Montag, 21. Februar 2022

Ergänzungsmaßnahmen zu Stuttgart 21 wegen Mittelknappheit fraglich

Das Bundesverkehrsministerium informiert auf seiner Website kompakt und nachvollziehbar über den weiteren Schienenwegeausbau in Deutschland.

Wichtig sind die beiden folgenden Sätze. "Priorität bei der Umsetzung des Bedarfsplans Schiene besitzen die laufenden Vorhaben, die den überwiegenden Teil der verfügbaren Haushaltsmittel der nächsten Jahre binden. Aufgrund der hohen Mittelbindung durch die laufenden Vorhaben ist der finanzielle Spielraum für neue Vorhaben in den nächsten Jahren bereits weitgehend ausgeschöpft."

Die für ein Funktionieren von Stuttgart 21 erforderlichen neuen, zusätzlichen Vorhaben "Nordzulauftunnel" und "Gäubahntunnel" sind somit in absehbarer Zeit nicht zu finanzieren. Anders verhält es sich beim Ergänzungsbahnhof im Stuttgarter Hauptbahnhof. Diese Maßnahme wird durch das Land BW gebaut, das hierzu beachtliche Zuschüsse gemäß dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz erhalten kann.

Das Bundesverkehrsministerium listet die finanziell bedeutsamsten, laufenden Maßnahmen auf, sowie die hierfür ab 2021ff noch anfallenden Kosten:

ABS/NBS Karlsruhe – Basel7,5 Mrd. EUR
Rhein-Ruhr-Express2,4 Mrd. EUR
NBS/ABS Nürnberg – Ebensfeld – Erfurt (VDE 8.1)2,1 Mrd. EUR
Hinterlandanbindung Fehmarnbelt1,7 Mrd. EUR
ABS Emmerich – Oberhausen (dreigleisiger Ausbau)1,0 Mrd. EUR

Das ergibt dann eine Summe für allein diese Projekte von 14,7 Euro. Demgegenüber steht gemäß Bundesverkehrsministerium eine aktuelle Finanzlinie für Bahnausbauprojekte des Bundes von 1,6 Mrd. Euro pro Jahr. Diese Finanzlinie soll bis 2023 auf 2,0 Mrd. Euro steigen.

Nimmt man nun 1,6 Mrd. Euro pro Jahr an, ergibt sich ein Zeitbedarf allein für die wichtigsten Projekte von 9,2 Jahre. 

Dem folgen dann zahlreiche weitere Projekte, die ebenfalls wichtiger als die Stuttgarter Projekte Nordzulauftunnel und Gäubahntunnel sind. 

Dann gibt es auch ein Ausbauprogramm für wichtige Knoten, zu denen Stuttgart nicht gehört (Berlin, Frankfurt am Main, Halle/Leipzig, Hamburg, Köln und Magdeburg).

Last but not least gilt es auch noch abzuwarten, ob das Verwaltungsgericht Stuttgart im Streit um die Stuttgart 21-Mehrkosten in seinem Urteil auch dem Bund und/oder der Bahn die Übernahme von Teilen der Mehrkosten oder gar die gesamten Mehrkosten aufbürdet. Diese Summe wäre dann ebenfalls noch mit den 1,6 bzw. 2,0 Mrd. Euro des Bundes für Schienenprojekte pro Jahr zu finanzieren.

Fazit
Es ist wirklich ratsam, sich lansgam mit einem Zustand beim Bahnknoten Stuttgart anzufreunden, 

in dem ein ergänzender Kopfbahnhof im Stuttgarter Hauptbahnhof mit ca. 10 Gleisen zur Verfügung steht,

in dem die Gäubahn auf ihren eigenen Bestandsgleisen (Panoramastrecke) zum Ergänzungsbahnhof im Stuttgarter Hauptbahnhof fährt,

und in dem das dringend benötigte fünfte und sechste Gleis der Zufahrt Zuffenhausen neben die bestehenden Gleise gelegt wird.    

 

Sonntag, 20. Februar 2022

Widersprüche und Ungereimtheiten bei Express-S-Bahn- und Metropolexpress-Diskussion Stuttgart-Calw

Gemäß einem Zeitungsbericht vom 19.02.2022 plädieren der Verband Region Stuttgart (VRS) sowie auch das Landesverkehrsministerium für eine Express-S-Bahn Stuttgart-Calw an Stelle eines Metropolexpress (MEX).

In der im Bericht dokumentierten Argumentation seitens des VRS und auch seitens des Landesverkehrsministeriums gibt es Widersprüche und Ungereimtheiten, die so nicht stehen bleiben können. Wir sehen uns das Ganze heute mal an.

Der MEX entlastet die S6
Der VRS argumentiert, dass ein MEX Stuttgart-Calw keine Entlastung für die S-Bahnlinie S6 Stuttgart - Weil der Stadt bringt - im Gegensatz zu einer Express-S-Bahn. Diese Argumentation ist falsch.
 
Wo hält eigentlich ein MEX? Mir ist nicht bekannt, ob das Landesverkehrsministerium dafür bereits allgemeine Regeln aufgestellt hat. Das machen wir im Folgenden einfach selbst.
 
Der MEX hält:
am Stuttgarter Hauptbahnhof
an den Endpunkten des S-Bahnnetzes
außerhalb des S-Bahnnetzes an allen Bahnhöfen
an den Bahnhöfen mit Streckenverzweigung
in den Kreisstädten und ehemaligen Kreisstädten.
 
Das bedeutet dann für den MEX Calw-Stuttgart:
Dieser Zug hält in Calw (Endpunkt)
zwischen Calw und Weil der Stadt an allen Bahnhöfen
in Weil der Stadt (Endpunkt des S-Bahnnetzes)
in Renningen (Streckenverzweigung)
in Leonberg (ehemalige Kreisstadt)
in Zuffenhausen (Streckenverzweigung)
im Hauptbahnhof.
 
Ein solcher MEX Calw-Stuttgart entlastet sehr wohl die S-Bahnlinie S6. Es wird sogar eine große Entlastung geben.

Mittwoch, 16. Februar 2022

Rosinenpickerei und Cafeteria-Prinzip: Soll so der Gäubahntunnel durchgesetzt werden?

Der vorgeschlagene Gäubahntunnel zwischen Böblingen und dem Stuttgarter Flughafen ist Teil eines erst vor kurzem zusammengezimmerten Gesamtpakets, das unter dem Begriff "Gäubahnausbau" läuft.

Ein Bau des Gäubahntunnels ist nur im Rahmen des Gesamtpakets statthaft. Zum Gesamtpaket gehört jedoch auch der Wegfall der Fernverkehrshalte in Böblingen und Singen (Hohentwiel).

Poltiker und Bevölkerung vor Ort, die den Wegfall der Fernverkehrshalte in Böblingen und Singen (Hohentwiel) ablehnen, müssen deshalb auch den Gäubahntunnel ablehnen. Davon hat man bisher jedoch wenig bis gar nichts gehört.

Ein Bau nur des Gäubahntunnels ohne Umsetzung auch der anderen Maßnahmen des Gesamtpakets ist Rosinenpickerei und ein Handeln gemäß dem Caferteria-Prinzip. Es ist zudem unstatthaft, weil der Gäubahntunnel für sich genommen einen Nutzen-Kosten-Faktor von kleiner als eins hat. Der Nutzen-Kosten-Faktor für den Gesamtausbau der Gäubahn liegt ganz wenig über eins. Hierbei sind Einzelmaßnahmen, die einen guten Nutzen-Kosten-Faktor aufweisen, mit anderen Maßnahmen zusammengewürfelt, die einen Nutzen-Kosten-Faktor von kleiner als eins aufweisen. Ein Bau nur dieser letztgenannten Einzelmaßnahmen - z.B. des Gäubahntunnels - ist nicht statthaft. Die diesbezügliche Gefahr ist latent, weil der Gäubahntunnel als Reparaturmaßnahme für Stuttgart 21 zählt.*

Das erst vor wenigen Monaten gezimmerte neue Gesamtpaket für den Gäubahnausbau löste ein anderes, vorheriges Gesamtpaket für den Gäubahnausbau ab. Dieses Gesamtpaket hatte einen Nutzen-Kosten-Faktor von größer als zwei und kam ohne den Gäubahntunnel aus.

Das Handeln des Staatssekretärs und Bahnbeauftragten der Bundesregierung, Michael Theurer, der wider Erwarten sich als Befürworter des Gäubahntunnels zeigt, ist insofern genau zu beobachten. Wer Gäubahntunnel sagt, muss auch Wegfall der Fernverkehrshalte in Böblingen und Singen (Hohentwiel) sagen und hinter diesen und anderen toxischen Maßnahmen des Ausbaupakets stehen. Wäre dies nicht der Fall, darf der Gäubahntunnel nicht gebaut werden. 

*Dies ist allerdings nur auf den ersten Blick richtig. Denn auch mit dem Gäubahntunnel würde die Gäubahn ihre beiden eigenen Zulaufgleise zum Stuttgarter Hauptbahnhof verlieren. Sie müsste sich statt dessen in den Fildertunnel von Stuttgart 21 einfädeln. Das ist inkompatibel mit dem Integralen Taktfahrplan (Deutschlandtakt) sowie mit dem Ziel, den Bahnverkehr bis 2030 zu verdoppeln.  

Samstag, 12. Februar 2022

Gerichtsurteil zu den Mehrkosten von Stuttgart 21 wird mit Spannung erwartet

Das Stuttgarter Verwaltungsgericht hat bestätigt, dass noch im laufenden Jahr 2022 die Verhandlung über eine Klage der Bahn gegen die Projektpartner von Stuttgart 21 in Sachen Mehrkostenübernahme stattfinden soll. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird im Laufe des Jahres 2022 auch bereits ein Urteil in der Sache gesprochen werden.

Das Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts in Sachen Mehrkostenstreit bei Stuttgart 21 wird mit Spannung erwartet. Denn die Materie ist hochkomplex. Einfache Antworten gibt es nicht. Jedenfalls ist die Sache bei weitem nicht so eindeutig, wie es verschiedene Statements der Bahn, des Landes BW, des Bundes und der Landeshauptstadt Stuttgart uns glauben machen wollen.

Das versuchen wir mal in aller Kürze aufzuzeichnen. Fangen wir mit dem Land BW an.

Staatssekretär Michael Theurer (FDP) enttäuscht in Sachen Gäubahn und Stuttgart 21

In diesem Blog haben wir vor wenigen Wochen den Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Michael Theurer (FDP), mit Vorschusslorbeeren versehen.

Die Hoffnung war, dass Michael Theurer in Sachen Gäubahn und Deutschlandtakt beim Stuttgarter Hauptbahnhof wichtige Änderungen der bisherigen Planungen in die Wege leitet. Denn Michael Theurer ist im Bundesverkehrsministerium unmittelbar für den Deutschlandtakt der Bahn zuständig. Zudem kommt er aus Baden-Württemberg und aus dem Einzugsgebiet der Gäubahn.

Die Vorschusslorbeeren scheinen nicht angebracht gewesen zu sein. Denn gemäß einem Bericht der dpa vom 11.02.2022 spricht sich Theurer weiterhin für den vom früheren Staatssekretär Bilger (CDU) vorgeschlagenen 12 Kilometer langen Gäubahntunnel auf den Fildern aus. Dessen Planung will er sogar beschleunigen.

Damit ist klar, dass der Gäubahn weiterhin eine über 10jährige, wahrscheinlich sogar über 20jährige Sperre droht, was deren Anbindung an den Stuttgarter Hauptbahnhof betrifft. Denn ein solcher Megatunnel wie der vorgeschlagene Gäubahntunnel wäre nicht vor 2040 fertiggestellt.

Den ebenfalls geplanten über 10 Kilometer langen Nordzulauftunnel zum Stuttgarter Hauptbahnhof erwähnt Theurer hingegen nicht. Dabei ist dieser Tunnel für den Deutschlandtakt im Stuttgarter Hauptbahnhof sowie für die angestrebte Verdoppelung des Bahnverkehrs bis 2030 ungleich wichtiger als der Gäubahntunnel. Denn der Nordzulauftunnel bringt das dringend benötigte fünfte und sechste Gleis für die Zufahrt Zuffenhausen zum Stuttgarter Hauptbahnhof. Zudem ermöglicht es der Nordzulauftunnel zusammen mit anderen Maßnahmen, die Fahrzeit Mannheim-Stuttgart von heute 37 auf zukünftig 28 Minuten zu drücken. Der Nordzulauftunnel ist somit unabdingbar, um den Deutschlandtakt im Stuttgarter Hauptbahnhof einzuführen.

Klar dürfte sein, dass der Bund, der ja sowohl den Nordzulauftunnel als auch den Gäubahntunnel finanzieren soll, nicht beide Projekte gleichzeitig stemmen wird. Der Nordzulauftunnel ist wichtiger. Von daher wird ein Baubeginn für den Gäubahntunnel nicht vor 2040 zu erwarten sein. Zudem schadet der Gäubahntunnel dem Deutschlandtakt. Denn er nimmt der Gäubahn ihre heute bereits vorhandenen eigenen Zulaufgleise zum Stuttgarter Hauptbahnhof weg.

Also: Es ist auf ganzer Linie enttäuschend, was Michael Theurer da von sich gibt. Jedoch sollte man sich darüber nicht allzusehr aufregen. In der langen Projektgeschichte von Stuttgart 21 sind schon viele Politiker gekommen und gegangen und haben schon viele Politiker irgendwelche Statements abgegeben. Wir werden auch das Statement von Michael Theurer überleben.      


Mittwoch, 9. Februar 2022

Offener Brief an die DEGES GmbH wegen des Stuttgart 21-Gäubahndesasters

Die DEGES GmbH ist im Auftrag des Bundes für die folgenden beiden Mega-Bauvorhaben zuständig:

1. A 81: Ausbau Autobahnkreuz Stuttgart auf sechs (A 81) bzw. acht (A 8) Fahrstreifen und Umbau des Autobahnkreuzes Stuttgart

2. A 81: Erweiterung AS Sindelfingen (Ost) - AS Böblingen Hulb (Erweiterung der Bestandsstrecke auf durchgehend drei Fahrstreifen pro Richtung mit Überdeckelung auf einer Länge von 850 Metern). 

Gemäß den Baustellen-Informationstafeln vor Ort wird die Maßnahme unter 2. bis 2026 fertiggestellt. Für die Maßnahme unter 1. gibt es vor Ort bisher keinen Fertigstellungstermin.

Deswegen wenden wir uns jetzt an die DEGES in einem offenen Brief:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Donnerstag, 3. Februar 2022

Verbesserungen für die Stuttgarter S-Bahn ab Ende 2025

Sollte ein Teil des Projekts Stuttgart 21 Ende 2025 in Betrieb gehen, wird es ab diesem Zeitpunkt Verbesserungen für die Stuttgarter S-Bahn geben.

Denn mit der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 fällt der derzeit bestehende Mischverkehr mit S-Bahn und Regionalzügen im Verlauf der Strecke vom Stuttgarter Hauptbahnhof nach Bad Cannstatt weg. Die S-Bahn fährt dann auf ihren eigenen Gleisen vom Stuttgarter Hauptbahnhof über den neuen Haltepunkt Mittnachtstraße nach Bad Cannstatt und zurück. Damit entfällt eine wesentliche Verspätungsursache bei der S-Bahn und auch bei den Regionalzügen von/nach Tübingen.

Diese Feststellung ist kein Plädoyer für Stuttgart 21. Ohne Stuttgart 21 hätte man diese Trennung zwischen der S-Bahn und den Regionalzügen zwischen dem Hauptbahnhof und Bad Cannstatt durch die Anlage zweier zusätzlicher Gleise zwischen dem Hauptbahnhof und Bad Cannstatt ebenfalls erreicht. Die Inbetriebnahme wäre sogar wesentlich früher gewesen. Das Ganze wäre heute bereits in Betrieb. Bereits vor mehreren Jahrzehnten hätte man zudem den Signalabstand bei der Strecke zwischen dem Hauptbahnhof und Bad Cannstatt verkürzen können. Auch dadurch wäre die Pünktlichkeit für die S-Bahn erhöht worden.

Mittwoch, 2. Februar 2022

Erneuter Anlauf für Niederflur-Stadtbahn in Ludwigsburg

Gemäß einem Zeitungsbericht vom 30.01.2022 soll jetzt die Stadtbahn Ludwigsburg doch in der ursprünglichen Version einer Niederflur-Stadtbahn mit zwei Streckenästen in Ludwigsburg verwirklicht werden.

Diese Meldung ist erfreulich und ärgerlich zugleich.

Erfreulich deshalb, weil in Ludwigsburg jetzt doch das stadtverträgliche und viele Optionen bietende Niederflursystem umgesetzt werden soll. Ärgerlich deshalb, weil dies eigentlich schon vor Jahren klar schien. Der Vorschlag des Ludwigsburger OB über eine Hochflur-Stadtbahn, die am Südrand von Ludwigsburg entlangführt, hat das Projekt unnötig verzögert. Eine Umsetzung dieses Vorschlags hätte letztendlich das Aus für die Niederflur-Stadtbahn in Ludwigsburg bedeutet und in den bebauten Gebieten von Ludwigsburg den Busbetrieb für unabsehbare Zeit festgeschrieben.

Hoffen wir, dass jetzt keine weiteren Störfeuer mehr abgegeben werden und die notwendigen Planungsschritte für die Niederflurstadtbahn jetzt zügig vorgenommen werden können.

Sehen wir uns mal die zehn größten Städte in BW an: