Protagonisten wohl nicht gedacht! 
 
Gerichtsurteile sind abzuwarten
Gleichwohl muss man den Fernbusbetreibern empfehlen, sich in Sachen Gäubahnkappung stets auf dem Laufenden zu halten. Denn es wird Klagen gegen diese Kappung geben und es erscheint aussichtsreich, dass Gerichte diese Kappung untersagen werden.  

Sonntag, 11. Dezember 2022

Vorhaltebauwerke für Münchens U5 und U9: Vorbilder für Stuttgarts Ergänzungsbahnhof beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof?

Gleich zwei großen Vorhaltebauwerken für die Münchner U-Bahn hat der Münchner Stadtrat in den letzten Tagen zugestimmt. Die Landespolitik in BW und die Kommunalpolitik in Stuttgart täten gut daran, sich diese Sachen ganz genau anzuschauen und für den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof die richtigen Konsequenzen zu ziehen.

Vorhaltebauwerke sind Bauwerke, die zu einem früheren Zeitpunkt erstellt werden als sie eigentlich gebraucht werden. Durch das vorgezogene Bauen spart man jedoch jede Menge Geld, weil der Bau der Bauwerke zu einem späteren Zeitpunkt wesentlich teurer wäre.

Die U5 fährt in das riesige Neubaugebiet Freiham
Am 06. Dezember 2022 beschloss der Münchner Stadtrat, die neue Endhaltestelle für die U5 (Dritte Stammstrecke der Münchner U-Bahn) im riesigen Neubaugebiet Freiham bereits ab sofort baureif zu planen und bis zum Jahr 2026 fertigzustellen. Hierfür genehmigte der Stadtrat knapp 100 Mio. Euro und schuf 15 neue Stellen in der Stadtverwaltung.

Benötigt wird die neue U-Haltestelle erst Anfang der Dreißiger Jahre. Der Bau der U-Haltestelle ist aber zum jetzigen Zeitpunkt noch vergleichsweise günstig, weil das Bauwerk jetzt noch auf der Grünen Wiese erstellt werden kann. Die neuen Straßen, sonstigen Infrastrukturen und Wohngebäude werden erst nach Fertigstellung der U-Haltestelle gebaut. Hätte man mit dem Bau der U-Haltestelle jedoch noch einige Jahre gewartet, wäre ihr Bau wesentlich schwieriger gewesen. Dann hätte man die Straßen wieder aufreißen müssen und sonstige Infrastrukturen verlegen müssen.

Neue, viergleisige U-Haltestelle Hauptbahnhof für die U9
Bereits am 30. November 2022 hat der Münchner Stadtrat dem Bau der neuen, viergleisigen U-Haltestelle Hauptbahnhof für die U9 (vierte Stammstrecke der Münchner U-Bahn) zugestimmt und hier 560 Mio. Euro bewilligt.
 
Der sofortige Bau der U-Haltestelle Hauptbahnhof für die U9 ist erforderlich, weil deren Bau eng mit dem Bau der Zweiten Stammstrecke der Münchner S-Bahn verzahnt ist. In Betrieb genommen wird die vierte Stammstrecke der Münchner U-Bahn erst in den Dreißiger Jahren.
 
Ergänzungsbahnhof  beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof als Vorhaltebauwerk?
Es gibt für einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof mehrere Varianten. 
 
Es kann sein, dass der bestehende Kopfbahnhof einfach weiterbetrieben werden muss und insofern den Ergänzungsbahnhof darstellt. Es kann auch sein, dass ein Teil des bestehenden Kopfbahnhofs weiterbetrieben wird. Es kann des weiteren sein, dass ein Kopfbahnhof neu gebaut wird. Es kann sein, dass der Ergänzungsbahnhof auf derselben Höhenlage gebaut wird wie der bestehende Kopfbahnhof. Es kann aber auch sein, dass der Ergänzungsbahnhof eine Etage tiefer auf Höhe des Mittleren Schlossgartens gebaut wird. Es kann sein, dass der Ergänzungsbahnhof noch tiefer zu liegen kommt. Zudem kann es sein, dass der Ergänzungsbahnhof nach oben offen ist oder auch geschlossen.
 
Um all diese Varianten soll es heute gar nicht gehen. Es geht aber darum, ob - je nach Variante - der Ergänzungsbahnhof als Vorhaltebauwerk sofort gebaut werden muss. Damit sollten sich Bund, Land und Kommune jetzt auseinandersetzen.    

 

Freitag, 9. Dezember 2022

Stuttgarter Expressbuslinie X1 endlich eingestellt - Neue Buslinie 47 scheint der bessere Ansatz zu sein

Die Stuttgarter Expressbuslinie X1 wird wohl in die Annalen der städtischen Verkehrsgeschichte eingehen.

Am 09.12.2022 fuhr endlich der letzte Bus auf der Linie X1. Dabei hätte das Ende dieser Linie viel früher stattfinden müssen.

Der Bund der Steuerzahler geißelte diese Linie. Die Linie X1 schaffte es sogar ins Fernsehen unter der Rubrik Geldverschwendung und Amtsschimmel. Jedermann und jedefrau konnte werktäglich sehen, wie wenige Fahrgäste in den Bussen des X1 saßen.

Gleichzeitig waren die Innenstadtbuslinien 40 und 42 zum Bersten gefüllt und hätten eigentlich  zusätzliche Busse vertragen.

Der Hauptfehler des X1
Der Hauptfehler des  X1 war, dass er in radialer Richtung parallel zu einer Stadtbahnstrecke und einer S-Bahnstrecke verkehrte. Jahrzehntelang trichterte man den Bürgerinnen und Bürgern ein, dass der Bus in Großstädten nicht die optimale Wahl ist. Statt dessen wurden mit Milliardenbeträgen die Schienenverkehrsmittel ausgebaut. Jetzt sollte es eine teilweise Rolle rückwärts geben und die Fahrgäste anstatt mit der Bahn wieder mit dem Bus fahren. Die Fahrgäste spielten da nicht mit.
 
Der X1 ist ein Zeichen der fehlenden dritten Stammstrecke der Stuttgarter Stadtbahn
Die alle 10 Minuten verkehrenden Züge der U1 sind überfüllt. Städte mit ausreichender Stammstreckenkapazität hätten in einem solchen Fall die U1 und dann auch alle anderen Stadtbahnlinien auf den 7,5 Minuten-Takt umgestellt. Das ging in Stuttgart aber nicht. Denn die erste Stammstrecke der Stadtbahn wird bereits von fünf Linien befahren, von denen jede im 10-Minuten-Takt fährt.
 
In Stuttgart behalf man sich damit, dass man eine neue U16 einführte, die von Fellbach zunächst mal zum Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt fuhr. Dort sollten dann - so die Theorie - die Fahrgäste in Richtung Stuttgarter Innenstadt in den X1 umsteigen. Dasselbe sollte bei der U2 ablaufen, die durch die U19 von Neugereut bis Wilhelmsplatz verstärkt wurde. Das aber war nur Theorie. Die Praxis funktionierte anders.
 
Die Linie X1 wäre nicht notwendig gewesen
Die wenigen  Fahrgäste, die in den Bussen des X1 saßen, hätten genauso gut in Bad Cannstatt in die S-Bahn einsteigen können. Die S-Bahn fährt alle fünf Minuten von Bad Cannstatt in die Stuttgarter Innenstadt - und das mit 210 Meter langen Zügen. Die Fahrgäste des X1 hätte man hier mit der Lupe suchen müssen.
 
Ein Fiasko für die Grünen
Der X1 war auch von der Politik gewollt, weil er die als Folge der Feinstaubproblematik bei der bundesweit bekannten Kreuzung Neckartor weggenommene Fahrspur belegen sollte. Einfach so eine Fahrspur wegnehmen wollte man nicht. Im Nachhinein hätte man es doch so machen sollen. Es hätte Stuttgart viel Ärger und Ansehensverlust erspart.

Die Buslinie 47 scheint der bessere Ansatz zu sein
Ab dem 12.12.2022 kommt nun die neue Buslinie 47. Diese Linie ist überhaupt nicht mit dem X1 zu vergleichen. Sie scheint der bessere Ansatz zu sein.
 
Die Buslinie 47 ist in erster Linie eine Entlastung für die stark belastete Innenstadtbuslinie 40, aber auch für die noch stärker belastete Innenstadtbuslinie 42. Denn der Endpunkt Wagenburgstraße der Linie 47 wird ja auch von der Buslinie 42 angefahren. Da werden dann noch weitere bisherige Fahrgäste der Linie 42 in die Linie 47 umsteigen.
 
Dass die Linie 47 einmal die Innenstadt umrunden soll, ist zweitrangig. Beim Hauptbahnhof gibt es ja auch keine gute Wendemöglichkeit für die Linie 47. 
 
Wo ist die langfristige, perspektivische Planung?
Neue Buslinien lassen sich relativ kurzfristig einrichten. Das ersetzt aber nicht eine langfristige Planung. Planung und Bau einer dritten Stammstrecke für die Stuttgarter Stadtbahn dauern 20 bis 30 Jahre. Von daher sollte man besser heute als morgen mit den ersten Voruntersuchungen für eine dritte Stammstrecke beginnen.      
 

Mittwoch, 7. Dezember 2022

Wer ist eigentlich für den Pfaffensteigtunnel der Gäubahn?

Mit sachlichen Argumenten ist der geplante Pfaffensteigtunnel der Gäubahn eigentlich kaum zu begründen. Umso interessanter ist es zu erfahren, was in Sachen Pfaffensteigtunnel hinter den Kulissen vor sich ging und geht.

Das bleibt zum größeren Teil noch im Dunkeln. In einem Interview mit der Schwäbischen Zeitung vom 07.12.2022 äußert sich jedoch Landesverkehrsminister Winfried Hermann ganz kurz zum Pfaffensteigtunnel und lüftet damit ein ganz klein wenig das Geheimnis um dieses Bauwerk.

Minister Hermann zum Pfaffensteigtunnel
Hermann äußert sich zum Pfaffensteigtunnel so, dass die Entscheidung für den Pfaffensteigtunnel "auf Vorschlag und Druck der Deutschen Bahn und des Bundesverkehrsministeriums" gefallen ist. So spricht niemand, der vom Pfaffensteigtunnel begeistert ist. Damit also ist klar: Der Pfaffensteigtunnel ist nicht die Sache des baden-württembergischen Landesverkehrsministers.
 
Der Koalitionsvertrag
Nun steht aber der Pfaffensteigtunnel im Koalitionsvertrag zur aktuellen Legislatur in BW. Das muss man als ein Zugeständnis der Grünen an die CDU werten, die wiederum den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof schlucken musste. Ein Rütteln zum jetzigen Zeitpunkt am Pfaffensteigtunnel könnte bedeuten, dass dann auch der Ergänzungsbahnhof beim Stuttgart 21-Hauptbahnhof in Frage gestellt wird.
 
Die Rolle der Bahn
Die Bahn wollte ursprünglich den Pfaffensteigtunnel nicht. Der frühere Bahnvorstand Pofalla bezeichnete den Pfaffensteigtunnel als eine "planerische Fiktion". Das war und ist vernünftig. Denn bei realistischer Betrachtung und unter fachlichen Kriterien hat der Pfaffensteigtunnel kaum eine Realisierungschance. Trotzdem ist die Bahn heute Feuer und Flamme für den Pfaffensteigtunnel. Woher kommt der Sinneswandel? Das ist zur Zeit noch Spekulation. Möglich ist, dass die Politik (genauer: die CDU) auf die Bahn massiven Druck ausgeübt hat. Die Bahn muss ja letztendlich immer nach der Pfeife der Politik tanzen.
 
Der Urknall des Pfaffensteigtunnels
Wer aber hat letztendlich den Pfaffensteigtunnel in die Welt gesetzt? Das ist ebenfalls Spekulation. Einen Namen kann man nennen. Denn bevor der heutige Name Pfaffensteigtunnel geboren wurde, hat man diesen Tunnel als Bilger-Tunnel bezeichnet. Bilger ist ein CDU-Politiker aus Ludwigsburg und war bis vor einem Jahr Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Bilger war es, der als Erster mit dem Pfaffensteigtunnel hausieren ging. Offen bleibt, ob das tatsächlich ein Alleingang von Bilger war, oder ob Bilger lediglich von der CDU an die Front schickt wurde.
 
Warum wurde der Pfaffensteigtunnel erfunden?
Die ursprüngliche Planung der Führung der Gäubahn über die Gleise der Flughafen-S-Bahn ist krachend gescheitert. Das haben alle Kritiker von Stuttgart 21 bereits von Anfang an gewusst. Der Pfaffensteigtunnel wurde mutmaßlich in die Welt gesetzt, um auf jeden Fall den Stuttgarter Talkessel frei von Bahngleisen zu bekommen und um die Niederlage möglichst schnell verwischen zu können.
 
Wie gehts weiter?
Irgendwann wird es weitere Äußerungen zum Pfaffensteigtunnel geben, die das Puzzle weiter vervollständigen werden.      

  

Montag, 5. Dezember 2022

Signifikante Neuerung bei den Karlsruher Netzen gibt Hinweise für die zukünftige Bedienung der Gäubahn

Mit dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember 2022 treten bei den Karlsruher Netzen signifikante Neuerungen in Kraft, die für sich allein genommen schon eine Erwähnung hier in diesem Blog verdient hätten. Gesteigert wird das Ganze noch dadurch, dass die Neuerungen bei den Karlsruher Netzen auch Hinweise auf die zukünftige Bedienung der Gäubahn geben.

Konkret wird das berühmte Stadtbahn (Tram-Train)-Modell in Karlsruhe ein Stück weit zurückgefahren. Dieses Modell hat zwar den Vorteil, dass man mit der Bahn direkt in die Karlsruher Innenstadt kommt, die ja sehr weit vom Hauptbahnhof entfernt ist. Das Tram-Train-Modell hat jedoch auch Nachteile, die dem Land BW schon seit langem ein Dorn im Auge sind.

So ist dieses Modell für Fahrgäste, die direkt und schnell zum Karlsruher Hauptbahnhof fahren wollen, um dort umzusteigen, eher nachteilig. Die Stadtbahn ist vergleichsweise langsam. Es fehlt immer mal wieder das WC. Der Fahrkomfort ist im Vergleich zu Eisenbahnfahrzeugen eher mau.

Die Eilzüge verschwinden
Die DB-Regio hat den Zuschlag für das Karlsruher Netz 7b bekommen. Das sind Regionalexpress-Züge von Heilbronn, Achern, Freudenstadt/Bondorf und Mannheim direkt zum Karlsruher Hauptbahnhof. Die AVG, die Betreiberin des Karlsruher Stadtbahnnetzes, fährt nur noch die langsamen Stadtbahnlinien, die zwar irgendwann auch den Hauptbahnhof Karlsruhe erreichen, deren Hauptaufgabe jedoch die Bedienung der Karlsruher Innenstadt ist. Die Zuggattung "Eilzug" verschwindet zukünftig und wird durch die Zuggattung RE ersetzt.
 
So läuft es zukünftig im Murgtal
Als Beispiel sei das Murgtal genannt. Dort fährt heute noch stündlich ein Stadtbahn-Bummelzug von Freudenstadt nach Karlsruhe-Innenstadt und zweistündlich ein Stadtbahn-Eilzug von Freudenstadt bis zum Hauptbahnhof Karlsruhe.
 
Ab dem 11. Dezember wird der Eilzug durch einen RE von DB Regio ersetzt. Dieser Zug fährt dann z.B. von Rastatt nach Karlsruhe-Hauptbahnhof nonstop mit einer wesentlich höheren Geschwindigkeit als bisher die Stadtbahn.
 
Was ist jetzt mit der Gäubahn?
Geht es nach einigen Leuten, soll im Verlauf der Gäubahn gerade das gegenteilige Betriebskonzept ab 2025 Einzug halten als in den Karlsruher Netzen. In den Karlsruher Netzen wird die Stadtbahn durch einen RE mit Eisenbahnfahrzeugen ersetzt. Auf der Gäubahn soll ein RE mit Eisenbahnfahrzeugen durch eine S-Bahn ersetzt werden.
 
Hier muss man jetzt die ganze Hoffnung auf das Land BW setzen. Im Verlauf der Karlsruher Netze hat es das Land geschafft, schnelle RE einzurichten, die die Nachteile der Stadtbahn vermeiden. Jetzt muss das Land auf der Gäubahn die Richtung vorgeben. An Stelle der vorgeschlagenen S-Bahn muss dort weiterhin ein RE fahren. Dieser RE muss - nicht zum Karlsruher Hauptbahnhof - aber zum Stuttgarter Hauptbahnhof durchfahren.
   

 

"Netzwerke 21" sprechen sich für Ergänzungsbahnhof beim Stuttgart 21-Hauptbahnhof aus

Die Netzwerke 21 (Die Netzwerke der von S21 betroffenen Eigentümer und Anwohner) haben sich für einen oberirdischen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgart 21-Hauptbahnhof ausgesprochen.

In einem Beitrag vom 28.11.2022 auf ihrer Website netzwerke-21.de ist dazu Näheres vermerkt. Argumentiert wird unter anderem mit vielen gelungenen Projekten einer Überbauung von Gleisanlagen, wie das in vielen anderen Städten praktiziert wird. Nach Auffassung der Netzwerke 21 entspricht der Vorschlag des Landes über einen unterirdischen Ergänzungsbahnhof zwar dem Koalitionsvertrag. Er geht aber in die falsche Richtung. Ein oberirdischer Ergänzungsbahnhof mit partieller Überbauung der Gleisanlagen ist der bessere Weg.

In diesem Blog war das Thema eines Ergänzungsbahnhofs schon häufig zu lesen. Hier gilt es zunächst klarzustellen: Es war stets von einem Ergänzungsbahnhof die Rede, nicht aber von einem unterirdischen Ergänzungsbahnhof.

Es ist wichtig, dass zunächst mal Einvernehmen über den Ergänzungsbahnhof als Solchen hergestellt wird. Die bauliche Ausführung kommt dann erst an zweiter Stelle.

Viele Varianten
In Bezug auf eine bauliche Ausführung des Ergänzungsbahnhofs gibt es nicht nur Schwarz und Weiß, sondern viele Varianten.
 
So kann der Ergänzungsbahnhof auf das Niveau des heutigen Kopfbahnhofs gelegt werden. Er wäre damit oberirdisch. Der Ergänzungsbahnhof kann auch auf das Niveau des Mittleren Schlossgartens gelegt werden. Damit wäre er eine Etage tiefer, aber trotzdem noch oberirdisch.
 
Der Ergänzungsbahnhof kann auch nach oben offen gestaltet werden, während die Zuläufe in den Tunnel gelegt werden. Gerade bei dieser Version gibt es in Stuttgart vielfältige Erfahrungen. Im Stadtbahnnetz von Stuttgart werden seit vielen Jahren die U-Haltestellen nur noch in einer nach oben offenen Version gebaut. Das erspart jede Menge Brandschutzeinrichtungen und ist wesentlich billiger als eine geschlossene U-Haltestelle.
 
Bei den geschlossenen U-Haltestellen der Stadtbahn finden in diesen Jahren umfangreiche Nachrüstungen zum Brandschutz statt. Als Beispiel sei die U-Haltestelle Neckartor erwähnt. Über drei Jahre waren dort die Arbeiten zur Aufrüstung des Brandschutzes zugange, immer wieder unterbrochen von mehreren Wochen Stillstand. Wer das miterlebt hat, kann eigentlich nur noch den Kopf schütteln und dafür plädieren, dass Bahnhöfe und U-Haltestellen grundsätzlich in einer nach oben offenen Version gebaut werden.
 
Zusammengefasst für den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof:
Der Ergänzungsbahnhof als Solcher ist aus Gründen der Leistungsfähigkeit sowie des Deutschlandtakts unabdingbar.
In welcher Höhen- oder Tiefenlage der Ergänzungsbahnhof auch immer gebaut wird: Er muss nach oben offen gestaltet werden. Das ist sicherer, für die Fahrgäste angenehmer und vor allem aus Brandschutzgründen einfacher und billiger.  

Freitag, 2. Dezember 2022

Verbot von Ultra-Kurzstreckenflügen in Frankreich: Wie wäre der Stuttgarter Flughafen betroffen?

Die EU-Kommission hat das in Frankreich anvisierte Verbot von Ultra-Kurzstreckenflügen genehmigt. Darüber berichtet die Website airliners.de am 02.12.2022.

Konkret werden alle diejenigen Flüge verboten, deren Strecke mit der Bahn in maximal 2,5 Stunden gefahren werden kann. Die EU-Kommission hat das Verbot sogar noch aufgeweitet. Auch Zubringerflüge zu Flughäfen fallen zukünftig unter das Verbot.

Sehen wir uns mal an, was eine solche Regelung in Deutschland für den Stuttgarter Flughafen bedeuten würde.

Relation Stuttgart - Frankfurt
Es gibt heute Flüge auf dieser Strecke. Dies sind jedoch keine City-to-City-Flüge, sondern Zubringerflüge zum Flughafen Frankfurt. Maßgebend ist also hier die Fahrzeit mit der Bahn Stuttgart-Hauptbahnhof - Frankfurt-Flughafenbahnhof. Hier bietet die Bahn heute eine Fahrzeit von 1 h 15 Min. an. 
 
Damit ist klar: Unter der neuen Regel in Frankreich dürfte es keine Zubringerflüge Stuttgart - Frankfurt mehr geben.
 
Relation Stuttgart - München
Es gibt heute Flüge auf dieser Strecke. Dies sind jedoch keine City-to-City-Flüge, sondern Zubringerflüge zum Flughafen München. Maßgebend ist also hier die Fahrzeit mit der Bahn Stuttgart-Hauptbahnhof - München-Flughafen. Hier bietet die Bahn heute eine Fahrzeit von ca. 3 h an. 
 
Zubringerflüge Stuttgart - München kann es also auch unter der neuen Regel in Frankreich geben.
 
Relation Stuttgart - Zürich
Es gibt heute Flüge auf dieser Strecke. Dies sind jedoch keine City-to-City-Flüge, sondern Zubringerflüge zum Flughafen Zürich. Maßgebend ist also hier die Fahrzeit mit der Bahn Stuttgart-Hauptbahnhof - Zürich-Flughafen. Hier bietet die Bahn heute eine Fahrzeit von ca. 3 h 16 min an.

Zubringerflüge Stuttgart - Zürich kann es also auch unter der neuen Regel in Frankreich geben.

Relation Stuttgart - Düsseldorf
Es gibt heute Flüge auf dieser Strecke. Dies sind City-to-City-Flüge und keine Zubringerflüge. Die Bahn bietet heute eine Fahrzeit von ca. 2 h 45 Minuten an.

Damit darf es Flüge Stuttgart - Düsseldorf auch unter der neuen Regel in Frankreich geben. Allerdings ist die Sache relativ knapp.
 
Fazit
Das für Frankreich anstehende Verbot von Ultra-Kurzstreckenflügen hört sich zunächst mal gut an. Ein solches Verbot beträfe allerdings den Stuttgarter Flughafen kaum. Gerade mal die drei bis vier Flüge Stuttgart - Frankfurt wären davon betroffen. Der überwiegende Teil der Deutschlandflüge ab Stuttgart könnte weiterhin stattfinden.