Mittwoch, 21. April 2021

Der Stuttgarter Hauptbahnhof braucht einen Durchgangsbahnhof und einen Kopfbahnhof

Große Eisenbahnknoten wie der Stuttgarter Hauptbahnhof müssen sowohl für den durchgebundenen Verkehr als auch für den endenden und beginnenden Verkehr ein Angebot bereithalten.

Im ersten Fall ist dies ein Durchgangsbahnhof. Im zweiten Fall ist es ein Kopfbahnhof. Es läuft also auf einen Kombibahnhof hinaus, wobei streng genommen in Stuttgart seit dem Jahr 1978 bereits ein Kombibahnhof existiert. Denn der Durchgangsbahnhof für die S-Bahn gehört ebenfalls zum Stuttgarter Hauptbahnhof.

Der durchgebundene Verkehr umfasst einen Teil des Fernverkehrs sowie auch einige Regionalzüge vom Typ IRE. Nicht alle Fernverkehre sind in Stuttgart durchgebunden. Es gibt auch Fernverkehrslinien, die in Stuttgart beginnen und enden. Ein Teil dieser Züge kann im Kopfbahnhof fahren. Einige der heute verkehrenden IRE sind Ersatzbestellungen des Landes, nachdem die Bahn den eigenwirtschaftlich betriebenen IR-Verkehr eingestellt hat. Somit sind diese IRE de jure zwar Regionalzüge, aber verkehrlich Fernverkehrszüge. Beispiele dafür sind der IRE Stuttgart-Karlsruhe, aber auch der IRE Stuttgart-Ulm, sei es über das Filstal, sei es über die NBS Wendlingen-Ulm. Diese IRE fahren zusammen mit dem Großteil der Fernverkehrszüge über den Durchgangsbahnhof.

 

Die Ping-Pong-Verkehre gehören in den Kopfbahnhof
Die Mehrzahl der Regionalzüge sollte auch weiterhin in Stuttgart beginnen und enden. Damit fahren diese Züge im Kopfbahnhof. Es sind Ping-pong-Verkehre, die in Stuttgart im Kopfbahnhof ankommen und dann in dieselbe Richtung zurückfahren. Dem Umsteigen kommt an einem Bahnknotenpunkt wie Stuttgart eine wesentlich größere Bedeutung zu als dem durchgebundenen Regionalverkehr. Die Mehrzahl der mit einem Regionalzug im Stuttgarter Hauptbahnhof ankommenden Fahrgäste steigen dort in die S-Bahn, in die Stadtbahn, in den Linienbus und in den Fernverkehr um bzw. sie gehen zu Fuß in die Stuttgarter Innenstadt. Es bleibt noch ein relativ kleiner Teil, der von einem Regionalzug in einen anderen Regionalzug umsteigt. Das Durchbinden der Regionalzüge ist aber auch für diese Fahrgäste nicht automatisch von Nutzen, sondern nur dann, wenn das Fahrtziel zufälligerweise im Verlauf der Durchbindung liegt. Die Durchbindung von Regionalzügen hat gravierende Nachteile, indem Verspätungen von einem Streckenast auf den anderen übertragen werden und indem Fahrtenlagenzwänge, die in einem Streckenast auftreten, auf andere Streckenäste übertragen werden.

Wenn der Kopfbahnhof in erster Linie den Ping-Pong-Verkehren dient, kann man das Gleisvorfeld des Kopfbahnhofs wesentlich schlanker und einfacher gestalten. Auf Überwerfungsbauwerke ("Tunnelgebirge") kann man dann verzichten. Denn die Verkehre aus den verschiedensten Richtungen berühren sich nicht mehr. Sie fahren einfach nebeneinander im Kopfbahnhof ein und aus.

Der Stuttgart 21-Durchgangsbahnhof ist überlastet. Das zeigen die über 100 Dopppelbelegungen von Bahnsteiggleisen pro Tag. Das zeigt auch der geplante Einsatz von Doppelstockzügen als Stelle der gerade vor wenigen Jahren eingeführten komfortablen einstöckigen Züge. Auch die Unmöglichkeit, im Stuttgarter Hauptbahnhof einen Vollknoten im Rahmen des Deutschlandtakts einzurichten, ist ein Hinweise auf eine Kapitulation in Bezug auf die Kapazität des Stuttgart 21-Durchgangsbahnhofs.

Ohne ergänzenden Kopfbahnhof geht es also auch aus Leistungsgründen nicht.

Hände weg von einer Umfahrung Stuttgarts durch Regionalzüge
Es ist de facto unmöglich, den Stuttgart 21-Tiefbahnhof um ein neuntes und zehntes Gleis zu erweitern. Ein Plädoyer für die Umfahrung von Stuttgart durch bestimmte Züge kann man nicht ernst nehmen. Diese Tangentialzüge sind zum Scheitern verurteilt. Sie fahren den Hauptumsteigeknoten in BW, den Stuttgarter Hauptbahnhof nicht an. Sie nutzen deshalb nur wenigen Fahrgästen und werden auch von nur wenigen Fahrgästen genutzt. Sie sind in Bezug auf die Bestellung jedoch genauso teuer wie die radialen Züge. Das für den öffentlichen Verkehr zur Verfügung stehende Geld sollte für die radialen Züge eingesetzt werden und nicht für tangentiale Züge zum Fenster hinausgeworfen werden!      

      

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