Mittwoch, 6. Juli 2022

Stuttgart 21-Mischverkehrsstrecke Stuttgart - Flughafen - Wendlingen wird verspätungsanfällig sein

Die Schnellfahrstrecke Hauptbahnhof - Flughafen - Wendlingen des Projekts Stuttgart 21 ist gleichzeitig auch eine Mischverkehrsstrecke. Das wird zu einer Verspätungsanfälligkeit führen, wie das Beispiel des Abschnitts Bruchsal - Stuttgart der Schnellfahrstrecke Mannheim - Stuttgart zeigt.

Mischverkehr ist immer dann vorhanden, wenn unterschiedliche Beförderungsgeschwindigkeiten im Verlauf einer Bahnstrecke gefahren werden. Mischverkehr führt zu einer Verringerung der Streckenleistungsfähigkeit sowie zu Verspätungen. 

Im Verlauf der Schnellfahrstrecke Hauptbahnhof - Flughafen - Wendlingen fahren 250 km/h schnelle ICE genauso wie Regionalzüge mit max 200 km/h. Zudem gibt es kurvige Einmündungen und Ausfädelungen bei Wendlingen (Wendlinger Kurve) sowie beim Flughafen (Flughafenbahnhof), die mit wesentlich weniger als 200 km/h befahren werden. Darüber hinaus gibt es Züge, die am Flughafenbahnhof nicht halten sowie Züge, die dort halten.

Sehen wir uns zu diesem Thema mal zwei Fahrten von Mannheim nach Stuttgart im Verlauf der Schnellfahrstrecke an.

Fahrt 1
Der ICE von Frankfurt nach Stuttgart war ab Mannheim etwas verspätet. Der Zug beschleunigte ab Mannheim auf 250 km/h. Die Geschwindigkeit des Zuges kann man in den Fahrgasträumen auf Monitoren verfolgen.
 
Im Bereich von Hockenheim nahm die Geschwindigkeit des Zuges wieder ab. Der Zug bremste nicht, sondern ließ es einfach rollen. Die Geschwindigkeit nahm immer weiter ab. Nördlich von Bruchsal kam der Zug zum Stillstand. Erst nach einer Stillstandszeit von einer Minute fuhr der Zug weiter.
 
Was ist die wahrscheinliche Ursache für dieses Ausbremsen des ICE?  Es gibt nördlich von Bruchsal eine höhengleiche Gleiskreuzung zwischen dem ICE Mannheim-Stuttgart und dem TGV Stuttgart-Paris bzw. dem IC Stuttgart-Karlsruhe. Mit großer Wahrscheinlichkeit fuhr einer dieser beiden Züge über die höhengleiche Gleiskreuzung und zwang dadurch den ICE Mannheim-Stuttgart zum Anhalten. Augenscheinlich war der Betriebszentrale die Pünktlichkeit des TGV wichtiger als diejenige des ICE. Zudem ist es möglich, dass hinter dem TGV ein weiterer ICE Richtung Mannheim fuhr, der sonst ebenfalls ausgebremst worden wäre.
 
Fahrt 2
Der ICE Frankfurt - Stuttgart verließ Frankfurt mit einer Viertelstunde Verspätung. Dies könnte jetzt ein Anlass sein, ab Mannheim Richtung Stuttgart richtig Gas zu geben und in der Flachlandetappe bei Hockenheim sogar die 250 km/h zu überschreiten.
 
Der ICE beschleunigte tatsächlich ab Mannheim auf 250 km/h. Ein amerikanischer Tourist konnte gerade noch den Bildschirm fotographieren. Dann war die Luft aber auch schon wieder raus. Der Zug rollte und wurde immer langsamer. Nördlich von Bruchsal war der Zug ca. 130 km/h schnell. Mit dem Verlassen der Oberrheinischen Tiefebene und dem Eintritt in den Kraichgau beschleunigte der Zug wieder.
 
Die Ursache für die Verzögerung war dann klar. Im Überholbahnhof Kraichtal stand ein IC. Dies war der zweistündlich verkehrende IC Karlsruhe - Stuttgart über Bruchsal. Die Betriebszentrale hat augenscheinlich diesen IC bei Bruchsal noch vor dem ICE auf die Schnellfahrstrecke geschickt und kurz darauf beim Überholbahnhof Kraichtal den IC bereits wieder von der Schnellfahrstrecke genommen. Augenscheinlich war dieses Vorgehen im  Sinne der Minimierung der Verspätungen für alle Züge die beste Lösung.
 
Hinter dem Überholbahnhof Kraichtal beschleunigte der ICE erneut. Jetzt müssten eigentlich bis zum Tunnel Langes Feld vor Stuttgart durchgehend 250 km/h drin sein. Aber Pustekuchen. Der Zug beschleunigte ca. auf 220 km/h und dabei blieb es.
 
Vermutete Ursache waren die halbstündlich verkehrenden IRE bzw. IC Karlsruhe - Stuttgart über Pforzheim. Diese Züge werden ab Vaihingen/Enz auf die Schnellfahrstrecke geleitet. Möglicherweise war einer dieser Züge ab Vaihingen/Enz vor dem ICE auf dem Gleis. Das führte in diesem Fall zwar nicht zum Anhalten des ICE, aber doch dazu, dass der ICE anstatt 250 km/h nur max. 220 km/h fahren konnte.
 
Fazit
Die Stuttgart 21-Mischverkehrsstrecke Stuttgart - Flughafen - Wendlingen wird im Betrieb manche Überraschung bereithalten und eine Verspätungsschleuder sein. Das zeigt ein Vergleich mit dem laufenden Betrieb auf der Schnellfahrstrecke Mannheim-Stuttgart.  

 

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