Die im Koalitionsvertrag 2021 in BW vereinbarte Ergänzungsstation beim Stuttgarter Hauptbahnhof soll einige Funktionen übernehmen. Damit werden jedoch unterschiedliche Bahnsteighöhen ein Thema oder sogar ein Problem für die Ergänzungsstation.
Die Ergänzungsstation soll den Stuttgart 21-Fehler ein Stück weit heilen. Damit aber muss sie so viele unterschiedliche Funktionen übernehmen, dass es fast schon wieder ein Problem werden könnte. Die Ergänzungsstation soll Metropolexpresszüge (MEX) aus Richtung Ludwigsburg aufnehmen, dazu MEX über die Panoramastrecke der Gäubahn, vielleicht sogar den gesamten Verkehr der Gäubahn. Darüber hinaus soll die Ergänzungsstation auch eine Rolle für die S-Bahn spielen. Es sollen neue S-Bahnverkehre (z.B. die Express-S-Bahn Calw/Weil der Stadt - Stuttgart) aufgenommen werden. Und es sollen im Störungsfall mit Sperrung der S-Bahn-Stammstrecke so viele Züge der S-Bahn wie möglich in die Ergänzungsstation einfahren können.
Während die Stuttgarter S-Bahn 96 cm hohe Bahnsteige benötigt, sind die Regional- und Fernzüge in Deutschland in Sachen Barrierefreiheit auf 76 cm hohe Bahnsteige angewiesen. Eine Angleichung der Bahnsteighöhen kann mit vertretbarem Aufwand und mit vertretbaren Einschränkungen für die Fahrgäste nicht erfolgen.
Zürich hat es besser
Gehen wir kurz in Gedanken nach Zürich. In der Schweiz gilt eine einheitliche Bahnsteighöhe von 55 cm, für die S-Bahn genauso wie für die Fernzüge.
Deshalb kann die neue Zürcher Durchmesserlinie sowohl von Fernzügen als auch von Zügen der S-Bahn befahren werden. Jeweils zur vollen und zur halben Stunde halten an den vier Bahnsteigen der Durchmesserlinie unter dem Zürcher Hauptbahnhof vier Fernzüge, die am Rendezvous im Rahmen des Integralen Taktfahrplans teilnehmen. Dazwischen, um die Minuten 15 und 45 herum, halten an den vier Bahnsteigen der Durchmesserlinie Züge verschiedener S-Bahnlinien. Diese Züge nehmen nicht am Rendezvous im Rahmen des Integralen Taktfahrplans teil.
Die Zweite Stammstrecke der Münchner S-Bahn bringt auch ein Bahnsteighöhenproblem
Ähnlich wie die Ergänzungsstation in Stuttgart soll auch die Zweite Stammstrecke der Münchner S-Bahn eine Reihe an Aufgaben übernehmen.
Die Zweite Stammstrecke soll eine Taktverdichtung auf den bestehenden Streckenästen der Münchner S-Bahn ermöglichen. Dann soll die Zweite Stammstrecke die Erste Stammstrecke der Münchner S-Bahn entlasten, indem einige Züge zukünftig von der ersten zur zweiten Stammstrecke migrieren. Schließlich soll die Zweite Stammstrecke auch neue Express-S-Bahnverbindungen ermöglichen, wobei diese Express-S-Bahnen dann auch in Gebiete fahren, die bisher noch nicht von der S-Bahn bedient worden sind.
Beispiele dafür sind Augsburg, Landshut und Rosenheim. Gerade für diese Gebiete hat die Bahn jetzt den Neubau der Bahnsteige mit einer Erhöhung auf 96 cm ausgeschrieben. Hierbei war allerdings zu berücksichtigen, dass neben den S-Bahnen mit 96 cm Bahnsteighöhe an den genannten sowie weiteren Bahnhöfen auch noch Regionalzüge und Fernzüge mit 76 cm Bahnsteighöhe halten. Je nach dem zur Verfügung stehenden Platz kann es somit in Bezug auf die Bahnsteige in den genannten Bahnhöfen schnell eng werden.
Wie könnte man die S-Bahn in der Stuttgarter Ergänzungsstation berücksichtigen?
Beim vorliegenden Lastenheft für die sechsgleisige Stuttgarter Ergänzungsstation dürfte die folgende Bahnsteigzuteilung am Sinnvollsten sein: Zwei Bahnsteigkanten dienen der S-Bahn und weisen eine Höhe von 96 cm auf. Vier Bahnsteigkanten dienen den MEX und darüber hinaus vielleicht auch allen Zügen der Gäubahn und weisen eine Höhe von 76 cm auf.
Damit kann man die zukünftige Express-S-Bahn von Calw/Weil der Stadt aufnehmen. Darüber hinaus könnte man mindestens eine weitere Express-S-Bahn aufnehmen.
Probleme gibt es allerdings im Störungsfall im Verlauf der S-Bahn-Stammstrecke, wenn plötzlich der Bedarf besteht, möglichst viele S-Bahnzüge in die Ergänzungsstation zu führen. Wenn man verschiedene S-Bahnzüge an den Bahnsteigen des MEX halten lässt, besteht keine Barrierefreiheit, sondern eine Stufe. Allerdings ist diese fehlende Barrierefreiheit auch beim heutigen Kopfbahnhof gegeben. Vielleicht kann man die im Störungsfall vorhandene fehlende Barrierefreiheit in der Ergänzungsstation in Kauf nehmen und ggf. technisches Gerät und Personal bereithalten, dass dann bei Bedarf die bestehende Stufe überbrückt.
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