Montag, 12. Juli 2021

Welches Regionalverkehrs-Betriebsprogramm ist das Bessere für die Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof?

Beim Stuttgarter Hauptbahnhof muss zusätzlich zum achtgleisigen Stuttgart 21-Durchgangsbahnhof eine Ergänzungsstation in Form eines mindestens sechsgleisigen Kopfbahnhofs gebaut werden. Für den  Regionalzugteil dieser Ergänzungsstation sollen im heutigen Blog zwei mögliche Betriebsprogramme gegenübergestellt werden.

Die Ergänzungsstation ist notwendig, weil der Stuttgart 21-Durchgangsbahnhof mit seinen Zulaufstrecken die für das Jahr 2030 prognostizierten Zugzahlen nicht abfertigen kann. Die immer wieder genannte S-Bahn-ähnliche Betriebsform im Durchgangsbahnhof mit einer Zugfolge von fünf Minuten pro Bahnsteiggleis und zwei Minuten pro Zulaufgleis ist realitätsfern und kann bei einem großen Knotenpunktsbahnhof nicht praktiziert werden.

Welche Betriebsform auch immer für die Ergänzungsstation gewählt wird: Eine Sache muss auf jeden Fall realisiert werden. Es muss beim streckenseitigen Ende der Bahnsteige eine Fußgängerüberführung gebaut werden. Dies ist einerseits notwendig, um das Umsteigen zu beschleunigen. Es wäre nicht gut, wenn alle umsteigenden Fahrgäste den Umweg um die Prellböcke herum nehmen müssten. Zum Anderen ist die Fußgängerüberführung erforderlich, um von der Ergänzungsstation auf kürzestmöglichem Weg zum Europaviertel zu kommen. Auch die Fußgänger, die nicht Fahrgäste sind, profitieren von der Fußgängerüberführung, indem der Weg vom Mittleren Schlossgarten zum Europaviertel verkürzt wird.

Die beiden Regionalverkehrs-Betriebsprogramme für die Ergänzungsstation, die heute das Thema sind, kann man wie folgt betiteln:

 

Ein Betriebsprogramm an Hand von Zugkategorien
Ein Betriebsprogramm an Hand von Zuläufen
 
Betriebsprogramm an Hand von Zugkategorien
Bei diesem Betriebsprogramm nimmt der Regionalverkehrsteil der Ergänzungsstation eine Zugkategorie vollständig auf. Das sind die Metropolexpress-Züge (MEX). Die MEX fahren halbstündlich aus sieben Richtungen zum Stuttgarter Hauptbahnhof und wieder zurück. Demnach hätten wir hier 14 Zugankünfte pro Stunde und 14 Zugabfahrten pro Stunde. 
 
Es gibt eine überschlägliche Formel, wonach ein Kopfbahnhofgleis ca. 4 Züge pro Stunde aufnehmen kann. Auf jedes der vier Gleise des Regionalverkehrsteils der Ergänzungsstation entfallen somit 3 bis 4 Züge pro Stunde.
 
Der Vorteil dieses Betriebsprogramms ist die Förderung der Marke MEX. Die Ergänzungsstation wird zur MEX-Station. Ein Umsteigen mit kurzen Wegen zwischen allen MEX ist möglich. Das Umsteigen vom MEX zur S-Bahn sowie zu den Fern- und Regionalzügen ist ebenfalls mit relativ kurzen Wegen möglich.
 
Ein Nachteil dieses Betriebsprogramms ist der notwendige Bau von drei zweigleisigen Zulaufstrecken zur Ergänzungsstation (Zulauf von der Panoramastrecke der Gäubahn, Zulauf von Ludwigsburg durch den Alten Pragtunnel, Zulauf von Bad Cannstatt). Das ist in Relation zu den nur vier Gleisen für den Regionalverkehr in der Ergänzungsstation relativ aufwändig. Sollte im Stuttgarter Hauptbahnhof ein richtiger Vollknoten im Rahmen des integralen Taktfahrplans installiert werden, würden die vier Gleise nicht ausreichen. Dann bräuchte man sieben Gleise in der Ergänzungsstation für den MEX. Allerdings steht ein solcher Fahrplan noch in großer Entfernung. Denn hierzu müssten auch viele Zulaufstrecken ausgebaut werden.
 
Ob die vier Gleise in der Ergänzungsstation für den MEX ausreichen werden, müssen genaue Fahrplananalysen zeigen. Denn die Mehrzahl der MEX-Strecken sind Mischbetriebsstrecken (z.B. mit der S-Bahn), die die Ankunfts- und Abfahrzeiten der MEX in der Ergänzungsstation bereits ein Stück weit festlegen.
 
Betriebsprogramm an Hand von Zuläufen
Bei diesem Betriebsprogramm werden bestimmte Zulaufstrecken zur Ergänzungsstation geführt. Alle Züge der jeweiligen Zulaufstrecken fahren zur Ergänzungsstation.
 
Hierfür sind zwei Zulaufstrecken geeignet. Dies sind die Zulaufstrecken von Ludwigsburg durch den Alten Pragtunnel sowie die Zulaufstrecke der Gäubahn über die Panoramastrecke. Von Ludwigsburg fahren die MEX sowie auch die schnellen Regionalzüge zur Ergänzungsstation. Von der Panoramastrecke der Gäubahn fahren die MEX, die schnellen Regionalzüge und auch die Fernzüge zur Ergänzungsstation.
 
Sehen wir uns auch hier kurz die Zugzahlen an. Im Zulauf Ludwigsburg fahren vier MEX pro Stunde sowie auch vier schnelle Regionalzüge pro Stunde. Im Zulauf Gäubahn fahren zwei MEX pro Stunde und zwei schnelle Regionalzüge bzw. Fernzüge pro Stunde. Das ergibt dann in der Summe 12 ankommende und abfahrende Züge pro Stunde und damit drei Züge pro Stunde und Bahnsteiggleis (4 Bahnsteiggleise, die anderen 2 Bahnsteiggleise sind für die S-Bahn). Damit gibt es hier noch Reserven für weitere Züge.  
 
Dieses Betriebsprogramm weist einige Vorteile auf. Es sind für den viergleisigen Regionalverkehrsteil der Ergänzungsstation nur zwei Zulaufstrecken erforderlich. Damit wird die ganze Sache preisgünstiger. Das Betriebsprogramm ist auch fahrgastfreundlich. Denn es ist klar, dass alle Züge in Richtung Ludwigsburg sowie alle Züge der Gäubahn von der Ergänzungsstation abfahren. Das Umsteigen von der Ergänzungsstation zum Stuttgart 21-Tiefbahnhof ist auf kurzem Weg möglich.
 
Ein Nachteil ist, dass aus Richtung Ludwigsburg keine Züge im Stuttgarter Hauptbahnhof durchgebunden werden. Das ist jedoch bei zweiter Betrachtung nicht ganz so schlimm. Denn es ist nicht oder kaum mit Fahrzeitverlusten verbunden. Ob ein durchgebundener Zug einige Minuten im Stuttgart 21-Tiefbahnhof steht oder ob man von der Ergänzungsstation zum Stuttgart 21-Tiefbahnhof einige Minuten umsteigt, läuft in zeitlicher Hinsicht auf dasselbe hinaus. Zudem profitieren ca. 80 bis 90 Prozent der Fahrgäste von einer Durchbindung nicht, weil sie im Stuttgarter Hauptbahnhof umsteigen (Fernzug, S-Bahn, Stadtbahn, Linienbus, Regionalzüge, MEX) bzw. dort den Beginn und das Ende ihrer Fahrt haben.
 
Weiteres Vorgehen
Jetzt gilt es, genaue Fahrplanuntersuchungen durchzuführen. Es muss jetzt geklärt werden, ob die genannten Regionalverkehrs-Betriebsprogramme für die Ergänzungsstation fahrbar sind und auch, welches der Betriebsprogramme das Bessere ist.   

 

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