Montag, 14. Juni 2021

Wie kam es zum Metropolexpress (MEX) - einem Alleinstellungsmerkmal des Bahnknotens Stuttgart?

Das Produkt "Metropolexpress (MEX)" ist zur Zeit in Deutschland nur beim Bahnknoten Stuttgart anzutreffen. Am 13. Juni 2021 ging eine erste Linie Stutttgart-Göppingen in Betrieb. Im Endzustand soll der MEX sieben Linien umfassen.

Heute unternehmen wir den Versuch hier in diesem Blog, das Produkt des MEX herzuleiten und zu begründen. Daraus ist dann abzuleiten, wie der zukünftige Ausbau des Bahnknotens Stuttgart aussehen muss.

Der Schlüssel für die Begründung des MEX ist die Stuttgarter S-Bahn. Das Netz der Stuttgarter S-Bahn ist kleiner als das S-Bahnnetz anderer benachbarter Regionen. Zudem ist für die Stuttgarter S-Bahn eine Zweite Stammstrecke im Moment nicht in Sicht.

Die kleine Größe des Stuttgarter S-Bahnnetzes
Sehen wir uns mal die Größe des S-Bahnnetzes und die Einwohnerzahl in verschiedenen Regionen an.
 
Region Stuttgart
S-Bahnnetz mit 215 Kilometer Streckenlänge, 2.787 Mio. Einwohner
 
Region München
S-Bahnnetz mit 444 Kilometer Streckenlänge, 2.908 Mio. Einwoner
 
Region Rhein/Main
S-Bahnnetz mit 303 Kilometer Streckenlänge, ca 2,4 Mio. Einwohner
 
Kanton Zürich
S-Bahnnetz mit 380 Kilometer Streckenlänge, 1.539 Mio. Einwohner
 
Die Zahlen zeigen nicht nur die relativ kleine absolute Größe des Stuttgarter S-Bahnnetzes, sondern auch die kleine Ausdehnung des Netzes in Bezug auf die Einwohnerzahl.
 
In dieses Defizit stößt nun der MEX vor. Der MEX bietet für viele Strecken außerhalb des Stuttgarter S-Bahnnetzes eine quasi-S-Bahnbedienung mit Halt an allen Stationen. Innerhalb des S-Bahnnetzes hält der MEX nur an wenigen wichtigen Bahnhöfen. Ziel des MEX ist der Stuttgarter Hauptbahnhof.
 
Sehen wir uns mal ganz grob an, wie sehr der MEX das Stuttgarter S-Bahnnetz vergrößert. Hierbei sind diejenigen Außenstrecken des MEX nicht berücksichtigt, auf denen nur ein Stundentakt angeboten wird. Des Weiteren begehen wir eine kleine Nachlässigkeit, dass wir auch die Strecken des MEX, die außerhalb der Region Stuttgart verlaufen, zum Stuttgarter S-Bahnnetz hinzuzählen.
 
Schorndorf - Aalen: 45,784 km
Herrenberg - Horb: 25,683 km
Plochingen - Göppingen: 19,135 km
Bietigheim - Pforzheim: 22,998 km + 12,641 km = 35,639 km
Bietigheim - Heilbronn: 28,8 km
Wendlingen - Tübingen: 42,815 km
Backnang - Murrhardt: 16,103 km
Summe: 213,959 km
 
Damit erhält die Stuttgarter S-Bahn durch den MEX eine Gesamtlänge von 215 km + 214 km = 429 km. Damit kann die Stuttgarter S-Bahn mit den S-Bahnnetzen anderer Regionen gleichziehen.
 
Die Sache mit der fehlenden zweiten Stammstrecke bei der Stuttgarter S-Bahn
München baut gerade die Zweite Stammstrecke bei seiner S-Bahn. Hamburg hat schon seit mehreren Jahrzehnten zwei Stammstrecken bei seiner S-Bahn. Die neue Durchmesserlinie in Zürich ist de Facto eine zweite Stammstrecke für die Zürcher S-Bahn. In Frankfurt/Main gibt es zur Zeit zwar noch keine zweite Stammstrecke bei der S-Bahn. Das S-Bahnnetz in Frankfurt ist jedoch besser strukturiert als das Stuttgarter S-Bahnnetz. Auf beiden Seiten der Stammstrecke der Frankfurter S-Bahn fahren in etwa gleich viele Linien. Noch wichtiger ist jedoch, dass der S-Bahnhof Frankfurt Hauptbahnhof viergleisig ist. Dort können also zwei Züge pro Fahrtrichtung gleichzeitig halten und den Fahrgastwechsel durchführen. Das erhöht die Leistungsfähigkeit der Stammstrecke.
 
Was aber hat der Stuttgarter MEX mit einer Zweiten Stammstrecke der Stuttgarter S-Bahn zu tun?
 
Fährt der MEX im Verlauf der Ersten (und bisher einzigen) Stammstrecke der Stuttgarter S-Bahn? Nein, dort fährt er nicht. Das könnte er gar nicht. Denn die erste Stammstrecke ist ausgelastet. Und die Bahnsteighöhe funktioniert auch nicht (96 cm bei der S-Bahn, 76 cm beim MEX). Wo aber fährt der MEX denn dann?
 
Der MEX fährt in die Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof, wie sie jetzt geplant ist. Damit aber sind die Gleise der Ergänzungsstation und deren Zulaufgleise so etwas wie eine Zweite Stammstrecke der Stuttgarter S-Bahn. Und man sollte sehr genau hinschauen in Bezug auf die Dimensionierung dieser Ergänzungsstation, so dass der MEX-Verkehr auch zuverlässig funktioniert.
 
Die Tauglichkeit für den Integralen Taktfahrplan (Deutschlandtakt)
Und dann gibt es noch eine Sache, die im Zusammenhang mit dem MEX wichtig ist. Eine S-Bahn kann am Rendezvous zur vollen und zur halben Stunde im Rahmen des Integralen Taktfahrplans nicht teilnehmen, ob sie nun im Verlauf einer ersten oder einer zweiten Stammstrecke verkehrt. Denn auf den Stammstrecken müssen die Züge der S-Bahn hintereinander durchgeschleust werden. Irgendwelche Anschlussaufnahmen kann es da nicht geben.
 
Hier zeigt der MEX seine Überlegenheit. Der MEX ist sowohl S-Bahn als auch Teilnehmer am Deutschlandtakt. Das ermöglicht die Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof, auf deren Gleisen die Züge des MEX am Rendezvous zur vollen und zur halben Stunde teilnehmen können.      


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