Mittwoch, 1. März 2023

Bebauungsplanverfahren in Stuttgart verzögert sich weiter: Keine Argumente mehr gegen Ergänzungsbahnhof

Das Gebiet um die ehemalige Bundesbahndirektion beim Stuttgarter Hauptbahnhof harrt nach der Fertigstellung des Rohbaus der Stuttgart 21-Tunnel dort einer neuen Bebauung. Leider dauert die Erstellung des Bebauungsplans gefühlt eine Ewigkeit. Zudem verschieben sich die Termine immer weiter. 

Die Geschichte des Bebauungsplans um die ehemalige Bundesbahndirektion steht als Beispiel für viele Bebauungspläne, Stadtentwicklungsmaßnahmen und Bauvorhaben, auch und gerade auf dem Gelände des heutigen Kopfbahnhofs. Unter diesen Umständen hat die Landeshauptstadt Stuttgart keine glaubwürdigen Argumente mehr in der Hand, die gegen einen vorübergehenden Weiterbetrieb von Teilen des Stuttgarter Kopfbahnhofs nach einer ersten Teileröffnung von Stuttgart 21 und gegen den Bau eines Ergänzungsbahnhofs sprechen.

Sehen wir uns die Sache mal näher an
Das Gebäude der ehemaligen Bundesbahndirektion wurde im Zuge der Stuttgart 21-Bauarbeiten zum Teil abgerissen. Der zentrale, stadtbildprägende Teil blieb jedoch erhalten. In der Umgebung des erhalten gebliebenen Teils der ehemaligen Bundesbahndirektion gibt es nun jede Menge Flächen, die bebaut werden können.
 
Voraussetzung für eine Bebauung ist ein gültiger Bebauungsplan. Ca. im Jahr 2018 hieß es, der neue Bebauungsplan für das Gebiet wäre im Jahr 2022 fertig. Das erschien schon damals als eine kleine Ewigkeit. Nun ist das Jahr 2022 bereits Geschichte. Vor wenigen Wochen stellte die Stadt die verschiedenen Baumaßnahmen in der Umgebung des Hauptbahnhofs vor. In Bezug auf die Bebauung des Gebiets um die ehemalige Bundesbahndirektion hieß es nun, der Bebauungsplan werde im Jahr 2024 fertig. Erst nach dem Beschluss des neuen Bebauungsplans können dann die Architekten mit der Planung beginnen. Bis zu einem Bau werden dann weitere Jahre vergehen.
 
Was läuft hier eigentlich schief? Könnte die Stadt vielleicht im Amtsblatt mal publizieren, warum Bebauungsplanverfahren immer länger dauern und sich zudem immer weiter verschieben?
Was sind die Gründe?
Ist es Personalmangel bei Behörden und Gutachtern?
Ist es die Corona-Krise?
Ist es der Ukraine-Krieg?
Fehlen Fachkräfte?
Fehlt Material?
Werden die gesetzlichen Anforderungen immer umfangreicher?
Gibt es weitere Gründe?
 
Kein Einzelfall
Die Sache mit dem Bebauungsplan im Bereich der ehemaligen Bundesbahndirektion ist kein Einzelfall. Wer mit offenen Augen durch den Stuttgarter Talkessel geht, nimmt überall Verzögerungen war, Verzögerungen beim Bau und bei der Planung - und das nicht von Monaten, sondern von Jahren.
 
Vor diesem Hintergrund wird es immer weniger glaubhaft, wenn sich die Stadt gegen die Beibehaltung einiger Gleise des Stuttgarter Kopfbahnhofs mit Zulaufgleisen von der Gäubahn und von Feuerbach wehrt. Die Beibehaltung von Teilen des Kopfbahnhofs behindert die städtebauliche Entwicklung Stuttgarts nicht. Bei dem Tempo, das die Stadt diesbezüglich vorlegt, wird es viele Jahrzehnte dauern, bis alle Flächen bebaut sind.
 
Die Bahnbrücke über die Wolframstraße kann erst mal bestehen bleiben
Die neue Führung des City-Rings nicht mehr über den Bahnhofsvorplatz, sondern im Verlauf der Wolframstraße erfordert gemäß der Argumentation der Stadt den Abriss der Gleise über die Wolframstraße. Das kann man so aber nicht nachvollziehen. Einige der Gleise werden nach einer ersten Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 nicht mehr gebraucht. Die kann man abreisen. Ein paar weitere Gleise können bestehen bleiben.
 
Denn der maßgebende Engpass im Verlauf des neuen Cityrings ist ja gar nicht die bereits heute vierspurige Wolframstraße. Das sind vielmehr die Kreuzungen Cannstatter Straße / Heilmannstraße und Heilbronner Straße / Wolframstraße. Mir fehlt die Fantasie, wie man über diese bereits heute überlasteten Kreuzungen auch noch den Cityring führen will. Indirekt hat das auch die CDU im Stuttgarter Gemeinderat bereits eingestanden. Denn vor wenigen Jahren beantragte die CDU, dass die Stadtverwaltung einen Straßentunnel zwischen der Gaisburger Brücke und der Wolframstraße prüfen soll. Damit soll die Cannstatter Straße beim Knoten Cannstatter Straße / Heilmannstraße entlastet werden.
 
Der Kopfbahnhof und Ergänzungsbahnhof berühren Bundesrecht
Die Beibehaltung eines Teils des Kopfbahnhofs und der Bau eines Ergänzungsbahnhofs beim Stuttgarter Hauptbahnhof fallen unter Bundesrecht und nicht unter kommunales Recht. Insofern müsste sich das auch ohne die Zustimmung der Stadt realisieren lassen. Notfalls müsste man die Gerichte bemühen.

Es wäre allerdings wesentlich besser, wenn das Ganze im Einvernehmen zwischen allen Beteiligten passiert. Die Stadt sollte also von ihrem hohen Ross heruntersteigen und aus der Sackgasse herauskommen. Sie sollte einen guten Bahnknoten Stuttgart auch zu ihrem ureigenen Interesse fördern - und sei es nur, um europaweit nicht mehr als Außenseiter in Sachen Verkehr dazustehen.

Blick auf den erhalten gebliebenen Rest der ehemalingen Bundesbahndirektion (rechts im Bild): Der Blick vom Bahnhofsvorplatz auf den Weinberg am Kriegsbergturm soll verbessert werden (links der ehemaligen Bahndirektion). Das Parkhaus (weiter links) soll abgerissen werden und durch Neubauten ersetzt werden.

 
  

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