Mittwoch, 28. Dezember 2022

Autobahnplanung für Baden-Württemberg zeigt: Stuttgart 21 soll keinen Verkehr von der Straße abziehen

Die am 1. September 2022 veröffentlichte Projektliste des Bundesverkehrsministeriums für die Planung zu den Neubauten und Ausbauten der Bundesautobahnen sieht 28 Projekte in Baden-Württemberg vor.

Und dies ist nur die Spitze des Straßenbau-Eisbergs. Dazu kommen noch der Aus- und Neubau von Bundesstraßen, von Landesstraßen, von Gemeindestraßen und von Anlagen des ruhenden Verkehrs (z.B. Tiefgaragen).

Hier zeigt sich, dass das Projekt Stuttgart 21 keinen Verkehr von der Straße zur Bahn migrieren soll, wie das zeitweise behauptet wurde. Sollte Stuttgart 21 erfolgreich sein in dem Sinne, dass nennenswert Verkehr von der Straße zur Bahn verlagert wird, dürfte es die zahlreichen, weiter unten genannten Autobahnprojekte gar nicht geben. Dann müsste im Gegenteil nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 die eine oder andere Straße redimensioniert oder sogar zurückgebaut werden. In diese Verlegenheit wird man aber nicht kommen. Denn Stuttgart 21 in der heutigen Form wird keinen Verkehr von der Straße abziehen können.

Damit reduziert sich Stuttgart 21 auf ein Immobilienprojekt. Eine Verkehrswende oder eine vorzeigbare Antwort auf die Klimakrise ist mit Stuttgart 21 nicht verbunden. 

In Zeiten der Klimakrise darf zudem mehr Verkehr für die Bahn kein Selbstzweck sein. Mehr Verkehr für die Bahn ist nur dann tolerabel, wenn es sich hier um Umsteiger vom Auto handelt. Sollte aber mehr Verkehr für die Bahn gleichbedeutend sein mit Neuverkehr, dann ist dies abzulehnen. Betrachtet man die zahlreichen geplanten Neu- und Ausbauten von Autobahnen in Baden-Württemberg, ist kaum anzunehmen, dass es Umsteiger vom Auto zur Bahn geben wird. 

Hier die Neu- und Ausbaumaßnahmen für die Bundesautobahnen in Baden-Württemberg:

A 98 Rheinfelden - Schwörstadt, Erweiterung auf vier Fahrstreifen, 7 Kilometer

A 98 Schwörstadt - Bad Säckingen - Murg, Erweiterung auf vier Fahrstreifen, 10 Kilometer

A 98 Laufenberg/Albbruck - Tiengen, Erweiterung auf vier Fahrstreifen, 16 Kilometer

A 860 Freiburg - AS Freiburg Mitte, Neubau mit vier Fahrstreifen (Freiburger Stadttunnel), 2 Kilometer

A 5 Kreuz Walldorf - AS Walldorf/Wiesloch, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 7 Kilometer

A 5 AS Walldorf/Wieslooch - Kreuz Heidelberg, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 12 Kilometer

A 6 Kreuz Mannheim - AS Schwetzingen/Hockenheim, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 12 Kilometer

A 6 AS Heilbronn/Untereisesheim - Kreuz Weinsberg, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 11 Kilometer

A 6 Kreuz Weinsberg - AS Bretzfeld, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 10 Kilometer

A 6 AS Bretzfeld - Öhringen, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 12 Kilometer

A 6 Öhringen - Kupferzell, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 10 Kilometer

A 6 Kupferzell - Ilshofen/Wolpertshausen, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 11 Kilometer

A 6 Ilshofen/Wolpertshausen - Kirchberg, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 10 Kilometer

A 6 Kirchberg - Landesgrenze zu Bayern, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 13 Kilometer

A 8 Dreieck Leonberg - Kreuz Stuttgart, Erweiterung auf acht Fahrstreifen (Abflachung der Steigung), 9 Kilometer

A 8 Kreuz Stuttgart - AS Stuttgart-Degerloch, Erweiterung auf acht Fahrstreifen, 9 Kilometer

A 8 AS Stuttgart-Degerloch - AS Wendlingen, Erweiterung auf acht Fahrstreifen, 14 Kilometer

A 8 AS Pforzheim-Nord - AS Pforzheim-Süd, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 5 Kilometer

A 8 AS Mühlhausen - AS Hohenstadt (Albauf- und Albabstieg), Neubau mit sechs Fahrstreifen, 8 Kilometer

A 8 AS Ulm-Nord - AK Ulm-Elchingen, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 12 Kilometer

A 81 AS Böblingen-Hulb - AS Sindelfingen-Ost, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 7 Kilometer

A 81 AS Sindelfingen-Ost - Kreuz Stuttgart, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 6 Kilometer

A 5 AS Hemsbach - Kreuz Weinheim, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 9 Kilometer

A 5 Kreuz Weinheim - Kreuz Heidelberg, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 9 Kilometer

A 5 Kreuz Walldorf - Dreieck Karlsruhe, Erweiterung auf acht Fahrstreifen, 36 Kilometer

A 5 AS Offenburg - AS Freiburg-Mitte, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 53 Kilometer

A 6 Dreieck Hockenheim - Kreuz Walldorf, Erweiterung auf acht Fahrstreifen, 7 Kilometer

A 7 AS Illertissen - AS Memmingen-Süd, Erweiterung auf sechs Fahrstreifen, 17 Kilometer         

 

Mittwoch, 21. Dezember 2022

Neues 740 Meter langes Güterzuggleis im Verlauf der Gäubahn westlich von Böblingen - eine Maßnahme des Deutschlandtakts

In der Vorhabenliste für den Deutschlandtakt befinden sich auch politisch motivierte Projekte wie z.B. der Pfaffensteigtunnel. Dagegen ist das neue 740 Meter lange Gleis für die Güterzüge westlich von Böblingen im Verlauf der Gäubahn Deutschlandtakt pur.

Dies ist eine typische kleine Maßnahme, um den Bahnverkehr besser, pünktlicher, leistungsfähiger und schneller zu machen. Sie ist Bestandteil der "Vorhaben/Maßnahmen in der Region Süd-West (Bezug: Planfall Deutschlandtakt, Bedarfsplan Schiene)". Es handelt sich konkret um ein mittiges Wartegleis für den Schienengüterverkehr.

Höhengleiche Gleiskreuzung in Böblingen mit gravierenden Auswirkungen
Beim Bahnhof Böblingen gibt es eine höhengleiche Gleiskreuzung zwischen den Zügen von Stuttgart/Sindelfingen nach Herrenberg und den Güterzügen von Herrenberg nach Kornwestheim. Diese höhengleiche Gleiskreuzung kann kaum durch eine höhenfreie Lösung ersetzt werden. Sie würde Überwerfungen oder Tunnel von ca. einem Kilometer Länge erfordern und wäre sehr teuer und städtebaulich problematisch.

Das geplante 740 Meter lange Gleis für den Schienengüterverkehr kann nun die Nachteile der höhengleichen Gleiskreuzung abmildern.

Ich habe selbst einmal bei einer Fahrt von Stuttgart nach Freudenstadt eine Konstellation beobachten können, wie sie dem neuen Güterzuggleis zugrunde liegt. Konkret fuhr der Zug von Stuttgart bis zum S-Bahnhaltepunkt Goldberg normal. Im Bereich des Haltepunkts Goldberg bremste der Zug ab und bummelte in der Folge bis Herrenberg vor sich hin. Der Grund war eine vorausfahrende, verspätete S1.

Ungefähr bei Ehningen konnte ich sehen, dass ein Güterzug auf dem Gegengleis stand. Augenscheinlich konnte dieser Güterzug nicht weiterfahren, weil die höhengleiche Gleiskreuzung in Böblingen durch die verspätete S1 und den Freudenstädter Zug blockiert war.

Ungefähr bei Gärtingen konnte ich sehen, dass ein IC von Zürich auf dem Gegengleis stand. Dieser IC konnte wegen des vorausfahrenden Güterzugs nicht weiterfahren. Wer weiß, wie lange der Güterzug noch bei Ehningen herumstehen musste. Denn auch die S60 in beiden Richtungen beißt sich mit dem Güterzug Richtung Kornwestheim. Und dann kommt ja schon die nächste S1.

Das neue 740 Meter lange, mittig zwischen beiden Richtungsgleisen anzulegende Güterzuggleis setzt hier an. Mit Hilfe dieses Gleises kann der Güterzug schnell von den Gleisen der Gäubahn heruntergenommen werden, ohne zunächst die höhengleiche Gleiskreuzung zu befahren. Damit wird erreicht, dass z.B. der IC von Zürich, aber auch andere folgende Züge nicht mehr behindert werden. 

Zusammen mit vielen anderen Maßnahmen des Deutschlandtakts wird so dem Grundübel der Bahn, den Verspätungen und Störungen, zu Leibe gerückt. 

Dienstag, 20. Dezember 2022

Nach der Stornierung des Inbetriebnahmetermins für die Hermann-Hesse-Bahn: Gilt das auch für Stuttgart 21?

Die Hermann-Hesse-Bahn (Weil der Stadt - Calw) sollte ursprünglich Ende 2023 in Betrieb gehen. Dieser Termin ist jetzt wohl nicht mehr zu halten. Einen Ersatztermin gibt es nicht.

Darüber berichtet unter anderem die Zeitung Schwarzwälder Bote.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Wird sich auch der Inbetriebnahmetermin von Stuttgart 21 Ende 2025 (genau genommen ist es ja nur eine Teilinbetriebnahme) verschieben?

Diese Frage ist berechtigt. Denn die Verschiebung von Inbetriebnahmeterminen bzw. Fertigstellungsterminen scheint heutzutage eher zur Regel als zur Ausnahme zu werden. Als Beispiel seien die Baustellen in der Stuttgarter Innenstadt genannt. Kaum ein Bauwerk wird noch zu einem Zeitpunkt fertig, wie er bei Baubeginn angekündigt war. Viele Bauwerke überschreiten ihre Bauzeit um das Doppelte und mehr. Über mögliche Ursachen wollen wir heute nicht reden.

Kehren wir kurz zurück zur Hermann-Hesse-Bahn. Als Begründung für die Verlängerung der Bauzeit wird dort der Wiederaufbau der Ahrtalbahn genannt. Dieser Wiederaufbau ziehe angeblich alles Fachmaterial ab, so dass es für die Hermann-Hesse-Bahn nicht mehr zur Verfügung steht. Nun ist das Bahnnetz in Deutschland viele Zigtausend Kilometer lang. Dass die Ahrtalbahn, deren Wiederaufbau selbstverständlich dringend ist, alles Fachmaterial in Beschlag nehmen soll, erscheint wenig realistisch. Als weitere Gründe werden der durch EU-Richtlinien geschützte Steinkrebs und die seit langem bekannte Fledermaus-Problematik in den Tunneln genannt.

Naja. Das Dramatische an der Sache ist ja, dass der Inbetriebnahmetermin der Hermann-Hesse-Bahn nicht nur verschoben wird, sondern dass nicht einmal mehr ein Ersatztermin genannt wird.

Wenn sich augenscheinlich die Inbetriebnahmetermine fast aller Bauwerke inzwischen verschieben, muss man sich fragen, ob das Projekt Stuttgart 21 hier in einer Insel der Glückseligen agiert, oder ob auch bei Stuttgart 21 eine erneute Verschiebung des Inbetriebnahmetermins ansteht. So etwas kündigt sich ja selten über einen längeren Zeitraum an, sondern kommt oft plötzlich. Eines Morgens wacht man möglicherweise nichtsahnend auf und vernimmt in den Medien die überraschende Nachricht. Dafür ist aus heutiger Sicht noch ca. drei Jahre Zeit.    

Montag, 19. Dezember 2022

Muss die P-Option von Stuttgart 21 durch das Land BW finanziert werden?

Gemäß der Auflistung der "Vorhaben/Maßnahmen in der Region Süd-West" im Rahmen des Deutschlandtakts ist die P-Option von Stuttgart 21 eine Nahverkehrsmaßnahme, für die das Land BW zuständig ist. Gemäß der Auflistung kann die Planung und Umsetzung dieser Nahverkehrsmaßnahme durch das Land beginnen.

Wir sehen uns heute in diesem Blog die Gemengelage um die sogenannte P-Option von Stuttgart 21 ein ganz klein wenig näher an.

Was ist die P-Option?
Die P-Option öffnet die beiden zuvor stillgelegten Gleise durch den alten Pragtunnel wieder für den Bahnverkehr, lässt diese Gleise südlich des Pragtunnels abtauchen und bindet sie an die beiden Röhren des Cannstatter Tunnels von Stuttgart 21 an. Die P-Option soll die Leistungsfähigkeit von Stuttgart 21 ein wenig steigern. Die P-Option ist allerdings keine vollwertige neue Doppelspur für den Bahnknoten Stuttgart, denn sie erreicht den Stuttgarter Hauptbahnhof nicht unmittelbar, sondern nur über den bereits durch andere Züge belegten Cannstatter Tunnel. Zudem wird für die P-Option im Stuttgarter Hauptbahnhof kein zusätzliches Bahnsteiggleis gebaut. Deshalb ist eine mit der P-Option verbundene Leistungssteigerung kritisch zu hinterfragen.
 
Wann soll die P-Option gebaut werden?
Die P-Option soll ca. zwischen 2024 und 2027 gebaut werden.
 
Warum soll die P-Option relativ früh gebaut werden?
Während des Baus des neuen Nordzulauftunnels zum Stuttgarter Hauptbahnhof muss der Feuerbacher Tunnel von Stuttgart 21 gesperrt werden. Als Ausweichmöglichkeit gibt es nur die P-Option. Dies ist allerdings keine vollwertige Ausweichmöglichkeit für den nicht mehr vorhandenen Feuerbacher Tunnel. Mit dem Bau des ca. 10 Kilometer langen Nordzulauftunnels kann erst begonnen werden, wenn die P-Option fertiggestellt ist. Denn der Nordzulauftunnel schließt im Feuerbacher Tunnel an die Stuttgart 21-Gleise an. Der Feuerbacher Tunnel muss hierfür umgebaut werden, was den Zugverkehr dort über Jahre verunmöglicht.
 
Was ist mit dem Cannstatter Tunnel während der Bauzeit der P-Option?
Bei einer prognostizierten Inbetriebnahme von Stuttgart 21 Ende 2025 kann nur eine der beiden Röhren des Cannstatter Tunnels in Betrieb gehen. Die andere Röhre ist jeweils wegen der Bauarbeiten für die P-Option gesperrt. Man sieht auch an diesem Beispiel, dass selbst im Falle einer Inbetriebnahme von Stuttgart 21 Ende 2025 dies nur eine Teilinbetriebnahme sein kann.

Ist eine Finanzierung der P-Option durch das Land BW gerechtfertigt?
Nein! Die P-Option ist eine Vorbereitung für den Nordzulauftunnel. Damit ist die P-Option eine Sache des Bundes. Gemäß der Auflistung der "Vorhaben/Maßnahmen in der Region Süd-West" im Rahmen des Deutschlandtakts wird die P-Option jedoch als Nahverkehrsmaßnahme, die deshalb vom Land BW im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetztes (GVFG) umzusetzen ist, bezeichnet.
 
Das ist schwer zu begreifen. Denn für den Nahverkehr bringt die P-Option nicht viel. Der nur achtgleisige Stuttgart 21-Tiefbahnhof ist weiterhin die Kapazitätsbremse. Zudem ist auch der Cannstatter Tunnel schon durch andere Züge belegt.
 
Möglicherweise geht es hier jedoch um etwas Anderes. Sollte die P-Option durch den Bund zu finanzieren sein, müsste sie in den Bedarfsplan Schiene aufgenommen werden. Das aber wäre wohl erst ab 2026 zu erwarten - zu spät für die P-Option und den Nordzulauftunnel.
 
Gleichwohl ist es nicht ausgemacht, dass das Land die P-Option finanzieren muss. Das Land sollte sich dagegen wehren. Das Land soll den Ergänzungsbahnhof mit seinen Zulaufstrecken mit Hilfe des GVFG finanzieren. Die GVFG-Mittel stehen nicht in unbegrenzter Höhe zur Verfügung. Deshalb lautet die Devise für das Land: Ergänzungsbahnhof anstatt P-Option. Der Ergänzungsbahnhof beinhaltet eine zusätzliche Doppelspur aus Richtung Zuffenhausen und ist damit ohne Wenn und Aber leistungssteigernd für den Regionalverkehr.   
         

Freitag, 16. Dezember 2022

Gemeinderatsmehrheit in Stuttgart will zweigleisigen Ausbau der Panoramastrecke der Gäubahn beibehalten

In einem Antrag vom 2. Dezember 2022 beauftragt die Mehrheit des Stuttgarter Gemeinderats die Stadtverwaltung, mit den zuständigen Institutionen auf eine Beibehaltung des zweigleisigen Ausbaus der Panoramastrecke der Gäubahn hinzuarbeiten.

Zunächst kurz zu den Antragstellern. Dies sind:
PULS-Fraktionsgemeinschaft (5 Sitze)
Die FrAKTION LINKE SÖS Piraten Tierschutzpartei (7 Sitze)
FDP-Gemeinderatsfraktion (5 Sitze)
Bündis 90/DIE GRÜNEN Gemeinderatsfraktion (16 Sitze)
SPD-Gemeinderatsfraktion (7 Sitze)

Zusammen umfasst der Antrag somit 40 Stimmen. Der Gemeinderat in Stuttgart hat einschließlich des OB 61 Stimmen.
 
Die beiden Tunnel der Panoramastrecke
Konkret geht es um die Sanierung des Hasenbergtunnels und des Kriegsbergtunnels der Panoramastrecke. Die beiden Tunnel sind sehr alt und sanierungs- und modernisierungsbedürftig.

Konkret muss der Gleisabstand im Tunnel vergrößert werden. Zudem muss seitlich ein Sicherheitsraum eingerichtet werden. Beides kann schnell dazu führen, dass sich das Tunnelprofil glatt verdoppelt. Das hat man beim neuen im Jahr 2018 in Betrieb genommenen Pforzheimer Tunnel gesehen. Zwischen dem Profil des alten und dem Profil des neuen Tunnels liegen Welten.
 
Nun gibt es eine Sanierungsvariante der Bahn für die Panoramastrecke der Gäubahn, die eine zukünftig nur noch eingleisige Führung in den beiden Tunnels vorsieht, um dadurch den erforderlichen Platz zu schaffen. Zu Recht wehrt sich jetzt die Gemeinderatsmehrheit gegen diese Pläne. Denn die Erfahrung - auch mit Stuttgart 21 - hat eben gezeigt, dass jede Engstelle mehr eine zuviel ist.
 
Man sollte jedoch - wenn man sich schon mit der Panoramastrecke der Gäubahn beschäftigt -  alle möglichen Ausbauvarianten betrachten.
 
Das sind die Ausbauvarianten für die Tunnels:
1. eingleisiger "Ausbau"
2. Aufweitung der bestehenden Tunnels
3. Neubau eines zweiten Tunnels neben den ersten Tunnel, so dass jeder Tunnel ein Gleis aufnimmt
4. Neubau eines zweigleisigen Tunnels neben den ersten Tunnel und Stilllegung des ersten  Tunnels (Modell Pforzheimer Tunnel)
 
Variante 4 hat den Vorteil, dass dadurch die Geschwindigkeit der Züge im Hasenbergtunnel von heute 70 km/h auf zukünftig 100 km/h erhöht werden kann. Der Neubau des Kriegsbergtunnels hat den Vorteil, dass die Gäubahn dann genau neben die Gleise der S-Bahn im Haltepunkt Nordbahnhof zu liegen kommt und damit dort ein Umsteigebahnhof entstehen kann.
 
Fazit
Eine gute Initiative des Stuttgarter Gemeinderats und ein Mosaikstein zur Beibehaltung der Panoramastrecke der Gäubahn sowie zur Errichtung eines Ergänzungsbahnhofs für den Regionalverkehr beim Stuttgarter Hauptbahnhof.
         
 

Mittwoch, 14. Dezember 2022

West-Ost-Regionalverkehrs-Durchbindungen im Stuttgart 21-Tiefbahnhof abgesagt

Beim Regionalverkehr wird es im Stuttgart 21-Hauptbahnhof keine einzige Durchbindung in West-Ost- bzw. Ost-West-Richtung geben. Ob es bei diesen Relationen eine Fernverkehrsdurchbindung geben wird, ist noch nicht bekannt.

Damit wird immer deutlicher, welch starke Einschränkungen auf den Freiheitsgrad des Fahrplans Stuttgart 21 bereithält.

Anfangen muss man ja bei den Durchbindungen als Solchen. Die Durchbindungen sind der besonderen Form von Stuttgart 21 geschuldet. Bei der Fahrplanpräsentation zum Regionalverkehr unter Stuttgart 21 hat das Landesverkehrsministerium dargelegt, dass nur für zehn Prozent der Regionalverkehrsfahrgäste die Durchbindungen nützlich sind. Für den überwiegenden Teil der Fahrgäste bringen die Durchbindungen nichts.

Obwohl Stuttgart 21 ohne die Durchbindungen in keinster Weise funktionieren würde, hält es gerade bei den Durchbindungen jede Menge Einschränkungen bereit - ein Paradoxon.

So haben wir in diesem Blog bereits gesehen, dass Durchbindungen, die im Stuttgart 21-Tiefbahnhof dem Innen-Außen-Schema bzw. dem Außen-Innen-Schema folgen, wenn irgend möglich vermieden werden. weil sie zu viele Fahrstraßen blockieren.

Heute geht es noch einen Schritt weiter. Heute bleibt festzustellen, dass es eine ganze Durchbindungsgruppe bei Stuttgart 21 nicht geben wird. Nachfolgend einige Beispiele für die West-Ost- oder Ost-West-Durchbindungen:

Karlsruhe - Aalen
Ludwigsburg - Waiblingen
Vaihngen/Enz - Schorndorf
Pforzheim - Schwäbisch Hall
 
Diese Durchbindungsgruppe wird es zumindest beim Regionalverkehr nicht geben.
 
Was ist der Grund für das Nichtstattfinden der West-Ost-Durchbindungen?
Theoretisch könnte man diese Durchbindungen fahren. Sie fahren jedoch auf einem Streckenabschnitt, der gespickt voll mit Engstellen ist.
 
Vom Stuttgarter Hauptbahnhof geht es erst einmal im Verlauf des Untertürkheimer Tunnels weiter. Im Bereich von Untertürkheim zweigt die Strecke nach links ab und verläuft entlang des Wartungsbahnhofs Untertürkheim. Hier ist die Strecke eingleisig. Dann gibt es eine höhengleiche Gleiskreuzung mit der alle 5 bis 10 Minuten fahrenden S-Bahn nach Waiblingen. Dann gibt es eine Einfädelung in die Regionalverkehrsstrecke von Bad Cannstatt nach Waiblingen.
 
In der Gegenrichtung - von Waiblingen kommend - gibt es zunächst mal eine höhengleiche Gleiskreuzung mit den Regionalzügen von Bad Cannstatt nach Waiblingen. Darauf folgt eine höhengleiche Gleiskreuzung mit der alle 5 bis 10 Minuten fahrenden S-Bahn nach Waiblingen. Gleichzeitig beginnt hier auch ein längerer eingleisiger Abschnitt bis zum Untertürkheimer Tunnel.
 
Das alles erinnert doch ganz stark an die früheren Planungen der Führung der Gäubahn über die Gleise der Flughafen-S-Bahn. Die letztere Geschichte wird heute allgemein als Murks oder sogar als Katastrophe bezeichnet.
 
Der Ergänzungsbahnhof
Zu den vielen, vielen Gründen, die für den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof sprechen, kommt jetzt auch noch die Flexibilität beim Regionalverkehr hinzu. Der Stuttgart 21-Tiefbahnhof alleine schränkt die Flexibilität doch allzu stark ein.       

 

Dienstag, 13. Dezember 2022

Jetzt schlägt die Stunde des Fernbusverkehrs Stuttgart - Zürich und Stuttgart - Konstanz

Die drohende Kappung der Gäubahn ab 2025 und deren damit verbundene Herausnahme aus dem europäischen Eisenbahnnetz könnte noch ganz andere Auswirkungen haben als es sich die Stuttgart 21-Protagonisten heute vorstellen.

Dies könnte die Stunde des Fernbusverkehrs Stuttgart - Zürich und Stuttgart -Konstanz sein. Damit aber wäre der Fernzugverkehr auf der Gäubahn Geschichte.

Nehmen wir mal an, dass auch in den Chefetagen der Fernbusunternehmen bereits Planspiele für die Zeit ab 2025 laufen. Der Fernbusverkehr in den Relationen Stuttgart - Zürich und Stuttgart - Konstanz könnte hier gute Chancen haben. Im intermodalen Wettberwerb hat der Fernbus bei diesen beiden Relationen bereits heute gute Chancen im Vergleich zur Gäubahn. Denn die Gäubahn ist einfach zu langsam. Mit der Wegnahme der Gäubahn vom Stuttgarter Hauptbahnhof erhöhen sich diese Chancen für den Fernbus noch.

Die Taktfolge
Die Taktfolge ist ein wichtiges Attraktivitätsmerkmal. Die Fernbusse könnten im Halbstundentakt von Stuttgart nach Zürich und von Stuttgart nach Konstanz fahren. Die Taktfolge geht unmittelbar in die Berechnung der Reisezeit ein. Von daher haben die Fernbusse hier gegenüber den Fernzügen einen Vorteil.
 
Der Preis
Der Fernbus kann in der Relation Stuttgart - Zürich durchschnittlich günstigere Preise bieten als die Fernzüge. Bei der seit dem Jahr 2013 zulässigen Relation Stuttgart - Konstanz ist dies etwas schwieriger. Nehmen wir mal an, dass das 49 Euro-Ticket kommt. Dann müssten viele Fahrgäste, die mit dem Zug von Konstanz nach Stuttgart fahren, kein extra Ticket mehr lösen. Das ist ein Systemnachteil für den Fernbus.
 
Der Endpunkt in Stuttgart
Mit der Kappung der Gäubahn geht dem System Bahn ein  wichtiger Systemvorteil gegenüber dem Fernbus verloren. Wo könnte der Fernbus in Stuttgart halten? Zunächst mal könnte der Fernbus am Flughafen-Fernbusbahnhof halten. Von dort könnte man mit der S-Bahn oder mit Regionalzügen zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren.
 
Den Fernbusbetreibern ist jedoch zu raten, sich schon jetzt um einen alternativen Haltepunkt für die Fernbusse in der Nähe des Stuttgarter Hauptbahnhofs zu kümmern.
 
Der Pfaffensteigtunnel
Der erfolgreiche Einstieg der Fernbusse bei den Relationen Stuttgart - Zürich und Stuttgart - Konstanz bedeutet wohl das Ende des Fernverkehrs auf der Gäubahn. Das aber zieht dann auch das Ende des Pfaffensteigtunnels wegen Unwirtschaftlichkeit nach sich. Das hätten sich die Stuttgart 21-Protagonisten wohl nicht gedacht! 
 
Gerichtsurteile sind abzuwarten
Gleichwohl muss man den Fernbusbetreibern empfehlen, sich in Sachen Gäubahnkappung stets auf dem Laufenden zu halten. Denn es wird Klagen gegen diese Kappung geben und es erscheint aussichtsreich, dass Gerichte diese Kappung untersagen werden.  

Sonntag, 11. Dezember 2022

Vorhaltebauwerke für Münchens U5 und U9: Vorbilder für Stuttgarts Ergänzungsbahnhof beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof?

Gleich zwei großen Vorhaltebauwerken für die Münchner U-Bahn hat der Münchner Stadtrat in den letzten Tagen zugestimmt. Die Landespolitik in BW und die Kommunalpolitik in Stuttgart täten gut daran, sich diese Sachen ganz genau anzuschauen und für den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof die richtigen Konsequenzen zu ziehen.

Vorhaltebauwerke sind Bauwerke, die zu einem früheren Zeitpunkt erstellt werden als sie eigentlich gebraucht werden. Durch das vorgezogene Bauen spart man jedoch jede Menge Geld, weil der Bau der Bauwerke zu einem späteren Zeitpunkt wesentlich teurer wäre.

Die U5 fährt in das riesige Neubaugebiet Freiham
Am 06. Dezember 2022 beschloss der Münchner Stadtrat, die neue Endhaltestelle für die U5 (Dritte Stammstrecke der Münchner U-Bahn) im riesigen Neubaugebiet Freiham bereits ab sofort baureif zu planen und bis zum Jahr 2026 fertigzustellen. Hierfür genehmigte der Stadtrat knapp 100 Mio. Euro und schuf 15 neue Stellen in der Stadtverwaltung.

Benötigt wird die neue U-Haltestelle erst Anfang der Dreißiger Jahre. Der Bau der U-Haltestelle ist aber zum jetzigen Zeitpunkt noch vergleichsweise günstig, weil das Bauwerk jetzt noch auf der Grünen Wiese erstellt werden kann. Die neuen Straßen, sonstigen Infrastrukturen und Wohngebäude werden erst nach Fertigstellung der U-Haltestelle gebaut. Hätte man mit dem Bau der U-Haltestelle jedoch noch einige Jahre gewartet, wäre ihr Bau wesentlich schwieriger gewesen. Dann hätte man die Straßen wieder aufreißen müssen und sonstige Infrastrukturen verlegen müssen.

Neue, viergleisige U-Haltestelle Hauptbahnhof für die U9
Bereits am 30. November 2022 hat der Münchner Stadtrat dem Bau der neuen, viergleisigen U-Haltestelle Hauptbahnhof für die U9 (vierte Stammstrecke der Münchner U-Bahn) zugestimmt und hier 560 Mio. Euro bewilligt.
 
Der sofortige Bau der U-Haltestelle Hauptbahnhof für die U9 ist erforderlich, weil deren Bau eng mit dem Bau der Zweiten Stammstrecke der Münchner S-Bahn verzahnt ist. In Betrieb genommen wird die vierte Stammstrecke der Münchner U-Bahn erst in den Dreißiger Jahren.
 
Ergänzungsbahnhof  beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof als Vorhaltebauwerk?
Es gibt für einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgart 21-Tiefbahnhof mehrere Varianten. 
 
Es kann sein, dass der bestehende Kopfbahnhof einfach weiterbetrieben werden muss und insofern den Ergänzungsbahnhof darstellt. Es kann auch sein, dass ein Teil des bestehenden Kopfbahnhofs weiterbetrieben wird. Es kann des weiteren sein, dass ein Kopfbahnhof neu gebaut wird. Es kann sein, dass der Ergänzungsbahnhof auf derselben Höhenlage gebaut wird wie der bestehende Kopfbahnhof. Es kann aber auch sein, dass der Ergänzungsbahnhof eine Etage tiefer auf Höhe des Mittleren Schlossgartens gebaut wird. Es kann sein, dass der Ergänzungsbahnhof noch tiefer zu liegen kommt. Zudem kann es sein, dass der Ergänzungsbahnhof nach oben offen ist oder auch geschlossen.
 
Um all diese Varianten soll es heute gar nicht gehen. Es geht aber darum, ob - je nach Variante - der Ergänzungsbahnhof als Vorhaltebauwerk sofort gebaut werden muss. Damit sollten sich Bund, Land und Kommune jetzt auseinandersetzen.    

 

Freitag, 9. Dezember 2022

Stuttgarter Expressbuslinie X1 endlich eingestellt - Neue Buslinie 47 scheint der bessere Ansatz zu sein

Die Stuttgarter Expressbuslinie X1 wird wohl in die Annalen der städtischen Verkehrsgeschichte eingehen.

Am 09.12.2022 fuhr endlich der letzte Bus auf der Linie X1. Dabei hätte das Ende dieser Linie viel früher stattfinden müssen.

Der Bund der Steuerzahler geißelte diese Linie. Die Linie X1 schaffte es sogar ins Fernsehen unter der Rubrik Geldverschwendung und Amtsschimmel. Jedermann und jedefrau konnte werktäglich sehen, wie wenige Fahrgäste in den Bussen des X1 saßen.

Gleichzeitig waren die Innenstadtbuslinien 40 und 42 zum Bersten gefüllt und hätten eigentlich  zusätzliche Busse vertragen.

Der Hauptfehler des X1
Der Hauptfehler des  X1 war, dass er in radialer Richtung parallel zu einer Stadtbahnstrecke und einer S-Bahnstrecke verkehrte. Jahrzehntelang trichterte man den Bürgerinnen und Bürgern ein, dass der Bus in Großstädten nicht die optimale Wahl ist. Statt dessen wurden mit Milliardenbeträgen die Schienenverkehrsmittel ausgebaut. Jetzt sollte es eine teilweise Rolle rückwärts geben und die Fahrgäste anstatt mit der Bahn wieder mit dem Bus fahren. Die Fahrgäste spielten da nicht mit.
 
Der X1 ist ein Zeichen der fehlenden dritten Stammstrecke der Stuttgarter Stadtbahn
Die alle 10 Minuten verkehrenden Züge der U1 sind überfüllt. Städte mit ausreichender Stammstreckenkapazität hätten in einem solchen Fall die U1 und dann auch alle anderen Stadtbahnlinien auf den 7,5 Minuten-Takt umgestellt. Das ging in Stuttgart aber nicht. Denn die erste Stammstrecke der Stadtbahn wird bereits von fünf Linien befahren, von denen jede im 10-Minuten-Takt fährt.
 
In Stuttgart behalf man sich damit, dass man eine neue U16 einführte, die von Fellbach zunächst mal zum Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt fuhr. Dort sollten dann - so die Theorie - die Fahrgäste in Richtung Stuttgarter Innenstadt in den X1 umsteigen. Dasselbe sollte bei der U2 ablaufen, die durch die U19 von Neugereut bis Wilhelmsplatz verstärkt wurde. Das aber war nur Theorie. Die Praxis funktionierte anders.
 
Die Linie X1 wäre nicht notwendig gewesen
Die wenigen  Fahrgäste, die in den Bussen des X1 saßen, hätten genauso gut in Bad Cannstatt in die S-Bahn einsteigen können. Die S-Bahn fährt alle fünf Minuten von Bad Cannstatt in die Stuttgarter Innenstadt - und das mit 210 Meter langen Zügen. Die Fahrgäste des X1 hätte man hier mit der Lupe suchen müssen.
 
Ein Fiasko für die Grünen
Der X1 war auch von der Politik gewollt, weil er die als Folge der Feinstaubproblematik bei der bundesweit bekannten Kreuzung Neckartor weggenommene Fahrspur belegen sollte. Einfach so eine Fahrspur wegnehmen wollte man nicht. Im Nachhinein hätte man es doch so machen sollen. Es hätte Stuttgart viel Ärger und Ansehensverlust erspart.

Die Buslinie 47 scheint der bessere Ansatz zu sein
Ab dem 12.12.2022 kommt nun die neue Buslinie 47. Diese Linie ist überhaupt nicht mit dem X1 zu vergleichen. Sie scheint der bessere Ansatz zu sein.
 
Die Buslinie 47 ist in erster Linie eine Entlastung für die stark belastete Innenstadtbuslinie 40, aber auch für die noch stärker belastete Innenstadtbuslinie 42. Denn der Endpunkt Wagenburgstraße der Linie 47 wird ja auch von der Buslinie 42 angefahren. Da werden dann noch weitere bisherige Fahrgäste der Linie 42 in die Linie 47 umsteigen.
 
Dass die Linie 47 einmal die Innenstadt umrunden soll, ist zweitrangig. Beim Hauptbahnhof gibt es ja auch keine gute Wendemöglichkeit für die Linie 47. 
 
Wo ist die langfristige, perspektivische Planung?
Neue Buslinien lassen sich relativ kurzfristig einrichten. Das ersetzt aber nicht eine langfristige Planung. Planung und Bau einer dritten Stammstrecke für die Stuttgarter Stadtbahn dauern 20 bis 30 Jahre. Von daher sollte man besser heute als morgen mit den ersten Voruntersuchungen für eine dritte Stammstrecke beginnen.      
 

Mittwoch, 7. Dezember 2022

Wer ist eigentlich für den Pfaffensteigtunnel der Gäubahn?

Mit sachlichen Argumenten ist der geplante Pfaffensteigtunnel der Gäubahn eigentlich kaum zu begründen. Umso interessanter ist es zu erfahren, was in Sachen Pfaffensteigtunnel hinter den Kulissen vor sich ging und geht.

Das bleibt zum größeren Teil noch im Dunkeln. In einem Interview mit der Schwäbischen Zeitung vom 07.12.2022 äußert sich jedoch Landesverkehrsminister Winfried Hermann ganz kurz zum Pfaffensteigtunnel und lüftet damit ein ganz klein wenig das Geheimnis um dieses Bauwerk.

Minister Hermann zum Pfaffensteigtunnel
Hermann äußert sich zum Pfaffensteigtunnel so, dass die Entscheidung für den Pfaffensteigtunnel "auf Vorschlag und Druck der Deutschen Bahn und des Bundesverkehrsministeriums" gefallen ist. So spricht niemand, der vom Pfaffensteigtunnel begeistert ist. Damit also ist klar: Der Pfaffensteigtunnel ist nicht die Sache des baden-württembergischen Landesverkehrsministers.
 
Der Koalitionsvertrag
Nun steht aber der Pfaffensteigtunnel im Koalitionsvertrag zur aktuellen Legislatur in BW. Das muss man als ein Zugeständnis der Grünen an die CDU werten, die wiederum den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof schlucken musste. Ein Rütteln zum jetzigen Zeitpunkt am Pfaffensteigtunnel könnte bedeuten, dass dann auch der Ergänzungsbahnhof beim Stuttgart 21-Hauptbahnhof in Frage gestellt wird.
 
Die Rolle der Bahn
Die Bahn wollte ursprünglich den Pfaffensteigtunnel nicht. Der frühere Bahnvorstand Pofalla bezeichnete den Pfaffensteigtunnel als eine "planerische Fiktion". Das war und ist vernünftig. Denn bei realistischer Betrachtung und unter fachlichen Kriterien hat der Pfaffensteigtunnel kaum eine Realisierungschance. Trotzdem ist die Bahn heute Feuer und Flamme für den Pfaffensteigtunnel. Woher kommt der Sinneswandel? Das ist zur Zeit noch Spekulation. Möglich ist, dass die Politik (genauer: die CDU) auf die Bahn massiven Druck ausgeübt hat. Die Bahn muss ja letztendlich immer nach der Pfeife der Politik tanzen.
 
Der Urknall des Pfaffensteigtunnels
Wer aber hat letztendlich den Pfaffensteigtunnel in die Welt gesetzt? Das ist ebenfalls Spekulation. Einen Namen kann man nennen. Denn bevor der heutige Name Pfaffensteigtunnel geboren wurde, hat man diesen Tunnel als Bilger-Tunnel bezeichnet. Bilger ist ein CDU-Politiker aus Ludwigsburg und war bis vor einem Jahr Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Bilger war es, der als Erster mit dem Pfaffensteigtunnel hausieren ging. Offen bleibt, ob das tatsächlich ein Alleingang von Bilger war, oder ob Bilger lediglich von der CDU an die Front schickt wurde.
 
Warum wurde der Pfaffensteigtunnel erfunden?
Die ursprüngliche Planung der Führung der Gäubahn über die Gleise der Flughafen-S-Bahn ist krachend gescheitert. Das haben alle Kritiker von Stuttgart 21 bereits von Anfang an gewusst. Der Pfaffensteigtunnel wurde mutmaßlich in die Welt gesetzt, um auf jeden Fall den Stuttgarter Talkessel frei von Bahngleisen zu bekommen und um die Niederlage möglichst schnell verwischen zu können.
 
Wie gehts weiter?
Irgendwann wird es weitere Äußerungen zum Pfaffensteigtunnel geben, die das Puzzle weiter vervollständigen werden.      

  

Montag, 5. Dezember 2022

Signifikante Neuerung bei den Karlsruher Netzen gibt Hinweise für die zukünftige Bedienung der Gäubahn

Mit dem Fahrplanwechsel am 11. Dezember 2022 treten bei den Karlsruher Netzen signifikante Neuerungen in Kraft, die für sich allein genommen schon eine Erwähnung hier in diesem Blog verdient hätten. Gesteigert wird das Ganze noch dadurch, dass die Neuerungen bei den Karlsruher Netzen auch Hinweise auf die zukünftige Bedienung der Gäubahn geben.

Konkret wird das berühmte Stadtbahn (Tram-Train)-Modell in Karlsruhe ein Stück weit zurückgefahren. Dieses Modell hat zwar den Vorteil, dass man mit der Bahn direkt in die Karlsruher Innenstadt kommt, die ja sehr weit vom Hauptbahnhof entfernt ist. Das Tram-Train-Modell hat jedoch auch Nachteile, die dem Land BW schon seit langem ein Dorn im Auge sind.

So ist dieses Modell für Fahrgäste, die direkt und schnell zum Karlsruher Hauptbahnhof fahren wollen, um dort umzusteigen, eher nachteilig. Die Stadtbahn ist vergleichsweise langsam. Es fehlt immer mal wieder das WC. Der Fahrkomfort ist im Vergleich zu Eisenbahnfahrzeugen eher mau.

Die Eilzüge verschwinden
Die DB-Regio hat den Zuschlag für das Karlsruher Netz 7b bekommen. Das sind Regionalexpress-Züge von Heilbronn, Achern, Freudenstadt/Bondorf und Mannheim direkt zum Karlsruher Hauptbahnhof. Die AVG, die Betreiberin des Karlsruher Stadtbahnnetzes, fährt nur noch die langsamen Stadtbahnlinien, die zwar irgendwann auch den Hauptbahnhof Karlsruhe erreichen, deren Hauptaufgabe jedoch die Bedienung der Karlsruher Innenstadt ist. Die Zuggattung "Eilzug" verschwindet zukünftig und wird durch die Zuggattung RE ersetzt.
 
So läuft es zukünftig im Murgtal
Als Beispiel sei das Murgtal genannt. Dort fährt heute noch stündlich ein Stadtbahn-Bummelzug von Freudenstadt nach Karlsruhe-Innenstadt und zweistündlich ein Stadtbahn-Eilzug von Freudenstadt bis zum Hauptbahnhof Karlsruhe.
 
Ab dem 11. Dezember wird der Eilzug durch einen RE von DB Regio ersetzt. Dieser Zug fährt dann z.B. von Rastatt nach Karlsruhe-Hauptbahnhof nonstop mit einer wesentlich höheren Geschwindigkeit als bisher die Stadtbahn.
 
Was ist jetzt mit der Gäubahn?
Geht es nach einigen Leuten, soll im Verlauf der Gäubahn gerade das gegenteilige Betriebskonzept ab 2025 Einzug halten als in den Karlsruher Netzen. In den Karlsruher Netzen wird die Stadtbahn durch einen RE mit Eisenbahnfahrzeugen ersetzt. Auf der Gäubahn soll ein RE mit Eisenbahnfahrzeugen durch eine S-Bahn ersetzt werden.
 
Hier muss man jetzt die ganze Hoffnung auf das Land BW setzen. Im Verlauf der Karlsruher Netze hat es das Land geschafft, schnelle RE einzurichten, die die Nachteile der Stadtbahn vermeiden. Jetzt muss das Land auf der Gäubahn die Richtung vorgeben. An Stelle der vorgeschlagenen S-Bahn muss dort weiterhin ein RE fahren. Dieser RE muss - nicht zum Karlsruher Hauptbahnhof - aber zum Stuttgarter Hauptbahnhof durchfahren.
   

 

"Netzwerke 21" sprechen sich für Ergänzungsbahnhof beim Stuttgart 21-Hauptbahnhof aus

Die Netzwerke 21 (Die Netzwerke der von S21 betroffenen Eigentümer und Anwohner) haben sich für einen oberirdischen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgart 21-Hauptbahnhof ausgesprochen.

In einem Beitrag vom 28.11.2022 auf ihrer Website netzwerke-21.de ist dazu Näheres vermerkt. Argumentiert wird unter anderem mit vielen gelungenen Projekten einer Überbauung von Gleisanlagen, wie das in vielen anderen Städten praktiziert wird. Nach Auffassung der Netzwerke 21 entspricht der Vorschlag des Landes über einen unterirdischen Ergänzungsbahnhof zwar dem Koalitionsvertrag. Er geht aber in die falsche Richtung. Ein oberirdischer Ergänzungsbahnhof mit partieller Überbauung der Gleisanlagen ist der bessere Weg.

In diesem Blog war das Thema eines Ergänzungsbahnhofs schon häufig zu lesen. Hier gilt es zunächst klarzustellen: Es war stets von einem Ergänzungsbahnhof die Rede, nicht aber von einem unterirdischen Ergänzungsbahnhof.

Es ist wichtig, dass zunächst mal Einvernehmen über den Ergänzungsbahnhof als Solchen hergestellt wird. Die bauliche Ausführung kommt dann erst an zweiter Stelle.

Viele Varianten
In Bezug auf eine bauliche Ausführung des Ergänzungsbahnhofs gibt es nicht nur Schwarz und Weiß, sondern viele Varianten.
 
So kann der Ergänzungsbahnhof auf das Niveau des heutigen Kopfbahnhofs gelegt werden. Er wäre damit oberirdisch. Der Ergänzungsbahnhof kann auch auf das Niveau des Mittleren Schlossgartens gelegt werden. Damit wäre er eine Etage tiefer, aber trotzdem noch oberirdisch.
 
Der Ergänzungsbahnhof kann auch nach oben offen gestaltet werden, während die Zuläufe in den Tunnel gelegt werden. Gerade bei dieser Version gibt es in Stuttgart vielfältige Erfahrungen. Im Stadtbahnnetz von Stuttgart werden seit vielen Jahren die U-Haltestellen nur noch in einer nach oben offenen Version gebaut. Das erspart jede Menge Brandschutzeinrichtungen und ist wesentlich billiger als eine geschlossene U-Haltestelle.
 
Bei den geschlossenen U-Haltestellen der Stadtbahn finden in diesen Jahren umfangreiche Nachrüstungen zum Brandschutz statt. Als Beispiel sei die U-Haltestelle Neckartor erwähnt. Über drei Jahre waren dort die Arbeiten zur Aufrüstung des Brandschutzes zugange, immer wieder unterbrochen von mehreren Wochen Stillstand. Wer das miterlebt hat, kann eigentlich nur noch den Kopf schütteln und dafür plädieren, dass Bahnhöfe und U-Haltestellen grundsätzlich in einer nach oben offenen Version gebaut werden.
 
Zusammengefasst für den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof:
Der Ergänzungsbahnhof als Solcher ist aus Gründen der Leistungsfähigkeit sowie des Deutschlandtakts unabdingbar.
In welcher Höhen- oder Tiefenlage der Ergänzungsbahnhof auch immer gebaut wird: Er muss nach oben offen gestaltet werden. Das ist sicherer, für die Fahrgäste angenehmer und vor allem aus Brandschutzgründen einfacher und billiger.  

Freitag, 2. Dezember 2022

Verbot von Ultra-Kurzstreckenflügen in Frankreich: Wie wäre der Stuttgarter Flughafen betroffen?

Die EU-Kommission hat das in Frankreich anvisierte Verbot von Ultra-Kurzstreckenflügen genehmigt. Darüber berichtet die Website airliners.de am 02.12.2022.

Konkret werden alle diejenigen Flüge verboten, deren Strecke mit der Bahn in maximal 2,5 Stunden gefahren werden kann. Die EU-Kommission hat das Verbot sogar noch aufgeweitet. Auch Zubringerflüge zu Flughäfen fallen zukünftig unter das Verbot.

Sehen wir uns mal an, was eine solche Regelung in Deutschland für den Stuttgarter Flughafen bedeuten würde.

Relation Stuttgart - Frankfurt
Es gibt heute Flüge auf dieser Strecke. Dies sind jedoch keine City-to-City-Flüge, sondern Zubringerflüge zum Flughafen Frankfurt. Maßgebend ist also hier die Fahrzeit mit der Bahn Stuttgart-Hauptbahnhof - Frankfurt-Flughafenbahnhof. Hier bietet die Bahn heute eine Fahrzeit von 1 h 15 Min. an. 
 
Damit ist klar: Unter der neuen Regel in Frankreich dürfte es keine Zubringerflüge Stuttgart - Frankfurt mehr geben.
 
Relation Stuttgart - München
Es gibt heute Flüge auf dieser Strecke. Dies sind jedoch keine City-to-City-Flüge, sondern Zubringerflüge zum Flughafen München. Maßgebend ist also hier die Fahrzeit mit der Bahn Stuttgart-Hauptbahnhof - München-Flughafen. Hier bietet die Bahn heute eine Fahrzeit von ca. 3 h an. 
 
Zubringerflüge Stuttgart - München kann es also auch unter der neuen Regel in Frankreich geben.
 
Relation Stuttgart - Zürich
Es gibt heute Flüge auf dieser Strecke. Dies sind jedoch keine City-to-City-Flüge, sondern Zubringerflüge zum Flughafen Zürich. Maßgebend ist also hier die Fahrzeit mit der Bahn Stuttgart-Hauptbahnhof - Zürich-Flughafen. Hier bietet die Bahn heute eine Fahrzeit von ca. 3 h 16 min an.

Zubringerflüge Stuttgart - Zürich kann es also auch unter der neuen Regel in Frankreich geben.

Relation Stuttgart - Düsseldorf
Es gibt heute Flüge auf dieser Strecke. Dies sind City-to-City-Flüge und keine Zubringerflüge. Die Bahn bietet heute eine Fahrzeit von ca. 2 h 45 Minuten an.

Damit darf es Flüge Stuttgart - Düsseldorf auch unter der neuen Regel in Frankreich geben. Allerdings ist die Sache relativ knapp.
 
Fazit
Das für Frankreich anstehende Verbot von Ultra-Kurzstreckenflügen hört sich zunächst mal gut an. Ein solches Verbot beträfe allerdings den Stuttgarter Flughafen kaum. Gerade mal die drei bis vier Flüge Stuttgart - Frankfurt wären davon betroffen. Der überwiegende Teil der Deutschlandflüge ab Stuttgart könnte weiterhin stattfinden.
 
 

Mittwoch, 30. November 2022

Die neue Wendeanlage zwischen den Stadtbahnhaltestellen "Hauptbahnhof" und "Staatsgalerie": Folge der Gäubahnunterbrechung?

Zwischen den Stadtbahnhaltestellen "Hauptbahnhof" und "Staatsgalerie" in Stuttgart wird eine Wendeanlage für die Stadtbahn eingerichtet. 

In einer Pressemitteilung von 25.11.2022 hat das Regierungspräsidium Stuttgart darüber informiert. Für die Wendeanlage gibt es Zuschüsse des Landes BW von über 2,2 Mio. Euro. Die Wendeanlage wird in einem Teil der nicht mehr benötigten Stadtbahntunnel eingerichtet. Wegen des Neubaus der beiden Tunnel zwischen den Haltestellen Hauptbahnhof und Staatsgalerie als Folge von Stuttgart 21 gibt es dort nun auch alte Tunnel, die für eine neue Verwendung offen sind.

Das RP Stuttgart nennt drei Aufgaben der neuen Wendeanlage.

Zum Einen soll durch die neue Wendeanlage die zu erwartende Nachfragesteigerung zwischen Stuttgart-Vaihingen und dem Hauptbahnhof bedient werden.

Zum Zweiten sollen durch die Möglichkeit, Stadtbahnzüge in Bahnhofsnähe abzustellen, Leerfahrten zu Betriebshöfen vermieden werden.

Zum Dritten soll bei Störungen und Schadensfällen eine schnellere Reaktion möglich werden.

Die fehlende dritte Stammstrecke der Stuttgarter Stadtbahn wird nicht genannt
Wir haben  hier in diesem Blog den Bau einer solchen Wendeanlage schon seit langer Zeit vorgeschlagen, allerdings unter dem Generalthema der fehlenden dritten Stammstrecke der Stuttgarter Stadtbahn. Die neue Wendeanlage ermöglicht es, Verstärkerfahrten von S-Vaihingen und von S-Botnang zum Hauptbahnhof zu führen, ohne dass diese Verstärkerfahrten die erste Stammstrecke der Stuttgarter Stadtbahn befahren müssen. Bis zur Inbetriebnahme einer dritten Stammstrecke wäre somit eine kleine Linderung der Stammstreckenengpässe bei der Stuttgarter Stadtbahn erreicht.

Das RP Stuttgart geht in seiner Pressemitteilung jetzt überhaupt nicht auf das Stammstreckenthema ein. Statt dessen kommt plötzlich Stuttgart 21 und die wegen Stuttgart 21 möglicherweise notwendig werdende Unterbrechung der Gäubahn in S-Vaihingen aufs Parkett. Denn diese Unterbrechung der Gäubahn führt dann zu dem Mehrverkehr zwischen S-Vaihingen und dem Hauptbahnhof, den das RP in seiner Pressemitteilung anspricht.

Dieses Aktivitätenmuster ist nicht das erste seiner Art. Man gewinnt den Eindruck, dass eine Sache umso schneller umgesetzt werden kann, wenn sie Stuttgart 21 irgendwie dient. Geht es aber um einen anderen Punkt wie z.B. die fehlende dritte Stammstrecke der Stuttgarter Stadtbahn, herrscht Schweigen im Walde.

Hoffen wir, dass es den Stuttgart 21-Gäubahn-Unterbrechungs-bedingten Mehrverkehr zwischen S-Vaihingen und dem Hauptbahnhof  letztendlich doch nicht geben wird, weil die Züge der Gäubahn weiterhin zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren.

Bekenntnis zum öffentlichen Verkehr: Münchner Stadtrat geht bei vierter U-Bahn-Stammstrecke mit über 500 Mio. Euro in Vorleistung

Ein großer Tag für München und ein großer Tag für den öffentlichen Verkehr!

Auf seiner heutigen Sitzung hat der Münchner Stadtrat mehrheitlich mit den Stimmen der CSU, der SPD und der Grünen dafür votiert, dass die Landeshauptstadt München zunächst auf eigene Kosten von über 560 Mio. Euro den viergleisigen U-Bahnhof "Hauptbahnhof" der vierten Stammstrecke der Münchner U-Bahn (U9 und U29) finanziert.

Darüber berichtet unter anderem die Süddeutsche Zeitung.

Dies ist ein mutiges und eindeutiges Bekenntnis der Münchner Politik zum öffentlichen Verkehr. Obwohl eine Zusage des Bundes zur Kofinanzierung der vierten Stammstrecke der Münchner U-Bahn noch nicht vorliegt, hat der Münchner Stadtrat das Risiko einer ausbleibenden Kofinanzierung seitens des Bundes akzeptiert und für den Bau des viergleisigen U-Bahnhofs Hauptbahnhof für die vierte Stammstrecke als Vorhaltemaßnahme gestimmt.

Sonntag, 27. November 2022

Mailand eröffnet erste Teilstrecke seiner fünften U-Bahnlinie - Vergleich mit der Stuttgarter Stadtbahn

Am 26. November 2022 wurde in Mailand die erste Teilstrecke der M4 eröffnet. Das ist die fünfte U-Bahnlinie Mailands.

Wir wollen das hier in diesem Blog zum Anlass nehmen, die Mailänder U-Bahn mit der Stuttgarter Stadtbahn zu vergleichen. Unterschiedlicher könnten zwei städtische Schienenverkehrssysteme nämlich nicht sein.

Die jetzt eröffnete erste Teilstrecke der M4 verbindet den stadtnahen Flughafen Mailand-Linate mit der S-Bahnstation Dateo. Die M4 verkehrt - wie auch die seit längerem in Betrieb befindliche M5 - fahrerlos mit Bahnsteigtüren.

Die Stammstrecken
In Mailand hat jede der fünf U-Bahnlinien ihren eigenen Fahrweg, den sie nicht mit anderen Linien teilen muss. Damit hat in Mailand auch jede U-Bahnlinie ihre eigene Stammstrecke. Eine solche Konfiguration führt zu höchster Leistungsfähigkeit. Jede Linie kann im Prinzip alle zwei Minuten oder sogar alle 100 Sekunden fahren.
 
Im Gegensatz dazu hat die Stuttgarter Stadtbahn nur zwei Stammstrecken. Jede dieser Stammstrecken wird von fünf Linien befahren. Das führt dazu, dass die einzelnen Linien nur im 10-Minuten-Takt fahren können. Wegen der angestrebten Verkehrswende im Zusammenhang mit der Klimakrise wäre in Stuttgart jedoch ein 7,5 Minuten-Takt für alle Linien erforderlich, den aber die bestehende Konfiguration mit nur zwei Stammstrecken nicht hergibt.
 
Die Investitionen
Eine U-Bahn erfordert pro Kilometer Strecke wesentlich höhere Investitionen als eine Straßenbahn oder auch als eine Stadtbahn wie in Stuttgart. Der Aufbau eines U-Bahnnetzes dauert deshalb länger als der Aufbau eines Straßenbahnnetzes oder Stadtbahnnetzes. Gleichwohl hat die Streckenlänge der Mailänder U-Bahn jetzt die Marke von 100 km überschritten.
 
Unterschiedliche Verkehrsmittel
In Stuttgart gibt es nur ein städtisches Schienenverkehrsmittel, nämlich die Stadtbahn. In Mailand gibt es zwei verschiedene Schienenverkehrsmittel, die U-Bahn und dazu eines der größten Straßenbahnnetze Europas.
 
Es wird immer wieder darüber diskutiert, ob es jetzt besser ist, nur ein Verkehrssystem zu besitzen oder ob zwei und mehr Verkehrssysteme besser sind.
 
In Nürnberg, das wie Mailand zwei Systeme hat, hat vor wenigen Monaten der Chef des dortigen Verkehrsunternehmens sich klar für mehr als ein System ausgesprochen.Damit wäre das Schienenverkehrsmittel in der Lage, sich besser auf unterschiedliche Situationen vor Ort einzustellen.
 
Hier in diesem Blog haben wir schon einen Vergleich mit einem Autohaus vorgenommen. Ein Autohaus, das nur einen Fahrzeugtyp anbietet, ist lange nicht so erfolgreich wie ein Autohaus, das verschiedene, auf die Bedürfnisse der Nutzer abgestimmte Fahrzeuge anbietet.
 
Auch in Stuttgart stellt sich die Frage, ob nicht Teile des Stadtbahnnetzes, die klar Straßenbahnchrakter haben, auf eine Niederflurstraßenbahn umgestellt werden sollen. Eine Niederflurstraßenbahn könnte auch in der Innenstadt an der Oberfläche verkehren. Hätte es eine Niederflurstraßenbahn in Stuttgart bereits gegeben, hätte sie vielleicht auch das geplante Ludwigsburger System übernehmen können.
 
Die Personalfrage
Der Personalmangel im Schienenverkehr wird zu einem Problem. Dem steht gegenüber, dass sich eine U-Bahn optimal zur Automatisierung mit fahrerlosem Betrieb eignet. Alle neuen U-Bahnlinien oder U-Bahnysteme werden heute fahrerlos geplant. Diesen Weg geht selbstverständlich auch Mailand. 
 
Mit der Stadtbahn in Stuttgart haben wir das Problem, dass sie nicht zur Automatisierung geeignet ist und trotzdem auch die Flexibilität einer Niederflurstraßenbahn nicht besitzt.    

Freitag, 25. November 2022

Das Land Baden-Württemberg besitzt die Federführung in Sachen Gäubahn - Das muss deutlicher werden

Das Land Baden-Württemberg besitzt die Federführung in Sachen Gäubahn. Leider tritt das Land BW hierzu nicht stark genug auf. Das muss sich ändern.

Der Faktencheck zur Gäubahn heute hat mal wieder gezeigt, dass sich sehr viele Personen und Institutionen zur Gäubahn äußern. Das eigentlich zuständige Land BW hält sich hierbei leider viel zu stark zurück.

In verschiedenen Zeitungsberichten zum Faktencheck für die Gäubahn kommt das Land BW gar nicht vor. Man gewinnt den Eindruck, dass sich das Land BW leichtfertig das Heft des Handelns aus der Hand nehmen lässt.

Die Gäubahn ist jedoch weder die Sache des Bürgermeisterns von Horb, noch des Bürgermeisters von Rottweil, noch des Bürgermeisters von Singen (Hohentwiel), noch irgendwelcher Interessenverbände, noch der Landeshauptstadt Stuttgart noch der Bahn. Es ist das Land Baden-Württemberg, das für die Gäubahn zuständig ist.

Das Regionalisierungsgesetz
Gemäß §1 des Regionalisierungsgesetzes ist das Land BW für den öffentlichen Personennahverkehr zuständig.
(1) Die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge.
(2) Die Stellen, die diese Aufgabe wahrnehmen, werden durch Landesrecht bestimmt.
 
Das Gesetz über die Errichtung des Verbands Region Stuttgart
Gemäß §4 dieses Gesetzes ist der Verband Region Stuttgart für die folgenden Schienenverkehre zuständig:
die Aufgabenträgerschaft gemäß § 5 ÖPNVG für
a. den S-Bahn-Verkehr mit Ausgangspunkt innerhalb des Verbandsgebiets. Liegt der
Endpunkt des Verkehrs außerhalb des Verbandsgebiets, erstreckt sich die Aufgabenträ-
gerschaft bis zur Verbandsgrenze
 
b. weitere regional bedeutsame Schienenpersonennahverkehre mit Ausgangs- und End-
punkt innerhalb des Verbandsgebiets
 
 
Damit ist klar: Für den Regionalverkehr auf der Gäubahn ist ausschließlich das Land BW zuständig. 
 
Das Land legt fest, wieviele Züge zu welchem Zeitpunkt fahren (Fahrplan).
Das Land legt fest, welche Infrastruktur die Gäubahn aufweisen muss.
Das Land legt fest, an welchen Bahnhöfen die Züge halten (einschließlich Stuttgart-Hauptbahnhof).
Das Land legt fest, welches Rollmaterial zum Einsatz kommt.
Das Land legt fest, welcher Unternehmer die Verkehrsleistung erbringt. 
 
Es ist dringend angesagt, dass das Land jetzt hierzu in der Öffentlichkeit stärker auftritt.
 

Gute Nachrichten: Der Weg für den Metropolexpress Stuttgart - Horb ist frei

Das Land BW hat heute angekündigt, dass ab 2026 ein Metropolexpress (MEX) stündlich von Stuttgart nach Horb fahren wird.

Mit dieser siebten MEX-Linie ist die ursprüngliche Planung für den MEX in der Metropolregion Stuttgart vollständig. Lange haben wir auf diese siebte MEX-Linie gewartet. Auf der Website des Landesverkehrsministeriums ist seit langem das MEX-Netz für die Metropolregion Stuttgart abgebildet. Es besteht aus sieben Linien. Die siebte Linie, die Linie nach Horb, ist mit der Bemerkung versehen: "Diese Strecke wird folgen". Die Liniennummer ist MEX 14.

Was ist mit dem Halbstundentakt?
Der MEX 14 fährt zunächst nur jede Stunde nach Horb. Ein Merkmal des MEX ist jedoch der Halbstundentakt. Der Widerspruch löst sich dadurch auf, dass zu einem späteren Zeitpunkt der Halbstundentakt des MEX 14 von Stuttgart bis Eutingen im Gäu eingerichtet wird. Von dort fährt der MEX 14 dann jede Stunde abwechselnd nach Horb und nach Freudenstadt bzw. nach Freudenstadt/Nagold.
 
Wo hält der MEX 14 in Stuttgart? 
Offiziell heißt es von Seiten des Verkehrsministeriums, dass der MEX 14 bis zum neuen Nordhalt in Stuttgart fahren wird. Dem Verkehrsministerium bleibt auch im Moment gar keine andere Wahl, als dies so zu sagen. Sobald jedoch der Weg über die Gerichte bzw. die bessere politische Einsicht frei ist, wird der MEX 14 selbstverständlich bis zum Hauptbahnhof (Kopfbahnhof) fahren.
 
Was ist mit einer S-Bahnverlängerung nach Horb?
Das dürfte mit der heutigen Ankündigung des Landesverkehrsministeriums obsolet sein. Zwar hat der Verband Region Stuttgart eine solche S-Bahnverlängerung auf den Tisch gelegt. Jedoch müsste für den Abschnitt außerhalb der Region Stuttgart (also für den Abschnitt von Bondorf nach Horb) das Land die S-Bahn finanzieren. Und das wird das Land vor dem Hintergrund des neuen MEX garantiert nicht tun. MEX heißt also: keine S-Bahn. Und das ist auch gut so.
 
Fazit
Der heutige Tag mit dem sogenannten "Faktencheck" zur Gäubahn hat also doch noch etwas Gutes gebracht. Der lang erwartete MEX 14 ist jetzt da. Das MEX-Netz ist vorläufig vollständig. Das Land BW ist wieder auf der Handlungsbühne zurück. Noch keine Lösung gibt es für den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof und für den Interimsbahnhof nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21. Aber das wird auch noch kommen.        

Donnerstag, 24. November 2022

Wollen Die Grünen auch den Stuttgarter Flughafen stilllegen?

Die Bahn wollte ursprünglich die neue Doppelspur Stuttgart - Ulm nicht über den Stuttgarter Flughafen führen. Das geschah nur auf massiven Druck des Landes BW.

Diese Entscheidung zur Führung der neuen Doppelspur Stuttgart - Ulm über den Stuttgarter Flughafen könnte sich zusammen mit Stuttgart 21 noch als die größte Fehlinvestition in der Geschichte der Eisenbahn erweisen. Denn in Sachen Luftverkehr und Klimakrise tut sich zur Zeit Einiges.

So berichtet das Internetportal airliners.de, dass Die Grünen im Entwurf des Wahlprogramms für die Landtagswahl in Bremen im kommenden Jahr das Ende des Bremer Flughafens für Passagierflüge propagieren. Begründet wird dies mit dem großen Anteil an Kurzstrecken ab Bremen. Die Kurzstrecken-Passagiere sollen mit der Bahn fahren. Der Flughafen Bremen sei zudem defizitär und müsse mit Steuergeldern alimentiert werden.

Nun ist der Stuttgarter Flughafen um Einiges größer als der Bremer Flughafen. Im Prinzip gilt jedoch für den Stuttgarter Flughafen dasselbe wie für den Bremer Flughafen. Deshalb muss die Frage erlaubt sein: Wollen die Grünen auch den Stuttgarter Flughafen stilllegen?

Es ist absolut legitim, Die Grünen in BW mit dieser Frage zu konfrontieren. Zwar gibt es in Stuttgart einen Grünen Ministerpräsidenten, der sehr gut mit der CDU kann und dem auch eine Nähe zur CDU unterstellt wird. Niemand bleibt jedoch ewig an der Macht. Die Grünen in BW können sich mit neuen Personen an der Spitze auch ändern und den Grünen in anderen Bundesländern wieder näherkommenn.

Die fortschreitende Klimakrise lässt zudem erwarten, dass den Flughäfen in Deutschland in den kommenden Jahren der Wind ins Gesicht bläst. Vor diesem Hintergrund ist Stuttgart 21 und die Führung der neuen Doppelspur Stuttgart - Ulm über den Stuttgarter Flughafen ein Fiasko.   

   

Mittwoch, 23. November 2022

Nach dem Scheitern des Planfeststellungsverfahrens für die NBS Frankfurt-Mannheim: Welche Folgen gibt es für Stuttgart 21?

Die Bahn hat die Planfeststellungsunterlagen für einen Teil der Neubaustrecke Frankfurt - Mannheim zurückgezogen. Darüber berichtet unter anderem die Frankfurter Rundschau.

Obwohl vermutlich erst am 5. Dezember 2022 die Gründe für das vorläufige Scheitern der Planfeststellung genannt werden, wird bereits über einen handfesten Grund spekuliert. Demnach entsprechen die Zugzahlen, die in den Planfeststellungsunterlagen genannt werden, nicht mehr dem aktuellen Stand. Die Zugzahlen haben sich wohl - sage und schreibe - gegenüber den Angaben in den Planfeststellungsunterlagen inzwischen glatt verdoppelt.

Konkret geht es um den nördlichen Abschnitt der Schnellfahrstrecke von F-Zeppelinheim bis nach Weiterstadt. Die Bahn hat die Planfeststellungsunterlagen hierzu bereits im November 2021 beim Eisenbahnbundesamt eingereicht. Im September 2022 hat die Bahn dann die Planfeststellungsunterlagen wieder zurückgezogen, nachdem wahrscheinlich das Eisenbahnbundesamt die Unterlagen als nicht genehmigungsfähig eingestuft hat. 

Nun droht eine Verzögerung bei der Planung und Genehmigung des Abschnitts von mindestens einem Jahr.

Folgen für Stuttgart 21
Schlagen wir die Brücke zu Stuttgart 21 und zur Schnellfahrstrecke Wendlingen - Ulm. Im Vergleich zur NBS Frankfurt - Mannheim sind die Planungsunterlagen für Stuttgart 21 und die NBS Wendlingen - Ulm ja bereits steinalt.

Wenn aber eine relativ neue Planung wie Frankfurt - Mannheim bereits an zu kleinen Zugzahlen scheitert, um wieviel mehr müssten dann die Uraltprojekte Stuttgart 21 und NBS Wendlingen - Ulm an zu kleinen Zugzahlen scheitern.

Nun ist selbstverständlich klar, dass eine einmal erteilte Baugenehmigung (Planfeststellung) nicht mehr zurückgezogen werden kann. Deshalb verschiebt sich das Ganze bei Stuttgart 21 und der NBS Wendlingen - Ulm auf die politische Ebene. Die Politik muss nun klären, welche Diskrepanz bei Stuttgart 21 und der NBS Wendlingen - Ulm zwischen den in den Planfeststellungsunterlagen angegebenen Zugzahlen und den heute erwarteten Zugzahlen besteht.

Daraufhin muss die Politik handeln. Dazu gehört z.B. der Weiterbetrieb des Stuttgarter Kopfbahnhofs bzw. wenigstens eines Teils desselben und/oder der Neubau eines Ergänzungsbahnhofs beim Stuttgarter Hauptbahnhof. Ebenso gehört dazu, dass heute bestehende Zulaufgleise zum Stuttgarter Hauptbahnhof nicht stillgelegt werden dürfen. Das betrifft z.B. die Panoramastrecke der Gäubahn.                 

Dienstag, 22. November 2022

Beste Stuttgart 21-Nachricht seit langem: Auch Teile der CDU treten für den Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof ein

Ist es ein Zufall oder ist es mehr? Erst am 21.11.2022 haben wir hier in diesem Blog die Gretchenfrage zum Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof nicht nur an die Grünen, sondern auch an die CDU gestellt.

Und prompt berichten heute die Stuttgarter Zeitung und die Stuttgarter Nachrichten in ihren Internetausgaben, dass wichtige Teil der CDU - vor allem die Landes-CDU - keineswegs gegen den Ergänzungsbahnhof sind. 

Die Frage nach dem Ergänzungsbahnhof auch an die CDU zu stellen ist legitim. Denn der Ergänzungsbahnhof ist Bestandteil des Koalitionsvertrags für die laufende Legislatur im Land. Und bekanntlich ist die CDU ein Teil der Landesregierung.

Die Befürwortung eines Ergänzungsbahnhofs durch wichtige Teile der CDU ist wohl sogar die wichtigste Stuttgart 21-Nachricht seit langem. Denn ohne CDU geht nichts voran. Die Grünen berufen sich bei Stuttgart 21-Themen ja immer wieder darauf, dass sie leider nicht alleine regieren und deshalb wichtige Stuttgart 21-Ergänzungen und -Änderungen nicht durchsetzen können.

Die Grünen haben jetzt keine Ausrede mehr
Diese Ausrede zieht in Sachen Ergänzungsbahnhof jetzt nicht mehr. Jetzt sollten sich auch die Grünen mehr als bisher zum Ergänzungsbahnhof bekennen und aktiv und positiv den Planungs- und Realisierungspfad beim Ergänzungsbahnhof beschreiten.

Im Übrigen habe ich den Eindruck, dass das Thema Ergänzungsbahnhof nicht so sehr ein Streitpunkt zwischen den Grünen und der CDU ist. Vielmehr scheint es da Meinungsunterschiede zwischen Stadt, Region Stuttgart und Land BW zu geben. So geben die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat und im Verband Region Stuttgart kein besonders gutes Bild in Sachen Ergänzungsbahnhof ab. Dasselbe gilt für die CDU im Gemeinderat und im Verband Region Stuttgart. Dagegen scheinen die Grünen und die CDU im Land BW weitgehend für den Ergänzungsbahnhof zu sein.

Das ist gut so. Denn das Land BW ist in Sachen Ergänzungsbahnhof der mächtigste Player und auch die maßgebende Institution. 

Montag, 21. November 2022

Grüne und CDU sollen Stellung nehmen: Was macht die Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof?

Die Nahverkehrs-Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof ist Bestandteil des Koalitionsvertrags für die Regierung in BW von 2021 bis 2026.

Hierzu sollten nach über einem Jahr Regierungsarbeit nicht nur die Grünen mit dem zuständigen Landesverkehrsminister Hermann, sondern auch die CDU Stellung beziehen.

Wörtlich heißt es im Koalitionsvertrag:

"Wir setzen uns aktiv für weitere Ergänzungen ein, die die Kapazitäten von Regionalverkehr und S-Bahn einschließlich verbesserter Robustheit bei Störfällen erweitern. Dazu gehören für uns insbesondere die Nahverkehrs-Ergänzungsstation mit Zuläufen aus drei Richtungen ....."

Was hat der Einsatz für die Nahverkehrs-Ergänzungsstation bisher gebracht? Wie ist der Stand des Vorhabens?

Weiter heißt es im Koalitonsvertrag:

".......sowie der perspektivische Ausbau des Nordkreuzes mit T-Spange und eine Filderspange mit Anbindung von Kirchheim (Teck)".

Hieraus geht eindeutig hervor, dass das Nordkreuz und die Filderspange der Ergänzungsstation nachgeordnet sind. Solange nicht eindeutige Ergebnisse zur Ergänzungsstation vorliegen, braucht man sich mit dem Nordkreuz und der Filderspange gar nicht zu beschäftigen.

Weiter heißt es im Koalitionsvertrag:

"Es gibt zusätzliche Infrastrukturelemente, die sich baulich nur noch während der Umsetzungsphase von Stuttgart 21 und der damit zusammenhängenden Bebauung realisieren lassen. Dazu gehören die Ergänzungsstation und ihre Zuläufe". 

In Sachen Ergänzungsstation ist also Eile geboten. Die Maßnahmen zur Errichtung der Ergänzungsstation müssen den Siedlungsplanungen vorausgehen.

Weiter heißt es im Koalitionsvertrag:

"Für diese Infrastrukturelemente werden wir unverzüglich den perspektivischen Bedarf, den verkehrlichen und volkswirtschaftlichen Nutzen und die Finanzierungswege (wie Bundes-GVFG) ermitteln sowie eine Verständigung mit den betroffenen Partnern Stadt Stuttgart und Verband Region Stuttgart herstellen".

Daraus ergeben sich dann die Detailfragen:

Wie ist der Stand bei der Ermittlung des perspektivischen Bedarfs?

Wie ist der Stand bei der Ermittlung des verkehrlichen Nutzens?

Wie ist der Stand bei der Ermittlung des volkswirtschaftlichen Nutzens?

Wie ist der Stand bei der Ermittlung der Finanzierungswege?

Wie ist der Stand bei der Verständigung mit den betroffenen Partnern Stadt Stuttgart und Verband Region Stuttgart?

Faktencheck zur Gäubahn
In wenigen Tagen soll ein Faktencheck zur Gäubahn stattfinden. Auch hierzu ergeben sich Fragen.
 
Wie wird das Land BW seine Interessen beim Faktencheck vertreten?
 
Wird das Land BW die Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof fordern und vorstellen?
 
Wird das Land BW die dauerhafte Führung der Gäubahn (mit Ausnahme kurzzeitiger baulicher Unterbrechungen) bis zum Hauptbahnhof fordern und vorstellen?    

 

Samstag, 19. November 2022

Der Pfaffensteigtunnel ist genauso unausgegoren wie Stuttgart 21

Im Jahr 1994 wurde Stuttgart 21 in einem Überraschungscoup der Öffentlichkeit vorgestellt. Mit dem Pfaffensteigtunnel der Gäubahn geschah es vor wenigen Jahren nicht anders.

Immerhin ist der Pfaffensteigtunnel das Eingeständnis der Stuttgart 21-Protagonisten, dass die bisherige Planung, nämlich die Führung der Gäubahn über die Gleise der Flughafen-S-Bahn, vorne und hinten nicht funktioniert. Zu viele Engstellen gibt es hier, zu viele höhengleiche Gleiskreuzungen, eingleisige Abschnitte und Mischverkehrsstrecken. 

Darauf haben viele Kritiker von Stuttgart 21 von Anfang an hingewiesen. Trotzdem hat es über ein Jahrzehnt gedauert, bis auch die Stuttgart 21-Protagonisten von der Führung der Gäubahn auf den Gleisen der Flughafen-S-Bahn abgerückt sind. So lange dauert es wohl, bis man gesichtswahrend und ohne sich bei den Kritikern von Stuttgart 21 entschuldigen zu müssen von einer Sache Abstand nehmen kann.

Der Pfaffensteigtunnel ist nicht Deutschlandtakt
Die Hauptbegründung für den Pfaffensteigtunnel lautet nun: Deutschlandtakt. Das scheint das neue Zauberwort zu sein, mit dem man auch noch den größten Unsinn durchdrücken kann.

Man hat den Eindruck, dass auch die Stuttgart 21-Protagonisten unter dem Begriff Deutschlandtakt nur etwas Minimalistisches verstehen. Und das ist der Halbstundentakt im Fernverkehr. Dabei ist der Halbstundentakt im Fernverkehr nicht einmal der wichtigste Gesichtspunkt beim Integralen Taktfahrplan = Deutschlandtakt. 
 
Der Integrale Taktfahrplan kann mit dem Stundentakt und dem Halbstundentakt funktionieren. Der wichtigste Punkt beim Integralen Taktfahrplan sind jedoch die Knotenpunkte, bei denen Züge aus allen Richtungen in etwa gleichzeitig ankommen und wieder abfahren. Damit wird erreicht, dass aus allen Richtungen in alle Richtungen umgestiegen werden kann. Und das wiederum ist die Voraussetzung für die Flächenbahn, eine Bahn also, die nicht nur wenige Hochgeschwindigkeitsstrecken befährt, sondern die die ganze Fläche abdeckt und damit dem Auto Konkurrenz macht.
 
Was aber brauchen solche Knotenpunkte im Rahmen des Integralen Taktfahrplans? Sie brauchen viele Bahnsteiggleise und viele Zulaufgleise. Je mehr Zulaufgleise es gibt, desto kürzer kann das Rendezvous der Züge im Knotenpunkt gestaltet werden.
 
Bei den Mega-Flughäfen kann man ja bei entsprechender Witterung oft eine richtige Perlenkette der landenden Flugzeuge beobachten. Dort braucht es über eine halbe Stunde, bis im Rahmen einer sogenannten Welle alle Flugzeuge gelandet sind und dann das Umsteigen beginnen kann. Bei der Bahn ist das aber anders. Beim integralen Taktfahrplan sollte es nur wenige Minuten dauern, bis alle Züge im Hauptbahnhof angekommen sind.
 
Der Pfaffensteigtunnel ist dafür ungeeignet. Er beraubt die Gäubahn ihrer eigenen Zulaufgleise zum Stuttgarter Hauptbahnhof. Statt dessen schickt er die Gäubahn in den Fildertunnel, wo dann ebenfalls die einzelnen Züge von Ulm, von Tübingen und von der Gäubahn nur hintereinander im zwei- bis drei-Minuten Abstand fahren können. Dieser Aufbau des Rendezvous im Hauptbahnhof braucht viel zu lange!
 
Der Pfaffensteigtunnel beschreibt eine 270 Grad-Kurve
Möglicherweise hat sich noch nicht jeder der Stuttgart 21-Protagonisten eine Karte des Pfaffensteigtunnels angesehen. Denn daraus würde ersichtlich, dass mit dem Pfaffensteigtunnel die Züge beim Stuttgarter Flughafen eine 270 Grad-Kurve mit ganz engem Radius fahren müssen. Das erinnert an eine Modelleisenbahn oder an die alte Gotthard-Strecke in der Schweiz.
 
So geht das nicht! Noch ist es Zeit, den Pfaffensteigtunnel zu stornieren und die Panoramastrecke der Gäubahn mit ihren eigenen Zulaufgleisen zum Stuttgarter Hauptbahnhof weiterzubetreiben. Zu einem späteren Zeitpunkt kann diese Strecke modernisiert werden, indem z.B. der Kriegsbergtunnel und der Hasenbergtunnel neugebaut werden. Ansonsten ist an erster Stelle der Ausbau-Agenda der Gäubahn das dritte Gleis zwischen Böblingen und Herrenberg zu setzen. Dazu kommen weitere Doppelspurinseln zwischen Horb und Tuttlingen.