Mittwoch, 12. April 2023

Der Nordzulauftunnel benötigt einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof

Der geplante Nordzulauftunnel soll zusammen mit einigen anderen Maßnahmen die Fahrzeit im ICE von Mannheim nach Stuttgart auf einen Wert bringen, der unter der Kantenzeit des Integralen Taktfahrplans (Deutschlandtakt) von 30 Minuten liegt.

Mit einer Fahrzeit von unter 30 Minuten wird ein IFT-Vollknoten nicht nur im Hauptbahnhof von Mannheim möglich. Vielmehr kann und muss dann ein ITF-Vollknoten auch im Stuttgarter Hauptbahnhof eingerichtet werden. Das aber erfordert zwingend einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof. Denn der nur achtgleisige Stuttgart 21-Tiefbahnhof hat nicht genügend Bahnsteiggleise für einen ITF-Vollknoten.

Diesen Themenkomplex sehen wir uns heute hier in diesem Blog näher an.

Der ITF-Knoten Mannheim
ITF bedeutet Integraler Taktfahrplan (Deutschlandtakt). In einem ITF-Knoten treffen sich zu bestimmten Zeiten (z.B. jede Stunde und/oder jede halbe Stunde) alle Züge, damit ein Umsteigen von Zug zu Zug möglich ist. Der Hauptbahnhof von Mannheim ist seit jeher als ITF-Knoten gesetzt, und zwar als 00/30er Knoten. Bereits seit vielen Jahren treffen sich die ICE im Mannheimer Hauptbahnhof zur vollen und halben Stunde.
 
Die Kantenzeiten zwischen den ITF-Knoten
Eine Kantenzeit ist das ganzzahlige Vielfache der Hälfte der Taktzeit. Das wären also bei einem Halbstundentakt 15 Minuten, 30 Minuten, 45 Minuten, 60 Minuten und so weiter.
 
Zwischen den ITF-Knoten Mannheim und Frankfurt/Main wurde eine Kantenzeit von 30 Minuten gewählt. Genauso wurde mit der Einführung des Nordzulauftunnels zum Stuttgarter Hauptbahnhof zwischen dem ITF-Knoten Mannheim und dem Stuttgarter Hauptbahnhof eine Kantenzeit von 30 Minuten festgesetzt. Damit aber wird der Stuttgarter Hauptbahnhof automatisch zum ITF-Knoten.
 
Die Fahrzeiten zwischen den ITF-Knoten
Die zwischen den ITF-Knoten zu fahrenden Fahrzeiten sind etwas kleiner als die Kantenzeiten. Um zu den zu fahrenden Fahrzeiten zwischen zwei ITF-Knoten zu kommen, muss man von den Kantenzeiten die Hälfte der Aufenthaltszeit im Knoten A und die Hälfte der Aufenthaltszeit im Knoten B abziehen.
 
Das bedeutet für die Fahrzeit Mannheim - Frankfurt genauso wie für die Fahrzeit Mannheim - Stuttgart:
Kantenzeit von 30 Minuten
minus die Hälfte der Aufenthaltszeit im Knoten Mannheim (4 Min geteilt durch 2 gleich 2 Minuten)
minus die Hälfte der Aufenthaltszeit im Knoten Stuttgart bzw. Frankfurt (4 Min geteilt durch 2 gleich 2 Minuten)
gleich 26 Minuten.
 
Als planmäßige Aufenthaltszeit der ICE in den Bahnhöfen Stuttgart, Mannheim und Frankfurt wurden 4 Minuten angesetzt (Mindestaufenthaltszeit).
 
Die geplante Schnellfahrstrecke Frankfurt - Mannheim wird diese erforderliche Fahrzeit von 26 Minuten ermöglichen.
 
Im Verlauf der bestehenden Schnellfahrstrecke Mannheim - Stuttgart wird heute eine Fahrzeit von 37 Minuten gefahren. Hier sind also Beschleunigungsmaßnahmen von ca. 10 Minuten erforderlich. Diese Beschleunigung soll erreicht werden durch:
  • Feuerbacher Tunnel, ca. 2 Minuten
  • Nordzulauftunnel, ca. 6 Minuten
  • Änderung der Gleisgeometrie im Vorfeld von Mannheim Hbf: 1 Minute
  • verkehrsabhängige Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit auf 280 km/h, allerdings nicht beim Begegnungsfall im Tunnel und vielleicht auch nicht beim Begegnungsfall allgemein, ca. 1 Minute.
Die derzeit in einem frühen Planungsstadium sich befindende NBS Mannheim-Karlsruhe wird eine weitere Verbesserung auch für die ICE von Mannheim nach Stuttgart bringen. Denn heute müssen die ICE von Karlsruhe nach Mannheim und von Stuttgart nach Mannheim zum Teil noch dasselbe Gleis nutzen.  
 
Stuttgart wird ITF-Knoten
Sobald die Fahrzeit von weniger als 30 Minuten zwischen Mannheim und Stuttgart eingerichtet ist, wird der Stuttgarter Hauptbahnhof zum ITF-Knoten. Denn dann begegnen sich zu den Minuten 00 und 30 die ICE der Magistrale Frankfurt - Stuttgart - München sowie umgekehrt München - Stuttgart - Frankfurt im Stuttgarter Hauptbahnhof. Alle anderen Züge werden dann um diese Züge der Magistrale herumgruppiert. Das bedeutet, dass um die Minuten 00 und 30 herum sehr viele Züge im Stuttgarter Hauptbahnhof stehen werden.
 
Damit aber ist ein Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof, der die dringend benötigten zusätzlichen Bahnsteiggleise bringen wird, unabdingbar.
 
Ohne ITF-Knoten und Ergänzungsbahnhof in Stuttgart kein Nordzulauftunnel
Würde aus irgendeinem Grund die Unvernunft siegen und man würde partout in Stuttgart keinen Ergänzungsbahnhof bauen wollen, dann würde der Stuttgarter Hauptbahnhof kein ITF-Knoten. Dann aber wäre der Bau eines Nordzulauftunnels herausgeschmissenes Geld.
 
Der Nordzulauftunnel wird wohl (weit) über eine Mia. Euro kosten. Diese Kosten sind nur dann zu rechtfertigen, wenn im Stuttgarter Hauptbahnhof ein ITF-Knoten mit einem Ergänzungsbahnhoif eingerichtet wird. Würde man einen Nordzulauftunnel bauen und sich gleichzeitig weigern, einen Ergänzungsbahnhof zu bauen, würde der Nordzulauftunnel seine Stärke nicht ausspielen können. Das für die Zufahrt Zuffenhausen zum Bahnknoten Stuttgart aus Kapazitätsgründen erforderliche fünfte und sechste Gleis könnte man dann ohne den Nordzulauftunnel wesentlich preisgünstiger bauen.
 
Was macht Staatssekretär Michael Theurer (FDP)?
Der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium Michael Theurer ist gleichzeitig Bahnbeauftragter und Deutschlandtaktbeauftragter. Seine allererste Aufgabe muss es jetzt sein, in Stuttgart den ITF-Vollknoten planerisch festzuzurren und alle irgendwie am Bahnprojekt Stuttgart 21 Beteiligten auf den Zusammenhang zwischen dem Nordzulauftunnel und dem Ergänzungsbahnhof hinzuweisen. Bisher hat man von Herrn Theurer nichts dergleichen gehört.
 
Was macht Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne)?
Eine Zeitlang schien es so, als ob das Landesverkehrsministerium in Sachen Stuttgart 21 und Deutschlandtakt gerade noch die Kurve gekriegt hat. Landesverkehrsminister Hermann machte sich die ursprünglich vom Vorstand der Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) kommende Idee eines Ergänzungsbahnhofs beim Stuttgarter Hauptbahnhof zu eigen und brachte die Sache sogar in den Koalitionsvertrag der laufenden Legislatur.
 
Jetzt aber erfolgte die 180 Grad-Kehrtwende. Hermann gab den Ergänzungsbahnhof auf und liebäugelt jetzt mit tangentialen Linien. Das sind Linien, die weder den Stuttgarter Hauptbahnhof noch die Innenstadt anfahren. In Deutschland gibt es so etwas nirgendwo. Würde diese Schnapsidee verwirklicht, könnte man den Deutschlandtakt stornieren.
 
Nun gibt es ja in Deutschland tagtäglich tausende Forderungen nach Ministerrücktritten. Deshalb erspare ich mir das hier. Es bleibt nur noch die Hoffnung, dass bald neue Politiker nachrücken, die nicht mehr dieses fast religiöse Gefühl zu Stuttgart 21 haben und die keine Angst vor Gesichtsverlust mehr haben müssen. Zudem bleibt zu hoffen, dass viele klageberechtigte NGOs demnächst in die Startlöcher kommen.               

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